Putins neue Mittelstreckenrakete: „Reaktion auf die aggressiven Aktionen der NATO-Länder gegen Russland“
In seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine hat Russland eine bislang nicht genutzte Waffe eingesetzt: In der ukrainischen Stadt Dnipro schlugen die – offensichtlich nicht mit Sprengstoff beladenen – Gefechtsköpfe einer neuen Mittelstreckenrakete ein. Während von der UKraine zunächst der Einsatz einer Interkontinentalrakete vermutet wurde, erläuterte der russische Präsident Wladimir Putin am (heutigen) Donnerstagabend öffentlich die Absicht hinter dem Angriff – und verband das mit Drohungen gegen die NATO.
Aus dem vom Kreml veröffentlichten Transkript der Ansprache Putins:
Ich möchte die Angehörigen der Streitkräfte der Russischen Föderation, die Bürger unseres Landes, unsere Freunde in der ganzen Welt und diejenigen, die sich weiterhin Illusionen über die Möglichkeit machen, Russland eine strategische Niederlage beizubringen, über die Ereignisse informieren, die sich heute im Gebiet der militärischen Sonderoperation abspielen, nämlich nach dem Einsatz von Langstreckenwaffen westlicher Bauart auf unserem Territorium.
In Fortsetzung der vom Westen provozierten Eskalation des Konflikts in der Ukraine haben die Vereinigten Staaten und ihre NATO-Verbündeten bereits angekündigt, dass sie den Einsatz ihrer präzisionsgelenkten Langstreckenwaffen auf dem Territorium der Russischen Föderation genehmigen werden. Experten sind sich sehr wohl bewusst, und die russische Seite hat dies wiederholt betont, dass es unmöglich ist, solche Waffen ohne die direkte Beteiligung von Militärspezialisten aus den Ländern, die solche Waffen herstellen, einzusetzen.
Am 19. November schlugen sechs operativ-taktische ATACMS-Raketen aus US-amerikanischer Produktion und am 21. November in einem kombinierten Raketenangriff Storm Shadow-Systeme aus britischer Produktion und HIMARS-Systeme aus US-amerikanischer Produktion in militärischen Einrichtungen auf dem Gebiet der Russischen Föderation ein – in den Regionen Brjansk und Kursk. Von diesem Moment an nahm der vom Westen provozierte Regionalkonflikt in der Ukraine, wie wir bei früheren Gelegenheiten wiederholt betont haben, Elemente eines globalen Charakters an. Unsere Luftverteidigungssysteme haben diese Angriffe abgewehrt. Die Ziele, die der Feind offensichtlich verfolgte, wurden somit nicht erreicht.
Das Feuer im Munitionsdepot in der Region Brjansk, das durch herabfallende ATACMS-Raketentrümmer verursacht wurde, ist gelöscht worden, und es gab keine Verletzten und keine schweren Schäden. Im Gebiet Kursk wurde ein Angriff auf einen der Gefechtsstände unserer Gruppe „Nord“ verübt. Infolge des Angriffs und des Gefechts mit der Flugabwehr gibt es leider Tote und Verwundete unter dem Personal der externen Sicherheitseinheiten der Einrichtung und dem Wartungspersonal. Das Führungs- und Einsatzpersonal des Kontrollzentrums wurde nicht verletzt und führt in normaler Weise die Aktionen unserer Truppen zur Vernichtung und Vertreibung feindlicher Einheiten aus der Region Kursk durch.
Ich möchte noch einmal besonders betonen, dass der Einsatz solcher Waffen durch den Feind nicht in der Lage ist, den Verlauf der Kampfhandlungen in der speziellen militärischen Operationszone zu beeinflussen. Unsere Truppen sind entlang der gesamten Kontaktlinie erfolgreich auf dem Vormarsch. Alle Aufgaben, die wir uns gestellt haben, werden erfüllt werden.
Als Reaktion auf den Einsatz amerikanischer und britischer Langstreckenwaffen haben die russischen Streitkräfte am 21. November dieses Jahres einen kombinierten Angriff auf eine der Einrichtungen des ukrainischen Verteidigungsindustriekomplexes durchgeführt. Dabei testeten sie unter Gefechtsbedingungen auch eines der neuesten russischen Mittelstreckenraketensysteme, in diesem Fall eine ballistische Rakete mit einer nicht-nuklearen Hyperschallkonfiguration. Unsere Raketeningenieure nannten sie „Oreshnik“. Die Tests waren erfolgreich, und das Abschussziel wurde erreicht. In der ukrainischen Stadt Dnepropetrowsk wurde einer der größten Industriekomplexe seit den Tagen der Sowjetunion getroffen, in dem auch heute noch Raketenausrüstung und andere Waffen hergestellt werden.
Wir entwickeln Mittelstrecken- und Kurzstreckenraketen als Antwort auf die Pläne der Vereinigten Staaten, Mittelstrecken- und Kurzstreckenraketen in Europa und im asiatisch-pazifischen Raum zu produzieren und zu stationieren. Wir sind der Meinung, dass die Vereinigten Staaten einen Fehler begangen haben, als sie den Vertrag über die Abschaffung von Mittelstrecken- und Kurzstreckenraketen im Jahr 2019 unter fadenscheinigen Vorwänden einseitig aufkündigten. Heute stellen die Vereinigten Staaten nicht nur solche Geräte her, sondern haben, wie wir sehen können, die Fragen der Stationierung ihrer fortschrittlichen Raketensysteme in verschiedenen Regionen der Welt, einschließlich Europa, im Rahmen von Übungen für ihre Truppen ausgearbeitet. Darüber hinaus wird im Rahmen dieser Übungen auch der Einsatz dieser Systeme geübt.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass Russland sich freiwillig und einseitig verpflichtet hat, keine Mittelstrecken- und Kurzstreckenraketen zu stationieren, solange amerikanische Waffen dieser Art in keiner Region der Welt auftauchen.
Ich wiederhole: Wir führen Live-Tests des Oreshnik-Raketensystems als Reaktion auf die aggressiven Aktionen der NATO-Länder gegen Russland durch. Die Frage der weiteren Stationierung von Raketen mittlerer und kürzerer Reichweite wird von uns in Abhängigkeit von den Aktionen der Vereinigten Staaten und ihrer Satelliten entschieden werden.
Wir werden die Ziele für weitere Tests unserer neuesten Raketensysteme auf der Grundlage der Bedrohungen für die Sicherheit der Russischen Föderation festlegen. Wir halten uns für berechtigt, unsere Waffen gegen die militärischen Einrichtungen derjenigen Länder einzusetzen, die den Einsatz ihrer Waffen gegen unsere Einrichtungen zulassen, und im Falle einer Eskalation aggressiver Handlungen werden wir mit der gleichen Entschlossenheit und Konsequenz reagieren. Ich empfehle, dass die herrschenden Eliten jener Länder, die Pläne für den Einsatz ihrer Militärkontingente gegen Russland ausbrüten, dies ebenfalls ernsthaft in Erwägung ziehen sollten.
Natürlich werden wir bei der Auswahl von Zielen für Systeme wie Oreshnik auf ukrainischem Hoheitsgebiet im Bedarfsfall und als Reaktion darauf proaktiv Zivilisten einladen und auch Bürger befreundeter Staaten, die sich dort aufhalten, bitten, die Gefahrenzonen zu verlassen. Wir werden dies aus humanitären Gründen tun – offen, öffentlich, ohne Angst vor dem Widerstand des Feindes, der diese Informationen ebenfalls erhält.
Warum ohne Angst? Weil es heute keine Mittel gibt, solchen Waffen zu begegnen. Raketen greifen Ziele mit einer Geschwindigkeit von Mach 10 an, das sind 2,5 bis 3 Kilometer pro Sekunde. Die derzeit in der Welt verfügbaren Luftabwehrsysteme und die von den Amerikanern in Europa entwickelten Raketenabwehrsysteme können solche Raketen nicht abfangen, das ist unmöglich.
Ich möchte noch einmal betonen, dass nicht Russland, sondern die Vereinigten Staaten von Amerika das System der internationalen Sicherheit zerstört haben und die ganze Welt durch ihren Kampf und ihr Festhalten an ihrer Hegemonie in einen globalen Konflikt treiben.
Wir haben es immer vorgezogen und sind auch jetzt bereit, alle Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln zu lösen. Aber wir sind auch bereit für jede Entwicklung der Ereignisse.
Wenn jemand noch daran zweifelt, ist es vergebens – es wird immer eine Antwort geben.
(übersetzt mit deepl.com)
Ergänzung im Interesse der Quellen-Transparenz: Zusätzlich zu der obigen maschinellen Übersetzung die vom Kreml selbst veröffentlichte englische Fassung – im Netz hier und als Sicherungskopie:
20241121_Putin_Statement_engl
Interessant zu wissen wäre, ob der Flugkörper einen Mehrfachsprengkopf trägt – so wurde ja zunächst berichtet, daher auch die Vermutung, es wäre eine Interkontinentalrakete (ICBM) gewesen.
Das bringt mich zu einer bereits gestellten frage zurück: können ICBM auch konventionell bestückt werden? Wobei dies ja keinen großen Sinn ergibt, denn ein Start würde dennoch als möglicher nuklearer Angriff gedeutet werden.
schlicht absurde Story.
aber interessant wie diverse „Prominente“/Politiker/“Pseudowissentschaftler“ ähnliche Talking Points immer wieder vorab propagiert haben. Voll auf Linie sozusagen.
Hat Putin jetzt von denen abgeschrieben? ;D
erwartbar werden sich einige jetzt wieder sehr eng an der sprachlichen Regelung des Kreml halten. Antiamerikanismus zieht bei einigen ja sowieso immer.
Würde ich Putin die Reichweitenangabe <5500 km glauben?
überraschend, dass Putin wegen der Amerikaner sogar gezwungen ist Kurzstreckenraketen zu entwickeln. Hat er seine Iskander schonwieder vergessen?
Kann man eigentlich davon ausgehen, dass Käufer russischer Raketen(technik) diese auch nur mit russischer Hilfe einsetzen können?
So viele Logikfehler…
Ich kann kein russisch daher die Frage: Ist im russischen das „System der internationalen Sicherheit“ ein Pendant zur UN-Charta/Völkervertragsrecht oder ein loses „Buzzword“ um einen bestimmten EIndruck zu vermitteln/Assotiation zu erzeugen.
Der Eindruck oder der Fakt wäre: Ist Russland eben mal aus der Nachkriegsordnung und den Vereinten Nationen ausgestiegen, oder ist das hohles Geschwätz?
Geschichten aus 1001-(Kriegs-)Nacht. Es wirkt natürlich immer besonders glaubwürdig, wenn man betonen muss, wird stark man ist. Drei-Tage-Spezial Operation weiterhin voll im Plan, ja?
Ein guter Zeitpunkt für Europa nachzulegen, nachdem zuletzt primär US/UK den Ukrainern den Rücken gestärkt haben.
Danke für die Übersetzung- aus dem Zusammenhang gerissen wirkt es in der Berichterstattung immer sehr aggressiv.
Für mich hört sich das nach der Legitimierung an, den Westen hybrid anzugreifen. Immerhin war der Abschuss zuvor „angemeldet“.
Je deutlicher das verbale Sebelrasseln aus Moskau wird desto sicherer kann man sein das die angewendeten Maßnahmen erfolgreich waren.
Erinnert mich ehr an die Sportpalastrede von Göbels… das war auch der Anfang vom Ende des 1000 Jährigen Reiches. Putin sieht seine Felle davon schwimmen. Irgendwie hat die russische Flugabwehr kein Glück… immer treffen Trümmer die Schutzobjekte und facken die ab… aber das hat ja bald ein Ende, die Spezialoperation wird bald ihre 980 Tage Verspätung aufholen und Weihnachten sind alle russischen Soldaten wieder Zuhause, nach dem sie noch in 7 Tagen weiter zum Rhein marschiert sind und auch Europa entnazifiziert haben. Da kann man echt langsam nur hoffen das der FSB die Kleptokraten um Putin nach russischer Tradition mit 9mm grüßen aus dem Amt jagen tut.
Ob Russland einfach ausgemusterte RS12 entsorgt?
Die RS26 Geschichten in den zehnerjahren erinnerten ja eh an RSD10. Oberstufe weglassen einer Interkontinentalrakete. Hier allerdings wieder eine Form des INF Vertragsbruches, eine angebliche Interkontinentalrakete, die aber wohl eher mit der „richtigen“ Nutzlast eine Mittelstreckenrakete bleibt. Die RDS10 hatte mit verringerter Nutzlast ja wohl auch über 5500 km Reichweite.