Kein SOFA: Bundeswehr macht Stützpunkt in Niger dicht

Das Verteidigungsministerium ist mit dem Versuch gescheitert, dauerhaft einen Lufttransportstützpunkt in dem von Putschisten kontrollierten Sahel-Land Niger zu betreiben. Hintergrund ist vor allem die Weigerung der Regierung in Niamey, die Rechtsstellung deutscher Soldaten im Rahmen eines Abkommens verbindlich festzulegen. Darüber hinaus hatten sowohl das Auswärtige Amt als auch der Bundestag die militärische Zusammenarbeit mit Niger kritisch gesehen.

Das Verteidigungsministerium vermied es in einer Mitteilung am (heutigen) Samstag sorgfältig, Gründe für die Aufgabe des Lufttransportstützpunktes zu nennen:

Sachstand der Nutzung des Lufttransportstützpunkts in Niamey
Die Bundesregierung hat Ende der Woche beschlossen, den Stützpunkt Niamey über den 31. August 2024 hinaus nicht weiter zu betreiben und Soldatinnen und Soldaten nach Deutschland bis zum 31. August geordnet zurückzuverlegen.
Auch die von Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) und Auswärtigen Amt (AA) gemeinsam verantwortete militärische Kooperation bzw. Ertüchtigungsprojekte werden nicht weiterverfolgt. Die politischen und entwicklungspolitischen Beziehungen sind hiervon unberührt.
Das BMVg wird die bilaterale Ausbildungshilfe und das bilaterale Jahresprogramm niedrigschwellig und in nicht-letalen Bereichen fortsetzen. Versehrte und verwundete nigrische Soldaten sollen in Bundeswehrkrankenhäusern behandelt werden.

Wesentlicher Grund ist, wie Auswärtiges Amt und Verteidigungsministerium laut Berichten von Spiegel und dpa Abgeordneten des Bundestages erläuterten, die Weigerung der nigrischen Regierung, mit der Bundesregierung ein Status of Forces Agreement (SOFA) abzuschließen. Solche Vereinbarungen sichern den rechtlichen Status der Soldaten in einem Auslandseinsatz ab.

Ende Mai hatte das Wehrressort, ohne Beteiligung des Außenministeriums, mit der Regierung in Niamey ein Zwischenabkommen geschlossen, das den Weiterbetrieb der deutschen Basis vorerst sicherstellte. Zuvor war der Stützpunkt Teil der UN-Mission MINUSMA für das Nachbarland Mali gewesen; das Mandat dafür lief jedoch im Mai aus. Die Notwendigkeit für einen Weiterbetrieb hatte Oberstleutnant Mitko Müller als Sprecher des Ministeriums am 31. Mai vor der Bundespressekonferenz so begründet:

Wir haben eine Übergangsvereinbarung abgeschlossen, um den Lufttransportstützpunkt nach dem heutigen Tag als Cold Base weiterhin nutzen zu können. Das haben Sie richtig gesagt. Die Lage in Afrika ist in vielen Bereichen nicht leicht. Das haben Sie angedeutet. Vor allen Dingen die Region Sahel/Westafrika ist teilweise auch fragil. Gegebenenfalls braucht man da auch einen Ort oder eine Basis, um deutsche Staatsbürger in Sicherheit zu bringen. Insoweit galt es für uns, zwischen den Möglichkeiten, die vor Ort existieren, der Verpflichtung, die Deutschland hat, und dem Auftrag, den die Bundeswehr hat, abzuwägen. Der Auftrag ist eben, dass man notfalls auch im Rahmen einer militärischen Evakuierungsoperation deutsche Staatsbürger – vereinfacht gesagt – herausholt.

Das vereinbarte Übergangsabkommen endet planmäßig zum 31. August, deshalb wurde dieses Datum auch als Abzugstermin festgelegt. Nach der regelmäßigen Übersicht des Ministeriums für die Abgeordneten sind in Niamey derzeit rund 40 deutsche Soldaten und Soldatinnen stationiert.

Dass darüber hinaus die militärische Kooperation und die so genannte Ertüchtigung für Niger ausläuft, ist keine echte eigene Entscheidung der Bundesregierung. Parlamentarier der Koalition hatten deutlich gemacht, dass sie eine weitere Zusammenarbeit mit der Militärregierung in Niger und ebenso mit den Nachbarländern Burkina Faso und Mali kritisch sehen, wo ebenfalls Putschregierungen im Amt sind. Der Haushaltsausschuss hatte diese Bedenken in Vorgaben für beide Ministerien bereits im April in einem so genannten Maßgabebeschluss festgelegt:

Der Haushaltsausschuss stimmt der geplanten Auswahl der Partnerländer des Ausstattungshilfeprogramms der Bundesregierung für ausländische Streitkräfte (AH-P) für die Jahre 2025 – 2028 zu. Die Ausstattungshilfe für die Länder Mali, Burkina Faso und Niger sieht der Haushaltsausschuss angesichts der politischen Rahmenbedingungen nach den Militärputschen der vergangenen Jahre sehr kritisch, besonders mit Blick auf die Wahrung der Menschenrechte und des Völkerrechts sowie der Rechte von Oppositionellen und Zivilgesellschaft durch die entsprechenden Partner vor Ort.
Der Haushaltsausschuss fordert die Bundesregierung auf:
1. Eine Liste mit den beabsichtigten Projektmaßnahmen sowie der hierfür geplante Mittelansatz im Einzelplan 05 dem Auswärtigen Ausschuss und dem Haushaltsausschuss zur Zustimmung vorzulegen, sobald die entsprechenden Vorsondierungen mit den Partnerstaaten abgeschlossen sind.
2. Keine Umsetzung der Projekte in den Ländern Mali, Burkina Faso und Niger einzuleiten, bevor nicht der Auswärtige Ausschuss und der Haushaltsausschuss diesen explizit zugestimmt haben.

Schon vor dem deutschen Abzug endet die Präsenz der US-Streitkräfte auf der Airbase des Flughafens Niamey – die Regierung hatte die USA praktisch rausgeworfen. Am (morgigen) Sonntag soll die letzte US-Maschine von diesem Flughafen starten.

(Archivbild 2019: Unterkunftscontainer des deutschen Lufttransportstützpunkts auf dem Flughafen Niamey)