Bundeswehr kauft Tarn-Ponchos zum Schutz vor Kleindrohnen

Als Konsequenz aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine soll die Bundeswehr zum Schutz vor Ortung durch Klein- und Kleinstdrohnen auf dem Gefechtsfeld künftig über Tarn-Ponchos verfügen, die die optische wie elektromagnetische Aufklärung erschweren. Und Kommandeure sollen direkt aus einer Liste Kleindrohnen für Ausbildung und Übung bestellen können. Der Einsatz von mit Sprengstoff ausgerüsteten Kleindrohnen ist für die Bundeswehr dagegen vorerst kein Thema.

Rund 200 Vorschläge hat eineTask Force Drohnen erarbeitet, die Generalinspekteur Carsten Breuer im November vergangenen Jahres eingesetzt hatte – zu spät, wie der General selbstkritisch einräumte. Einige Ergebnisse der Task Force, die von Heeres-Brigadegeneral Wolfgang Jordan geleitet wird, erzählte das Verteidigungsminister der Süddeutschen Zeitung * und der Deutschen Presse-Agentur. Ein paar wesentliche Punkte:

• Zum Schutz vor Aufklärung durch Klein- und Kleinstdrohnen wird eine erste Tranche von 1.100 Tarnponchos beschafft, die vor allem für die geplante Brigade in Litauen vorgesehen sind. Eine weitere Beschaffung ist möglich. Als Schutzwirkung genannt werden elektromagnetische Schutzwirkung und optische Tarnung. Ob damit auch ein Schutz vor Wärmebildkameras verbunden ist wie bei dem entsprechend beworbenen Anti-Drohnen-Poncho einer polnischen Firma bleibt unklar.

• Zur Abwehr von Kleindrohnen sollen verstärkt Geräte wie Jammer zur Störung des Drohnen-Signals beschafft werden, auch hier zunächst vor allem für den Einsatz in Litauen, aber auch zum Schutz von Übungsplätzen in Deutschland, auf denen ukrainische Soldaten ausgebildet werden. Darüber hinaus sollen Abwehrdrohnen gekauft werden, die mit Netzen andere Drohnen abfangen können. Eines dieser Systeme wurde unter Federführung der Bundeswehr-Universität Hamburg entwickelt.

• Die von der Ukraine in großem Stil eingesetzten bewaffneten Kleindrohnen, die mit einer Sprengladung versehen ins Ziel gesteuert werden, sind für die Bundeswehr vorerst nur bei der Abwehr ein Thema, nicht für eine eigene Nutzung. Die derzeit konkret in Beschaffung gebrachten Klein- und Kleinstdrohnen werden nicht mit Wirkmitteln versehen, zitiert dpa einen Sprecher des Verteidigungsministeriums.

• Aus einer Liste von handelsüblichen Klein- und Kleinstdrohnen, wie sie von jedermann gekauft werden können, sollen Kommandeure künftig sehr schnell Modelle für die Ausbildung auswählen und bestellen können. Damit sollen Soldaten und Soldatinnen schon im Training an die Bedrohung durch solche unbemannten Kleinstsysteme, aber auch an die Nutzung und Abwehr gewöhnt werden.

Schon im vergangenen Jahr hatte Breuer darauf verwiesen, dass spätestens bei der Ausbildung von ukrainischen Soldaten in Deutschland klar geworden sei, dass sich auch die Bundeswehr auf die ständige Anwesenheit von solchen Kleindrohnen auf dem Gefechtsfeld einstellen müsse. So hätten die Ukrainer fassungslos darauf reagiert, dass die deutschen Soldaten nicht über Flugsysteme verfügen, die ihnen eine Übersicht über das Gelände oder eine Marschroute verschaffen könnten.

Die Bundeswehr vollzieht damit eine Abkehr von bürokratischen Hemmnissen, die Ausbildung und Nutzung von Kleindrohnen lange behindert hatten. So schilderten Pioniere 2022, wie sie vor einem Drohneneinsatz zum Auffinden von Sprengfallen auf einem Übungsgelände erst eine fliegerärztliche Untersuchung absolvieren und eine fliegerische Akte für die Aufzeichnung der Flugstunden anlegen mussten, ehe sie an einem fünftägigen Lehrgang für die Bedienung der Drohnen teilnehmen durften. Damit durften sie dann die Systeme steuern, die damals im Auslandseinsatz der Bundeswehr bereits genutzt wurden.

*Links zu deutschen Verlagswebseiten finden hier in der Regel nicht statt; in diesem Fall scheint eine Ausnahme sinnvoll.

(Archivbild Mai 2023: zivil genutzte Drohne in der Altmark in Sachsen-Anhalt – Thomas Köhler/photothek.net)