Klinkenputzen für die Ukraine: Baerbock und Pistorius suchen Patriot-Flugabwehrsysteme

Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsminister Boris Pistorius haben eine internationale Initiative gestartet, um der Ukraine Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot zur Verfügung zu stellen. Deutschland reagiert damit auf den zunehmenden Einsatz russischer Gleitbomben im Krieg gegen die Ukraine und hatte bereits am vergangenen Samstag die Lieferung eines weiteren solchen Systems aus Bundeswehrbeständen angekündigt.

Mit der Immediate Action on Air Defence sollten möglichst schnell Patriot-Einheiten aus NATO-Staaten, aber auch aus Drittländern für die Ukraine nutzbar gemacht werden, erklärten die Sprecher von Auswärtigem Amt und Verteidigungsministerium, Christian Wagner und Oberst Arne Collatz, am (heutigen) Mittwoch in Berlin. Durch den Einsatz industriell produzierter Gleitbomben habe sich das Abwehrgeschehen in der Ukraine verändert, erläuterte Collatz.

Diese Projektile, die vom Radar kaum aufgefasst und damit kaum bekämpft werden können, werden nach Angaben des Sprechers aus großer Entfernung von Flugzeugen gestartet. Die Nutzung solcher Gleitbomben, für die alte Waffensysteme aus Zeiten der Sowjetunion umgebaut werden, wurde in der Ukraine zwar schon seit einem Jahr beobachtet. Inzwischen werden sie aber in großer Zahl produziert und gegen die Ukraine eingesetzt.

Gegen die russischen Trägerflugzeuge könne nur Patriot wirksam eingesetzt werden; die aus Deutschland gelieferten Abwehrsysteme vom Typ Iris-T SLM reichten dafür nicht aus, sagte Collatz. Mit der Änderung der Taktik im Krieg besteht Sofortbedarf. Da hilft jede Rakete.

Das von den US-Unternehmen Raytheon und Lockheed produzierte Patriot-System hat mit den der Ukraine gelieferten Flugkörpern eine offiziell genannte Reichweite von rund 70 Kilometern, die tatsächliche Einsatzreichweite dürfte höher liegen. Größter Nutzer mit dem höchsten Bestand sind die USA – allerdings liegt da auch ein Problem der aktuellen deutschen Initative, da die US-Waffenlieferungen an die Ukraine derzeit aus innenpolitischen Gründen blockiert sind.

Neben mehreren NATO-Mitgliedern nutzen unter anderem Japan, Südkorea, Jordanien und weitere arabische Länder dieses Flugabwehrsystem. Inwieweit im Rahmen der Allianz oder der G7-Staaten der Ukraine Patriot zur Verfügung gestellt werden, bleibt vorerst offen. Die Hoffnung sei, dass mehrere Nationen in den Bestand schauen und sich zur Abgabe entschließen könnten, sagte Außenamtssprecher Wagner.

Die Bundeswehr hatte mit der Lieferung von bisher zwei Systemen und einer weiteren angekündigten Feuereinheit ein Viertel ihrer weitreichenden Flugabwehrsysteme abgegeben und verfügt nun noch über neun Patriot-Systeme. Zwar wurden inzwischen vier neue bestellt, die aber erst in den nächsten Jahren geliefert werden. Die deutschen Streitkräfte können zwar nach Angaben des Ministeriums damit ihre NATO-Verpflichtungen erfüllen, eine weitere Reduzierung jedoch kaum hinnehmen.

(Archivbild: Patriot beim scharfen Schuss bei der Übung Artemis Strike auf Kreta im November 2017 – Anthony Sweeney/U.S.Army)