Rüstungskonzerne machten 2022 weniger Umsatz – aber die Steigerung kommt erst noch

Der Umsatz der weltweit größten Rüstungsproduzenten und Anbieter von Dienstleistungen für Streitkräfte ist im vergangenen Jahr zwar leicht gesunken. Allerdings ist der Rückgang um 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr nach einer Übersicht des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI vor allem auf Probleme mit Lieferketten zurückzuführen – und dürfte sich angesichts der vollen Auftragsbücher der Waffenindustrie in den nächsten Jahren sehr schnell in deutliche Zuwächse verwandeln. Im Vergleich zum Jahr 2015 stiegen die Umsätze um 14 Prozent.

Das schwedische Institut veröffentlichte am (heutigen) Montag seine regelmäßige Übersicht der 100 größten Unternehmen, die Rüstungsprodukte herstellen oder Dienstleistungen für das Militär anbieten. Der Rückgang der Umsätze von 2021 auf 2022 ist vor allem auf das geringere Geschäft von Firmen in den USA und Russland zurückzuführen. Die Nachfrage nach Waffen seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine fülle hingegegen bereits die Auftragsbücher der Branche weltweit.

Beispielhaft zeigt sich das an dem türkischen Hersteller Baykar, der vor allem unbemannte Flugsysteme herstellt und dessen bewaffnete Drohne  Bayraktar TB-2 verbreitet in der Ukraine eingesetzt wurde. Die Nachfrage nach diesem Waffensystem erhöhte den Umsatz des Unternehmens um 94 Prozent und katapultierte Baykar in die Gruppe der 100 größten Unternehmen der Branche. Deutlich steigenden Umsätze hatten 2021 auch israelische Unternehmen wie Rafael: Die Firma verzeichnete eine Steigerung von zwölf Prozent, wozu die deutsche Tochterfirma beitrug, die Panzerabwehrwaffen für die Ukraine produziert.

Die europäischen Rüstungskonzerne werden in der SIPRI-Übersicht mit 2022 gestiegenen Umsätzen aufgeführt, die nach Erwartungen des schwedischen Instituts in den nächsten Jahren höher ausfallen werden. So verzeichnete Airbus für seine militärischen Flugzeuge eine Umsatzsteigerung um 17 Prozent. KNDS, der Konzern aus dem deutschen Panzerbauer Krauss-Maffei Wegman und dem französischen Landsystemhersteller Nexter, konnte den Umsatz um elf Prozent steigern; das deutsche Unternehmen Diehl, Hersteller des Flugabwehrsystems Iris-T SLM um 13 und Rheinmetall um sechs Prozent. Als einziger großer deutscher Rüstungshersteller musste ThyssenKrupp einen Umsatzrückgang um 16 Prozent hinnehmen, weil weniger Kriegsschiffe ausgeliefert werden – was sich allerdings von Jahr zu Jahr ändert.

Die direkten Folgen des Ukraine-Kriegs zeigten sich nach den Berechnungen von SIPRI bislang am wenigsten bei den US-Rüstungskonzernen. Deren Umsätze gingen 2022 um 7,9 Prozent zurück. Allerdings ist vorerst offen, ob und wie sich eine Ersatzbeschaffung für an die Ukraine abgegebenes Gerät langfristig auswirken wird. Das weltgrößte Rüstungsunternehmen Lockheed Martin hat unter anderem wegen der Bestellung neuer Lenkflugkörper einen Auftragsbestand im Wert von 150 Milliarden US-Dollar.

Im Hinblick auf Russland sind die Daten der SIPRI-Übersicht noch ein wenig intransparenter als zuvor. Nach Angaben des schwedischen Instituts sanken die Umsätze – in US-Dollar gerechnet – zwar von 2021 auf 2022 um zwölf Prozent. Das sei jedoch vermutlich auf einen Rückgang der Waffenexporte an andere Länder sowie die Inflation zurückzuführen, zudem sei unklar, ob der russische Staat möglicherweise Waffenlieferungen erst später bezahle. Darüber hinaus gebe es für zwei große russische Rüstungshersteller nur unzureichende Informationen, so dass sie in der Liste nicht enthalten seien.

Auffällig ist nach Angaben von SIPRI, dass die großen Rüstungsunternehmen in Asien 2022 das zweite Jahr in Folge höhere Umsätze erzielten als die Unternehmen in Europa. Dazu trugen vor allem chinesische Firmen bei, von denen sechs der acht größten im vergangenen Jahr ihre Umsätze steigern konnten. Nach Ländern gerechnet, ist China inzwischen hinter den USA der weltgrößte Waffenproduzent.

Nachgetragen: Die SIPRI-Mitteilung dazu und das Fact Sheet.

(Archivbild: Iris-T SLM Flugabwehrsystem auf der ILA 2022 bei Berlin)