Dronewatch: Bisschen Erläuterung zum „German Heron TP“

Nachdem das Verteidigungsministerium angekündigt hatte, den israelischen Streitkräften von Deutschland geleaste Drohnen zur Verfügung zu stellen, ging es doch ein wenig durcheinander – in deutschen Medien wurde u.a. behauptet, es ginge um die unbemannten Systeme, die die Bundeswehr bereits in Afghanistan eingesetzt hatte. Andere sprechen davon, Drohnen nach Israel zu schicken. Angesichts dieses Durcheinanders eine hilfreiche Erläuterung zur Frage, um welche Drohnen es überhaupt geht.

Ein Luftwaffenoffizier hat zu dem Thema einen Thread auf dem (noch recht neuen) Kurznachrichtendienst BlueSky veröffentlicht, den ich hier gerne im Zusammenhang aufnehme (das Format ist auch auf BlueSky ausgelegt):

Ich bin selbst Operator der ersten Stunde auf dem Muster, alles was ich hier sage, wird keine Geheimnisse verraten und ist OSINT frei verfügbar.

Wer allgemein noch keine Ahnung hat, was der GHTP ist also erstmal die basics: GHTP steht für German HERON TP und ist eine nach deutschen Wünschen angepasste Variante des IAI HERON TP (EITAN), welcher bei der IAF im Einsatz ist. Hier die basics zum EITAN: IAI Eitan – Wikipedia

Der GHTP ist der Nachfolger des HERON 1, welcher seit 2010 in Afghanistanund seit 2016 in Mali eingesetzt worden ist. HERON 1 ist eine komplett andere Plattform als HERON TP, allein schon an den Dimensionen erkennbar: IAI Heron – Wikipedia

Die Bundeswehr hat sich 2017 entschieden, den HERON 1 in den Einsätzen durch GHTP zu ersetzen. Hierzu muss man wissen, dass Deutschland den HERON 1 nie gekauft hat. Vielmehr wurde der HERON über einen deutschen Vertragspartner von IAI [Israel Aerospace Industries] geleast. Dies war zuerst Rheinmetall, später dann ADAS. [Airbus Defence&Space, T.W.]

ADAS betrieb den HERON 1 für die Bundeswehr und stellte die Leistung zur Verfügung, welche dann durch deutsche Operateure von der Luftwaffe in Anspruch genommen wurde. Dieses Konzept wurde nun auch auf den GHTP angewendet, wobei es eine Kaufoption seitens der Bundeswehr ggü. IAI gibt. Da die Einsätze sowohl in Afghanistan wie auch in Mali beendet sind, wird der GHTP natürlich auch nicht mehr dort eingesetzt werden. Es ist jetzt geplant, dass eine Demonstration des Flugbetriebs im Rahmen eines LV/BV-Szenarios erprobt wird, was bedeutet, dass GHTP 2024 nach Deutschland kommen soll und auch hier sukzessive als vollwertiger Teilnehmer am Luftverkehr im deutschen, ggf. europäischen Luftraum operieren soll.

Derzeit gibt es fünf GHTP, welche alle auf der Tel Nof Airbase südöstlich von Tel Aviv stationiert sind. Drei sind aber derzeit, aus diversen Gründen, nicht flugfähig. Dort betreibt IAI mit Airbus einen Technikbereich und die IAF hat eine israelisch-deutsche Staffel (Red Baron Squadron) gegründet, die als Operateure den GHTP vor Ort betreiben. Derzeit steht hier der Ausbildungsbetrieb für die deutschen Operateure an. Diese werden vor Ort durch Fluglehrer sowohl von IAI, wie auch der IAF, ausgebildet. Die Staffel wird von Israelis geleitet.

Der GHTP ist eine Anpassung des EITAN an die deutschen Wünsche. Die Sensorik der Kameras wurde erheblich verbessert und ist der des EITAN überlegen. So überlegen, dass man in der IAF nachdenkt, die EITAN entsprechend nachzurüsten. Zudem kann der GHTP mit einem SAR (Radarsensor) und GMTI (Ground Moving Target Indicator) ausgerüstet werden, was der EITAN so nicht hat.

Mit Hilfe dieses Radarsensors besitzt der GHTP eine Allwetterfähigkeit und Möglichkeit komplette Räume auf Bewegungen am Boden zu überwachen. Es sind genügend Schnittstellen und Leerräume vorhanden um ggf. den GHTP von seinen Möglichkeiten zu erweitern, sofern Deutschland dies möchte. Hier zu nennen wäre ein SIGINT-Sensor parallel zur Kamera und dem Radar, ein Seeüberwachungsradar oder auch Selbstschutzmöglichkeiten gegen Bedrohungen.

Letztlich kann der GHTP bewaffnet werden. Das Wirkmittel ist israelisch und unterliegt einer sehr strengen Geheimhaltung. Es kann gesagt werden, dass die Luftwaffe oder Bundeswehr bislang über kein Wirkmittel verfügt, was ähnliche Fähigkeiten hat. Im Endeffekt war es dieses Wirkmittel, was es in Verbindung mit dem HERON TP gibt, was 2017 zur Entscheidung geführt hat, den GHTP als Nachfolger zum HERON 1 zu nehmen und nicht den US MQ-9 REAPER.

Nachdem der Bundestag letztes Jahr die sehr leidige Drohnendebatte beendet hat, wird nun auch geplant, die Bewaffnung in den GHTP zu integrieren und die Operateure entsprechend auszubilden.

Was heißt nun, dass Deutschland die zwei GHTP in Tel Nof den Israelis erstmal überlässt? Das wird bedeuten, dass Israel über zwei hocheffektive Plattformen verfügen wird, die der Sensorik der eigenen Plattformen nicht nachsteht sondern teilweise eher übertrifft. Es heißt auch, dass wir derzeit nicht wissen, wann und wie die Ausbildung deutscher Crews weitergeht und ob es Verschiebungen für den Flugbetrieb in Deutschland geben wird.

(Archivbild Oktober 2021: Ein deutscher Einsatzoffizier vom Taktischen Luftwaffengeschwader 51 „Immelmann“ steht vor der Drohne wäŠhrend der Heron TP-Ausbildung auf der Air Force Base Tel Nof/Israel – Falk BäŠrwald/Bundeswehr)