Nach Putsch in Niger: Chef der Präsidentengarde übernimmt offensichtlich die Führung
Fürs Protokoll: Nach dem Militärputsch in Niger hat sich der Kommandeur der Präsidentengarde, Brigadegeneral Abdourahmane Tchiani, als neuer Führer des Landes präsentiert. Der Offizier, der mit seiner Einheit am Mittwoch den gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum festgesetzt und damit den Staatsstreich begonnen hatte, hielt im nationalen Fernsehen eine Ansprache im Namen des Nationalen Rates zur Rettung des Vaterlandes (CNSP).
Bei der rund zehn Minuten langen Rede am (heutigen) Freitag nannte Tchiani die schlechte Sicherheitslage des Sahel-Staates als Anlass für den Staatsstreich. Wie sich das Land künftig sicherheitspolitisch ausrichten werde, blieb dabei weitgehend offen. Der General kündigte aber eine enge Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten Mali und Burkina Faso an, die ebenfalls von Militärregierungen kontrolliert werden.
Die gesamte Rede ist auf der Facebookseite des nigrischen Fernsehens als Video eingestellt.
Die frühere Kolonialmacht Frankreich reagierte unmittelbar auf die Ansprache:
Präsident Mohamed Bazoum, der vom nigrischen Volk demokratisch gewählt wurde, ist der einzige Präsident der Republik Niger. Frankreich erkennt die aus dem von General Tchiani angeführten Putsch hervorgegangenen Behörden nicht an.
Der Flughafen der nigrischen Hauptstadt Niamey bleibt unterdessen weiterhin geschlossen. Die entsprechende Mitteilung für die Luftfahrt (NOTAM) wurde am Freitag nur leicht verändert:
NIAMEY AIRPORT IS CLOSED FOR ALL FLIGHTS EXCEPT FOR EXCEPTIONAL CASES WHICH WILL BE NOTIFIED.
Eine vorangegangene NOTAM hatte eine Schließung bis zum 4. August genannt. Das Enddatum wird nun nicht mehr ausdrücklich festgelegt, allerdings ist die Gültigkeit auch dieser Mitteilung vorerst bis zu diese Datum befristet.
Die Sperrung des Flughafens hat auch Auswirkungen auf die Bundeswehr, die in Niamey einen Lufttransportstützpunkt als Drehscheibe für Versorgung und vor allem für den Abzug der Bundeswehr aus Mali betreibt.
(Foto: Schreenshot der Ansprache von Tchiani im nigrischen Staatssender RTN)
2014 hieß es schon:
Bevor die Bundeswehr in Afrika neue Aufgaben übernimmt, muss klar sein, welche Ziele Deutschland verfolgt. Denn Soldaten allein, das lehrte damals schon Afghanistan, lösen kein Problem.
2023
Ziele immer noch unklar.
Mali, Niger. Deutschland: Ratlos in Afrika. Die Bundeswehr badet es nun aus.
Aber es besteht ja Hoffnung:
Außenministerin Annalena Baerbock hat nach dem Putsch im Niger am Donnerstag mit ihrem Amtskollegen telefoniert und dabei die „volle Unterstützung“ Deutschlands für die demokratische Entwicklung in dem westafrikanischen Land deutlich gemacht.
„volle Unterstützung“?
Mali, Afghanistan und nun Niger: Die deutsche Politik ist mit ihrem Plan gescheitert, Inseln der Sicherheit und Demokratie zu schaffen. Ganz allgemein ist es ein Problem westlicher Streitkräfte, dass mit solchen Einsätzen nicht politischen Ziele erreichen werden können.
Übrigens: Seit Juli 2022 “forscht” ein Untersuchungsausschuss nach den Ursachen für das Debakel beim Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Was passiert in der Bundeswehr? Was lernen wir für die Zukunft? In Afrika oder wo auch immer. Na hoffentlich nicht Indopazifik (Asien-Pazifik)
Ich sehe ein Geschäftsmodell… wie oft hat die Schweizer Garde den Papst weg geputscht?
Zitat:“…im Namen des Nationalen Rates zur Rettung des Vaterlandes (CNSP).“
Wie sich die Formulierungen doch immer gleichen. Fällt diesem Putschistenpack eigentlich gar nichts neues ein?
Blöd ist das schon mit dem geschlossenen Flughafen. Wie kriegen wir unsere Jungs und Mädels jetzt da raus? Natürlich auch die aus Mali.
Also steht die Rettungskette erstmal weiterhin nicht!?
Keine gute Nachricht, zumal die Sanitätsressourcen ja sowieso da unten schon immer sehr begrenzt waren.
Wenn jetzt noch einer der Führer aus dem Kreis der Putschisten zur Ausbildung in Deutschland an der Führungsakademie oder dem Zentrum Innere Führung war, dann fresse ich den Besen.
Die Eventualplanungen der Bundeswehr Mali und nun auch EU-Mission im Niger, das könnte eine wirkliche große Operation werden.
Da kann Evakuierung aus dem Sudan nur ein Vorgeschmack sein.
Der Minister spricht von einer dynamischer Lage in Niger. Eine akute Gefahr für die Soldaten bestehe nicht, sagte er der Presse.
Ernsthaft, worauf bezieht sich diese Erkenntnis?
Putschisten im Niger sind auch Offiziere, gar Einheiten sind, die von deutschen Ausbildern geschult wurden. Besonders bekannt, Spezialkräfte des Niger. Man spricht, dass der Chef der Spezilakräfte selbst unter den Putschisten ist.
Wie war das in Mali, Putschisten von deutschen Ausbildern geschult.
Das Thema Afghanistan gehört auch in diese Reihe, in der Armee, der Polizie der Taliban gibt es zahlreiche frühere Soldaten der Regierungsarmeee, welche jetzt dem Terrorregime dienen. Mit zum Teil hochwertiger westlicher Ausrüstung, stationiert in Kasernen, die Deutschland schick hinterlassen hat.
Eine tolle Bilanz für die Bundeswehr. Nichts gelernt. Aber ja, die Reden im Parlament zu den Einsätzen waren durch Kenntnis und Wissen gekennzeichnet. Der militärische Ratschlag war dann halt auch gefällig.
Demokratie führt in ethnisch heterogenen Staaten ohne übergreifendes Identitätsverständnis wie Niger zu andauernden, unlösbaren Konflikten, weil sie fast immer dazu führt, dass die stärkste ethnische Gruppe die Macht zu ihren Gunsten und auf Kosten der anderen Gruppen ausübt, ohne dass dies korrigiert werden kann. Wenn überhaupt würde hier ein stark föderalisiertes System funktionieren, was aber in Niger und anderen Staaten der Region aus verschiedenen Gründen ebenfalls nicht realistisch ist. Leider hat man in Deutschland die Lektionen aus der Zeit der Entkolonialisierung, als Demokratien in der Region schon einmal in großem, Umfang gescheitert sind, bis heute nicht gelernt. Auch aufgrund solcher unrealistischen Vorstellungen wenden sich die lokalen Machtakteure in der Region, mit denen man zusammenarbeiten könnte, von Europa ab und Staaten wie Russland zu, die hier wesentlich realistischer agieren. Europa verliert in Folge dessen entscheidend an Einfluss an seiner verwundbaren Südflanke.
@Cecil:
Als würde der Diktator der ethischen Mehrheit (manchmal auch von einer ethnischen Minderheit) dann besonders gutes für die sondern Ethnien tun.
Wenn dann wäre gerade für solche Länder eine Demokratie mit Schutz von Minderheitsrechten besonders wichtig, auch wenn die politische Teilhabe vielleicht etwas eingeschränkt wäre, weil man eben nicht „die Macht übernehmen“ könnte (wobei das eigentlichkeine Einschränkung wäre), so wäre man doch wenigstens vor einem Genozid sicher.
Am Ende des Tages glaube ich manchmal, dass wir [Deutschland] zu hohe Erwartungen haben.
Vollkommen frei von Überheblichkeit vermute ich, dass noch nicht alle Völker, Ethnien etc. wirklich die Demokratie wollen und brauchen.
Wir müssen viel realistischer sein.
Der Zustand der Demokratien in Westeuropa ist die Entwicklung über viele Jahrhunderte mit Millionen von Toten.
@Dominik
Es ging mir nicht um Minderheitenrechte, sondern um die stabile Herrschaft von Akteuren, die dem eigenen Block nahestehen. Russland ist im Sahel gerade dabei, die dafür in Frage kommenden Akteure einen nach dem anderen auf seine Seite zu bringen und zur Macht zu verhelfen. Im Sudan geschieht das ebenfalls und kann dazu führen, dass Russland demnächst die Route nach Europa durch das Rote Meer bedrohen kann. Von Libyen und Syrien aus wird Russland zugleich die Südflanke der NATO unmittelbar militärisch bedrohen können. Im Sahel wird Russland zumindest indirekt strategische Rohstoffe und Routen für illegale Migration kontrollieren. Wenn zugleich der Weg für Getreidelieferungen über das Schwarze Meer blockiert bleibt, wird der nächste Schritt in der russischen Strategie eine neue, signifikante Welle illegaler Migration aus Subsahara-Afrika nach Europa sein, was russlandnahe rechtspopulistische Akteure stärken wird. Das sind Europas reale Probleme bzw. Interessen in der Region. Ob die wenigen noch verbliebenen Partner Europas dort demokratische Wahlen durchführen oder nicht, ist angesichts der erwähnten Tatsache, dass solche Wahlen in der Vergangenheit wenig Positives bewirkten, von nachrangiger Bedeutung.
@ Florian Staudte sagt, 29.07.2023 um 10:12 Uhr
Ehrlicherweise bin ich kein Experte für Afrikanische Streitkräfte. Aber wiki zu zwei Beteiligten reicht vielleicht auch schon für eine kleine Feststellung:
Moussa Salaou Barmou genoss seine Ausbildung in den USA.
Salifou Mody war vor seiner Diplomatischen Laufbahn Militär und als solcher u. a. in Frankreich und Militärattache in Deutschland.
Es darf mMn an dieser Stelle durchaus reichen, um zu konstatieren, dass man durchaus Ansprechpartner hat.
Darüber hinaus ist die Beziehung zur Republik Frankreich tief in die Nomenklatur der Republik Niger integriert, so dass hier auch genügend Kanäle offen sein dürften.
—–
Es zeigt sich mMn wieder einmal, dass das Angebot, was Europa ggü Afrika machen könnte:
– tragfähige und faire Handelsbeziehungen als Einstieg in eine stabilisierend wirkende sozio-ökonomische Entwicklung,
nicht ankommt.
Ganz nüchtern betrachtet: es kann und darf kein europäisches Interesse sein, den afrikanischen Kontinent der VR China, Russland oder den USA zu überlassen.
Deshalb sollte seitens der EU ein langer Atem bewiesen werden und die Entwicklungshilfe effektiver mit außen- und sicherheitspolitischen Interessen verbunden werden.
Es ist mMn richtig, die Menschen in Afrika an ihren wirtschaftlichen und politischen Ressourcen so partizipieren lassen zu können, dass Stabilität als Benefit für Europa und ein positives Leben ohne Hunger und Gewalt, um hier einmal neutralstmöglich zu formulieren, für die Menschen in Afrika, die dies nicht haben, herauskommt.
@Cecil:
Da widerspreche ich nicht grundlegend, es gibt immerhin ein paar Beispiele halbwegs vernünftiger Monarchen, zb Jordanien und Oman. Das wäre, denke ich absolut vertretbar.
absurd ist Russlands Verhalten. Eigentlich schon einen Deal mit dem sudanischen Militärchef zu haben, und trotzdem nebenbei mit Wagner die RSF zu stützen. Als Westen würde ich dort das reguläre Militär unterstützen, um Russland rauszudrängen und mit Einfluss das schlimmste in der Militärdiktatur zu verhindern.
PS: So lange die Amis in Dschibuti sitzen dürfte das rote Meer keine russische Blockade fürchten. Ägypten hat in der Region eh eine Schlüsselrolle, da müsste man sich wegen Sudan und Libyen wohl auch besser einigen. Und wenn schon Fuchs und Boxer in Algerien rollen, warum dann nicht auch in Ägypten, welches sich eh eher westlich orientiert, besonders was Waffensysteme angeht. Bestellungen bei Russland sind eh selten gewesen und aktuell Geschichte. Stattdessen hatte man in der,Ukraine bestellt, auch große Mengen Getreide, da dürfte jemand stinksauer sein…
Die Bundesregierung attestierte dem Land im März 2023 relative politische Stabiliät (vgl. BT-Drs. Drucksache 20/6201, S. 4) und stellte die Versprechungen des Staatspräsidenten zur „Mädchenbildung“ heraus. Wikipedia benennt im Zeitraum von 1974 bis 2021 sieben erfolgte oder versuchte Militärputsche. Dazu besteht eine Gemengelage aus Stammesgesellschaft, Islamismus, Armut, Hunger, Dürre und diametralen Interessengegensätzen diverser Akteure….
Will sagen: Die neuerlichen Ereignisse erscheinen nicht landesuntypisch, genausowenig wie die in D vielerorts zur Schau gestellte politische Naivität. Ich bin dafür, die eigene Truppe möglichst schnell heim zu holen.
@Dominik
Die meisten Konflikte in Afrika fußen auf Stammeskonflikten, die schon aus vorkolonialer Zeit Zeit stammen und die durch die willkürliche Grenzziehung der Kolonialmächte noch verstärkt wurden. Was Cecil beschreibt kann man in praktisch allen Subsahara-Staaten Afrikas sehen. In der Prioritätenfolge steht für die meisten Afrikaner die Familie an erster Stelle, dann folgen Clan und Stamm (manchmal noch die Religionszugehörigkeit) und ganz am Schluss (wenn überhaupt) kommt der Staat. Jeder der Autokraten afrikanischer Staaten stabilisiet seine Macht, in dem die Schlüsselpositionen in Verwaltung und Militär mit Familienangehörigen oder Stammesmitgliedern besetzt werden.
In Mali sind die Tuareg, auf die Gesamtbevölkerung gerechnet, eine Minderheit. Als ethnische Minderheit, steht den Tuareg Schutz ihrer Minderheitenrechte zu, was die Regierung stellende, schwarz-afrikanisch dominierte Bevölkerung fröhlich ignoriert hat.
Jetzt versucht die Armee von Mali das Problem zu lösen, indem sie die Tuareg gewaltsam zu unterdrücken versucht. Es wird nicht klappen, die Tuareg kämpfen seit Jahrhunderten in der Wüste.
In Marokko versucht das Militär seit Jahrzehnten den Widerstand der Sarauis (die eingesessenen Stämme der Westsahara) zu brechen. Die Sarauis kämpfen weiter um das was ihnen laut UN-Resolution zusteht.
Im Sudan hatten sich die unterdrückten Minderheiten sich gegen die sie unterdrückenden Araber zusammen-geschlossen. Kaum hatten die Verbündeten Stämme mit der Bildung des Südsudan ihre Unabhängigkeit vom Sudan durchgesetzt, versuchte der nun dominierende Stamm die anderen zu unterdrücken und schon begann der Bürgerkrieg im Südsudan.
Verstärkt wird das ganze durch Verteilungskämpfe. Die Bevölkerungsexplosion in Afrika führt zu verstärkten Verteilungskämpfen um Siedlungsgebiete, Zugang zum Wasser und die Kontrolle von Rohstoffvorkommen. Dabei nutzen Warlords, islamisten, kriminelle Banden aber auch Einheiten regulärer Armeen gezielt Terror zur Vertreibung der jeweiligen eingesessenen Bevölkerung.
In der UN-Charta stehen das Selbstbestimmungsrecht der Völker und das Recht eines Staates auf Unverletzlichkeit seiner Grenzen gleichwertig nebeneinander. Unter den Staaten des Westens dominieren die Nationalstaaten mit einer Bevölkerungen deren Mehrheit loyal zu ihrem Staat steht, oder zumindest die zweite Priorität (nach der Familie) einräumt. Es ist die Voraussetzung, damit unsere Vorstellung von Demokratie funktionieren kann. Demokratieexport in Staaten in denen diese Grudvoraussetzung nicht gegeben ist führt zu den Quasi-Demokratien, die seit Ende des Kolonialismus in Afrika und dem nahen und mittleren Osten entstanden sind.
Ja, was will man halt machen, außer große Ideen:
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/afrika/sahel/2450526
@asteria01:
Ihre Aussage: „Wie war das in Mali, Putschisten von deutschen Ausbildern geschult.“ ist so nicht richtig. Ausgebildet wurden bei EUTM Mali im Koulikoro Training Center in erster Linie Unteroffiziere und Subalternoffiziere. Die Akteure der beiden Putsche waren schon vor sieben jahren in hohen militärischen Führungspositionen bzw. Mitglieder des Ordre National du Mali.
puh … also dass Russland bald den Sahel kontrolliert und damit die europäische Südflanke bedroht, das sei mal im Licht der zugänglichen entwicklungsrelevanten Statistiken wie auch der dortigen politisch-gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ein ziemlicher Blunder. Es gefällt Russland immer, wenn wir ihnen alles zutrauen (Russland in Afrika ist seit ein paar Jahren ein klassischer Killroy). Fakt ist, dass Russland nie wirklich weg war, denn die Sowjetunion hatte schon viele strategische Assets auf dem afrikanischen Kontinent – aber spätestens seit 1994 war Russland kaum noch in der Lage eine Afrikapolitik zu betreiben (in manchen Ländern Afrikas war die Ukraine deutlich präsenter was Handel oder Militärausbildung an altem Sowjetgerät betrifft).
China ist der dominante Akteur seit spätestens 2005, auch weil die afrikanischen Staaten nun mit China einen alternativen Akteur haben (früher war das entweder das alte koloniale Mutterland oder die USA, selten die EU/Japan/Australien oder ein einzelner europäischer Staat) was den bilateralen Kontext betrifft. Zudem war China niemals ein eigener Kolonialstaat (ähnlich wie Indien), was die Politik zwischen den Ländern des globalen Südens schon anders macht als mit EU & Co
Russland ist da eher ein Trittbrettfahrer … es kann an alte sowjetische Zeiten anknüpfen, es bietet Lowtech Waffen und außenpolitischen Schutz (Sicherheitsrat) und auf niedrigem Niveau Handel – und alles ohne Konditionalitäten wie Menschenrechte etc.. Aber es verkauft auch eine Geschichte, nämlich die vom „bösen Westen“ und der russischen Unterstützung gegen eben diesen – und zwar im einzigen Bereich, den China in Afrika nicht anbietet: Sicherheit (und als PR Wagner als PMC Mythos).
Die Bilanz allerdings ist bisher … bescheiden. Aber noch sind auch noch keine Gegenargumente seitens der EU auf den Tisch gelegt worden. Das ist ein großes Ärgernis, vor allem da man v.a. in D nun alle Assets auf Niamey gesetzt hat. Der Putsch ist daher auch (noch) anders zu sehen als im Mali, maximal dämlich ist es aber schon seitens der deutschen beteiligten Ressorts, die ja im EU-Loop drin sind, und sprechfähiger sein sollten bzw. müssten.
@Paradox77
In Zahlen lässt sich allenfalls der wirtschaftliche Einfluss messen, und da liegt China zweifellos in der Region vorne, während Russland kaum ein Rolle spielt. Unabhängig davon ist aber das russische Modell der Einflussnahme (Sicherheitsunterstützung für schwache Regierungen und Putschisten) so erfolgreich, dass es z.B. in Mali wesentlich dazu beigetragen hat, dass das Land nun nicht mehr Teil der französischen Einflusssphäre ist und die Bundeswehr ihren Einsatz beenden muss. Dabei ist Mali nur ein Staat im Sahel, in dem dieses Modell für Russland funktioniert hat. Das sollte man nicht einfach so abtun, und angesichts der hier mit vergleichsweise geringem Aufwand erzielten Wirkung würde ich nicht von einer „bescheidenen Bilanz“ sprechen.
1990 wurde das Ende der Geschichte erklärt, der Westen hatte alle Karten in der Hand. Russland war quasi tot, China noch nicht so weit. 2023 ist der Westen eher in der Defensive, egal was NATO, USA, EU verlauten lassen.
Diese Gesamtsituation geht natürlich weit über den Blog hier hinaus. Aber bevor man sich in die Frage verliert, warum das in Afrika die letzten Jahre so gelaufen ist, müsste man m.E. erst die große geopolitische Frage beantworten können. Kann man das?
Ich habe ebenfalls meine Zweifel, dass Russland oder China die Lage in der Region kontrollieren können. Auf jeden Fall sollte eine Angst diesbezüglich nicht maßgebend für unsere Sicherheitspolitik sein.
Wir sollten unser Engagement in anderen Ländern stärker daran orientieren, wie verlässlich wir dort voraussichtlich Stützpunkte betreiben können
cosmo sagt: 29.07.2023
„@asteria01:
Ihre Aussage: „Wie war das in Mali, Putschisten von deutschen Ausbildern geschult.“ ist so nicht richtig. Ausgebildet wurden bei EUTM Mali im Koulikoro Training Center in erster Linie Unteroffiziere und Subalternoffiziere.“
Das ist eine Seite der Medaille, die ETTF. Die andere Seite: Die ATF (Advisory Task Force), auch Bestandteil der EUTM, hat die hochrangigen Akteure im Ministerium, im Generalstab und in den HQ´s der „Military Regions“ ausgebildet. Von daher ist die Position von asteria01 durchaus im Bereich des Möglichen.
Gut gemeint ist nicht gut gemacht.
Nun muss die Bundesregierung,
nach der erst vor kurzem erneuerten Beurteilung der Lage https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/-/2595252
mal wieder umsteuern.
Vielleicht aber auch diesmal um 360 Grad.
Es muss ja schließlich weiter gehen, das deutsche Hilfesyndrom (sarc).
@Schlammstapfer
Das ist mir schon klar, deswegen auch weitgehend Zustimmung.
Schade finden darf man das wohl trotz realistischen Blick darauf.
Ägypten verkauft man auch Iris T, uns Ägypten ist eine durchmilitarisierte Gesellschaft, ähnlich Pakistan, eine der wenigen Wahlen brachten die Muslimbruderschaft an die Macht. Die Ansprüche an Regierungen zwecks Kooperationen sind also auch gar nicht so groß, ist eigentlich kein Geheimnis siehe China.
Was sind eigentlich „Quasi-Demokratien“?
@ ORR 30.07.2023 um 15:18 Uhr
cosmo sagt: 29.07.2023
@asteria01….
Ein Putsch wird nicht nur durch Anführer und medial präsente Erscheinungen getragen. Da laufen schon ganze Verbände und Einheiten mit. Da werden imHinterfrund Strippen gezogen, lange vorher. Daher komme ich auf den Gedanken, dass z.B. im Niger ein paar (oder viele) von deutschen (und MN) Spezialkräften unter den Putschisten mitmischen. Mali dito, von deutschen (EU/MN) ausgebildete Soldaten….Na, sarc, dann hat man jetzt gute Beziehungen zu Putschisten, kann ja mal helfen..
Das unserer Dienste (MN natürlich auch) wieder nichts mitbekamen, unsere Aufklärung der Bundeswehr (MilNw) natürlich auch nicht, kann man möglicherweise erklären, doch es wirft Fragen auf, warum wir immer überrascht werden AFG/UKR/ Mali/Niger…
Okay?
@Dominik
Quasi-Demokratien: Meine Bezeichnung für Staaten, in denen es Elemente echter Demokratien gibt, wie z.B. Parlamente und / oder regelmäßige Wahlen, in denen aber dieselbe Partei (bzw. derselbe Autokrat) manchmal Jahrzehntelang das Sagen hat und in denen weder das Parlament noch Wahlen irgenwelche Veränderungen herbeiführen können.
Beispiele: Russland, Ägypten, Syrien, Iran, Bayern (Scherz), usw. Übrigens, gerade in Afrika gibt es die dienstältesten Präsidenten. Der autoritäre Präsident von Äquatorialguinea, Teodoro Obiang, ist seit 1979 im Amt und damit das am längsten amtierende nicht-monarchische Staatsoberhaupt.
MdB Kiesewetter spielt lt mehren Pressemeldungen mit dem Gedanken, „Deutschland könnte eine Intervention von Ecowas militärisch begleiten, wenn es von Ecowas eingeladen würde und es ein UN-Mandat gäbe“ Eine Intervention keine Evakuierung, keine Rettung.
Ernsthaft?
Gleichzeitig spricht er aber dann auch von Evakuierung. Vor der Umwandlung der DSO in die DSK gab es den Auftrag an die Luftlandetruppe „Bewaffnete Rückführung“. Im Zuge der Umwandlung der Luftlandtruppe, Auflösung einer Brigade und Schaffung von Rumpfregimentern, war „Bewaffnete Rückführung“ ein ernsthafter Auftrag an diese Kräfte. „Bewaffnete Rückführung“ meint nicht MilEvakOp, sondern, grob ausgedrückt; Soldaten holen Soldaten mit dafür notwendigen und geeigneten Verfahren aus Einsatzgebieten in Krise und Krieg. Das kann also ein anderes Vorgehen , andere Verfahren, andere Mittel erfordern als MilEvakOp.
Das sahen sie Strukturplaner des Heeres als nicht mehr notwendig an. Wurde gestrichen. In der DSK hatte man noch informell versucht, das beizubehalten, doch es wuchs sich aus.
Siehe da. Zerschlagen konnte man vor 10-15 Jahren viel.
Es ist zum Verzweifeln. Afghanistan, Mali, nun Niger. Überall ist Deutschland mit wehenden Fahnen rein, dann trotz Warnungen zu lange geblieben. Raus ging nie planmäßig, nie gut. Hektik, Chaos. Taktisch wurde ganz unten ausgebadet!
Nun plant man im BMVg und EinsFüKdo an verschieden Möglichkeiten Bundeswehr aus Mali und Niger zu holen. Sommersprosse dazu. Wichtige Teile der LLBrig 1 üben gerade in Australien, na, das passt ja.
Dann spricht MdB Kiesewetter schon wieder von militärischer Begleitung? Afghanistan sollte ja auch nur kurz sein.
Dann der Zustand der Bundeswehr zu Hause. Es knackt und kracht an allen Ecken. Nicht mal für Übung und Ausbildung reicht es, Munition, Ersatzteile.
Nun aber. „Evakuierung“ – Rückholung („Bewaffnete Rückführung“) für ein krachend scheiterndes Vorhaben in Westafrika. Schwer genug. Aber „Deutschland könnte eine Intervention von Ecowas militärisch begleiten, wenn es von Ecowas eingeladen würde und es ein UN-Mandat gäbe“
Mit den politischen Aussetztern und militärischen Fehlplanungen kann ich verstehe, wenn gesagt wird: „Vertrauen in die Führung? – Fehlanzeige!“
Ernsthaft?
@Schlammstapfer
relativ geläufiger Name für Demokratien „mit Problemen“ ist „unvollständige Demokratie“, sozusagen ein Graubereich.
Wobei viele Länder die Sie nennen nichts mit Demokratien zu tun haben. „Quasi-Demokratie“ ist da schlicht verharmlosend. Bei Syrien und Iran ist mir die Kinnlade runtergekracht vor Stauen über ihre Einordnung, selbst wenn man bedenkt, dass man in DE gewohnt ist, dass einige ja immernoch so tun wollen als wäre Russland eine („Quasi“)Demokratie….
PS: „Quasi“ ist doch eher ein Begriff für etwas was so ist, aber noch nicht offiziell, sozusagen Quasi-Nato-Mitglied Schweden.
https://de.m.wiktionary.org/wiki/quasi#:~:text=%5B1%5D%20an%20und%20f%C3%BCr%20sich,es%20(mal)%20so%20zu%20sagen
@ A-Bullet
MdB Kiesewetter muss es nicht gut gehen, wenn er von solchen Abenteuern fabuliert. Es ist erschreckend.
Die militärische Verzwergung der Bundeswehr ist bei einigen Politikern noch nicht angekommen.
Hach ja … der gute Roderich K. und seine Einschätzung der Bundeswehr (die auch bei etlichen aktiven militärischen Führern mit Gold auf den Schultern ähnlich ist).
Das ist halt die Crux der letzten 20+ Jahre und des Problems, dass man heute noch neben den aktiven wie ehemaligen Ausschussmitgliedern viele ehemalige aktive „Transformatoren“ der Bw im politischen und vorpolitischen Raum auch im Unruhestand rumgeistern bzw irrlichtern hat. Mein persönliches absolutes Problembeispiel ist Generalleutnant a.D. Domröse und seine Beratungsfirma oder bezogen auf die unsägliche Rolle der Bw in Westafrika alle Verantwortlichen des EinsFüKdo seit 2014 … ein pures Drama an Ignoranz und völliger Blauäugigkeit (ich denke da an die Rolle der Bw in der Tschadsee-Konferenz und das Nebenher zwischen EUTM, EUCAP, EUBAM und MINUSMA sowie Barkane.
Und dann so eine Äußerung. Das ist noch ne Nummer härter als alle Peinlichkeiten in Afghanistan.
@ Cecil: Messbar ist eine ganze Menge – Einfluss ist mehr als nur Handelsvolumina. Da Russland ja den Sicherheitsrat der VN wiederentdeckt hat und vor allem die Generalversammlung der VN ist da schon eine gewisse Einflussnahme. Aber das Modell Mali als „Wenig Input-großer Impact“ zu betrachten, liegt in einer arg oberflächlichen Sicht der Dinge. Der malische Staat kontrolliert wöchentlich weniger Fläche und verschwendet das wenige an produktiven Assets auf die Kontrolle der Hauptstadt und weniger Zentren. De facto ist das russische Modell ein „Back-to-the-Past-again“ mit Warlordsystemen und Extraktionismus. Das kollidiert arg mit dem chinesischen Modell, was gewisse Stabilität benötigt. Es ist ganz klar ein „raise the bar“ ggü der EU und fördert irreguläre Migration nach Europa. Aber es schafft keine Kontrolle. Ja, es erhöht die Kosten der Kooperation und Entwicklung für *alle* anderen internationalen Akteure. Und das wird sich mittelfristig eher für die EU und die USA oder China auszahlen, als für Russland. Mir ist schon bewusst, dass die drei genannten Akteure völlig unterschiedliche Vorstellungen von Partnerschaft haben, aber mit den dreien haben einzelne afrikanische Staaten nun valide Optionen. Russland ist die destruktive Karte samt PMC Mythos.