Fürs Archiv: Verträge für Flottendienstboote und Caracal-Luftlandeplattform unterschrieben
In der vergangenen Woche hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause eine Reihe von Beschaffungen für die Bundeswehr gebilligt. Fürs Archiv und zum späteren Wiederfinden: Die Verträge für den Bau neuer Flottendienstboote und für die Beschaffung mehrerer tausend luftlandefähiger Fahrzeuge wurden inzwischen unterschrieben.
Den Vertrag für die Flottendienstboote unterzeichneten das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) und die Werft NVL (Naval Vessels Lürssen) am vergangenen Samstag (8. Juli) in Bremen, wie das Unternehmen mitteilte. Aus der Mitteilung des BAAINBw dazu:
Wenige Tage nach der Zustimmung durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages unterzeichneten die Präsidentin des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), Annette Lehnigk-Emden, und Tim Wagner, CEO der NVL Group, den Vertrag zum Bau der drei neuen Flottendienstboote für die Deutsche Marine. Nach Abschluss der gemeinsamen Entwurfsphase bildet dieser den Startschuss der nun beginnenden Konstruktions- und Bauphase bis hin zur Abnahme der Boote der Klasse 424 inklusive einer Ausbildungs- und Referenzanlage.
Die drei baugleichen Boote stellen einen unverzichtbaren Baustein der nationalen Sicherheitsvorsorge dar. Als Neubauprojekt werden diese hochspezialisierten Einheiten die hohen Anforderungen im gesamten Aufklärungsspektrum für den weltweiten Einsatz zukunftssicher erfüllen können und den bruchfreien Fähigkeitserhalt zur seegestützten signalerfassenden Aufklärung für die Deutsche Marine gewährleisten.
Die Konstruktion und der Bau der Boote basieren auf zivilen Schiffbaustandards und erfolgen ausschließlich in Deutschland. Der Vertrag umfasst die Umsetzung der vollständigen Bauspezifikation der Boote, die im Rahmen der Entwurfsphase kooperativ zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer erstellt wurde.
Im Jahr 2027 soll die Auslieferung der Ausbildungsanlage erfolgen, zwei Jahre später das erste der drei Boote der Deutschen Marine zur Verfügung gestellt werden. Damit werden sie sukzessiv die zu diesem Zeitpunkt bereits seit über 40 Jahren in der Nutzung befindlichen Flottendienstboote OKER, ALSTER und OSTE der Klasse 423 ablösen.
(Zu den Kosten für die neuen Boote und dem dazu vom Haushaltsausschuss erlassenen Maßgabebeschluss siehe hier)
Ebenfalls gebilligt hatten die Parlamentarier einen Rahmenvertrag für ein neues Einsatzsystems Luftlandeplattform, das gemeinsam für das deutsche und das niederländische Heer beschafft wird und von Rheinmetall geliefert wird. Aus der Mitteilung des Unternehmens:
Rheinmetall ist von der Bundeswehr und den Niederländischen Streitkräften mit der Lieferung von bis zu 3.058 Luftlandeplattformen Caracal beauftragt worden. Es handelt sich um einen mehrjährigen Rahmenvertrag für bis zu 2.054 deutsche und 1.004 niederländische Fahrzeuge, der einen Auftragswert von bis zu 1,9 Mrd Euro brutto hat. In einem ersten Schritt wurden als Festbeauftragung aus dem Rahmenvertrag 1.508 Fahrzeuge im Wert von rund 870 MioEUR brutto in Auftrag gegeben. Auf der deutschen Seite erfolgt die Beschaffung aus Mitteln des Sondervermögens für die Bundeswehr.
Der Caracal ist als gemeinsames Produkt aus der Partnerschaft Rheinmetalls mit der Mercedes-Benz AG und Armoured Car Systems GmbH entstanden. Die Auslieferung der ersten Erprobungsmuster ist bereits im ersten Quartal 2024 geplant, der Start der Serienauslieferung ist für Anfang 2025 vorgesehen.
Das 4×4-Allradfahrzeug Caracal ist speziell auf die Anforderungen
an mobile Plattformen für Luftlande- oder Spezialeinsatzverbände der Streitkräfte zugeschnitten. Die Beschaffung der „Einsatzsysteme Luftlandeplattform“ erfolgt vor dem Hintergrund der angespannten
Sicherheitslage und dem Fokus auf dringend benötigte Kapazitäten zur Landes- und Bündnisverteidigung. Aufgrund der engen militärischen Zusammenarbeit der deutschen und der niederländischen Streitkräfte und einer vergleichbaren Bedarfslage in beiden Ländern wurde das Projekt von Anfang an als bilaterale Beschaffung betrieben. (…)
Der Caracal basiert auf einem handelsüblichen Chassis der neuen militärischen G-Modell Baureihe 464 von Mercedes-Benz. Damit bietet der Caracal eine voll industrialisierte marktverfügbare Plattform, die Rheinmetall in Zukunft zahlreichen internationalen Nutzern anbieten und über die Nutzungsdauer logistisch versorgen
wird.
… und aus der Mitteilung des BAAINBw dazu:
Die Bundeswehr beschafft hierbei zusammen mit den niederländischen Streitkräften neue luftverladbare Geländefahrzeuge, die voraussichtlich ab Anfang 2025 die Fahrzeuge vom Typ Wolf und Mungo in den jeweiligen Luftlandevarianten vorwiegend der Division Schnelle Kräfte (DSK) und der dieser unterstellten 11. Luchtmobiele Brigade ersetzen werden. (…)
Das Fahrzeuggewicht ist mit knapp fünf Tonnen für den taktischen Lufttransport im Rahmen luftbeweglicher Operationen zur Landes- und Bündnisverteidigung sowie für militärische Evakuierungen optimiert. Jeweils ein Fahrzeug kann in einem schweren Transporthubschraubers als Innenlast zum jeweiligen Einsatzort transportiert werden. Ein Transport als Außenlast ist ebenso möglich. Der Caracal leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur Sicherstellung und Verbesserung der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr und unserer Verbündeten.
Der Vertrag in dreistelliger Millionenhöhe umfasst vier verschiedene Fahrzeugvarianten zum Personen-, Gruppen- und Materialtransport sowie Sanitätsfahrzeuge mit entsprechendem Zubehör. Zur Erhöhung der Feuerkraft und Durchsetzungsfähigkeit im Einsatz kann dank des modularen Aufbaus der Fahrzeuge unter anderem eine Drehringlafette sowie eine Beifahrerlafette angebracht werden. Darüber hinaus ist ein ballistischer Schutz sowie ein Minenschutzkit verfügbar. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h und einer Nutzlast von mindestens 1.223 kg finden je nach Ausstattungsvariante zwischen zwei und zehn Personen Platz im Fahrzeug.
(Foto oben: ‚Artist’s Impression der neuen Flottendienstboote – NVL; Foto unten: Caracal – Foto Rheinmetall)
Da wird sich NVL sicherlich freuen. Erst bekommen sie einen, auf mich wie ein Freifahrtschein wirkendenen, Vertrag, der auch von Seiten der Behörden als schlecht und undurchsichtig bewertet wird. Weiterhin haben sie voraussichtlich massiv überteuerte Tanker im bau. Als betrachter von außen wirkt es so, als ob sich die Bundeswehr/das Beschaffungsamt sowie der Steuerzahler massiv über den Tisch ziehen lassen von einigen wenigen Firmen.
Leider steuert die Bundespolizei beim Ersatz für den Hubschrauber „Super Puma“ auf ein ähnliches Fiasko hin.
Weiß man bei den Flottendienstbooten ob in dem dortigen Vertrag ebenfalls eine reduzierte Zeitspanne für die Mängehaftung von NVL vorgesehen ist?
Der größte Vorteil aller Diktaturen:
Da werden einfach hunderte (!) Pseudo zivile russische, chinesische, iranische etc. Spionage Fischerboote in unsere ach so freie Hoheits Gewässer gelassen und können so mit hundert Schiffen so billig und effektiv spionieren, wie Gutmenschen Deutschland mit drei gnadenlos unbewaffneten Schiffen für sage und schreibe 3 Mrd. €.
Was leisten denn diese Goldrand Dinger, was SWE/FIN/PL/Baltikum in Russland nicht wesentlich preiswerter von Land aufklären können?
Für 3 Mrd Euro gibt es knapp 3 F126 Fregatten (ebenfalls sehr teuer) , 2 fette zukünftige LHD in NL/UK Bauart (nicht billig aber bestimmt gut) … oder sogar einen kompletten STOCL Flugzeugträger südkoreanischer Bauart.
(WOW!)
Das ist mit das krasseste Beispiel für versteckte politische Pseudo Subventionen deutscher Abzocker Werften über teuerstes und hier sogar sinnloses See Kriegsgerät…und irgendwie eine erneute Verhonepipelung des deutschen Steuerzahlers.
(Der BDStZ wird das auch garantiert kritisieren, wie so vieles anderes Dummes aus dem Hause BMVgg)
Also das mit dem Preis der Flottendienstboote will sich mir auch nicht so recht erschließen. Immerhin hats Norwegen (auch nicht unbedingt ein Niedriglohnland) fertig gebracht ein einzelnes Schiff, also nicht immerhin drei Baugleiche – rechnen wir 4 für den Simulator – nach allen Preissteigerungen für 160 Mio zu bauen und nicht für 250 Mio + XX. Das die nicht noch teurer werden will ich erst noch sehn…
Zu den Luftlandefahrzeugen:
Es wird mal von der Stange gekauft und dann noch Skaleneffekte durch gemeinsame Beschaffung genutzt. Genau das was seit Jahren gefordert wird – kann man ruhig mal anerkennen. Sehr gut!
Einziger aber krasser Punkt in meinen Augen. Oben steht:
„Die Auslieferung der ersten Erprobungsmuster ist bereits im ersten Quartal 2024 geplant, der Start der Serienauslieferung ist für Anfang 2025 vorgesehen.“
Ich lese das so, dass man ein Fahrzeug, von dem man heute 2000 Stück gekauft hat, noch gar nicht wirklich erprobt hat…
Bitte korrigieren Sie mich, sonst wäre das schon wieder so eine Lack gesoffen Aktion :(
@Der Picard:
Zu Diktaturen nur der alte Spruch von George W. Bush: „If this were a dictatorship, it would be a heck of a lot easier, just so long as I’m the dictator.“
Zu seiner Ehrenrettung, das Zitat ist eingebettet in einen Kontext, in dem es um die US-Gewaltenteilung und vor allem die Abstimmung mit dem Kongress geht, und in dem Bush auch auf die Nützlichkeit hinwies, zusammen gemeinsame Positionen zu erarbeiten!
Ein Flottendienstboot ist natürlich nicht mit einem sowjetischen Spionagetrawler zu vergleichen. Aber das ist auch nicht der Anspruch, den wir an unsere Truppe haben, oder?
Zu teuer? Sicherlich. Es wäre natürlich simpler, wir hätten Schiffe von der Stange gekauft und würden die schlicht mit Sensoren und Analytik vollstopfen. Wobei wir dann eigentlich auch nur Sensoren und eine sichere Datenverbindung nach Hause brauchen. Denn die letztgültigen Analysen von Daten werden voraussichtlich ohnehin in Berlin, Pullach, Langley oder Cheltenham vorgenommen.
@Der Picard:
Sie wissen aber, dass die ganzen fancy „Effektoren“ überhaupt nichts nützen, wenn nicht vorher mal einer geschaut hat, welche Information die wirklich wichtige ist? Seit wann muss der Sensor bewaffnet sein?
Klar kann ich hundert kleine Fischerboote mit Bastel- UAS und Handykameras loslassen, ob die genau die Information erhalten, die ich brauche um auf Grundlage dessen eine Entscheidung zu trefffen ist fraglich…
Sicher ein voll verkorkster Vertrag mit null Spezifikationen. Einfach wäre gewesen man will weiterhin Hochwertsensorik im Bereich ACINT, SIGINT etc. gezielt per FDB hochseetauglich zum Einsatz bringen (nur eben nach Stand der Technik bei Fertigstellung der Boote).
Aber wirklich weiter ist man damit ja auch nicht…
@ Der Picard
Zitat: Da werden einfach hunderte (!) Pseudo zivile russische, chinesische, iranische etc. Spionage Fischerboote in unsere ach so freie Hoheits Gewässer gelassen…“
Warum ist das „Der größte Vorteil aller Diktaturen“? Was hindert uns daran, es genauso zu machen? Haben wir nicht auch jede Menge „Fischerboote“, die man dafür einsetzen könnte? Ansonsten stimme ich praktisch allen Aussagen von Ihnen zu.
hoffentlich lassen sich die verschiedenen Rüstsätze austauschen und hoffentlich wurde das Gesamtgewicht der Soldaten mit Ausrüstung (>150 kg) sowie dem Gewicht des Minenschutzsatz berücksichtigt, auch beim Lufttransport – aber ist nur so eine Überlegung, so wie bei den Gleitfallschirmen für die Fallschirmjäger, auch wenn es keinen Interessiert
@Metallkopf sagt ”Es wäre natürlich simpler, wir hätten Schiffe von der Stange gekauft und würden die schlicht mit Sensoren und Analytik vollstopfen”
Das Lustige ist ja, dass genau das passiert! Die FD-Boote werden explizit nach zivilen Standards gebaut!.
@Loki Ziviler Schiffbaustandard bedeutet nicht von der Stange. Von selbiger wäre ein fertiger Entwurf wie z.B. die neuen AGI von SWE und POL so man die denn kaufen würde.
@MarineLoggi
Danke für den Hinweis.
Schade, dass wir uns nicht mit den Polen und Schweden zusammen getan haben.
Kann jemand Technik-affines was zur gezeigten Ausstattung der FD 424 sagen? Was für eine Antennenform steckt wohl unter dem haubenartigen Radom (?), eine klassische Satellitenschüssel kann es nicht sein. Und was sind diese gespannten Drähte am Turm? Danke!
@ Loki
Die gespannten Drähte werden die Wäscheleinen für die Feudelfunker (auch Signäler) genannt sein, da werden die Flaggen und andere Dinge für derartige Signale gesetzt.
Das Radom vor dem massiven Masthaus kann ich mir auch nicht erklären, dieses würde einen massiven Totsektor in der Signalauffassung bedingen. Vielleicht einfach „nur“ ein schiffbaulicher Raum mit Arbeitsplätzen oder für eine Anlage für SATCOM?
Der oberste Antenne auf der Spitze sieht aus wie eine KORA von F125. Ansonsten erkenne ich keine Waffenstationen oder taktische Radare.
Ich habe keine Ahnung, was dort drauf ist, welches mehr als eine Mrd. EUR an Beschaffung oder Entwicklung rechtfertigt. Auch bei der Signalaufklärung liegen die Kosten heute in der Software zur Auswertung und weniger in der Hardware, gerade im Bereich Antennentechnik gibt es doch keine weltbewegenden Neuigkeiten?