Fürs Archiv: ECOWAS fordert Ende des Militärputsches in Niger – und droht mit Intervention
Nach dem Militärputsch in Niger hat die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) eine Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung gefordert und eine mögliche militärische Intervention in dem westafrikanischen Land angedroht. Fürs Archiv die Erklärung des Gipfels der ECOWAS-Staaten zur Lage in Niger:
Die Staats- und Regierungschefs des Staatenverbundes verabschiedeten nach ihrem Gipfeltreffen am (heutigen) Sonntag in der nigerianischen Hauptstadt Abjua ein Kommunique, in dem es unter anderem heißt, die Entmachtung des nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum werde als illegal angesehen. Der Präsident müsse sofort freigelassen werden und die vorherige Ordnung im Land wiederhergestellt werden, sollten die Forderungen von ECOWAS (the Authority) nicht erfüllt werden, würden weitere Schritte folgen:
In the event the Authority’s demands are not met within one week, take all measures necessary to restore constitutional order in the Republic of Niger. Such measures may include the use of force; To this effect, the Chiefs of defense staff of ECOWAS are to meet immediately;
Hold accountable all those responsible for violence and terror against lives and properties of innocent citizens and residents;
Condemn the pronouncement of support by foreign governments and foreign private military contractors;
Express appreciation to the various governments and partners for their stance and solidarity with ECOWAS;
Appoint and dispatch a special representative of the Chair of the Authority to Niger immediately to deliver the demands of the Authority;
In the meantime, the following measures are to be applied with immediate effect:
1. Closure of land and air borders between ECOWAS countries and Niger;
2. Institution of ECOWAS no-fly zone on all commercial flights to and from Niger;
3. Suspension of all commercial and financial transactions between
ECOWAS Member States and Niger;
4. Freeze of all service transaction including utility services;
5. Freeze of assets of the Republic of Niger in ECOWAS Central Banks;
6. Freeze of assets of the Niger State and the State Enterprises and Parastatals in Commercial Banks;
7. Suspension of Niger from all financial assistance and transactions with all financial institutions, particularly, EBID and BOAD;
8. Travel ban and asset freeze for the military officials involved in the coup attempt. The same applies to their family members and the civilians who accept to participate in any institutions or government established by these military officials;
Das vollständige Kommunique gibt es hier auf der ECOWAS-Webseite (und als Sicherungskopie: 20230730_ECOWAS_communique_Niger)
Nachtrag – mit einem Wort der Vorsicht: Der zum Führer der neuen Militärregierung ausgerufene General Abdourahmane Tchiani reagierte auf Twitter, das Nationale Komittee zur Rettung des Vaterlandes habe die Erklärung zur Kenntnis genommen: Wir werden in den nächsten Stunden entscheiden. Allerdings handelt es sich um einen nicht verifizierten Twitter-Account, so dass nicht bestätigt ist, dass es sich tatsächlich um eine Aussage des Generals handelt.
Ist das die Liste der ECOWAS, die man auch beim Putsch in Mali abgearbeitet hat? Und sicher wird im Niger dann so interveniert wie dort auch 😎
Nach dem Putsch in Niger droht also Ecowas mit einer gewaltsamer Intervention, wenn Präsident Mohamed Bazoum nicht binnen Wochenfrist wieder einsetzen.
Nach Protesten vor französischer Botschaft droht der französiche Präsident auch mit gewaltsamer Intervention in Niger.
Darüber hinaus ist Niger ist zum Dreh- und Angelpunkt der US-Militärpräsenz in Afrika worden. (Operationsbasis für Aufklärungs- und Kampfdrohnen in Agadez in Zentral-Niger). Spezialkräfte, Luftwaffe und „andere“ Kräfte der USA sind auch dort. Die USA kennend, gewaltsame Intervention nicht ausgeschlossen.
Die Bundesregierung sprach noch vor Tagen und Woche von Niger gewöhnlich als „Stabilitätsanker“, und die Bundeswehr bildete nigrische Truppen aus. Die Bundesregierung hat den Einsatz von bis zu 60 Soldaten der Bundeswehr an der Mission EUMPM in Niger beschlossen. Die Kräfte für Rückverlegung Mali sind vmtl 100 – 150 oder mehr.
(1100 deutsche Soldaten in der Sahel Zone insgesamt).
Nun muss Deutschland befürchten, dass sie von denselben, die sie trainiert hat, vor die Tür gesetzt wird. In Mali ist 2021 das Gleiche passiert. Dort herrscht jetzt eine mit Russland verbündete Militärjunta. In Burkina Faso wurde 2022 mit gleicher politischer Stossrichtung geputscht.
Welcher Einfluss bleibt nun für europäische Staaten? Immer weniger. Denn da ist der extrem wachsende Einfluss Chinas. Alle diese Länder sind Teil der «Belt and Road»-Initiative. Und all diese Länder haben sowohl wirtschaftliche als auch militärische Verträge mit China abgeschlossen. In der Sahel-Region kondensieren und konzentrieren sich so ziemlich alle Konflikte und politischen Konkurrenzen dieser Welt.
Zu Russland ist schon viel gesagt.
Der Westen ist nervös, ich auch! Gewaltsame Intervention schebt in der Luft. Kriegsgefahr. Terrorgefahr.
Krieg in Europa, bald Krieg Ecowas mit Niger und Frankreich, ggf. USA?
Die Bundeswehr lässt vor 2 Tagen verlauten, dass „deutschen Soldatinnen und Soldaten sind in dem afrikanischen Land willkommen sind – unabhängig von dem Umsturzversuch“. Das Einsatzführungskommando meldete gar: „Alle sind in Sicherheit und warten auf Wiederaufnahme des Flugbetriebs“.
Die Bundesregierung ist seit dem auffallend ruhig. In der Bundeswehr wird hochgefahren, man will in all dem Chaos wenigstens unsere Leute raus holen, wenn es kippt.
„Nach Protesten vor französischer Botschaft droht der französi[s]che Präsident auch mit gewaltsamer Intervention in Niger.“
Das wäre allerdings ein recht schwaches Argument. Was sagt denn das AA mit seinem Focus auf regelbasierter Ordnung zu den Interventionsabsichten ohne Mandat des VNSR?
Zitat:“…und eine mögliche militärische Intervention in dem westafrikanischen Land angedroht.“
Das habe ich mit etwas Verwunderung zur Kenntnis genommen. Was ist an dem Putsch im Niger so anders im Vergleich zu den Staatsstreichen in Mali oder davor in Burkina Faso? In diesen Fällen gab es keine Androhung einer Intervention?
Als nächstes:- Nuklearenergie? 40 % Uran für Kraftwerke…
@ Thomas Melber: 30.07.2023 um 20:20 Uhr
Das AA Schema der Werte- und Prinzipienorientierung ist etwas für Schönwetterreden.
Umdenken müssen diejenigen, die sich eine zu naive Vorstellung von Außenpolitik machten.
Vor dem aktuellen Hintergrund bestätigt sich die längst bekannte These, dass jede ausländische Einflussnahme aussichtslos ist. Das gilt auf jeden Fall für grandiose Manöver und Ideen, wie sie westlichen Politikern stets in den Sinn kommen, wenn sie von Afrikas Krisen hören. Militärinterventionen, Werteanleitung, Marschallpläne. Derartige bombastische Lösungsfantasien stellen sich, selbst wenn sie glücklich verlaufen, als meist wirkungslos heraus oder führen oft zum Putsch.
@Herr Melber:
Ist es völkerrechtlich verboten den demokratisch gewählten Präsidenten eines Landes gegen Putschisten zu unterstützen?
Ich denke das geht klar…
@Schlammstapfer
Vielleicht reicht es einigen mächtigen Akteuren jetzt einfach? Mit Unterstützung der USA wäre wohl viel möglich, ob für Frankreich oder andere Afrikanische Staaten. Nur ob man Biden harte Realpolitik zutrauen kann?
@Dominik
Das Interventionsverbot gilt auch dann. Civil unrest, Bürgerkrieg oder Völkermord liegt im Niger glücklicherweise nicht vor.
Der Putsch ist eine innerstaatliche Angelegenheit des Niger.
„ECOWAS also serves as a peacekeeping force in the region, with member states occasionally sending joint military forces to intervene in the bloc’s member countries at times of political instability and unrest.“ (Wiki zu ECOWAS)
Ich sehe keine „political instability“, gar „unrest“. Wie ist denn die Reaktion des nigrischen Zivils?
Hinweis: Der Versuch, den Putsch im Niger für russische Propaganda zu nutzen („In der Ukraine hat man noch Kekse an die Putschisten verteilt“) findet hier nicht statt.
@Herr Melber
ok Demokratie darf nur dann verteidigt werden, wenn der gewählte Präsident nicht im Handstreich festgesetzt wurde, sondern noch um militärische Hilfe bitten kann.
Na dann…ein Hoch auf die Militärdiktatur.
Aus Twitter gezogen:
Marie-Agnes Strack-Zimmermann: „Aus unserer Sicht hat sich dieser Putsch nicht abgezeichnet. Auch die Dienste haben uns nichts dergleichen vermittelt. Niger war in der Sahelzone nicht nur das einzige Land mit einem demokratisch gewählten Präsidenten, es war in der Zusammenarbeit mit Deutschland und Europa auch ein sehr verlässlicher Partner.“
Das ist eine klare, tiefgründige Analyse mit hilfreicher Forderung. Strategische Reaktionen auf schwache Leistung
„Die derzeitige Lage ist keine Freude.“
Ansonsten stand Deutschland wieder im Nebel: ….“nicht abgezeichnet“ Wie immer, in allen Einsatzgebieten „Überraschung“
In Hamburg lernt der Stabsoffizier: „Die strategische Überraschung kann gravierende Ausmaße haben (im Gegensatz zur taktischen Überraschung) und kann vermieden werden.“
Strategische Autonomie und vorausschauendes Handeln? Normalerweise eine Eine Black Box, in Deutschland eine leere Box.
Der Begriff „strategische Überraschung“ steht als Reminder für das überraschende Auftreten eines nicht vorhergesehenen Ereignisses, das die Prioritäten des nationalen Sicherheitsmanagements dramatisch verändern kann.
Boris Pistorius besucht ja heute den militärischen OrgBer Cyber- und Informationsraum(CIR) ein wichtiger Teil einer gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge. Ein weiteres Aufgabengebiet ist das Militärische Nachrichtenwesen. Was er da wohl lernt über „strategische Überraschung“?
Man ahnt es, „Die derzeitige Lage ist keine Freude.“.
Intervention, da war doch was?
Damit gefiel sich die Bundeswehr „Einsatzgebiet für die Bundeswehr ist die ganze Welt“
Nun das große Scheitern der Gutkrieger.
Alle landgestützten Einsätze des Internationales Krisenmanagementes der Bundeswehr waren ein militärisches Desaster, ohne absehbares Ziel und Ende. Marine ähnlich, doch wenigstens wurde manches beendet, manches hat sogar Wirkung erziehlt.
Auch Kosovo, wo ja wenigsten einiges besser läuft. Für Konfliktverhütung und Krisenbewältigung brauchte die Bundeswehr nach Einsatzbereitschaft und Fähigkeiten differenzierte Streitkräfte, dies ging zu Kosten des Auftrages zur Landes- und Bündnisverteidigung. In allen Bereichen von Rüstung bis Ausbildung. Selbst Geisteshaltung.
Bundeswehr hat als ein Handlungsinstrument der deutschen Sicherheitspolitik in diesem Bereich die Aufgaben meist erfüllt. Doch die Geamtbilianz ist erdrückend. Verteidigungsbereitschaft auf Null gefahren.
Die Bundeswehr ist noch immer am Boden, ist definitiv noch immer nicht verteidigungsbereit
Wer arbeite so etwas auf? Wann? Wie?
„Aus dem Einsatz lernen“ – bedeutet also?
Die „Zeitenwende“ fällt vorerst aus. Bisher scheitert die Zeitenwende Planungsfehlern, Strukturmängeln, an struktureller Unterfinanzierung der Bundeswehr uvm.
Boris Pistorius: Jetzt könnte er mal richtig liefern!