Ukraine/Russland/NATO: Machtkampf in Russland – der Sammler am 24. Juni 2023 (Update: Putsch beendet)
Angesichts der überraschenden (und noch ziemlich undurchsichtigen) Ereignisse in Russland selbst ein aktueller Sammler am 24. Juni: Der Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoischin, hat nach vorangegangenen Vorwürfen gegen die Führung der russischen Streitkräfte damit begonnen, in Russland selbst gegen die regulären Streitkräfte vorzugehen. Bislang sollen die Söldner militärische Einrichtungen in Rostow am Don unter Kontrolle gebracht haben; Präsident Wladimir Putin sprach von Hochverrat. Der – unvollständige – Überblick:
• Die Intel-Meldung des britischen Verteidigungsministeriums am (heutigen) Samstagmorgen:
In the early hours of 24 June 2023, the feud between Yevgeny Prigozhin’s Wagner Group and the Russian MoD escalated into outright military confrontation.
In an operation characterised by Prigozhin as a ‘march for freedom’, Wagner Group forces crossed from occupied Ukraine into Russia in at least two locations.
In Rostov-on-Don, Wagner has almost certainly occupied key security sites, including the HQ which runs Russia’s military operations in Ukraine.
Further Wagner units are moving north through Vorenezh Oblast, almost certainly aiming to get to Moscow. With very limited evidence of fighting between Wagner and Russian security forces, some have likely remained passive, acquiescing to Wagner.
Over the coming hours, the loyalty of Russia’s security forces, and especially the Russian National Guard, will be key to how the crisis plays out. This represents the most significant challenge to the Russian state in recent times.
• Putin reagierte mit einer vom Fernsehen übertragenen – und offensichtlich am Vorabend aufgezeichneten – Ansprache:
Ich appelliere an die Bürgerinnen und Bürger Russlands, an die Angehörigen der Streitkräfte, der Strafverfolgungsbehörden und der Sonderdienste, an die Soldaten und Kommandeure, die jetzt an ihren Kampfplätzen kämpfen, die Angriffe des Feindes abwehren und dies heldenhaft tun – ich weiß, ich habe heute Abend wieder zu den Kommandeuren aller Richtungen gesprochen. Ich wende mich auch an diejenigen, die durch Täuschung oder Drohungen in dieses kriminelle Abenteuer gelockt und auf den Weg des schwersten Verbrechens, der bewaffneten Meuterei, getrieben wurden.
Russland kämpft heute einen schweren Kampf um seine Zukunft, indem es die Aggression der Neonazis und ihrer Herren abwehrt. Praktisch die gesamte Militär-, Wirtschafts- und Informationsmaschinerie des Westens ist gegen uns gerichtet. Wir kämpfen für das Leben und die Sicherheit unseres Volkes, für unsere Souveränität und Unabhängigkeit. Für das Recht, Russland zu sein und zu bleiben – ein Staat mit einer tausendjährigen Geschichte.Dieser Kampf, in dem sich das Schicksal unseres Volkes entscheidet, erfordert die Einheit aller Kräfte, Einigkeit, Konsolidierung und Verantwortung. Wenn alles, was uns schwächt, jede Art von Zwietracht, die unsere äußeren Feinde nutzen können und nutzen, um uns von innen zu untergraben, beiseite geschoben werden muss.Und so sind die Aktionen, die unsere Einheit spalten, im Grunde genommen ein Abfall von unserem Volk, von unseren Mitstreitern, die jetzt an der Front kämpfen. Es ist ein Dolchstoß in den Rücken unseres Landes und unseres Volkes.
Dies war der Schlag, der Russland 1917 versetzt wurde, als das Land den Ersten Weltkrieg führte. Doch der Sieg wurde dem Land gestohlen. Intrigen, Streitereien und politische Machenschaften hinter dem Rücken der Armee und des Volkes führten zu den größten Umwälzungen, zur Zerschlagung der Armee und zum Zusammenbruch des Staates, zum Verlust großer Gebiete. Das Ergebnis war die Tragödie des Bürgerkriegs.
Die Russen töteten die Russen, die Brüder töteten ihre Brüder, und die lukrativen Interessen wurden von allen möglichen politischen Abenteurern und ausländischen Kräften geerntet, die das Land spalteten und zerrissen.
Wir werden nicht zulassen, dass sich dies wiederholt. Wir werden sowohl unser Volk als auch unsere Staatlichkeit vor allen Bedrohungen schützen. Auch gegen internen Verrat.
Und genau das ist der Verrat, mit dem wir es zu tun haben. Übertriebener Ehrgeiz und Eigeninteressen haben zu Verrat geführt. Verrat an ihrem Land, an ihrem Volk und an der Sache, für die die Kämpfer und Kommandeure von Wagner an der Seite unserer anderen Einheiten gekämpft haben und gestorben sind. Die Helden, die Soledar und Artemovsk, Städte und Dörfer im Donbass befreit haben, kämpften und gaben ihr Leben für Noworossija, für die Einheit der russischen Welt. Ihr Name und ihr Ruhm wurden auch von denen verraten, die versuchen, einen Aufstand zu organisieren und das Land in Richtung Anarchie und Brudermord zu treiben. Letztendlich in Richtung Niederlage und Kapitulation.
Ich wiederhole: Jeder innere Aufruhr ist eine tödliche Bedrohung für unsere Staatlichkeit, für uns als Nation. Es ist ein Schlag für Russland, für unser Volk. Und unsere Maßnahmen zur Verteidigung des Vaterlandes gegen eine solche Bedrohung werden hart sein. All diejenigen, die bewusst den Weg des Verrats eingeschlagen haben, die einen bewaffneten Aufstand vorbereitet haben, die den Weg der Erpressung und der terroristischen Methoden eingeschlagen haben, werden die unvermeidliche Strafe erleiden, werden vor dem Gesetz und unserem Volk zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Streitkräfte und andere staatliche Stellen haben die erforderlichen Befehle erhalten, und in Moskau, im Moskauer Gebiet und in einer Reihe anderer Regionen werden zusätzliche Antiterrormaßnahmen ergriffen. Es werden auch entschlossene Anstrengungen unternommen, um die Lage in Rostow am Don zu stabilisieren. Die Lage ist nach wie vor kompliziert, da die Arbeit der zivilen und militärischen Behörden effektiv blockiert ist.
Als Präsident Russlands und Oberbefehlshaber, als Bürger Russlands werde ich alles tun, um das Land zu verteidigen, um die verfassungsmäßige Ordnung, das Leben, die Sicherheit und die Freiheit seiner Bürger zu schützen.
Diejenigen, die den militärischen Aufstand organisiert und vorbereitet haben, die die Waffen gegen ihre Mitstreiter erhoben haben, haben Russland verraten. Und sie werden dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Und ich fordere diejenigen, die in dieses Verbrechen hineingezogen werden, auf, nicht den fatalen und tragischen, einzigartigen Fehler zu begehen, die einzig richtige Entscheidung zu treffen – sich nicht mehr an kriminellen Aktionen zu beteiligen.
Ich glaube, dass wir das, was uns lieb und heilig ist, bewahren und verteidigen werden, und gemeinsam mit unserem Vaterland werden wir alle Prüfungen überwinden, wir werden noch stärker werden.
(übersetzt mit deepl.com)
• Update: Und nun scheint alles ganz anders, der Putschversuch ist abgeblasen… von der New York Times:
The Russian mercenary leader Yevgeny V. Prigozhin said late Saturday that he was turning around his fighters heading to Moscow to avoid Russian bloodshed, as the security crisis engulfing Russia showed signs of a possible resolution.
In an audio statement posted to Telegram, Mr. Prigozhin said that his forces were within 200 kilometers, or about 125 miles, of Moscow, and had reached that point without any bloodshed among his fighters.
“Now the moment has come when blood could be shed,” he said. “So, understanding all responsibility for the fact that Russian blood will be spilled, on one side, we are turning around our column and are leaving in the opposite direction to field camps in accordance with the plan.”
(Ggf. weiter nach Entwicklung)
Putin wurde gedemütigt. Das vergisst der nicht.
@Unrug
„Ich kann mir kaum vorstellen, dass Wagner damit durchkommt. Die haben heute min. 5 Helikopter und ein Flugzeug abgeschossen. Jetzt kehren sie in ihre Lager zurück und tun so als ob nichts gewesen sein soll?“
Man sollte das vielleicht etwas anders ausdrücken: Bis 200km vor Moskau kein nennenswerter landbasierter Widerstand mangels Masse. Und die luftgestützten Aktionen waren so erfolgreich wie von Ihnen beschrieben.
Also: Warum nicht? Die Alternative für Putin war das Flugzeug nach St. Petersburg. Eine solche Situation fördert die Kompromißbereitschaft.
Meine Empfehlung an Herrn Prigoschin lautet allerdings, Hotelzimmer nur noch im Erdgeschoß zu buchen.
Wann ist T.W. eigentlich in Urlaub gegangen?
[Um Legendenbildung vorzubeugen: derzeit gar nicht. Ich war hier bisschen sparsamer mit den Beiträgen, aber für einen Wiegold-Effekt hat es nicht gereicht. T.W.]
klingt für mich sehr nach einem Vorwand um nicht das Kriegsrecht ausrufen zu müssen. Stattdessen können jetzt mittels Antiterrormaßnahmen auch die letzten Antikriegsgegner in Russland weggemacht werden. Vielleicht sogar als Chance für Putin in der Duma ein paar unliebsame Feinde verschwinden zu lassen.
Wieviel bestätigte Bilder gibt es denn vom „Putschversuch“? Das Pendel schlägt binnen 24h hin und her. Am Ende stehen jetzt die Wagnertruppen in Weißrussland, quasi an einer Grenze zur Ukraine die im Augenblick nicht im SP ist. Sollten die von dort wieder ins Geschehen eingeführt werden, hat die Ukraine ein Problem und Kreml nennt den Putsch eine Täuschoperation auf die alle reingefallen sind. Na ja, vielleicht wurde ja auch Kiew bei einem möglichen Erfolg als Preis angeboten.
Im Krieg stirbt die Wahrheit als erstes.
Ich hielt das von Beginn an für absurden Klamauk. Da passte gar nichts zusammen.
Aber es war immerhin zum Schmunzeln, was für Theorien im Forum gesponnen wurden.
Bleibt die Frage, was währendessen an der Front passierte. Eine Finte um Umgruppierungen zu verschleiern?
Da wären nun die Experten hier gefragt.
Damit ist Prigoschin nun der Schattenkanzler. In Belarus wird er Kontaktaufnahme unzufriedener erfahren. Er muss in die zweite Runde, fällt seine Popularität, stirbt er: Fenster, Pool, Herzinfarkt, …
Achso, nachdem so ein Typ in den Medien ( N-TV) den Chef einer Terrororganisation mit Stauffenberg verglichen und die Operation Valkyre in den Dreck gezogen hatte mal zur Einordnung: Prigoschin hält die Militärführung für unfähig weil: Keine Millionen und mehr Reservisten einberufen wurde, keine Atomwaffen zum Einsatz kamen und keine Gravitationsbomben großflächig verwendet wurden.
Erstens, vorsichtig was man sich wünscht und Zweitens: Graf Schenk von Stauffenberg war mit Sicherheit kein Demokrat, aber mit noch größerer Sicherheit meilenweit weg vom Schlage eines Progoschin.
Egal wie diese Nummer letztlich endet. Putin ist angeschlagen und nicht mehr uneingeschränkt Herr im eigenen Haus. Es ist bezeichnend, das die Wagners durch den Rostower Militärbezirk und weiter Richtung Moskau marschieren konnten ohne jeglichen Widerstand der Armee. Folglich hatten zumindest diese Teile der Armee nichts dagegen! Erst sprach Putin von Hochverrat und Neutralisierung von Verrätern. Nun sollen alle unbehelligt, straffrei in Belarus die Sommerfrische genießen? Putin musste ganz offensichtlich diesen faulen Deal eingehen, um wenigstens für den Moment seine eigene Haut zu retten. Doch die Geschichte zeigt, dass die Tage dermaßen geschwächter und gedemütigter Herrscher gezählt sind.
Es würde mich nicht wundern, wenn Prigoschin das Schicksal Wallensteins teilen muß.
Marsch auf das Kapitol, diesmal in der russischen Variante.
Russland ist auf dem besten Weg zu einem failed state, oder ist es das schon? Beängstigend ist das nukleare Potential, ansonsten könnte man sich zurücklehnen und das ganze Theater wie aus einem Logensitz verfolgen.
Eine extrem diffuse und instabile Lage.
Zwei Gedanken:
– (Ex-) Wagner-Führer Prigozhin geht ins Exil nach Belarus. Seine kampferfahrene 25.000 Mann – Söldnertruppe kommt damit unter das direkte Kommando des russ. Verteidigungsministeriums, muss sich nach dem Putsch im Fronteinsatz rehabilitieren ? Keine gute Perspektive.
– Das Hauptquartier des südlichen Militärbezirks in Rostov , das die Operationen im Süden leitet war bis gestern Abend unter der Kontrolle der Wagner-Putschisten. Kann die Ukraine die Instablität für ihre stockende Gegenoffensive nutzen, bevor sich das „Windows of opportunity“ wieder schliesst?
Zum historischen Vergleich und @AoR: „Stauffenberg war kein Demokrat“… wenn, dann bitte mit Begründung: die erheblichen Zweifel der Männer und Frauen des 20. Juli an einer erfolgreichen Demokratisierung nach dem Staatsstreich, waren in der angenommenen enormen Zustimmung der breiten Masse zu den Nazis zu suchen. Rechtsstaat und Herrschaft des Gesetzes ja, aber kein Risiko durch Hitler – verehrende Massen. Wenn schon ein historischer Vergleich: Dann wäre Prigoschins Putsch mit einem Staatsstreich der SS zu vergleichen. Und das war ja die „Legende“ zur Abschirmung der Maßnahmen im Zuge von Walküre. In Paris gab es ja Massenverhaftungen gegenüber SS und SD… Und es gab 1943-1945 immer wieder harte Konflikte zwischen Wehrmacht und SS, Streit um Waffen und Ausrüstung und sogar Schießereien. Und die SS hatte ein Wirtschaftsimperium geschaffen…
[Ich ahne, wohin dieser OT geht, und würde den hiermit gerne beenden. T.W.]
@NL, da hilft nur abwarten ob Wagner nun eine zweite Front aufmacht. Allerdings darf man nicht vergessen, auch von dort würde Prigoischin dann weiter gegen die Militärführung verbal austeilen und will mit Ausrüstung aller Art versorgt werden. Und eine komplette zweite Logistik aufzuziehen dürfte nicht so einfach sein, auch wenn dort die Wege zumindest anfangs noch frei und nutzbar sind.
Ob es eine Inszenierung war, werden wir wir vielleicht in einigen Monaten erfahren. Auch wenn es uns nicht gefällt, ob Troll-Fabriken oder Kampfgruppen, egal was Prigoschin anfasst, er hat Erfolg! Es sollte uns jetzt beunruhigen, wenn Prigoschin nach Belarus geht und damit an die Ostgrenze der Nato. Noch mehr sollten wir uns sorgen, da die Bevölkerung der Baltischen Staaten zu einem nicht unerheblichen Anteil Russen sind und ferner befinden sich in Belarus noch Flüchtlinge. Es gibt also genug Munition zum zündeln.
@Ben: eine Evakuierung könnte mit zivilen Schiffen via St. Petersburg nach Helsinki laufen.
Alles sehr seltsam. Eine absichtliche Täuschungsaktion wie sie einigen hier vorschwebt kann ich mir kaum vorstellen. Schlicht weil Putin und sein Zirkel durch die Aktion nichts gewonnen haben. Es geheh auch die Meldungen rum, dass die US-Dienste „Unruhen“ erwartet haben.
https://www.nytimes.com/2023/06/24/world/europe/us-intel-prigozhin-warning.html
Halte es für ausgeschlossen, dass diese Info („Eir wussten’s) platziert würde, wenn die Möglichkeit bestünde, dass das alles Show war.
Nein, die Welt ist tatsächlich so verrückt da drüben.
Es erfolgte gestern eine maximale Demütigung Putins. Für alle sichtbar: Die russische Bevölkerung, das russ. Militär, die russ. Sicherheitsbehörden, und die wenigen Länder, die Russland noch mehr oder weniger helfen. Speziell in China steht die Wahrnehmung jetzt auf „Alarm“: Man hat auf ein System gesetzt, dass vor den Augen der Welt zerbröckelt. Und die Chinesen setzen ungern auf Looser.
Putins Narrativ für die Legitimierung seines Regimes war immer „Stärke“. Spätestens jetzt ist diese Seifenblase zerplatzt.
Und alle Welt hat gesehen, wie Putin reagiert, wenn seine Macht direkt gefährdet ist: feige, sehr schwach, und mit einem „deal“. Dass von Putin selbst immer wieder inzenierte Bild der Kampfkraft einer in die Ecke getriebenen Ratte (eine Erzählung aus seiner Jugend in Leningrad) hat sich einmal mehr als trickreiche Propaganda für das verweichlichte, ängstliche westliche Publikum herausgestellt.
Spätestens jetzt ist es allerhöchste Zeit, von Seiten der Ukraine-Unterstützerstaaten auch die letzten Elemente der völlig fehlgeschlagenen Appeasement-Politik aufzugeben und das Momentum zu nutzen: Der Ukraine sollte jetzt dringend alles geliefert werden, was sie für einen militärischen Sieg benötigt. Das würde den Krieg verkürzen, und die Grundlage für einen gerechten Frieden schaffen. Und eine militärische Niederlage Russ. würde auch die Imperialisten und Nationalisten in Russland deligitemieren und die Tür für eine positivere Entwicklung in Ru. öffnen. Denn gescheiterte Ideen haben es schwerer sich durchzusetzen.
Prigozhin ist der zweite Verlierer des letzten Tages. Wenn Putin eins hasst, dann sind es Verräter. Und auf der Verräter-Liste Putins steht P. jetzt ganz oben.
Und da sich Russland ja Belarus de facto schon einverleibt hat, und der FSB in Belarus großen Freiraum hat, ist P. in Belarus nicht sicher.
Seine Wagner-Söldner dürften von ihm ebenfalls sehr enttäuscht sein und sich durch diesen Deal verraten fühlen. Wagner muss sich jetzt endgültig dem Verteidigungsministerium unterordnen. Das werden höchstwahrscheinlich nicht alle Wagner-Söldner machen. Und die, die es machen, dürften wahrscheinlich mit deutlich weniger Motivation ans Werk gehen.
Eine weitere Schwächung der russ. Kampfkraft in der Ukraine.
In Anbetracht der Situation sollte man jetzt vor allem genau beobachten wohin sich die Wagner-Truppen zurückziehen. Für mich erscheint die Möglichkeit, dass es sich um eine öffentliche durchgeführte und orchestrierte Truppenverlegung handeln könnte, nicht ganz unmöglich.
Zumal die „Gegenwehr“ auf der Marschstrecke nur eher marginal ausgefallen ist.
@T.W: OT, Jawohl. Dennoch gestatten sie mir. Streiche „kein Demokrat“ und setze „kein Demokrat im Sinne des GG“. Und ja, Valkyre hatte mit Hitler und seiner Diktatur umfassend abgeschlossen, da ist @Windlichts Hinweis angebracht.
Zusammenfassend: Das akklamative beinahe kurzsichtige Niveau eines weite Teils der Debatte zum Ukraine-Krieg wird immer bizarrer. Nicht nur, dass sich in meinen Augen die NS-Vergleiche (sachlich, fachlich und objektiv aber auch politisch, diplomatisch und emphatisch) verbieten, aber jetzt auch noch womöglich historische Vorbilder in ein derartiges Licht zu ziehen schmerzt.
Bei alles Solidarität mit der Ukraine, ja Russland ist faschistisch, aber die Nationalsozialistische Gewaltherrschaft beweist bitter, es geht noch sehr viel schlimmer. Prigoschins Forderungen waren in meinen Augen oft eine Tendenz in Richtung noch schlimmer.
Mit Verlaub, die Kommentarspalte ihres Blogs war oft Ort um zu versuchen und damit zu beginnen, derartige Debatten einzuhegen.
@Max Meister
„Edward Luttwak, als Soziologe / Politikwissenschaftler kein Leichtgewicht, hat bereits in den 1960er ein schönes Buch geschrieben:
„Der Coup d’Etat oder Wie man einen Staatsstreich inszeniert“, damals auf Deutsch bei Rowohlt.
Da gibt es ein Kapitel über die erste Konfrontation der Putschisten mit der etablierten Macht an der ersten Straßensperre. Wenn da energisch von Regierungstruppen gegen Putschisten vorgegangen wird hat der Putsch meist schlechte Karten.
Kommt es zu Gesprächen, wird verhandelt oder laufen die Regierungstruppen nach kurzem Schußwechsel, dann ist der Putsch meist erfolgreich.
Nach bisherigen Meldungen sind erste Spitzen der Wagner / Prigoschin Truppe in Lipezk.“
Die Konfrontation in Rostov sah augenscheinlich so aus, daß die dort vorhandenen Soldaten keinen Schuß abfeuerten und die Einwohner Kekse brachten. (Bevor jetzt jemand jubelt: Wir reden über einen Kriegstreiber, der seinen Soldaten davon abriet, Gefangene zu machen, und dessen Ziel es ist, die russische Armee effizienter und schlagkräftiger zu machen. Ein Friedensengel hätte keinen solchen Empfang bekommen.)
Meine Theorie ist, daß
1) Putin Truppen aus Belarus erbeten hat. Lukashenko hat das stattdessen als Pfund für Verhandlungen genommen. Nein, ich habe keinerlei Beleg dafür, folge ausschließlich der Logik der Situation.
2) Prigoschin deutlich mehr bekommt, als Peskov verkündet hat.
Im Moment geben viele Medien, auch im Westen, die Worte Peskovs als unbezweifelte Wahrheit wieder, und nicht nur als Zitat oder Dokumentation. Angesichts des Verhältnisses, das dieser Mann zur Wahrheit hat … unglaublich. Kann ja alles sein, aber der Hinweis, daß man eine unzuverlässige Quelle zitiert, sollte schon sein.
Also eins zeigt das Theater doch mal wieder. Selbst dem dümmsten Russen müsste doch der Unterschied zwischen Putins Videobotschaft und dann am Nachmittag „ne doch nicht so schlimm, Prigoschin darf ohne Bestrafung gehen“ auffallen. Wer russische Propaganda glauben möchte, glaubt daran, egal wie blödsinnig.
Dazu würde auch gehören, wenn jetzt „das war nur ein Trick“ Plot aufgemacht wird. Ein ziemlich teurer Prank, der noch dazu Putin verdammt schwach aussehen ließ.
2 Fragen sind für mich offen:
1. glaubt Prigoschin wirklich, dass er sicher Bach Belarus kommt und fort sicher „im Exil“ leben kann?
2. Hat Prigoschin irgendwas von seinen angeblichen Zielen erreicht? Werden Gerasimov und Schoigu ersetzt?
Bei beiden mit Ja zu beantworten, wäre Putin eigentlich gedemütigt. Wenn nein, fragt man sich wirklich was Prigoschin sich dabei gedacht hat. Wir werden es bald wohl erfahren.
Für die Wagmer Ltute sind die Veröffentlichungen bei TASS MoD usw ja eigentlich deutlich. Alle die nicht mitgemacht haben können (müssen?) einen Vertrag mit dem MoD unterschreiben. Alle die mitgemacht haben angeblich „nach Hause gehen“. Na ob das unkompliziert geht? Was wird mit den Panzern und anderem schweren Wagner Gerät? (wie auch immer eine PMC solche schwere Waffen haben durfte)
Für diejenigen, die meinen das war alles nur inszeniert:
Prigoschin hat offen und laut gesagt, der ganze Krieg gegen die Ukraine war ein einziger Fehler und unter falschem Vorwand geführt, da von der Ukraine nie eine Bedrohung gegen Russland ausging.
Und das haben viele Russen gehört und gelesen.
Ich sehe nicht, wie das in irgendeiner Form in Putins Pläne passt.
Ich habe zwar die Theorie gehört, dass das alles ein Plan ist um das korrupte Militär zu entmachten, denn die haben ja Putin falsch beraten. Aber selbst das würde Putin schwach dastehen lassen, wenn er als KGB Mann nicht in der Lage ist, korrekte Informationen zu bekommen.
Und widersprüchlich ist natürlich so einiges. Wagnertruppen sind auf der ganzen Welt im Einsatz, als verlängerter Arm Russlands. So haben sie ja überhaupt erst ihre Macht bekommen. Werden die jetzt immer noch von Prigoshin geführt? Von Putin? Das werden sie irgendwie auskaspern und kann noch interessante Entwicklungen bewirken. Gegensätzliche Machtinteressen sind einfach widersprüchlich und es hilft glaube ich nicht, alles mit monokausalen Verschwörungstheorien zu erklären.
Natürlich ist Putin als KGB Mann ein Mensch dem Verschwörungen so natürlich wie atmen ist, aber Verschwörungen muss man auch kontrollieren können. Und unter Kontrolle schien da wenig. Putin hat öffentlich gesagt, die Aufständischen werden zur Rechenschaft gezogen. Und jetzt ist alles schwamm drüber. Das hilft nicht dem Nimbus eines souveränen Imperators.
Wenn Ich hier mal wieder von einigen Kommentarschreibern lesen darf dass das alles von langer Hand durch Putin und Prigoschin geplant war, dass 4D Schachgroßmeister Putin mit seinem Kumpel Jewgeni im Hinterzimmer diese Scharade geplant hat um nun die neue Wager-Superfront in Belarus aufzustellen oder die Generalmobielmachung auszurufen oder was hier sonst noch für geniale Planspiele angeführt werden, frage Ich mich doch schon, was diese Leute in den letzten 16 Monaten in der Ukraine gesehen haben.
Wenn doch nun eins langsam klar sein sollte dann das der gute Wladimir NICHT der Strategische Übermensch ist der mit alten abgezockten KGB taktiken die Weltgemeinschaft verarscht, Kiew im Handstreich nimmt und nebenbei die NATO wegputzt.
Interesante Zeiten. Nun ist er also vorbei, Prigoschins Aufstand. Ich hatte von Prigoschins Auftritten in den Medien schon den Eindruck, dass der Typ leicht unter die Decke geht. Aber eine Rebellion hätte ich ihm nicht zugetraut. Ich kann auch nur darüber spekulieren, was ihn geritten hat bzw. was er eigentlich erreichen wollte.
Die Wagner Söldner sind gut ausgerüstet, gut ausgebildet und für russische Verhältnisse sehr diszipliniert. Von den Berichten über die Kämpfe in Bachmut konnte man den Eindruck haben, dass es die Wagner Truppe allein war, die die ukrainische Armee aus Bachmut vertrieben hatte. Trotzdem kann Prigoschin nicht wirklich geglaubt haben, mit so einem Coup durchkommen zu können.
Meiner Ansicht nach hat dieses Ereignis und wie es letztendlich gelöst wurde Putins Ansehen geschadet. Sicher, er hat größere Zerstörungen und den Verlust von weiteren Menschenleben verhindert. Aber eine Vermittlung durch Lukaschenko nötig zu haben ist schon herbe. Macchiavellis Weisheit, das ein Fürst sich niemals zu sehr auf Söldner verlassen sollte, hat Prigoschin ebenfalls bestätigt.
Natürlich wäre es ein Eingeständnis von Schwäche gewesen, wäre Putin auf Progoschins Forderungen eingegangen. Ich denke, dass die Tage von Schoigu und Gerassimov trotzdem gezählt sind. Allein der Umstand, dass die Wagner Söldner in und um Rostov mehrere militärische Einrichtungen praktisch kampflos übernehmen konnten, ist eine schwere Schlappe für die russische Armeeführung.
Als wenn die Vorstellung, die die russische Armee in der Ukraine seit Kriegsbeginn abgeliefert hat, nicht peinlich genug wäre. Aber dann war da das Unvermögen der russischen Armee, die Angriffe ukrainischer Freikorps auf russischem Territorium zu verhindern und nun zeigt sich, dass sich russische Truppen auch noch kampflos einer Söldnertruppe ergeben. Bei mir verfestigt sich der Eindruck das diese russische Armee nichts taugt. Wer immer versucht, die Aufrüstung der NATO mit einem drohenden Angriff der russischen Armee auf NATO Mitgliedsstaaten zu rechtfertigen, kann sich doch eigentlich nur noch lächerlich machen.
Nun geht Prigoschin zwar ins Exil nach Belarus aber seine Söldner wird er kaum mitnehmen können. So verzweifelt wie die russische Armee Soldaten braucht, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie die Söldnertruppe einfach auflöst. Da wären ja auch noch die Verträge mit Staaten wie Mali, in denen die Truppe aktiv ist. Sie aber einfach in die russische Armee zu integrieren wird eine riskante Angelegenheit sein. Soldaten, die einmal rebelliert haben könnten es wieder tun. Ich schätze, dass sie es trotzdem versuchen werden. Schon allein um sicherzutellen, dass die ganzen Ex-Häftlinge in den Reihen der Wagnertruppe nicht einfach abtauchen. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass die so einfach zurück in den Knast gehen.
Ich habe dazu meine eigene Theorie, die Russen brauchen aktuell kampferfahrene Soldaten in Weissrussland oder Kaliningrad. Wenn man diese einfach mittels Bahnverladung (min 50K Mann) nach Minsk gekarrt hätte , wäre die Bevölkerung im Donetzkbecken unruhig geworden und hätte ihren Schutz eingebüst. Um das Ziel trotzdem zu erreichen wurde dieser Mummenschanz insziniert und durchgezogen. Prigozhin ist skrupellos genug das durchzuziehen und dafür auch den Kopf hinzuhalten. Der Befehlshaber der PMC Wagner Group , Oberst Utkin hat die Verlegung bereits schon geplant und zieht das jetzt durch. Die westlichen und auch die russischen Medien wurden aufs Glatteis geführt. So und nur so, passt alles zusammen.
@Schlammstapfer:
„Bei mir verfestigt sich der Eindruck das diese russische Armee nichts taugt. Wer immer versucht, die Aufrüstung der NATO mit einem drohenden Angriff der russischen Armee auf NATO Mitgliedsstaaten zu rechtfertigen, kann sich doch eigentlich nur noch lächerlich machen.“
Lächerlich machen sich nur Sie mit solchen Äußerungen, denn:
1. Ignorieren Sie, dass diese „nichtstaugende russische Armee“ immer noch ca. 18% des ukrainischen Territoriums besetzt hält, die dortige Bevölkerung terrorisiert und ukrainische Zivilisten und Soldaten im besetzten / umkämpften Gebiet tötet.
Vergleichen Sie doch einfach nur mal die Größe des besetzten Territoriums mit der Grüße der baltischen Staaten oder Moldaus. Und dann wissen Sie, warum in diesen Ländern eine stärkere Verteidigungsfähigkeit als überlebensnotwendig erachtet wird!
2. Ignorieren Sie, dass diese „nichtstaugende russische Armee“ immer noch in der Lage ist, mit Drohnen und Raketen Terror unter der weit von der Front entfernten Zivilbevölkerung zu verbreiten, mit bisher tausenden von Toten.
Und genau deshalb brauchen wir hier bei uns u.a. auch eine deutlich bessere Luftraumverteidigung und neue Investionen in diesen Bereich. Von einer weiteren Stärkung der ukrainischen Luftraumverteidigung ganz abgesehen.
3. Ignorieren Sie, dass die neuen Investitionen in unsere Verteidigung (das „Sondervermögen“) bei weitem keine wirkliche „Aufrüstung“ darstellen, sondern lediglich ausreichend sind, einen allerersten Schritt von „nicht verteidigungsfähig“ (O-Ton Pistorius) hin zu „ein klein wenig besser verteidigungsfähig“ zu sein.
Die 100 Mrd. würden ja mal gerade ausreichen, um Munition für 5 Monate Verteidigung zur Verfügung zu haben.
Von „Aufrüstung“ kann also überhaupt keine Rede sein! Maßnahmen, die diesen Begriff rechtfertigen würden, sähen ganz anders aus!!
@Elitegaertner
Es würde ihrer Argumentation helfen, wenn sie plausibel erklären könnten, wozu die Russen „aktuell kampferfahrene Soldaten in Weissrussland oder Kaliningrad“ brauchen? ich würde es den Polen oder Balten zwar durchaus zutrauen, irgendwann von sich aus Kaliningrad oder Belarus anzugreifen. Aber darauf deutet nichts hin.
Ausserdem, in Radioberichten wurde die Stärke der Wagner PMC mit etwa 25000 Mann angegeben. Woher haben Sie die ’50 k“?
„Wenn doch nun eins langsam klar sein sollte dann das der gute Wladimir NICHT der Strategische Übermensch ist der mit alten abgezockten KGB taktiken die Weltgemeinschaft verarscht, Kiew im Handstreich nimmt und nebenbei die NATO wegputzt.“
Eben das. Als großer Feldherr taugt er nichts.
Putin war aber tatsächlich sehr geschickt darin, den verdeckten Krieg in der Ukraine seit 2014 zu führen und das durch allerlei Desinformation zu tarnen. Da bin ich tatsächlich auch drauf reingefallen und das Ausmaß was da wirklich geschieht, wurde mir erst sehr spät bewusst. Hätte er es dabei belassen, wäre er wohl ganz gut gefahren und die Krimannektierung wäre vom Westen irgendwann abgenickt und die Sanktionen aufgehoben wurden. Jetzt haben wir dafür einen sehr angeschlagenen Putin, der wohl immer paranoider wird.
@ 110-Montauk
Beim Lesen ihres Kommentar hatte ich für einen Moment das Bild von einem Putin vor Augen, der von seinen Generälen nur schlechte Nachrichten zu hören bekommt und dann leise zu sich selbst sagt: „Mist. In World of Tanks war das soviel einfacher.“
Aber Sie haben natürlich recht. Hätten die Russen die Ukraine USA-mäßig angegriffen, also erst nach tagelangen Bombardierungen aller Flughäfen, Häfen, militärischen und sonstigen, irgendwie wichtigen, Einrichtungen mit allem was das Arsenal so her gibt, dann hätten sie es vermutlich einfacher gehabt. Aber hinterher ist man halt immer schlauer.
@Elitegaertner3
https://pbs.twimg.com/media/FzaCejAXwAMZl53?format=jpg
Nun ja, die Spekulationen sind ja schon fast so wild wie aktuell bei Anne Will. Die einzelnen Optionen liegen teilweise auf dem Tisch und wir werden es in den nächsten 48 Stunden sehen. Heute sind einige kleinere Sachen geschehen und andere erwartete Sachen (wie zB PKs, Truppenverlegungen oder öffentliche Auftritte) eben nicht geschehen in Russland und Belarus. Spannend ist hier das dröhnende Schweigen der BRICS und anderer Staaten mit enger russischer Verzahnung sowie die Kommentare aus der Türkei und dem Iran.
Dagegen sind die Kommentare aus D und der EU schon … speziell, wild, spekulativ und letztlich kopflos.
Und was „Wagner“ betrifft und den logistischen Footprint, dazu gibt es eine Menge OSINT/OIG Zeugs (auch zur Moran Group, Dmitry Utkin und den militärischen Capacities des GRU sowie FSB). Und ja, das betrifft auch Szenarien wie einen Militärputsch in Belarus, Intensivierung der Afrika-Engagements oder einen neuen Stoß im Nordosten der Ukraine. Wir werden es sehen.
Wer ist eigentlich der designierte Nachfolger in Belarus, sollte der dortige Chef „ausfallen“?
Es war auf jeden Fall ein spannendes Wochenende obwohl für mich all das irgendwie nach „Maskirovka“ riecht.
Schauen wir was die nächsten Tage bringen. Entweder PMC-W wirklich „durchgedreht“ oder das war eine epische Finte.
Wer glaubt das es so epische Finten nicht gibt, der sei an die 100% sicher vorhandenen WMD im Irak erinnert.
@Elitegaertner
Diese oder ähnliche Theorien sind ja auch an anderer Stelle zu lesen. Die Argumentation will mir aber so gar nicht einleuchten. Vielleicht können Sie mir ja helfen:
1. „die Russen brauchen aktuell kampferfahrene Soldaten in Weissrussland oder Kaliningrad“ –> Warum werden sie dann nicht einfach dorthin beordert?
2. Es ist bisher doch nur die Rede davon, dass Prigoschin selbst nach Belarus geht, nicht seine Söldner.
3. . „wäre die Bevölkerung im Donetzkbecken unruhig geworden“ –> Warum sollten die Bevölkerung deshalb unruhig werden und warum inszeniert man stattdessen einen Militärputsch?
4. Selbst wenn das der Plan gewesen sein sollte, hat Putin sich dadurch doch maximal lächerlich gemacht: Prigoschin hat den Krieg in der Ukraine, die russische militärische Führung und am Ende auch Putin selbst heftig kritisiert und ist damit davon gekommen. Ein ziemlich hoher Preis für eine Truppenverlegung, finde ich.
Was auch immer dahintersteckte, die Memes schreiben sich von selbst. Hashtag: #wagnerfestspiele_rus
Jeder Versuch einer Erklärung, die hinter diese Vorgänge irgendeinen Sinn zu stiften versucht, bleibt unbefriedigend. Allenfalls könnte man (aber wer?) damit noch verschleiern wollen, dass mittels 25.000 Mann von Wagner demnächst ein Stoß aus Belarus geführt werden soll. Nur wäre das insofern Blödsinn, als Putin durch diese Nummer ja maximal öffentlich gedemütigt worden ist. Außerdem bleiben Bewegungen schweren Materials nach Belarus für die Ukraine sicher nicht unbemerkt. Von Putins Seite aus, also sicher nicht wünschenswert dieser Vorgang.
An die Folgenlosigkeit für Prigozhin und seine Söldner mag ich auch noch nicht so recht glauben. Wenn Russland schon völkerrechtliche Zusagen gegenüber anderen Staaten nicht einhält, dann traue ich den Exilversprechungen für Prigozhin noch weniger. Erstaunlicherweise wurde er wohl seit längerem auch gar nicht mehr gesehen. Der Befehl für den Rückzug war per Audiobotschaft gekommen, wo zuvor noch immer Videos gedreht wurden.
Ich halte es für nicht völlig unmöglich, dass Prigozhin längst tot oder in Gewahrsam ist und der Rückzugsbefehl ein Fake oder erpresst war. Die großväterliche Nachsichtigkeit gegenüber den teilnehmenden Wagner-Söldnern beruht in diesem Fall darauf, dass die jetzt in aller Ruhe nach und nach entwaffnet oder bei der nächsten Mobilisierungsrunde in die reguläre Truppe zwangsintegriert werden können, ohne 25.000 Mann auf einmal in potenziell gefährlichen Kampfhandlungen in Sichtweite des Kreml niederschlagen zu müssen.
Ansonsten war das mal wieder ein self-own erster Kajüte für die russische Seite. Die russische militärische Situation ist hierdurch sicherlich nicht komfortabler geworden.
Wie die meisten hier habe auch ich das Geschehen in Russland am Samstag genau verfolgt und stehe nun auch da und frage mich: was war das?
Aus meiner Sicht sprechen ein paar Punkte gegen die Inszenierungsvariant – oder dagegen das es nur eine geschickte Umgruppierungsaktion war:
1. Putin ist nach dieser Aktion innenpolitisch geschwächt – es war ein offener Aufstand in dessen Rahmen sogar an seiner Präsidentschaft gezweifelt wurde
2. Es wurde dort gekämpft und nicht nur so getan
3. Prigoschin hat sämtliche russischen Kriegsgründe offiziell für Humbug erklärt – und somit Putin der Lüge bezichtig
4. Die Behinderung des Vorstoßes entlang der M4 wirkte fast verzweifelt. Straßensperren mit Lkws, Bagger die die Fahrbahn aufreißen..
Vielmehr scheint es sich um eine gut vorbereitete Aktion gehandelt zu haben. Die Wagner-Truppen waren sehr organisiert und sind schnell vorgestoßen, Ihr Konvoi wurde von mobilen Flugabwehrsystemen geschützt (Strela und Pantsir waren auf Videos zu sehen) und jeder wusste scheinbar was er zu tun hat. Das bedarf Vorbereitung.
Wer sich fragt warum die Söldner auf so wenig Widerstand gestoßen sind:
Es gibt Videos von Einheiten der OMON die neben der Straße stehen und die Wagnerkämpfer nicht behindern. Wenig überraschend. Ein paar Polizisten oder Sondertruppler mit Handwaffen haben wenig Lust dazu sich einem schwer bewaffneten, mechanisierten Konvoi entgegen zu stellen.
Was halt auch nicht für das System Putin spricht.
Prigoschins „Aufgabe“ hat mich auch überrascht, aber mit etwas Distanz ist sie verständlich. Vermutlich haben sich ihm weniger reguläre Truppen angeschlossen als gehofft. Zudem waren seine Zielpersonen scheinbar nicht mehr in Moskau und ich halte ihn für einen Realisten. Bedeutet ihm war klar, dass er mit 25.000 (?) Kämpfern nicht Moskau besetzen und halten kann, geschweige denn Russland unter Kontrolle bringen. Dazu sieht sich der Mann als Patriot.
Sein Enthauptungsschlag war gescheitert und ein Weitermachen hätte ihm nicht genutzt und Russland massiv geschadet. Daher wird er den Ausweg genommen haben den ihm Lukashenka offeriert hat.
Natürlich ist all das für Russland ein riesiger Schlamassel.
Putin redet morgens von Verrätern die mit aller Härte bestraft werden müssen und nachdem diese gen Moskau gezogen sind, russische Wehrtechnik in Millionenwerten zerstört haben, russische Soldaten getötet wurden etc.pp. stellt man sich hin und sagt „ach Jewgeni, alles gut, nichts falsch gemacht. Passt schon.“
Das kann man wirklich nicht mal dem dümmsten Bauern verkaufen.
Die Frage ist: was passiert nun?
Ich glaube irgendwie nicht, dass Prigoschin noch eine hohe Lebenserwartung hat und viele der Wagner-Söldner sollten sich auch überlegen ob desertieren nicht eine echte Option ist.
Als kleine Ergänzung:
Die Kommersant meldet heute (26.06.2023), das seitens des FSB das Ermittlungsverfahren gegen Jewgeni Prigoschin wegen der „Organisation einer bewaffneten Meuterei (strafbar scheinbar gemäß Artikel 279 des russischen Strafgesetzbuches) nicht eingestellt ist“.
Jetzt ist die Frage: ist das pro forma oder hält sich Herr Putin mal wieder nicht an Absprachen?
Ich persönlich würde Minsk, bzw. Belarus jetzt nicht als sicheren Aufenthaltsort betrachten wenn der FSB gegen einen ermittelt.
Vielleicht sollte Den Haag Herrn Prigoschin eine milde Strafe in Aussicht stellen wenn er sich stellt und aussagt – nur so ein Gedanke. Eine Zelle dort dürfte für ihn deutlich sicherer sein als fast alle anderen Orte.
Ich bin mal gespannt, wie es mit Prigoischin weitergeht. Es wurde ja schon oft festgehalten, was Putin von Verrätern hält, und natürlich ist es völlig denkbar, dass den Wagnerchef in naher Zukunft das Zeitliche segnet.
Andererseits braucht auch ein Machtapparat wie der russische eine gewisse Berechenbarkeit, und hier steht gibt es momentan die Spannungsfelder „Man verrät Putin nicht ungestraft“ vs. „Wenn man mit Putin einen Deal abschließt, sollte dieser zu einem gewissen Grad Bestand haben“.
Wenn Prigoischin jetzt nächsten Monat aus dem Fenster fällt, wird das vielleicht den nächsten Nachahmer von ähnlichen Plänen abschrecken. Aber der übernächste hat vielleicht The Wire gesehen und daraus abgeleitet: „When you come at the king, you best not miss.“
@GolfEcho83
„Prigoschins „Aufgabe“ hat mich auch überrascht, aber mit etwas Distanz ist sie verständlich.“
Hat er denn aufgegeben?
Aufgegeben hat er nur, wenn Shoigu in 2 Monaten noch im Amt ist. Wait and see.
Das (vorläufige) Ende der Sache ist maximal ärgerlich.
Ich hatte gedacht, daß es für die Ukraine sehr nützlich sein werde. Entweder marschiert Prigoschin nach Moskau, trifft dort weder Putin noch Shoigu noch Gerassimov an, verursacht aber maximales Chaos im russischen Machtapparat. Oder er übernimmt die Macht und kann sich maximal drei Wochen halten, weil er in Rostov und unter Durchschnittsbürgern jede Menge Symphatien genießt, nicht aber in Moskau und unter Oligarchen. Oder es kommt zum Showdown vor Moskau mit beträchtlichen Verlusten unter den Putin-Truppen, jeder ein Plus für die Ukraine. Oder es werden Truppen aus der Ukraine herangeführt.
Ich habe wirklich gedacht, daß jeder mögliche Ausgang der Ukraine nützt. Aber jetzt? Okay, einige Kampfhubschrauber weniger. Aber ausgerechnet so Figuren wie Putin und Lukashenko waren schlauer als ich. Das schmerzt.
Falls es dazu kommen sollte, daß Shoigu und Gerassimov tatsächlich abgelöst werden, könnte der Ausgang sogar deutlich negativ für die Ukraine sein.
Nicht nur Putin ist kein Strategisches Genie…auch Prigoschin ist keines.
Das vergessen die meisten!
Man schaue sich seine Wutreden an.
Sein Marsch auf Moskau kam aus Wut und Hass gegen Schoigu. Eher also kurzfristig, ohne viel zu überlegen.
Daher auch das ganze Chaos.
Und warum sich kaum jemand entgegen stellte?
Wer hat schon Lust, gegen tausend Schwerverbrecher zu kämpfen, die gut trainiert, ausgerüstet und erfahren sind?
Wenn man das selbst nicht ist, und dazu in Unterzahl. Und was Wagner mit Gefangenen/“Verrätern“ macht, weiß jeder.
@Free Europe: Ich hoffe, Sie haben Recht und Russland lernt aus einer Niederlage.
Nicht dass man dann die Revanche sucht oder ein anderes Opfer.
@Hans-Joachim Zierke:
Ich weiß nicht, ob man die eigene innenpolitische Schwächung als „schlau“ bezeichnen kann. Dass Putin sich selbst und seine Glaubwürdigkeit demontiert, für eine bloße taktische Finte, halte ich für nahezu ausgeschlossen.
Allenfalls, wenn man sowohl Putin als auch Prigozhin nicht als Spieler, sondern als Figuren auf dem Feld betrachtet, wäre das denkbar. Wenngleich auch dann nicht klar wäre, wer der Drahtzieher wäre, dem das innerhalb Russlands nützte.
@Hans-Joachim Zierke:
„Falls es dazu kommen sollte, daß Shoigu und Gerassimov tatsächlich abgelöst werden, könnte der Ausgang sogar deutlich negativ für die Ukraine sein.“
Das ist auch meine Sorge. Ich bin zwar auch der Meinung, dass Putins Apparat längst bei Dunkelheit auf Sicht fährt, daher unabhängig ob inszeniert und intendiert oder zufälliges Ergebnis von kurzfristig intrigiert: Es entsteht ein Belarus mit Wagner-HQ, taktischen Atomwaffen und altersschwachem Diktator. Worst Case rückt ein Randszenario zumindest etwas in Richtung Mitte.
Und es gilt zu erkennen, Kremls Türme agieren innerkirchlich hochrational. Kein Nervenzusammenbruch, den Hintergrund; Kadyrov war mit Generalspöstchen zufrieden, Prigoschin will mehr, viel mehr: Vizekanzler?
Weiß denn irgendwer, wohin die Wagner Söldner gegangen sind? Und die schweren Waffen? Die Strafgefangenen?
Gut einige gehen nach Hause, einige in die Armee, aber alle? Utkin wird wohl wissen was ihm blüht und wohl eher andere persönliche Pläne haben, als auf seinen Tod zu warten.
Die besonders treuen könnten auch zum Schein nach Hause gehen, wenn Schoigu und Gerassimov nicht in Zeit X verschwunden sind, versucht Prigoschin nochmal was oder ist dann längst tot, wer weiß.
Interessant wäre, wer bei Entlassung von Schoigu und Gerassimov die Ersatzkandidaten sind. Nicht dass dort noch ein Prigoschin freundlicher Typ an eine zentrale Stelle der Macht kommt.
zu anderen Theorien: soll Lukaschenko wirklich so doof sein, sich sein eigenes Ende ins Land zu holen?
@Hans-Joachim Zierke
Womit denn …?
Sie haben recht gehabt. Ich hätte gedacht, dass Putin im Inland noch über genügend Stärke verfügt, um mit dem Aufstand fertig zu werden. Aber anscheinend reicht es nur noch dazu, alte Mütterchen mit einem weißen Blatt Papier zu verhaften. Aber warum hat Priogozhin zurück gezogen? Irgendwas muss Putin ja doch noch in der Hand gehabt haben. Hat Putin ihm ein Angebot gemacht, dass er nicht ablehnen konnte? Oder wartet er jetzt ab, bis der Oligarchenladen anfängt wie ein Kartenhaus einzustürzen? Ich denke, dass wir noch die eine oder andere Überraschung erleben werden.
In der Ukraine wird jetzt wohl auch der letzte Russe im Schützengraben wissen, dass er sein Leben für eine korrupte, skrupellose Elite opfern muss, und nicht für’s Vaterland.
Man kann nur hoffen, dass die Ukraine jetzt die Gunst der Stunde nutzen kann, um den Russen einen entscheidenden Schlag zu versetzen. Hoffentlich rächt sich jetzt nicht unsere „Zuwenig, Zuspät“ Strategie.
@FreeEurope
Natürlich ist es einfacher und damit medienkompatibler, wenn man verkürzt als Begründung für die Beschaffungsmaßnahmen „wegen der Russen“ sagt.
Zum einen lenkt das zuverlässig vom Versagen der eigenen politischen Führung und ihrer Verantwortung für das jahrzehntelange Missmanagement im Umgang mit der Bundeswehr ab (und so leicht sollten wir es den Verantwortlichen nicht machen).
Zum anderen ist es eben schon ein Unterschied, ob man Russland als eine Bedrohung für Staaten darstellt, deren Wirtschaftskraft auf dem Niveau von Marocco rangieren, die (ausrüstungstechnisch) zweitklassige, maximal durchschnittlich geschulte und personell vergleichsweise kleine Armeen haben oder ob man Russland als eine Bedrohung für Staaten darstellt, die über gut ausgebildete und ausgerüstete Soldaten verfügen und die im V-Fall auf die Hilfe von 30+ verbündeten Staaten bauen können, die zum Teil zu den wirtschaftlich stärksten Nationen zählen, die ebenfalls (zumindest überwiegend) gut ausgebildete und ausgerüstete Armeen haben und die zudem hoch motiviert sind, den Russen in den Hintern zu treten.
Merken Sie den Unterschied?
Vor allem wenn man sieht, dass diese vergleichsweise schwache Armee der Ukraine, die russische Armee nicht nur aus großen Teilen der Ukraine zurückgedrängt hat, sondern sie seit Monaten (trotz der von ihnen genannten Terrorangriffe) effektiv am Erreichen ihrer Ziele hindert.
Ich habe nie behauptet, dass die russische Armee nicht fähig wäre, schreckliche Zerstörungen anzurichten (welche Armee kann das heutzutage nicht). Aber und dabei bleibe ich, eine russische Armee, die konventionell unfähig ist, einen vergleichsweise schwachen Gegner, wie die Ukraine, militärisch zu besiegen, die ist für die Mitglieder eines Verteidungsbündnisses, wie der NATO, keine Bedrohung.
Ich bin sehr dafür, dass die versprochenen 100 Milliarden auch bei der Bundeswehr ankommen. Ich sehe im Fall der Bundeswehr die geplanten Beschaffungsmaßnahmen auch nicht als „Aufrüstung“ sondern als absolut notwendig, damit unsere Streitkräfte überhaupt wieder ihren Verpflichtungen zur Landes- und Bündnisverteidigung nachkommen können. Schließlich war die Bundeswehr dazu durchaus mal in der Lage, bevor sie kaputt-verwaltet worden war.
Es ist eine Frage der Ehrlichkeit in der Kommunikation mit den Steuerzahlern, wenn man die in der Vergangenheit gemachten Fehler zugibt, die aktuelle Lage nicht beschönigt und Beschaffungsmaßnahmen gut und sachlich begründet.
Die Kommunikation von Herrn Pistorierius hebt sich schon mal wohltuend von der seiner Vorgänger ab. Herr Wiegold gibt sich mit seinem Blog „Sicherheitshalber“ ebenfalls große Mühe bei der Aufklärung der Öffentlickeit. Aber nach wie vor findet viel zu wenig Aufklärung, gerade in den sogenannten Leitmedien, statt.
Mal angenommen, die ukraninische Armee schafft es tatsächlich, die russische Armee von ihrem Territorium zu vertreiben. Dann biricht doch das Argument „wegen den Russen“ völlig weg. Womit wollen Sie dann den kollossalen Finanzbedarf für die Sanierung unserer Streitkräfte rechtfertigen?
Meine These:
1. Prigoschin ist Teil einer Verschwörung im russ. Machtapparat, der Marsch auf Moskau sollte Putin seine Schwäche aufzeigen, ohne einen politisch extrem schwer zu vermittelnden blutigen Kampf „Russe gegen Russe“ um den Kreml zu führen. Bilder, die niemand haben möchte.
2. Die Verschwörung wird von Kräften getragen, die retten wollen, solange noch etwas zu retten ist. Ein DERZEIT „ehrenhaftes Halten der Front in der Ukraine“ erlaubt die These von „im Felde unbesiegt“, Ein Sturz Putins und vielleicht (?!?!) sogar ein Prozess gegen ihn vor einem russischen Gericht kann eventuell die internationale Isolation lösen, die „annektierten“ Oblaste gehen an die Ukraine zurück, im Gegenzug zum Verbleib der Krim bei Russland werden durch sehr, sehr langfristige kostenlose Rohstoff, Gas- und Öllieferungen indirekt Reparationen geleistet,
2. Putin muss den Verschwörern in nächster Zeit Zugeständnisse machen, sonst wird der angedrohte Putsch wirklich durchgeführt.
Und damit hat die zweite und dritte Reihe hinter Putin SICH und Russland gerettet.
Mal schauen, wie es ausgeht…
Abgedrehte Theorie, die ich selbst unglaubwürdig finde aber nicht so recht loswerde: Es war alles Show, Prigo hat sich im Lager in Voronezh eine taktische Nuklearwaffe angeeignet und der Kreml kann die jetzt in UKR einsetzen und die Verantwortung zurückweisen. Wie würde internationale Gemeinschaft / NATO auf so einen „Terrorakt“ von Prigo reagieren können?
Warum ist das Unsinn?
M.E. ist es ziemlich sinnlos, im Propagandanebel zu stochern. Aber eine Erkenntnis kann man schon aus den veröffentlichten Fakten ableiten.
Söldner bleibt Söldner, egal ob Roger de Flor oder Wallenstein oder eben Prigoschin. Irgendwann reicht ihnen Geld nicht mehr und sie wollen Macht. Dies sollte Warnung sein an alle demokratischen Staaten, wo es gelegentlich ja auch Überlegungen und zaghafte Versuche gibt, den ungeliebten Dienst für das Vaterland zu privatisieren.
Entsetzt bin ich über einige Medien und Kommentare, die sich einen Bürgerkrieg in Russland wünschen. Denen zur Erinnerung; wir sitzen nicht im Rang und können uns am Schauspiel erfreuen, wie sich in der Arena die Bären zerfleischen. Die Verhinderung eines Atomkrieges zwischen den Nuklearmächten funktioniert nur, wenn alle Akteure rational handeln. Da habe ich beim Bürgerkrieg so meine Zweifel. Außerdem, ist es wirklich im Sinne des Westens, wenn sich China Sibirien einverleibt – natürlich nur zum Schutz der Bevölkerung vor den Wirren des Bürgerkrieges.
Jetzt wäre m.E. ein guter Zeitpunkt für eine ernsthafte Friedensinitiative. Das US- Kriegsziel, die Schwächung Russlands, ist erreicht und zu schwach – Bürgerkrieg – sollte es auch nicht werden.
„Warum ist das Unsinn?“
Weil „Operation Broken Arrow“ nur im Film funktioniert. Wenn Prigozhin so abrrupt aufgibt, dann hat man ihm
mehr geboten als nur Straffreiheit. Am Ende wird er noch Chef in Belarus und marschiert von Norden in Richtung Kiev. Alles was man sich jetzt im Westen zusammenreimt ist Spekulation und das Ende offen.
Erinnere nur mal an die Montagsdemos vor 30 Jahren, zwei Monate später implodiert die DDR.
Alles ist möglich.
@Observer:
dafür 2 Hubschrauber und 1 Flugzeug zur elektronischen Kampfführung opfern, 1 Treibstofftank zerstören?
Das klintgt für mich nicht plausibel.
@Schlammstapfer:
„Mal angenommen, die ukraninische Armee schafft es tatsächlich, die russische Armee von ihrem Territorium zu vertreiben. Dann biricht doch das Argument „wegen den Russen“ völlig weg. Womit wollen Sie dann den kollossalen Finanzbedarf für die Sanierung unserer Streitkräfte rechtfertigen?“
Und erneut zeigen Sie ihre völlige Unkenntnis der russischen Gesellschaft und Geschichte!
Die militärische Niederlage Russlands ist eine notwendige Bedingung für einen dauerhaften Frieden in Europa, aber doch noch lange keine hinreichende Bedingung!!
Der russische Imperialismus, Kolonialismus und die anti-westliche / anti-europäische Haltung sind eine Konstante in der russ. Politik seit 500 Jahren, seit Ivan dem IV. Und imperialistische, nationalistische, revanchistische und rassistische Überzeugungen finden (leider!!) bei einer Mehrheit der russ. Bevölkerung Anklang. Das merkt man sehr schnell, wenn man das Land bereist und öfter mit Russen zu tun hat.
Egal ob Putin die militärische Niederlage überlebt und an der Macht bleibt, oder abgelöst wird. Die Gefahr, dass nach einer Niederlage doch wieder aufgerüstet wird für einen erneuten Schlag ist leider real. Darauf muss man zumindest vorbereitet sein! Prävention und Abschreckung sind erforderlich, um in Zukunft wieder eine stabile europäische Sicherheitsordnung aufbauen zu können, die Schutz vor erneuten russ. imperialistischen Agressionen bietet.
Und das funktieniert eben nicht mit einer Fortsezung der bisherigen gescheiterten Appeasement- und Verteidigungspolitik, die uns verteidigungsunfähig und weitgehend wehrlos gemacht hat.