Bundestag verlängert Kosovo-Einsatz – Unruhen im Norden des Landes
Der Bundestag hat den am längsten laufenden deutschen Auslandseinsatz, die 1999 begonnene Beteiligung an der NATO-Mission im Kosovo, erneut verlängert. Wie angespannt die Sicherheitslage weiterhin ist, zeigen neue Zusammenstöße zwischen der serbischen Minderheit und Kosovaren im Norden des Landes.
Das Parlament billigte am (heutigen) Freitag das neue Mandat (Bundestagsdrucksache 20/6654) für die Bundeswehr-Beteiligung an der Kosovo Force (KFOR). Gegenüber dem bisherigen Mandat (Bundestagsdrucksache 20/1976) ist es praktisch unverändert – und auch die Abstimmung lief weitgehend wie im Vorjahr: Die Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP sowie die Union stimmten fast geschlossen zu, ebenso weitgehend geschlossen lehnten AfD und Linke die Fortsetzung des Einsatzes ab.
Wie im Vorjahr wird auch in der Begründung des aktuellen Mandats auf die weiterhin nicht stabile Sicherheitslage im Kosovo verwiesen:
Obwohl die Sicherheitslage in der Republik Kosovo als überwiegend ruhig und stabil bewertet wird, besteht nach wie vor ein Konflikt- und Eskalationspotenzial, vor allem im Norden der Republik an der Grenze zu Serbien, wo es in der zweiten Jahreshälfte 2022 und Anfang 2023 wiederholt zu Spannungen und teilweise gewaltsamen Auseinandersetzungen kam. Hinzu kommt die Sorge vor vermehrten russischen hybriden Destabilisierungsversuchen im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und den daraus verstärkten Bemühungen, den russischen Einflussbereich auszuweiten.
Die Spannungen im Norden des Kosovo wurden am Freitag wieder offenkundig: Nach Kommunalwahlen in den mehrheitlich von Serben bewohnten Teilen des Landes kam es zu Auseinandersetzungen, wie u.a. tagesschau.de berichtet:
Nach der Vereidigung neu gewählter Bürgermeister im serbisch bevölkerten Norden des Kosovo ist es zu Unruhen gekommen. Die albanische Webseite indexonline.net berichtete, Bürgermeister der Gemeinden Zvecan, Leposavic und Zubin Potok seien daran gehindert worden, in die Gebäude der Stadtverwaltungen zu gelangen.(…)
Die Wahlen fanden in Gemeinden im Norden des Kosovos statt, in denen größtenteils ethnische Serben leben. (…)
Der serbische Präsident Aleksandar Vucic teilte dem staatlichen Sender RTS zufolge mit, er habe wegen der Zusammenstöße das serbische Militär in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Zudem lasse er Soldaten an die Grenze zum Kosovo verlegen.
In diesem nicht überlebensfähigen Kunstgebilde Kosovo wird es nie Ruhe und Stabilität nach unseren Maßstäben geben. Das wird nur alles massiv mitEU-Geldern übertüncht und zugekleistert.
Eigentlich könnte man das Mandat auch im 10jahres-Bundle verlängern.
@Pio-Fritz
Man könnte dieses „nicht überlebensfähigen Kunstgebilde Kosovo“ auch einfach an Serbien zurückgeben. Das würde auch den Forderungen an Russland, hinsichtlich der Rückgabe der Krim, mehr moralisches Standing verleihen.
Es gab Ende der 90 iger einen Imagefilm der BW über den Kosovo, Prizren/D, Orahovac/NL, die Polen, Prishtina/ Russen und Bondsteel/US, der zeigte damals schon die Lage und da hat sich nicht wirklich etwas geändert. Prizren ist modern geworden die Konflikte sind geblieben. Vielleicht kann jemand den Link besorgen. Danke
@Schlammstapfer sagt: 27.05.2023 um 15:37 Uhr
„….auch einfach an Serbien zurückgeben.“
So einfach ist das leider nicht. Serbien weigert sich hartnäckig, den albanischen Kosovaren auch nur den Hauch eines irgendwie gearteten autonomen Status zuzugestehen. Das würde kein Problem lösen, sondern neue zusätzliche Probleme schaffen.
Also hat das die EU auch noch die nächsten Generationen an der Backe. Es gibt eben so Endloseinsätze wie Zypern, Golan-Höhen oder Indien-Pakistan usw, da ist keine friedliche Lösung in Sicht.
Und als wäre das nicht genug, vermeldet Reuters am 27.05.23 noch, das der serbische Präsident die Armee in Alarmbereitschaft versetzt hat und Truppen an die Grenze zum Kosovo befohlen hat.
Grund ist wohl, das es Zusammenstöße zwischen der serbischen Minderheit und der kosovarischen Polizei gegeben hat, weil man wohl die serbischen Sieger der Kommunalwahl nicht in die Verwaltungen gelassen hat.
Das funktioniert dann natürlich auch nicht, es muß schon gleiches recht für alle gelten. Vielleich bekommt man das über Sanktionen im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen Serbiens in den Griff. Solche Unruhen und Provokationen kosten jede Seite jeweils 50 Millionen Euro EU-Gelder pro Vorfall, ohne das man eine „Schuldfrage“ klären muss.
Das zwingt die albanischen Kosovaren dazu, ihre serbische Minderheit vernünftig zu behandeln und die Serben, mäßigend auf diese einzuwirken.
Hallo zusammen und wünsche allen erstmal ein schönes Pfingstfest.
Da ich mich für Militärgeschichte und Politik interessiere und diese Seite mit Interesse verfolge wollte ich hiermit mal meinen Einstand geben.
Der größte Fehler bestand mMn damals darin das Kosovo von Serbien abzuspalten. Die Nato-Intervention beruhte ja nur auf Fehlinformationen („Es begann mit einer Lüge“), welche als Ursache für die bis heute andauernden Unruhen angesehen werden müssen. Ein politisches Gesamtkonzept wäre deshalb nur dann tragbar und zukunftsorientiert, wenn die EU Belgrad entgegenkommen und Pristina gleichzeitig militärisch und politisch in die Richtung unter Druck setzen würde sich an bestehende Abmachungen zu halten sowie EU-Standarts, vorallem im Sinne der dort ansässigen serbischen Mitderheit, zu gewährleisten.
Es reicht halt nicht stumpf jedes Jahr die mit diesem Einsatz verbundenen Mandate, zu verlängern Das Ziel lautet schließlich allen Seiten eine Zukunft zu ermöglichen…. ein zitteriger Schwebezustand indes hilft niemanden…führt auf lange Sicht gesehen jedoch zu 100% in eine Eskalationsspirale.
Jede Verlängerung des Kosovo-Einsatzes ist für mich sinnvoller als die glorreichen Projekte der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik in Mali und Afghanistan. Wenngleich die gesamte politische Lage in der Region natürlich sehr schwierig ist.
Guten Abend @Florian Staudte,
Afghanistan war wie auch der Kosovo-Einsatz eine rein US-geführte Intervention und da gilt es zu schauen inwiedern ein weiteres Engagement auf dem Balkan überhaupt noch sinnvoll erscheint. Deutschland hat nie unilateral gehandelt sondern immer im Rahmen der Nato.
Kfor scheint jedoch, was die Zielsetzung angeht, im Sande zu verlaufen. Weder konnten die Spannung ausgeräumt noch durch die Präzens der Nato in irgendeiner Art und Weise auch nur stückweise reduziert werden. Dann macht so ein Engagement auch irgendwann keinen Sinn mehr.
@Pio-Fritz:
Wenn ich die Nachrichten richtig verstanden habe, war es umgekehrt: Die Serben im Nordkosovo haben offenbar die Kommunalwahl boykottiert, worauf albanische Bürgermeister-Kandidaten die Wahlen gewonnen haben; diese sind von Serben nicht in die Rathäuser gelassen worden.
Mir scheint es hier darum zu gehen, ob man bereit ist, sich demokratische Spielregeln zu halten. Wenn ich nicht zur Wahl gehe, bekomme ich eben, was andere gewählt haben…
@RWU sagt: 29.05.2023 um 5:26 Uhr
Da haben Sie recht, das habe ich nicht sauber recherchiert.
Letztlich sieht man hier die Probleme einiger Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Innere Unruhe, politische Instabilität und wirtschaftliche Schwäche. Am deutlichsten sieht man es in Bosnien-Herzegowina. Die Einwohnerzahl beträgt nur noch rd. 3,3 Mio. Einwohner, vor dem Krieg waren es 4,5 Mio Einwohner. Ein Brain-Drain ohne gleichen, wer etwas kann, ist weg. Das ist im Kosovo nicht anders.
Leider habe ich auch kein Patentrezept, nur die bisherige EU-Vorgehensweise mit viel Geld und noch mehr guten Worten ist wohl gescheitert.
Jeder, der „es begann mit einer Lüge“ als Tatsache zitiert, sollte sich mal WIRKLICH kritisch geben und einfach die Kritik zu diesen Fernsehbeitrag googeln oder den Wikipediaartikel zum Kosovokrieg lesen.
Selbst Habermas hat die Natointervention im Kosovo befürwortet!
Ich hatte dienstlich insgesamt 4 Jahre im Kosovo zu tun – bis 2004. Wenn ich meine damalige intensive Vorbereitung noch richtig erinnere begann die systematische Unterdrückung der albanischen Bevölkerungsmehrheit bereits kurz nach Titos Tod. Die „frühen“ Jugoslawienkriege (Slowenien, Kriatien, BiH) hat Milosevic dann versucht zu nutzen um sein Werk der ethnischen Säuberung zu vollenden. Egal mit welcher Lüge was vielleicht begann – die hunderttausenden in die angrenzenden Gebiete in Albanien und vor allem Mazedonien vertriebenen waren Anfang 1999 leider keine Lüge. Die NATO-Operation im Sommer 1999 (Operation Allied Force; KFOR war dann erst das Kürzel für den anschließenden Stabilisierungseinsatz) hat zumindest das Ziel erreicht, die serbische Armee und Milizen zum Rückzug zu zwingen und damit Krieg und Blutvergiessen als solches zu beenden. Insofern also erfolgreicher als in Afghanistan oder Irak. Die wechselseitige Abneigung der beiden Bevölkkerungsgruppen dürfte in etwa bis zur ersten Schlacht auf dem Amselfeld 1389 zurück gehen, und ich habe in all den Jahren nicht sehr viele auf beiden Seiten kennengelernt, die über ihre Vorurteile hinauskommen wollten. Dennoch ist mE ein inzwischen sehr kleiner KFOR Dauereinsatz besser als ein neuer Krieg. Zumal der serbische Präsident, wohl mit russischem backing, und trotz EU-Beitrittsantrag ja auch in BiH weiter zündeln lässt.
@all
Zur Lageentwicklung am Sonntagabend:
https://twitter.com/NATO_KFOR/status/1663246339629514770?s=20
(ggf. ein Update als neuer Eintrag am Dienstag)
Guten Abend @snowparrot,
Wikipedia kann als Quelle nicht herhalten, da diese allgemein sehr leicht manipuliert werden kann und Herr Habermas ist kein Entscheidungsträger, sondern das Parlament.
Dieses nutzt das Militär als ein Instrument, schließlich ist die Bundeswehr eine Parlamentsarmee, zur Durchsetzung von Zielen, die sich mit zivilen Mitteln nicht umsetzen lassen. Durch so ein Vorgehen soll der Politik (das Militär ist in Demokratie nichts anderes) ein Zeitfenster geöffnet werden, welches dieser dann die Möglichkeit geben soll, humanitär aktiv werden zu können… So die Theorie.
In der Praxis scheint dieses Konzept nicht aufzugehen. Wenn man nach über 20 Jahren immer noch Unruhe herrscht, sollte man sich vielleicht überlegen, dass Gesamtkonzept zu überdenken. Jetzt rächt sich halt die Fehlentscheidungen, die zum damaligen Luftkrieg mit der anschließenden Besetzung des Kosovo geführt haben
Schon die Briten haben in den 70er Jahren erkannt, dass sich der Nordirlandkonflikt als Beispiel nicht durch die Präzens des Militärs befrieden lässt. Im Kosovo sieht es nicht anders aus, wie uns das die Bilder wieder mal auf drastische Art zu zeigen scheinen.
Guten Abend @JF,
nur durch die politische Intervention des finnischen Präsidenten Martti Ahtisaari als Vertreter des Westens sowie dem Moskauer Songergesandten Wiktor Tschernomyrdin konnte Milosovic zum Einlenken gebracht werden.
Das Problem liegt hier viel eher darin, dass dieser Einsatz ohne UN-Mandat ein Rückschritt für das Völkerrecht bedeutet hat. Die Einhaltung dieser Rechtsordnung sollte unilaterales Handeln einen Riegel vorschieben.
Später sind laut UNHCR sogar ca. 200.000 Serben, Roma und andere Nicht-Albaner aus dem Kosovo geflüchtet. Es kam sogar zu massiven Ausschreitungen wie im Jahr 2004. Alles unter den Augen der Kfor-Kräfte. Wo hat sich die Situation also konkret verbessert?`
Ein wie Sie es beschrieben haben „sehr kleiner KFOR Dauereinsatz“ soll da genau was bewirken? Entweder setzt diese sich durch oder bleibt als Statist im Hintergrund.
Allgemein sehe ich es so, dass die EU auf politischer Ebene massiv intervenieren sollte. Das Militär ist nur ein Werkzeug kann aber keine Lösungen herbeiführen. Die Unruhen in den 2010er Jahren haben das nur allzu deutlich vor Augen geführt.
@Pio-Fritz
“ Serbien weigert sich hartnäckig, den albanischen Kosovaren auch nur den Hauch eines irgendwie gearteten autonomen Status zuzugestehen.“
Wundert Sie das? Aus Sicht westlicher Experten ist die politische Führung des Kosovo eng mit der Mitgliedern der organisierten Kriminalität verflochten. Diese gehen auf die UCK zurück. Diese blockieren auch immer wieder alle Bemühungen durch Kosovaren begangene Kriegsverbrechen aufzuklären. Der Kosovo ist heute das europäische Zentrum für den Drogen- und Zigarettenschmuggel. Wie will man dem Herr werden, wenn die Instititutionen, die Kriminalität verfolgen sollen, mit Kriminellen Hand-in-Hand arbeiten?
Auf Zeit-Online heute dazu eine Reuters-Meldung mit Video zu den Ausschreitungen auch gegen die KFOR-Truppen.
Unglaublich. Da wohnen im Kosovo ca. 1,8 Millionen Menschen, davon rd. 120.000 ethnische Serben (was einen Bevölkerungsanteil von 6,7 % ausmacht), und man bekommt sich nicht sortiert. Von einem geregelten Miteinander ganz zu schweigen. An friedlich mag schon gar nicht mehr denken.
Hallo @Wandersmann, ich gehe durchaus mit Ihnen konform, dass ein UN Mandat die völkerrechtlich korrekte Form für den Einsatz gewesen wäre. Nur war dies damals schon aufgrund der bekannten ständigen Mitglieder mit Vetorecht nicht erreichbar. Ähnlich wie heute der VN-Sicherheitsrat ja auch keine Resolutionen in Bezug auf den Krieg in der Ukraine treffen kann. Aber wäre Nichtstun die bessere Alternative gewesen – angesichts eines aggressiv um jedes Erbstück des ehemaligen Jugoslawiens kämpfenden Serbien, dessen poltische Führung vorher ja schon für unzählige Massaker in Bosnien und die jahrelange Belagerung Sarajewos verantwortlich war – und dafür später ja auch verurteilt wurde? Die Ausschreitungen gegen verbliebene Serben, sowie gegen die Klöster, 2014 habe ich miterlebt. Natürlich völlig unverantwortlich, und damals hätte ich mir ein deutlich robusteres Vorgehen der KFOR gewünscht. Ob die Zauderer damals eher auf der politischen Führungsebene, oder eher auf der taktischen Ebene das verhindert haben weiß ich nicht. Aber jetzt noch mal zur Gesamtbewertung: sowohl die späten aber dennoch dann irgendwann, ebenfalls ohne UN Mandat, durchgeführten Luftschläge gegen die bosnischen Serben Mitte der 1990er, als auch die Operation Allied Force 1999, haben meines Erachtens dafür gesorgt, dass „heiße“ und sehr blutige Kriege beendet wurden. Ob Kosovo sich jemals zu einem stabilen Staat entwickelt, ob BiH zusamenbleibt, ob Serbien sich irgendwann endgültig von der Idee einer lokalen Vormacht versbchiedet – weiß ich alles nicht. Aber seit gut 25 Jahren wird jedenfalls nicht mehr geschossen, gefoltert und gestorben. Das ist mir einen jährlich verlängerten KFOR Einsatz wert. Das einzige was darüberhinaus helfen könnte, ist eine glaubwürdige Aufnahmepolitik der EU. Und wenn man die lange Zeitachse betrachtet wird dies ja mit einiger Konsequenz verfolgt: Slowenien und Kroatien längst dabei, Montenegro (kriminell aber harmlos) wohl bald auch, aber Serbien und Kosovo natürlich nur wenn sie sich irgendwann mal gegenseitig anerkennen.
Ist schon interessant, wie selbst beim Kosovo sich russische Propagandanarrative halten.
Da wird sich nicht einmal die Mühe gemacht, zwischen Sezession und Annexion zu unterscheiden.
Als Lösungsvorschlag:
Kosovo und Serbien sollten einen Gebketstausch durchführen. Die nördlichen Gebiete des Kosovo, die von Serben bewohnt werden zu Serben und die östlich an den Kosovo grenzender Gebiete mit Albanern zum Kosovo.
Ist im „Wir haben uns doch alle unabhängig der Ethnie so lieb“- Zeitalter nicht unbedingt schön, könnte aber den Konflikt durch Vermeidung entschärfen.
Wenn die Länder in die EU wollen wird man um Rechtsstaatlichkeit, Minderheitenrechte usw eh nicht drumherum kommen.
Was ist eigentlich an den „Gerüchten“ dran, dass in vordester Front mindestens 1 serbischer Polizist unter den Angreifern war? Schusswaffen waren wohl auch im Spiel.
PS: nicht wenige werden die Behauptungen zur albanischen politischen Elite wohl genauso über die serbische Politik tätigen.
@Schlammstapfer („Wundert Sie das?): Es gibt da den schönen Qualtinger-Satz „Einiges wird zusehends schlechter, anderes wegsehend nicht besser . . .“ aus dem für micht folgt: Wenn wir schon den Moskauer Seuchenherd der Korruption nicht ausräuchern sondern allenfalls isolieren können (Jahresbericht Transparency International “ . . . hat Korruption zu einer außenpolitischen Waffe entwickelt . . .“ und wo wird diese Waffe wohl eingesetzt?) sollten „wir“ wenigstens dort präsent sein, wo wir etwas bewirken könnten – im eigenen Interesse.
Ein Hinweis zum Brain-Drain: Der betrifft sämtliche ex-jugoslawischen Republiken mit einer Ausnahme: Slowenien, das den für die ex-Ostblock-Staaten typischen Knick nach dem Systemwechsel in den 90ern nicht gesehen hat (nur ein Plateau) und seit 2005 so gar wieder fühlbar wächst. Von Kroatien bis Mazedonien geht es dagegen überall bergab – und seit etwa einem Jahr regelmäßige Berichte über Arbeitskräftemangel. In Serbien werden gezielt Rentner zurück geholt, Kroatien muss im Ausland rekrutieren um genügend Hände für die Hotellerie/Gastronomie zu finden. Montenegro ist noch härter getroffen und rekrutiert in Asien (Schwerpunkt Bangladesh) weil die hochwertige Hotellerie nicht genug Leute für den einfachen Service findet. Es gab kürzlich einen Bericht über Betriebe, die sich bewusst runterstufen lassen auf „Motel“ statt „x Sterne-Hotel“) um nicht schlechte Noten für unzureichenden Service zu kassieren.
Guten Tag alle Miteinander!
Normalerweise lese ich nur eure Kommentare, ohne mich an der Diskussion zu beteiligen, weil es doch meist ausartet.
Der ein oder andere Kommentator verwendet den Begriff „Parlamentsarmee“ für die Bundeswehr. Diese ist keine Parlamentsarmee, sondern kann nur außerhalb des NATO-Gebiets mit Zustimmung des Parlaments bewaffnet eingeetzt werden.
Weder das Grundgesetz noch das Bundesverfassungsgericht in seinem AWCS-Beschluss sprechen von einer Parlamentsarmee.
Eine Parlamentsarmee wird vom Parlament aufgestellt, der Oberbefehlshaber wird vom Parlament ernannt, die Kommandeure bis hinunter zum Bataillon werden auf Vorschlag des Oberbefehlshabers vom Parlament ernannt, alle anderen Offiziere, Feldwebel und Unteroffiziere werden von den Mannschaften gewählt und vom Parlament bestätigt. Weiterhin ist für eine Parlamentsarmee zwingend erforderlich, dass diese das Parlament schützt und keine Polizei des Deutschen Bundestages. In einer Parlamentsarmee hat auch jeder Abgeordnete eine Dienstpflicht in der Armee. Abgesehen von der Budgethoheit und der parlamentarischen Kontrolle durch den Wehrbeauftragten (ohne Vollzugsbefugnis) ist die Bundeswehr meilenweit von einer Parlamentsarmee enternt.
[Guten Tag! Jetzt haben Sie gesagt, was Sie vermutlich schon immer sagen wollten, egal ob es zu Thema des Threads passt. Und mit dieser grundsätzlichen Abhandlung ist jetzt auch gut. Danke. T.W.]
Guten Morgen @JF,
wieso ist ein Engreifen denn nicht schon viel früher und an anderer Stelle erfolgt?
Die Ursache, welche schlussendlich die Nato zum Handeln bewogen hat, wurde durch die Intervention derselbigen sogar noch „genährt“. Das ist doch das Paradoxe an der ganzen Situation. Die westliche Allianz wollte eine bestimmte Aufgabe übernehmen und muss diese ,durch ihre Mitglieder übernommene Verpflichtung, solange sie sich noch im Land befindet, wahrnehmen und zwar in der Form, wie es von ihrem Auftrag her definiert worden ist. Genau daran scheint es aber irgendwie zu hapern.
@Dominik
ist denn eine tendenz zum anschluss an albanien in kosovos schichten und polit. gruppierungen vorhanden?
eine aufteilung und anschluss könnte natürlich serbien und albanien mit dem eu-beitritt
oder fin. unterstützung versüsst werden, ich bezweifle aber, ob die führungsgruppen in kosovo
dies freiwillig machen würden, wg. machtverlust.
@Dominik
Wie sie auch den Pressemeldungen über die Arbeit des internationalen Gerichtshofs entnehmen können, wurden auf beiden Seiten Serben und albanisch stämmige Kosovaren schlimmste Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen begangen.
Sowohl von Seiten der serbischen Regierung und Verwaltung als auch von Seiten der kosovarischen Regierung und Verwaltung werden die Ermittlungen zur Aufklärung dieser Verbrechen nach Kräften behindert.
Seit Jahren betreiben die Vertreter der EU-Kommission Schönfärberei wenn sie von nennenswerten Verbesserungen reden.
Alle Kennzahlen, mit denen man heute den Zustand eines Staates und seiner Zivilgesellschafft beschreibt, sind sowohl für Serbien als auch für den Kossovo so mies, dass noch auf viele Jahre nicht mit einem Beitritt zur EU gerechnet werden kann.
Dagegen sprechen auch die Erfahrungen, die man mit dem Beitritt anderer osteuropäischer Staaten zur EU gemacht hat. Die Hoffnung, dass Staaten wie Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und die Slovakei nach dem Beitritt schnell zu den Standards der EU aufschließen würden, hat sich in praktisch keinem Fall erfüllt. Regierungen und Verwaltungen sind heute noch genauso korrupt und Demokratie-defizitär, wie sie es zum Zeitpunkt des Beitritts waren. Beim Thema Menschenrechte und Pressefreiheit stehen einige Staaten sogar schlechter da als zum Zeitpunkt ihres Beitritts.
Letztendlich müssen die Soldaten der KFOR jetzt ihre Haut für alles das hinhalten was UN und EU im Zuge des Nationbuilding im Kosovo falsch gemacht haben.
@Zivi-AD
‚Danke schön‘ für den Qualtinger-Satz. Er beschreibt leider auch zu gut das Verhalten unserer Presse, die leider zu selten über Serbien und den Kosovo berichtet.
Sie erinnern sich sicher auch, wie im Zusammenhang mit den Flüchtlingen, die 2015 aus Afrika und dem Nahen Osten über die Balkanroute kamen, auch sehr viele Kosovaren versucht haben, nach Deutschland zu kommen. Die wurden dann sehr schnell zurückgeschickt, in ein Heimmatland mit heute rund 21% Arbeitslosigkeit. Menschen, denen es schlecht geht, lassen sich leicht aufwiegeln und großen Teilen der Bevölkerung im Kosovo geht es einfach sehr schlecht.
@Snowparrot
Im Rückblick muss man aber festellen, dass die Intervention der NATO das grundsätzliche Problem nicht gelöst hat. Man mag befürchtete Greueltaten der serbischen Armee an den Kosovo-Albanern verhindert haben und hat im gleichen Zug die Kosovo-Albaner in die Lage versetzt, Greueltaten an Serben und Angehörigen anderer Ethnien zu begehen. Es ist doch bezeichnend für die Situation, wenn der internationale Gerichtshof einen Haftbefehl für einen amtierenden Präsidenten des Kosovo wegen begangener Kriegsverbrechen ausstellt. Albaner, Serben und Angehöriger anderer Ethnien, die im Zuge des Bürgerkriegs aus ihrer Heimat vertrieben wurden und bis heute an einer Heimkehr gehindert werden, haben auch keine oder zumindest keine nennenswerten Entschädigungen gesehen. Auch das sorgt nicht gerade für Zufriedenheit. Das beschert in Serbien nationalistischen Gruppen Zulauf, die wiederum die Regierung unter Druck setzen und im Kosovo dürfte es nicht anders sein.
Unsere Soldaten mögen (hoffentlich) dazu beitragen, die Lage zu beruhgen, aber dass löst die Probleme nicht. Ich fürchte aber, das Medien und Politik bei uns wieder wegsehen werden, wenn sich die Lage beruhigt und das auch weiter nichts substanzielles zur Lösung der Probleme unternommen wird.
Das wird dann wieder genauso lange halten bis es wieder knallt.
Heute steckt der Kosovo dreifach in der Sackgasse. Zurück zu Serbien, wo der Kosovo politisch und historisch hingehört, geht nur mit Zustimmung der Bevölkerung. Das wollen vor allem die Kosovo-Albaner mit UCK Vergangenheit nicht, weil sie sich dann für die begangenen Verbrechen verantworten müssten. Und eine Rückkehr in ein Serbien, das die Verbrechen an den Kosovo-Albanern nicht verfolgt, geht einfach nicht.
In die EU geht es nicht, weil das Land nie im Leben in der Lage sein wird, die Standards zu erfüllen, und eine wirtschaftliche Unabhängigkeit als Basis für eine politische Selbständigkeit ist aus strukturellen Gründen unmöglich.
Jedenfalls nicht, ohne das die EU richtig viel Geld in die Hand nimmt, die Infrastruktur (Bildungseinrichtungen, medizinische Versorgung, Verkehrswege) ausbaut, eine international konkurrenzfähige Wirtschaft aufbaut und dazu eine nicht korrupte Verwaltung.
Da man dazu aber ebenfalls fast die gesamte korrupte bzw kriminelle Elite entfernen und einbuchten müsste, wird ein solcher Plan nicht auf Gegenliebe im Kosovo stoßen.
@gpc:
Hab ich was von Anschluss Kosovo an Albanien geschrieben?
nee.
Kosovo und Serbien sollen Gebiete tauschen.
Was Albanien da für Interessen im Kosovo hat ist mir nicht bekannt.
Nur mal so: Ich habe 24 Monate meiner aktiven Dienstzeit auf dem Balkan verbracht. Insgesamt drei Einsätze – in BiH und im Kosovo. Als G3 und G9. Nicht als Geschäftszimmersoldat, sondern als Abteilungsleiter. Und will folgendes anmerken: Jeglicher Aufruhr, jegliche Gewalt – auch gegen unsere Truppen – ging ausschließlich von Serben aus. Nach meiner Wahrnehmung konnten und können die bis heute nicht damit leben, dass die ethnischen Albaner und Türken ihnen nicht mehr untertan sind. Bezüglich Korruption: Die gehört bei denen zum täglichen Leben – da werden wir auch nix dran ändern können. Isso.
@Hans Schommer sagt: 31.05.2023 um 20:38 Uhr
„Und will folgendes anmerken: Jeglicher Aufruhr, jegliche Gewalt – auch gegen unsere Truppen – ging ausschließlich von Serben aus.“
Ach, das ist ja interessant. Sie meinen also z.B. den Angriff der der Kosovo-Albaner gegen die DEU Schutztruppen im Erzengel Michael Kloster in 2004 mit folgender Zerstörung dieses für die Serben immens wichtigen Jahrhunderte-alten Klosters?
Jetzt mal ganz ehrlich, können wir das ganze vielleicht etwas differenzierter betrachten??? Eine Aussage wie „Jeglicher Aufruhr, jegliche Gewalt – auch gegen unsere Truppen – ging ausschließlich von Serben aus.“ gehört vielleicht in einen Propagandartikel, aber doch bitte nicht in die Kommentarspalten dieses Fachblogs.
@all
Ich sehe mit gewisser Besorgnis, dass hier die seit dem Amselfeld unveränderten Konfliktlinien in den Kommentaren wieder neu belebt werden. Bitte nicht. Bei aller unterschiedlichen Meinung wäre ich für eine gewisse Zürückhaltung (und bei manchen auch für Verzicht auf Propaganda) dankbar.
Oder sowohl serbische wie auch kosovarische Nationalisten erhoffen sich aus den verhärteten Fronten zwischen NATO und RUS einseitige Unterstützung für extreme Optionen / Maßnahmen durch ihre so empfundenen Schutzmächte.
Die NATO hat kosovarische Hitzköpfe schon mal Grenzen aufgezeigt…
Zwei hochrangige Serben wurden heute von dem UN Tribunal in Den Haag verurteilt.
Jovica Stanisic und Franco Simatovic.
Die systematischen Völkermord haben meines Wissens in dem Ausmaß nur die Serben begangen, wobei natürlich in Bosnien die Kroaten anfangs mitgemacht haben und auch Albaner und Bosniaken im Gegenzug genauso immer wieder „einzelne“ Kriegsverbrechen begangen haben.
Meine Hoffnung war ja lange, dass was mit EWR in Westeuropa gelang auf dem Balkan mit EU als Friedensprojekt wieder gelingen könnte.
aktuell sehe ich aber nicht, wie dieser extreme serbische Nationalismus jemals eingehegt werden könnte…leider…
Die Geschichte des Balkans, so wurde es ja hier auch beschrieben, und die der dort stattgefunden Konflikte sind sehr komplex. Der Eingriff des Westens ist aber einer Logik gefolgt, die solche unsicheren Verhältnisse noch weiter zu destabilisieren drohen. Begebe ich mich auf ein Spielfeld und nehme das Match an, so wird sich am Ende derjenige durchsetzen, der die Regeln bis zur Perfektion verinnerlicht hat. Weil man nach dessen Schema handelt und ihn somit in seinem Handeln indirekt bestätigt. Durch so ein Verhalten werden die Scharfmacher nur fester in den Sattel gehievt..
Das Ziel müsste deshalb eigentlich darin bestehen friedliche Lösungen zuu erarbeiten und dann versuchen umzusetzen, mit dem Beweggrund die Konflikparteien auf Augenhöhe zu bringen um jeder Seite eine Chance auf einen Neuanfang zu ermöglichen… Dies sollte der eigentlich Sinn einer jeden humanitären Intervention sein. Bei einer unübersichtlichen Gemengenlage kann sich eine einseitge Parteiname langfristig jedoch als verherrend herausstellen. So wie in diesem Fall, halt.
Deshalb ist es wichtig internationales Recht zu achten , ansonsten öffnet man dem Prinzip das nur der Stärkere Recht hat Tür und Tor.
Hallo @Stan-und-Ollie,
https://shorturl.at/dqILS
und dieses Fachressort wird es wohl mit am Besten wissen…
Hallo @Wandermann,
seit wann definiert in Deutschland das Verteidigungsministerium Angelegenheiten des Deutschen Bundestags?
In der Militärgeschichte gab es nur fünf Parlamentsarmeen.
1. Zeit der Antike – griechische Stadtstaaten, wie z. B. Athen
2. Zeit der Antike – Römische Republik
3. Englischer Bürgerkrieg – New Model Army
4. Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg – Continental Army, Continental Navy und Continental Marines
5. Französische Revolution – Revolutionsamree der Deputiertenkammern bis zur Machtergreifung Napoleons.
Budgethoheit: Streng genommen hat auch die russische Duma oder der chinesische Volkskongress die Budgethoheit über die Streitkräfte. Selbst die Volkskammer der DDR hatte Budgethoheit über die NVA.
Dies allein ist kenn Kriterium für eine Parlamentsarmee in einem demoktraitschen Rechtsstaat.
Als ich 1982 in de Bundeswehr eingetreten bin, verwendete weder das BMVg, noch der Bundestag oder die Bundeswehr selbst den Begriff Parlamentsarmee.
Bis zum Ende des Kalten Krieg waren große Teile der Bundeswehr direkt dem NATO-Oberkommando für den Einsatz unterstellt. Die NATO bzw. anfangs die allierten Siegermächte des 2. Weltkriegs bestimmten Umfang, Ausrüstung und Dislozierung der bundesdeutschen Streitkräfte.
Seit dem wurde das Grundgesetz in Angelegenheiten der Verteidigung nicht grundlegend verändert. Es gab nur eine Klarstellung durch das Bundesverfassungsgericht (AWACS-Urteil).
Guten Abend @Stan-und Ollie,
da wir ja nicht zu off-topic werden wollen, möchte man hier bitte nur festhalten, dass unser bundesrepublikanisches System das einer parlamentarischen, föderal aufgebaute Demokratie entspricht. Nach Innen werden wir durch den Bundesrat regiert und nach Außen hin durch die Bundesregierung vertreten und diese wird wiederum kontrolliert durch den Bundestag.
Die wichtigsen Kontrollmechanismen zur Verhinderung einer Machtzentrierung oder gar eines Missbrauchs liegen in der Hand des Parlaments. Was bis 89 war interessiert niemanden mehr. Fakt ist, dass die Bundeswehr im Bereich der Budgetierung, Ausstattung sowie Sollstärke an Auflagen gebunden ist, die ihr durch das Parlament auferlegt worden sind. Ein Auftrag wie der im Kosovo als Beispiel kann nur in dem Rahmen ausgeführt werden, den der Bundestag in Form von Beschlüssen und Mandaten vorgegeben hat.
Auch im Rahmen der Amtshilfe muss erst ein Antrag durch die Länder eingereicht werden bevor militärisches Personal zur Unterstützung ziviler Maßnahmen entsandt werden kann.
Der wichtigste Punkt ist jedoch der, dass Sie nicht mir sondern dem Verteidigungsministerum widersprechen…also einer Bundesbehörde und zwar der zentralen in Fragen der Sicherheitspolitik…
Und es zählt nur der Ist-Zustand, schließlich existierten bis 89 auch zwei deutsche Armeen in unserem Land….
@Dominik
Zitat:“Meine Hoffnung war ja lange, dass was mit EWR in Westeuropa gelang auf dem Balkan mit EU als Friedensprojekt wieder gelingen könnte.“
Amen.
Aber dafür hätte man auf dem Balkan auch das machen müssen, was man in Westeuropa gemacht hat. In Westeuropa führte der wirtschaftliche Aufschwung nach dem Krieg zugleich mit einer Aufklärung de und Verfolgung von Kriegsverbrechern und einer von allen Seiten betriebenen aktiven Versöhnungspolitik dazu, das sich so etwas wie eine Aussöhnung mit Polen oder die deutsch-französiche Freundschaft entwickeln konnte. Willi Brands Kniefall in Warschau und Helmut Kohl Hand-in-Hand mit Francois Mitterrand in Verdun, das waren starke Bilder und starke politische Signale. Nicht das sich EU und UN nicht bemüht hätten. Aber gemessen an der Größe der Herausforderung war es offenbar nicht genug Bemühung.