Bundeswehr fliegt mehr als 200 Deutsche aus Sudan aus – Zusammenfassung
Die Bundeswehr hat mehr als 200 Personen aus dem Sudan ausgeflogen, der von Kämpfen rivalisierender militärischer Gruppierungen erschüttert wird. Mit zwei Transportflugzeugen A400M der Luftwaffe wurden am Sonntagabend vor allem deutsche Staatsbürger aus der sudanesischen Hauptstadt Khartum auf einen Luftwaffenstützpunkt nach Jordanien gebracht, eine dritte in den Sudan geschickte Maschine sollte folgen. Mehrere andere europäische Länder hatten ebenfalls ihre Bürger ausgeflogen.
Nach Angaben des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr verließen der ersten Maschine 101 Personen das umkämpfte Land. Das zweite Flugzeug hatte 113 Personen an Bord (die genaue Statistik, ob darunter auch Bürger anderer Nationen sind, lag zunächst nicht vor). Unklar blieb zunächst, ob auch die dritte Maschine noch am Abend den Rückflug antreten würde.
Die Flugzeuge waren am Sonntagnachmittag auf dem Militärflughafen Wadi Sayyidna (je nach Transkription auch Seidna) nahe der sudanesischen Hauptstadt gelandet. In einem Rundschreiben per E-Mail waren deutsche Staatsbürger zuvor aufgefordert worden, sich zu diesem Flugfeld nördlich von Khartum zu begeben: Aufgrund der Umstände vor Ort ist eine Abholung an Ihrem Standort nicht möglich und wir müssen Sie bitten, selbständig und auf eigenes Risiko zum Flughafen zu kommen. Die Lage ist weiterhin sehr volatil, Kampfhandlungen halten trotz angekündigter Waffenruhe an vielen Orten an.
Das Flugfeld von Wadi Seidna wurde in den 1970-er Jahren mit sowjetischer Hilfe ausgebaut. Die Start- und Landebahn ist nach den spärlich vorhandenen öffentlichen Informationen knapp 3.000 Meter lang. Kontrolliert wird der Flugplatz weiterhin von den sudanesischen Streitkräften, die die Flüge jeweils genehmigen müssen. Der Flugplatz wurde von mehreren europäischen Nationen für die laufenden Evakuierungsflüge genutzt, weil der zivile Airport von Khartum im umkämpften Stadtgebiet liegt und teilweise zerstört ist.
Die Deutschen wurden nach Al Azraq in Jordanien ausgeflogen. Dort betreibt die Bundeswehr einen Luftstützpunkt, der seit Jahren der Unterstützung für die deutsche Beteiligung an der Anti-IS-Koalition im Irak dient. Auf der Basis waren in den vergangenen Tagen Flugzeuge und Fallschirmjäger in Bereitschaft gehalten worden. Die meisten von ihnen wurden für die so genannte schnelle Luftabholung am Sonntag nicht eingesetzt; sie stehen für den Fall bereit, dass Deutsche mit militärischen Mitteln aus einer kritischen Situation befreit werden müssen.
Unklar ist allerdings, ob und wie lange die Evakuierungsaktionen aller Staaten fortgesetzt werden können. Der Einflug in den Sudan ist abhängig von der von beiden verfeindeten Seiten verkündeten Feuerpause, die bis zum (morgigen) Montagabend anhalten soll. Ohne einen zumindest temporären Waffenstillstand ist jede Flugbewegung mit einem hohen Risiko verbunden.
Frankreich hatte bereits am Sonntagmorgen den Beginn einer Evakuierungsoperation angekündigt und im Laufe des Tages rund 200 Personen ausgeflogen. Diese Mission hatte allerdings offensichtlich Probleme, nach sudanesischen Angaben wurde ein von der französischen Botschaft organisierter Konvoi zum Flughafen angegriffen und dabei ein Franzose verletzt. Die sudanesische Armee und ihr Gegner, die (para)militärischen Rapid Support Forces (RSF), beschuldigten sich gegenseitig dieses Angriffs.
Die USA und Großbritannien beschränkten ihre Evakuierungsmissionen auf das diplomatische Personal ihrer Botschaften im Sudan. In der Nacht zum Sonntag wurde die US-Botschaft in Khartum evakuiert; rund 70 Diplomaten und ihre Angehörige wurden aus der umkämpften Hauptstadt gerettet. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums wurde die Operation von Spezialkräften unter anderem mit drei Transporthubschraubern des Typs MH-47 Chinook durchgeführt, die vor dem Anflug auf Khartum in Äthiopien einen Tankstopp machten. An dem Einsatz seien gut 100 US-Soldaten beteiligt gewesen. Die US-Regierung machte zugleich deutlich, dass ihre Evakuierung damit abgeschlossen und eine solche militärisch gesicherte Abholung für US-Staatsbürger im Land nicht geplant sei. Nach Schätzungen von US-Medien halten sich zwischen 16.000 und 19.000 US-Bürger im Sudan auf, viele von ihnen Doppelstaatler.
Großbritannien schloß seine Evakuierungsmission ebenfalls am Sonntag ab, wie Verteidigungsminister Ben Wallace via Twitter mitteilte:
This morning, UK Armed Forces undertook a military operation alongside the US, France & other allies. They have evacuated British Embassy staff & their dependants from Khartoum due to the escalating threats.
The operation involved more than 1200 British personnel from 16 Air Assault Brigade,the Royal Marines and the RAF. I am grateful to all our partners including Cyprus. I want to pay tribute to the bravery and professionalism of our armed forces.
Nach einem Bericht des britischen Senders Sky News wurden rund 30 britische Diplomaten und Angehörige aus dem Land gebracht. Die Soldaten nutzten dafür ebenfalls die sudanesische Militärbasis Wadi Seidna.
(Foto: Bundeswehrsoldaten auf dem Stützpunkt Al Azraq in Jordanien am 23. April vor dem Abflug in den Sudan – Jana Neumann/Bundeswehr)
Sind das nur Botschafts Angehörige, die ausgeflogen wurden ?
Laut Presse gibt es (nur) 150 deutsche Staatsangehörige im Sudan.
Was also machen 18.000 US Bürger dort? (egal ob doppelte Staatsangehörigkeit oder nicht)
[Och, bitte jetzt am späten Abend nicht den Stammtisch raushängen lassen. Es sind, auch „laut Presse“ deutlich mehr als 150, aber es sind diejenigen, die sich beim AA registriert haben. Und nein, es wurden nicht nur Botschaftsangehörige ausgeflogen, wie oben geschrieben. Und was die US-Bürger, viele Doppelstaatler, dort machen? vielleicht länger bei der Familie wohnen? Und damit ist nun aber auch wirklich gut. T.W.]
@Der_Picard ist natürlich Quatsch, dass nur 150 Leute vor Ort sind. Selbst der Spiegel schreibt von 330. Zur Botschaft kann ich nur sagen, dass in Moskau nicht einmal 100 Leute in der Botschaft saßen, welches eine Stadt mit fast doppelt so vielen Einwohnern und deutlich mehr Visaangelegenheiten ist. Ist natürlich keine belastbare Zahl aber ich denke in einer sudanesischen Stadt wie Khartum braucht man nicht von mehr als 50 Mitarbeitern ausgehen, wenn nicht sogar noch deutlich weniger. Aber klar ist natürlich auch, dass keiner der Mitarbeiter, seine Familie zurück lässt.
Warum sind über den Flughafen Wadi Sayyidna „nur spärliche Informationen“ bekannt? In Zeiten von Google Earth ist es doch kein Problem, an Informationen zu kommen, auch ohne militärische Spionagesatelliten:
https://earth.google.com/web/@15.81717779,32.51504383,387.33330323a,7195.22279455d,35y,0h,0t,0r
Das ist vielleicht nicht aktuell, aber erfahrungsgemäß werden Landebahnen nicht ohne Grund einfach verkürzt. Dies soll keine Kritik an Ihnen sein, Herr W.
Gruß an alle im Einsatz befindlichen Kameraden, Glück ab und kommt gesund wieder! Den anderen Spruch darf man ja nicht mehr verwenden:
https://augengeradeaus.net/2014/06/probleme-mit-der-tradition-bundeswehr-verbietet-treue-um-treue/
Es ist eine tolle Sache. Danke den Frauen und Männern!
Es ist wohl deshalb gelungen, weil auf dem diplomatischen Weg gelungen ist, Zugang zur Spitze der Armee des SUDAN zu finden.
Diese sichert mit eigenen Kräften den militärischen Flughafen.
Es wird oft vergessen, die Rolle des Auswärtigen Amtes ist erheblich.
Durch diese diplomatische Leistung (Verhandlung mit der Armeeführung des SUDAN) konnte die Bundeswehr handeln, im Grunde eine gesicherte Abholung. Schwierig ist es, für die restlichen, verbleibenden DEU Bürger zum Flughafen zu gelangen.
Der Botschafter DEU selbst, bleibt wohl im Land. Meine Anerkennung! Bei dieser Sicherheitslage.
Ehe jetzt wieder alle von den Helden der Bundeswehr sprechen. Bitte sehr, doch vergessen wir nicht unsere Diplomaten. Danke!
Mit den rein militärischen Optionen sah es wohl eher dünn aus. Warten wir auf die Auswertung.
Strukturierte Arbeit auf allen Ebenen und gut koordiniert zwischen den Ministerien. Weiter Daumen drücken, dass alle unversehrt raus kommen.
@ milblogger82
„Ehe jetzt wieder alle von den Helden der Bundeswehr sprechen. Bitte sehr, doch vergessen wir nicht unsere Diplomaten.“
Der Spiegel schreibt, der GI habe mit der Führung der sudanesischen Armee gesprochen. Anschließend gab es von dort Unterstützung hinsichtlich des dann genutzten Flughafens.
Sie ätzen jetzt seit Tagen ziemlich heftig herum, „wissen“ ganz viel über dysfunkionale Hintergründe und katastrophisieren. Und plötzlich läuft das Ganze wie am Schnürchen.. Alles klappt, die Katastrophe bleibt aus. Stolz sein? Nööööö, das verbietet sich selbstverständlich! Höchstens auf die Diplomaten.. na klar.. *zwinker, zwinker*. Ich glaube, da irren Sie sich auch.
Medien geben die Zahl von 330 Deutschen vor Ort an, wobei sich diese Zahl auf die Einträge in der ELEFAND-Liste beziehen dürfte. Da sich dort im Prinzip jeder eintragen kann, ist nicht auszuschließen, dass sich dort auch Personen registriert haben, die auf diesem Weg an Informationen des AA über die Lage vor Ort kommen wollten.
Laut dem letzten Bericht von Spiegel-Online gehen Nachrichtendienste und AA davon aus, dass die Waffenruhe vor Ort bis maximal Ende Montagabend anhalten wird. Vor Ort tätige Organisationen beobachteten trotz Waffenruhe anhaltende Zwischenfälle in der Stadt und gehen davon aus, dass die Lage in der Stadt auf absehbare Zeit instabil bleiben und der internationale Flughafen geschlossen bleiben wird.
Spiegel Online berichtet auch, dass das AA Medien darum gebeten habe, den Name des Flugplatzes nicht zu veröffentlichen, um einem möglichen Andrang von Nichtdeutschen dort entgegenzuwirken.
[Schön, dass Sie auch Spiegel Online lesen, übrigens seit geraumer Zeit nur noch „Der Spiegel“. Das alles hier zu referieren scheint mir nicht so besonders sinnvoll. Und wenn Sie die Debatte über den Flugplatz-Namen unbedingt hier rein tragen wollen, bitte: Nachdem der Name und die Ortsdarstellung bereits in französischen Quellen wie France 24 genannt wurden, die in Afrika bekanntermaßen deutlich mehr gelesen werden als irgendwelche deutschen Medien, habe ich entschieden, den Namen hier zu nennen. Können wir die Nacherzählungsarie damit beenden? Die Info, dass ELEFAND zum Ausspionieren genutzt werde, ist interessant, das kommt wo her? T.W.]
Die Süddeutsche Zeitung schreibt, dass das AA bei der Evakuierung aus der Stadt mit französischen Stellen kooperiert habe, die mit militärisch gesicherten Konvois auch Deutsche aus der Stadt gebracht hätten. Scheinbar war die französische Seite bereit, größere Risiken beim Einsatz der eigenen Soldaten einzugehen als die deutsche, um die Sicherheit der Evakuierten zu gewährleisten.
[Auch ich habe die SZ gelesen. Sie scheinen eine andere Ausgabe zu haben, von „militärisch gesicherten Konvois“ der Franzosen ist da nicht die Rede.T.W.]
@T.W.
Bitte entschuldigen Sie meine störenden Kommentare. Nur ein Letzter noch: In meiner (elektronischen) Ausgabe der SZ steht Aussage: „Gemeinsame Konvois zum Flugfeld werden organisiert. Französische Soldaten waren in die Stadt gefahren.“
[In meiner auch – aber für die Schlussfolgerung, dass es militärisch gesicherte Konvois gab, reicht mir das nicht. T.W.]
Gratulation an die handelnden Personen!
Nach all den frustrierten und fassungslosen Kommentaren (auch von mir), muss ich dennoch attestieren, dass die Bundesrepublik Deutschland mit AA und BW in kürzester Zeit die meisten Personen evakuiert hat.
Das ist eine Nachricht, die man durchaus auf der HABEN-Seite verbuchen sollte.
Seien wir realistisch. Zu wirklich „robusten“ Evakuierungen, sind aktuell nur die USA in der Lage, weil sie die einzigen sind, auch eine gewisse „Grunddrohung“ in den Raum zu stellen.
Dennoch denke ich, dass das eine sehr gute Evakuierung war und es mich bei weiteren solcher Einsätze vertrauensvoller in die Abläufe scheun lässt.
Den sehr robusten britischen Kräfteansatz von rund 1.200 Mann finde ich interessant – vor allem in Bezug auf den US-Einsatz von ca. 100 SOF. Sind denn Zahlen zu deutschen oder französischen Kräften nachzulesen?
Gummibärchenkonsument a.D. sagt am 24.04.2023 um 8:50 Uhr
Ich “ätze” nicht, ich teile meine Ansichten und Erfahrungen. Diese beruhen auf einer langjährigen Tätigkeit im EinsFüKdo und BMVg. Möglicherweise ist ja ihre Wahrnehmung “ätzen”, doch das war nicht meine Absicht. Richtig ist, das manche Bewertung auch falsch liegen kann, doch Ziel ist der Meinungsaustausch. Da kann man auch mal irren. Dann sagt man sich das halt, gern mit den besseren Argumenten
Meine Erfahrungen waren bisher, dass die Kräfte MilEvakOp eine übergroße Aufmerksamkeit und Zuwendung erfahren haben. Leider ist das bei den sogenannten konventionellen Kräften nicht im gleichen Maße der Fall. Da kann man sich schon fragen, ob das so sein muß.
Ja, die Operation ist gelungen. Trotzdem ist bei aller Freude und Dankbarkeit, auch der Versuch, hinter die Kulissen zu schauen gestattet.
So liegt die Basis dieser Operationen im Wirken nationaler und multinationaler Partner im Schaffen von Vorraussetzungen. In großer Teil in Diplomatie. Gern rechne ich den Anruf des GI im weitesten Sinne dazu. Ob der Spiegel nun eine verläßliche Quelle ist, wer weiß.
Man kann es nur erahnen, die US Partner haben dem MN Verbund sicher viel bereitgestellt, Dinge die z.B. Deutschland nicht im Ansatz im Portfolio hat.
Ich bringe zum Ausdruck, dass die militärischen Anteile, welche sicher funktionierten, in hohem Maße von anderen Vorrausetzungen abhängig sind. Kann man das mit der Rückholaktion Kabul vergleichen, vermutlich schon.
Die Frage ist doch, ist Deutschland in der Lage national (allein) so etwas zu wuppen oder reden wir uns das gern selbst ein. “Robuste Evakuierungen” kann Deutschland ganz sicher nicht allein.
Ich denke, wir sind uns einig, dass die Soldaten der Bodentruppen, der LW, der milOrgBer das Beste gaben und geben. Doch die übergeordenten Aspekte dürfen doch hinterfragt werden. Nicht immer können wir uns auf “andere” abstützen.