Ukraine bekommt Leopard-Kampfpanzer (1. Zusammenfassung)

Die Ukraine wird in Deutschland hergestellte Leopard-Kampfpanzer erhalten. Von der Bundeswehr sollen zunächst 14 dieser Gefechtsfahrzeuge geliefert werden, die zusammen mit Leopard aus anderen NATO-Ländern sechs Kampfkompanien ergeben sollen. Die erwartete Ankündigung einer Lieferung von US-Panzern des Typs Abrams bliebt zwar zunächst offen. Dennoch zeichnet sich damit ein Unterstützungspaket für die Ukraine ab, zu dem auch bereits zuvor angekündigte 14 britische Challenger2-Kampfpanzer gehören.

Die deutsche Zustimmung zur Abgabe von Kampfpanzern der Bundeswehr wie auch zur Weitergabe aus anderen Leopard-Nutzerstaaten gab das Bundeskabinett nach seiner Sitzung am (heutigen) Mittwoch bekannt:

Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Mittwoch im Kabinett
angekündigt, dass Deutschland die militärische Unterstützung für die
Ukraine weiter verstärken wird. Die Bundesregierung habe
entschieden, den ukrainischen Streitkräften Kampfpanzer vom Typ
„Leopard 2“ zur Verfügung zu stellen. (…)
Das Ziel ist es, rasch zwei Panzer-Bataillone mit Leopard-2-Panzern
für die Ukraine zusammenzustellen. Dazu wird Deutschland in
einem ersten Schritt eine Kompanie mit 14 Leopard-2-A6-Panzern
zur Verfügung stellen, die aus Beständen der Bundeswehr stammen.
Weitere europäische Partner werden ihrerseits Panzer vom Typ
Leopard-2 übergeben. Die Ausbildung der ukrainischen Besatzungen
soll in Deutschland zügig beginnen. Zu dem Paket werden neben der
Ausbildung auch Logistik, Munition und Wartung der Systeme
gehören.
Deutschland werde den Partnerländern, die zügig Leopard-2-Panzer
aus ihren Beständen an die Ukraine liefern wollen, die
entsprechenden Genehmigungen zur Weitergabe erteilen.

Die Entscheidung war erwartet worden, nachdem am Vorabend bekannt geworden war, dass die USA ebenfalls die Lieferung von Kampfpanzern erwägen. Die Bundesregierung hatte auf ein gemeinsames Vorgehen mit dem größten NATO-Mitgliedsland gedrungen. Eine Aussage dazu von US-Präsident Joe Biden wurde am Mittwoch für 12 Uhr Ortszeit (18 Uhr deutscher Zeit) erwartet.

Der Kanzler kündigte die geplante Lieferung auch vor dem Bundestag an. Der Regierungschef vermied es aber ebenso wie Verteidigungsminister Boris Pistorius zunächst, mehr Einzelheiten zu den erwarteten Leopard-Lieferungen anderer europäischer Länder zu nennen. Infrage kommt insbesondere Polen, das bereits seit Tagen auf eine Genehmigung für den Export von Leopard in die Ukraine gedrungen hatte. Auch Spanien und Finnland sollen zur Abgabe von Kampfpanzern bereit sein, dort wie bei Portugal oder Norwegen ist noch unklar, in welchem Umfang und vor allem welche Panzer geliefert werden könnten – Finnland verfügt zum Beispiel über das modernere Modell 2A6, aber auch über Bestände der älteren 2A4 in seinen Depots.

Die Niederlande haben ebenfalls ihre Bereitschaft angekündigt, sich an dem Panzerpaket für die Ukraine zu beteiligen – obwohl das Land keine eigenen Kampfpanzer mehr besitzt. Allerdings, so hatte Regierungschef Mark Rutte am Vortag in der FAZ angekündigt, könnten die Niederlande die 18 Leopard 2A6, die von Deutschland geleast wurden und die derzeit als Teil des Panzerbataillons 414 der Bundeswehr in Bergen-Hohne betrieben werden, den deutschen Streitkräften abkaufen und dann an die Ukraine weitergeben.

Da voraussichtlich sowohl Leopard 2A6 – unter anderem von Deutschland – als auch die älteren Leopard 2A4 – unter anderem von Polen – an die Ukraine abgegeben werden sollen, zeichnet sich eine technische Aufsplittung in zwei Battaillonsäquivalente mit je drei Kampfkompanien ab, in denen möglichst einheitliche Fahrzeuge vorhanden sind. Damit würden vor allem Instandhaltung und die Versorgung mit Ersatzteilen vereinfacht.

Nach Angaben des deutschen Verteidigungsministers ist das Ziel, innerhalb von drei Monaten die ersten Leopard samt ausgebildeter Besatzung der Ukraine zur Verfügung zu stellen. Sein stellvertretender Sprecher Oberst Arne Collatz nannte vor der Bundespressekonferenz das ehrgeizige Ziel, bis zum Ende des ersten Quartals 2023 einen Gefechtsverband bereitszustellen, der in die ukrainischen Streitkräfte integriert werden könnte.

Die Ausbildung der ukrainischen Soldaten am Leopard dürfte überwiegend in Deutschland stattfinden – sie sollen neben der Bedienung und Warten der Panzer auch, wie es Collatz ausdrückte, eine kleine Taktikschulung erhalten. Da parallel auch die Ausbildung der Ukrainer am deutschen Schützenpanzer Marder stattfindet, dürfte es dabei auch um das Zusammenwirken von Kampf- und Schützenpanzern gehen.

Der Verteidigungsminister kündigte zudem an, dass Deutschland auch prüfe, ob zusätzlich zu den Leopard2-Panzern auch Gefechtsfahrzeuge des älteren Typs Leopard 1 abgegeben werden könnten – davon gibt es bei der Industrie noch größere Bestände. Unklar sei aber bislang, wie es mit den Munitionsvorräten aussehe, sagte Pistorius. Der Leopard 1 verfügt über eine Kanone mit einem kleineren Kaliber als der Leopard 2. Außerdem müsse noch geklärt werden, wie lange eine Instandsetzung dieser älteren Panzer dauere.

Das komplette Statement des Verteidigungsministers nach der Sitzung des Verteidigungsausschusses, einschließlich der Fragen und Antworten:

230125 Statement BM nach Verteidungsausschuss orig     

 

(wird ggf. nach US-Statement ergänzt)

(Archivbild April 2020: Soldaten des Panzerbataillons 104 trainieren mit dem Kampfpanzer Leopard 2A6 das taktische Verhalten iim Gefechtsübungszentrum des Heeres in der Letzlinger Heide – Marco Dorow/Bundeswehr)