Neuer Verteidigungsminister Pistorius mit vollem Programm gestartet
Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius hat sein Amt angetreten – gleich mit vollem Programm. Unmittelbar nach Amtsantritt empfing er im Berliner Bendlerblock seinen US-Kollegen Lloyd Austin und hatte damit gleich als ersten Programmpunkt die Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine. Der neue Chef des Wehrressorts nannte als eine wesentliche Aufgabe, die Bundeswehr jetzt und schnell stark zu machen – und kündigte an, dass es weiterhin Unterstützung der Ukraine auch mit Material aus der Bundeswehr geben werde.
Der bisherige niedersächsische Innenminister war erst Anfang der Woche von Bundeskanzler Olaf Scholz gebeten worden, das Verteidigungsministerium zu übernehmen. Zuvor war die vorangegangene Amtsinhaberin Christine Lambrecht von diesem Posten zurückgetreten. Pistorius erhielt am (heutigen) Donnerstagmorgen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Ernennungsurkunde, ehe er im Bundestag als neues Kabinettsmitglied vereidigt wurde. Dabei verzichtete der SPD-Politiker auf die religiöse Formel so wahr mir Gott helfe.
Unmittelbar danach wurde der neue Minister im Bendlerblock, dem Berliner Sitz des Verteidigungsministeriums, offiziell von Generalinspekteur Eberhard Zorn mit militärischen Ehren empfangen – aber auch von seiner Amtsvorgängerin. (Im Unterschied zu deren Empfang im Ministerium im Dezember 2021; die damalige Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer wollte nicht dabeisein.) Nach Begrüßung mit Musik- und Ehrenzug und einem kurzen Pressestatement folgte das Treffen mit dem US-Minister.
Pistorius‘ Statement zum Nachhören:
Zum Treffen des neuen deutschen Ministers mit Austin gab es dann, abweichend von der ursprünglichen Ankündigung, ein gemeinsames Pressestatement vor dem Gespräch – damit wurde auch vermieden, dass Pistorius oder sein US-Kollege etwas zu dem Thema der umstrittenen Lieferungen von Leopard-Kampfpanzern aus deutscher Produktion an die Ukraine sagten. Damit blieb zunächst offen, wie sich die Bundesregierung in diesem Punkt nun positioniert. Auch wenn Pistorius deutlich gemacht hatte, dass er generell ein Befürworter dieser Waffenlieferungen ist, äußerte er sich zu diesem speziellen Punkt nicht.
Das Statement der beiden Minister zum Nachhören:
(Zusammenfassung voraussichtlich am Nachmittag)
(Foto Mitte: Die derzeitige politische und militärische Führung unterhalb von Minister und Generalinspekteur, v. links: Die Parlamentarischen Staatssekretäre Thomas Hitschler und Siemtje Möller, die beamteten Staatssekretäre Margaretha Sudhof und Benedikt Zimmer, Inspekteur Streitkräftebasis Martin Schelleis, Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz, Sanitätsinspekteur Ulrich Baumgärtner, Heeresinspekteur Alfons Mais, Inspekteur Cyber- und Informationsraum Thomas Daum, Marineinspekteur Jan Kaack)
Allein schon im Auftritt und der Rhetorik liegen Lichtjahre zwischen ihm und der Vorgängerin. Das war zumindest schon einmal ein Auftritt, mit dem man in der Form etwas anfangen kann.
Interessant waren die Aussagen „Russland führt einen Vernichtungskrieg“, die ich in der Deutlichkeit überraschend fand. Auch hat er später gesagt, die USA „sind unser wichtigster Partner“ – kurze Zeit später wurde mitgeteilt, dass er mit dem französischen Verteidigungsminister telefoniert haben soll wobei er wohl gesagt habe, die Franzosen seien unserer „engster“ Partner. Ich will da jetzt nicht so viel reinlesen, aber das scheint durchaus ein Spannungsfeld zu sein das rhetorisch aufgefallen ist.
Ich glaube der Minister wird den Respekt der Truppe bekommen.
Bei dem Programm könnte man sagen, dass zumindest das Protokoll und der Minister bewiesen haben, dass sie kaltstartfähig sind…
Das kann man jetzt gerne auf weitere Teile der Bundeswehr erweitern
@Michael:
find ich rhetorisch richtig gut und absolut wahr mit „wichtigster“ und „engster“.
lässt hoffen
@Michael S.:
die Formulierungen sind vermutlich wohlweislich gewählt. Die USA sind der wichtigste, aber in Europa Frankreich der engste Partner. Das ist eine Wertigkeit, die aus deutscher Sicht auch durchaus Sinn ergibt. Denn hinsichtlich der perspektivischen Schwerpunktsetzung der amerikanischen Streitkräfte in Europa ist Deutschland längst durch Polen abgelöst worden.
In Polen werden die Amerikaner m.E. auch zeitnah Kapazitäten für die Wartung von M1 Abrams aufbauen, bzw. die Polen dazu im Zuge der Lieferung von 250 M1 befähigen. Denn so könnten die nach Europa verlegten, eigenen Panzer bei einem hypothetischen heißen konventionellen Konflikt der NATO mit Russland künftig frontnah instandgesetzt werden. Deutschland ist (noch) Sitz des HQ, Staging Area, Konvoi-Anlandepunkt und generell Logistikdrehscheibe.
Guter „Kaltstart“ des neuen Ministers, rhetorisch wie praktisch. Auch anständig von Frau Lambrecht nach dem längst überfälligen Rücktritt bei der Übergabe dabei zu sein.
Interessant die Führungsriege einmal geschlossen zu sehen, vielen Dank für das Foto Herr Wiegold. Die Herren von der Luftwaffe haben wohl eine besondere Art des Grußes… Lol
Wird ein volles Programm werden, richtig zu beneiden ist er nicht. Sobald die Panzer-Ukraine-Frage geklärt ist – ich vermute wir werden morgen was dazu hören – wartet mit dem augenscheinlich aus dem Ruder laufenden STH-Projekt die nächste Großbaustelle (lt. Presseberichten sollen die 60 CH-47 um FAktor 2 teurer werden – welch Überraschung wenn man über FMS was bestellen will was es gar nicht gibt… und auch gar keine verbindliche Bestellung abgegeben hat bis dato da kein bindendes Angebot vorliegen). @Herr Wiegold: wird es hierzu eine gesonderte Berichterstattung von Ihnen geben?
Ich freue mich aber, dass dem BMVg jetzt jemand vorsteht, der die Aufgabe als solche versteht und sich augenscheinlich massiv einbringen will.
@MrDiversity
19.01.2023 um 15:28 Uhr
„Interessant die Führungsriege einmal geschlossen zu sehen, vielen Dank für das Foto Herr Wiegold.“
Das Bild steht leider nicht für Geschlossenheit sondern für maximale Dysfunktionalität.
Keine andere mir bekannte Streitmacht hat so viele kleine Fürstentümer (=MilOrgBer bzw. OrgBer) deren Herrscher die entsprechenden Partikularinteressen verfolgen. Und damit jeder was zu sagen hat, auch die „künstlich“ geschaffenen Inspekteure und Amtschefs, hat so jeder ein bißchen Zuständigkeit (Cyber, Logistik, Dimension Land, etc.) aber leider keiner den Blick für große Ganze (Einsatzfähigkeit im Rahmen LV/BV und den Einsätzen).
Eine Bundeswehr mit einer derartigen Verantwortungsdiffusion funktioniert noch nicht mal im Frieden.
Wenn bei der nächsten Ministerübergabe da nur noch die Hälfte der Leute stehen, hätte BP sehr viel erreicht.
Oh wir reden über’s Foto? Hier meine Coolness-Tierlist (sarc on):
S: Admiral Daum. Special perk: Marine-Barret-Kombo + Haltungsbonus.
A: General Schelleis. Special perk: Thousand-yard stare.
B: General Gerhartz. Special perk: Lässigkeit.
C: General Mais. Special Perk: Messerscharfer Gruß + Ärmel-DLC.
D: Admiral Kaack, Generaloberstabsarzt Ulrich: One special perk.
:-)
[So, und schon haben wir den OT beendet. T.W.]
„Der neue Chef des Wehrressorts nannte als eine wesentliche Aufgabe, die Bundeswehr jetzt und schnell stark zu machen – …“
BP muss das mit vier Staatssekretären und sieben Inspekteuren (sic!) einvernehmlich angehen. Schwierig bis unmöglich, meiner Meinung nach …
PANZERLIEFERUNGEN:
Stetig erhält die Ukraine von den unterschiedlichen Ländern des Westens eine Vielzahl von Waffen. Eine Strategie gibt es nicht, die Eskalation nimmt ziellos immer mehr zu. Ich frage mich, wie die ukrainischen Soldaten die unterschiedlichen Waffensysteme beherrschen und effektiv einsetzen können. Jetzt sollen auch noch Superpanzer aus Deutschland dazukommen. Ich und die Mehrheit bei einer Bürgerbefragung sind für eine derartige Lieferung dagegen!!! Was soll das alles bei einer fehlenden Strategie, die Grundlage von den Handlungen ist.
Dietmar Philipp/ 21.01.2023
@
aufreger
Im Grunde stimme ich Ihnen voll zu.
Allerdings, hatte man nach 2010, mit der Auflösung des “ Führungsstab der Streitkräfte“, das ganze wurde als Erfolgsgarant „verkauft“.
Wobei „altes“ nicht immer schlecht sein muss!
Wobei ich immer gesagt habe, das das keine Verbesserungen bringen wird oder bringt, wenn „jede“ Teilstreitkraft, für sich agiert und wo sitzt die „militärische“ Führung!?
Im Jahr 2022/ 23?
Das Ministerium, verwaltet eigentlich nur und ist kein Generalstab.
Der Führungsstab der Streitkräfte, ist der Generalstab in Deutschland.
Der FÜS führt Planspiele durch, was im Falle eines Angriffes zu tun ist, was die Bundeswehr benötigt, eine Organisations-Struktur besitzt, das die „Führung“ jederzeit alle Informationen Besitzt, welche Bestände man in durchaus einzelnen Munitionslagern hat oder Fahrzeug/ Material-Depots vorhanden ist.
Hatte Frau Lambrecht erzählt, der Öffentlichkeit, das es Bereits einen internen Prüfauftrag gab?
Oder ist es mir Entgangen?
Warum wird so etwas nicht mit der Öffentlichkeit kommuniziert?
Warum werden Berichte für Entsprechende Ausschüsse des Bundestag, die den Zustand der Bundeswehr betreffen, nicht veröffentlicht?
Jeder sieht doch, wie gut und schlecht es um die Bundeswehr bestellt ist.
Warum, erteile ich als Hersteller-Land zb am Montag nicht, den Verbündeten Ländern, Kampfpanzer zu liefern, die den Leopard 2 im Bestand haben.
Warum bestellt die Ukraine nicht einfach Kampfpanzer Leopard 2, ähnlich, wie sie es bei den Panzerhaubitzen getan hatte.
Zudem nutze ich als Hersteller-Land den Umstand das der Leopard 2, zur Zeit wieder gebaut wird und erteile den Herstellern einen Auftrag von 350 Kampfpanzer Leopard 2 A6 und A7, für die Bundeswehr, um eine weitere Panzerdivision aufzustellen.
Gleichzeitig erteile ich den Firmen Kampfpanzer vom Typ Leopard 1 und 2 einsatzbereit zu machen sowie Leo 2 auf den Rüststand A5 zu bringen.
Ich Hoffe auf eine Freischaltung des Kommis und Wünsche Herrn Wiegold ein schönen restlichen Erholsamen Abend!