Deutscher Drei-Sterne-General ein Kommandeur der EU-Ausbildungsmission für die Ukraine (Update)
Offiziell ist es erst, wenn es im Amtsblatt der EU veröffentlicht ist (Update unten: inzwischen veröffentlicht), aber es dürfte feststehen: Eines der beiden Hauptquartiere für die künftige EU-Ausbildungsmission für die Ukraine (EUMAM Ukraine) wird vom deutschen Generalleutnant Andreas Marlow geleitet werden. Die Botschafter der Mitgliedsstaaten im politischen und sicherheitspolitischen Komitee der EU verständigten sich darauf, sowohl einen deutschen als auch einen polnischen General mit der Ausbildung in ihren Ländern zu betrauen. Die Führung hat der französische Vizeadmiral Hervé Bléjean, Direktor des militärischen Planungs- und Durchführungsstabs (MPCC) der Union.
Nach Berichten aus Brüssel vom Donnerstag wurden die grundlegenden Entscheidungen bereits getroffen. So berichten die Kollegen von Bruxelles2 (hinter Paywall):
Die Kommandostruktur dieser neuen EU-Mission ist etwas ganz Besonderes. Das Kommando über die Mission wird direkt in Brüssel vom französischen Vizeadmiral Hervé Bléjean, Direktor des Generalstabs der EU und des MPCC (Befehls- und Kontrollleitung der Militärmissionen) wahrgenommen. Und vor Ort gibt es zwei Einsatzkommandanten, einer in Polen, der andere in Deutschland. Beide gleich. Keiner ist dem anderen untergeordnet. Eine ganz besondere Struktur, die geschaffen wurde, um den Streit zwischen Berlin und Warschau zu beenden.
Während Marlow als Kommandeur für die spezialisierte Ausbildung (Special Training Command, ST-C) in Deutschland berufen wird, soll der polnische Generalmajor Piotr Trytek ein Combined Arms Training Command (CAT-C) in Polen leiten. Aus einem Bericht des polnischen Rundfunks:
Der polnische General Piotr Trytek wurde von der Europäischen Union zum Kommandeur der Ausbildungsmission der ukrainischen Armee ernannt, wie die Brüsseler Korrespondentin von RMF FM, Katarzyna Szymańska-Borginon, erfahren hat. General Trytek, derzeit Kommandeur der 11. gepanzerten Kavalleriedivision, wird die internationale Ausbildung der ukrainischen Soldaten koordinieren. (…)
Es geht um die Ausbildung von Personal, die Organisation von Logistik und medizinischen Einrichtungen sowie die Vorbereitung der ukrainischen Armee auf den Einsatz biologischer, chemischer oder nuklearer Waffen.
Die Einsatzleitung wird in Nowa Dęba bei Rzeszów angesiedelt sein. Ein zweites Einsatzkommando wird in Deutschland angesiedelt sein, allerdings nur für Einsätze in diesem Land. Außerdem wird es ein Kommando in Brüssel geben, das eher administrativer Natur ist.
Diese ungewöhnliche Dreiteilung ist darauf zurückzuführen, dass Berlin zunächst nicht zustimmen wollte, dass das Hauptkommando an Polen fallen sollte. Es gab sogar einen Streit zwischen Polen und Deutschland. Um den Streit zu beenden, wurde beschlossen, diese Form des Befehls zu verwenden.
(Übersetzt mit deepl.com)
Wie aus dem polnischen Bericht zu erkennen ist, prägt ein Wettstreit zwischen Deutschland und Polen bereits vor Beginn die Arbeit der künftigen Ausbildungsmission. Inwieweit da die Linien geklärt sind, wird eine interessante Frage – zumal Deutschland einen Drei-Sterne-General für diese Mission einsetzt, Polen dagegen einen Zwei-Sterne-General.
Die Ausbildungsmission, die erste der EU auf dem Gebiet der Mitgliedsstaaten selbst, hatten die EU-Außenminister am 17. Oktober formal beschlossen. Deutschland hatte dafür angeboten:
• Unterstützung der Mission bei der militärstrategischen Planung,
• Gestellung eines multinationalen Führungselements für die Mission,
• Gefechtsstandausbildung und/oder Gefechtsstandübungen (Computersimulationen) für
eine Brigade (Brigadestab und Bataillonsstäbe),
• Gefechtsausbildung bis Kompanieebene,
• Ausbildung an abgegebenem Material in enger Kooperation mit der Industrie (Ausbildung der Besatzung, Ausbildung im taktischen Einsatz, Ausbildung in der Wartung),
• Sanitätsausbildung,
• Ausbildung der Ausbilder.
Marlow ist derzeit beim Kommando Heer Kommandeur der deutschen Anteile im Multinationalen Korps/Militärische Grundorganisation. Diese Aufgabe wird er voraussichtlich auch neben seinem EU-Auftrag in der Ausbildungsmission behalten. Das deutsche Hauptquartier der Mission dürfte deshalb in Strausberg bei Berlin eingerichtet werden, wo das Kommando Heer der Bundeswehr seinen Sitz hat. Die Ausbildung wird voraussichtlich in spezialisierten Ausbildungseinrichtungen des Heeres stattfinden.
Update: am Montag, 31. Oktober, (dazwischen lag ein Wochenende) wurden die Ernennungen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Der Beschluss zu Marlow:
BESCHLUSS (GASP) 2022/2097 DES POLITISCHEN UND SICHERHEITSPOLITISCHEN KOMITEES
vom 27. Oktober 2022 zur Ernennung des Kommandeurs für die spezialisierte Ausbildung der militärischen Unterstützungsmission der Europäischen Union zur Unterstützung der Ukraine (EUMAM Ukraine) (EUMAM Ukraine/2/2022)
DAS POLITISCHE UND SICHERHEITSPOLITISCHE KOMITEE HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Generalleutnant Andreas MARLOW wird mit Wirkung vom 27. Oktober 2022 zum Kommandeur für die spezialisierte
Ausbildung der militärischen Unterstützungsmission der Europäischen Union zur Unterstützung der Ukraine (EUMAM
Ukraine) ernannt.
Artikel 2
Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.
Geschehen zu Brüssel am 27. Oktober 2022.
Der Beschluss zu Typtek:
BESCHLUSS (GASP) 2022/2096 DES POLITISCHEN UND SICHERHEITSPOLITISCHEN KOMITEES
vom 27. Oktober 2022 zur Ernennung des Kommandeurs für die Ausbildung für das Gefecht Verbundener Kräfte der militärischen Unterstützungsmission der Europäischen Union zur Unterstützung der Ukraine (EUMAM Ukraine) (EUMAM Ukraine/1/2022)
DAS POLITISCHE UND SICHERHEITSPOLITISCHE KOMITEE
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Generalmajor Piotr TRYTEK wird mit Wirkung vom 27. Oktober 2022 zum Kommandeur für die Ausbildung für das Gefecht Verbundener Kräfte der militärischen Unterstützungsmission der Europäischen Union zur Unterstützung der Ukraine (EUMAM Ukraine) ernannt.
Artikel 2
Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.
Geschehen zu Brüssel am 27. Oktober 2022.
(Foto: Marlow mit Bundeskanzler Olaf Scholz, r., beim Besuch des Kanzlers bei der Ausbildungslehrübung 2022 auf dem Truppenübungsplatz Bergen am 17. Oktober 2022 – Carl Schulze/Bundeswehr)
DEU hat wieder einmal verloren, diesmal bei der EU statt wie sonst häufig bei der NATO.
Die POL Quelle ist da eindeutig und ich verstehe wirklich nicht, warum nicht eine echte Kompromisslösung möglich war. Der GI hat doch mit seinem POL Amtskollegen im EUMC sicher darüber verhandelt.
Es gibt z.B. genug DEU Soldaten in POL und auch jede Menge multinationale Stäbe mit DEU=POL Beteiligung…..
Insgesamt scheint mir auch die Führungsstruktur extrem topplastig für die Aufgabe zu sein.
Vielleicht kann jemand mit Heeresexpertise einmal erklären, was der Gegenstand/Umfang der Ausbildung und die Anzahl der Trainees in DEU sein wird. Offenbar wurde das DEU Angebot ja nur zum Teil akzeptiert.
Und vielleicht, warum für diesen überschaubaren Umfang ein ***Sterner gebraucht wird, wo doch
der verantwortliche Kommandeur für die gesamte Heeresausbildung nur zwei Sterne hat, oder?
Verbuchen wir es doch als Erfolg, dass kein komplett neues Kommando mit einem weiteren zusätzlichen General aufgestellt wird.
Die Curricula für die Ausbildung der ukrainischen Kräfte sind zwischen allen ausbildenden Nationen und der EU Mission abgestimmt und beruhen auf den Forderungen der Ukraine sowie den Erfahrungen der Verbündeten. Bei der EUTM in Mozambique wurden die ausgebildeten Kompanien auch von der EU ausgestattet: persönliche Ausrüstung, Fahrzeuge, Aufklärungs- und Führungsmittel. Waffen und Munition kommen aus den Beständen der MOZ Streitkräfte. Für die EUMAM Ukraine wird die Europäische Friedensfazilität EPF herangezogen werden. Die EPF ist durch den Krieg in der Ukraine bereits stark gefordert, das Nachschießen aus den nationalen Haushalten im kommen Jahr unausweichlich. Ursprünglich sollte die EPF die militärischen Missionen außerhalb der EU finanzieren und für den gesamten Mehrjährigen Finanzrahmen MFF bis 2027 reichen. Aufgrund des Umfanges der Mission und des Abstandes der Einsatzräume ist die Schaffung zweier FHQs folgerichtig. Auch das ist Neuland für die EU und sicherlich eine willkommene Erfahrung für das OHQ in Brüssel. Spannend wird allerdings die Frage, inwieweit die UA Kräfte auch ausgestattet werden müssen. Die politische Lernkurve wird auch steil sein, steiler vielleicht als die militärische. Auch und gerade in den Hauptstädten. Wenn im November Dampf auf die Turbine gegeben wird und die ukrainischen Trainees das Gefecht der verbundenen Waffen zu erlernen beginnen, sollten diese ihnen auch irgendwie zur Verfügung stehen.
“This is ‘classic EU’ in terms of speed,” said Ed Arnold, research fellow for European security at the London-based Royal United Services Institute (RUSI) think tank. “This isn’t a very difficult decision for the EU, but it’s taking a little bit of time. Those EU members who joined the U.K. framework probably did it out of expediency.”
(https://www.politico.eu/article/uk-and-france-at-odds-over-military-training-for-ukrainians/)
A little bit of time :-)
Artikel ist vom 16.09.22. Da hatte UK schon 5.000 Soldaten ausgebildet. Johnson hatte das bei seinem Besuch am 17.06.22 in Kyiv angekündigt.
„The Prime Minister has offered to launch a major training operation for Ukrainian forces, with the potential to train up to 10,000 soldiers every 120 days.“
(https://www.gov.uk/government/news/uk-to-offer-major-training-programme-for-ukrainian-forces-as-prime-minister-hails-their-victorious-determination)
Rang des Kommandeurs der OP Interflex findet sich leider nicht online – weiß jemand mehr?
/sarc on
Aber es passt schon sehr gut zu den jeweiligen Ländern:
– UK: „10k grunts go brrr“
– FR: „Special things we do not want to talk about go brrr“
– DE: „Simulator, printer and coffee machine go brrr“
/sarc off
Scheint wohl eine ziemlich wichtige Mission zu sein, obwohl es nur um die Ausbildung von Soldaten eines Nicht-NATO Staates geht.
Ist die Wichtigkeit ein Entgegenkommen der NATO gegenüber der Ukraine, aufgrund des Nichteingreifens (keine direkte Beteiligung) in den Krieg? Mittlerweile ist dieser Konflikt / Krieg ja schon ein Ereignis was eine weltpolitische Zeitenwände darstellt.
@Krause
Es handelt sich um eine Mission der EU, nicht der NATO.
@Sailor: klar findet in Polen die größte polnische Ausbildungsmission der Welt statt. /sarc
Der polnische Artikel strotz vor nationaler Bauchpinselei. Schauen wir mal, wie sich die Arbeit in der Praxis verteilt.
@Observer22
@Sailor1995 ctd
Habe in der Zwischenzeit ein wenig gegugelt, insbes. Wikipedia (eng) aber auch diverse UK official sites:
MN UK led OP INTERFLEX läuft seit Anfang Juli 2022, folgt UK OP ORBITAL (2015-2022) zur Ausbildung UKR Army.
Durchgeführt von der 11th Security Force Assistance Brigade, mit einer Menge unterstellter Verbände, die ich mangels Heeresexpertise nicht richtig einordnen kann.
Geführt wird die Brigade durch einen Brigadier (aka Navy Commodore), also kein richtiger Flaggoffizier sondern eher entsprechend Oberst/Kapitän B3.
Verglichen mit dem DEU Ansatz von der Führungsebene bescheiden, von der Durchführungsebene unglaublich gross. Die Ausbildungsumfänge DEU habe ich noch nicht gefunden.
@diba
Neues Kommando? Mal sehen. Wollen Sie wetten?! Ich würde allerdings die Umwidmung eines der vielen überflüssigen strukturell beschäftigungslosen Stäbe mit einschliessen wollen.
Das BMV’g schreibt auf ihrer Seite…
„Auftrag von EUMAM ist es, sowohl geschlossene ukrainische Verbände als auch Spezialisten auszubilden. Die bestehende Infrastruktur der Hauptquartiere und Ausbildungseinrichtungen in den EU-Mitgliedstaaten wird dafür genutzt. Damit soll ein zügiger, kostengünstiger, resilienter und logistisch durchhaltefähiger Ausbildungsbetrieb sichergestellt werden.“
Gibt die Ukraine dann bestehende Brigaden zur Weiterqualifizierung ab oder werden die quasi dann durch EUMAM beginnend mit der AGA von Null an ausgebildet? Das erschließt sich mir noch nicht so ganz….
15.000 Ausbildungsplätze entsprechen ja etwa 3 Brigade equivalenten. Wie hoch soll den der Jährliche Output sein um eine Combatready Brigade wieder an die Ukraine abzugeben. Da kann die Spanne ja sehr groß sein?
Es drängt sich mir gelegentlich der Eindruck auf, dass das politische Gerangel wichtiger ist als die „PS auf die Straße zu bekommen“ (zügig und qualitativ gut auszubilden).
Hoffentlich hilft der gesamte Aufwand der Ukraine wirklich weiter und es werden nicht „KVP-Lehrgänge“ angeboten.
(KVP = Kontinuierliches Verbesserungsprogramm)
@Sailor1995
Das mit der Ausbildung in Polen sehe ich kritisch. Aus eigener Erfahrung, aber auch aus Berichten ist mir bekannt, dass der Ausbildungsstand und der Kampfwert in Polen definitiv nicht zu den höchsten zählt. Ausserdem: Kan sich noch jemand erinnern, wie daer Stützpunkt der Militärpolizei (Zeit und Name ist mir entfallen, war in den letzten Jahren ) gestürmt wurde?
Naja, die polnischen Selbstprofilierungen u.a. bei Twitter (Krab vs PZH 2000) der PIS-Parteitrolle sind zwar nervig, aber allein geographisch geht bei Polen schon kein Weg vorbei.
Was die Ausbildung angeht, würde mich interessieren inwieweit das mit der NATO/USA verzahnt ist – denn schon heute läuft ja sehr viel in Grafenwöhr u.a. Standorten. Deutschland ist DER Standort schlechthin für Ausbildungsmissionen.
@Michael S.
Das Ausbildungskommando der USA für die UKR wird / ist ja auch in Deutschland stationiert.
Dass sich AUS, CAN und NZL an die britische Ausbildungsmission angeschlossen haben ist ja nicht überraschend. Anders sieht es mit den Dänen, Schweden, Niederländern, Letten, Norwegern und Finnen aus, die ja auch bei den Briten mitmachen. Das sagt schon etwas aus, über das Vertrauen in Führung.
Zeitenwende ick hör dir trappsen.
https://twitter.com/DefenceHQ/status/1585641226455617537
Anders sieht es mit den Dänen, Schweden, Niederländern, Letten, Norwegern und Finnen aus, die ja auch bei den Briten mitmachen.
Das dürfte mit deren Tätigkeit in der JEF Joint Expeditionary Force zusammen hängen.
Bleibt die Frage: Was ist mit Frankreich und Spanien?
„Anders sieht es mit den Dänen, Schweden, Niederländern, Letten, Norwegern und Finnen aus, die ja auch bei den Briten mitmachen. Das sagt schon etwas aus, über das Vertrauen in Führung.“
Die Briten hatten als Unterzeichner des Budapester Memorandums genau wie die USA mehr Druck nach 2014 etwas zu machen, sie haben sich früh für Ausbildung entschieden und hatten somit Infrastruktur eher am laufen als andere Länder, dass sich die Dänen u.a. an das UK hängen ist deshalb keine riesige Überraschung.
@Thomas Melber; 28.10.2022;11:53 Uhr
Das macht die Sache nicht unbedingt besser ;-)
Trennung
Ich hoffe darauf, das die Ausbildungsorte nicht wieder von einem Profilierungsg*ilen Politiker vorab herumposaunt werden.
Obwohl, dann kann sich unsere Hochflexible „Flugkörperabwehrtruppe“ bereits vorab die geignetesten Positionen suchen. Darin sind wir ja auch aktuell richtig gut!
Vielleicht sollten sich hier alle, die ausnahmsweise mal nicht exakt wissen, was/wann/wielange/wo/wieviel/wie etc. in DEU ausgebildet werden wird, sich mit ihren Kommentaren ein wenig zurückhalten … ist nur so ein Gedanke … und ich habe den Eindruck, dass hier niemand irgend etwas Definitives weiss.
@Simulant
Es wurde doch recht klar angegeben welche Fähigkeiten den UKR vermittelt werden sollen und daraus kann man recht einfach ableiten, wo dies stattfinden wird.
Ansonsten wird es sicher eine parlamentarische Anfrage hierzu geben 😎