A400M als Löschflugzeug: Nachrüstsatz für 20 Tonnen Wasser
Es hat mit Militär nur mittelbar zu tun, ist aber in der derzeitigen Situation in Europa von Interesse: Airbus hat einen Nachrüstsatz für den A400M-Transporter vorgestellt, der die Militärmaschine zu einem Löschflugzeug mit 20 Tonnen Wasser macht.
Der so gennannte Firefighting Kit wurde bereits in Spanien vorgestellt; mit den Einzelheiten auch in den anderen Nutzerländern des A400M kam Airbus am (heutigen) Dienstag. Die Details aus der Mitteilung des Unternehmens:
Airbus hat in Spanien eine austauschbare Feuerlöschausrüstung für A400M-Transporter erfolgreich getestet. Die Tests fanden bei Tageslicht statt und umfassten Tiefflüge bis zu 150 Fuß, niedrige Fluggeschwindigkeiten bis zu 125 Knoten und Abwürfe von bis zu 20 Tonnen Wasser aus dem aktuellen Tank in weniger als zehn Sekunden. Ziel der Kampagne war es, die Wasserabwurfmenge und -zeit sowie die Fähigkeit der A400M für diese neue Rolle zu validieren.
Der Prototyp wurde in enger Zusammenarbeit mit dem spanischen Luftwaffengeschwader 43, den europäischen Brandschutzbehörden und dem spanischen Ministerium für Ökologischen Wandel und Demografie (MITECO) entwickelt und getestet. (…)
Bei der Airbus-Feuerlöschlösung für die A400M handelt es sich um ein sogenanntes Roll-on/Roll-off-Kit (RORO), das keine Änderungen am Flugzeug erfordert und sich daher in jeder A400M einsetzen lässt. Das Wasser befindet sich in einem festen Tank im Laderaum und wird von zwei voneinander unabhängigen Türen zurückgehalten. Diese sind mit zwei Flutrohren verbunden, sodass das Wasser bei Aktivierung der Ableitung durch zwei Abschnitte am Ende der Rampe ausgestoßen wird. Mit der neuen RORO-Lösung können Einsatzkräfte schnell auf unvorhergesehene Brände reagieren und das Flugzeug danach wieder für andere Einsätze umrüsten.
Da die A400M sehr tief fliegen kann und auch bei niedrigen Geschwindigkeiten wendig ist, kann sie Wasser aus bis zu 150 Fuß präzise abwerfen. In Zukunft wird Airbus neben der Entwicklung der Serienversion dieses Kits auch den Einsatz bei Nacht analysieren, um die Effizienz und Wirksamkeit von Brandbekämpfungseinsätzen weiter zu steigern.
Französische Medien, die natürlich angesichts der großen Waldbrände im Südosten des Landes besonders daran interessiert sind, stellten die Löschausrüstung bereits am (gestrigen) Montag vor:
Deutschland hat, wie sich vor allem in Brandenburg in den vergangenen Tagen gezeigt hat, ebenfalls zunehmend Probleme mit Waldbränden. Und die Luftwaffe ist (wie auch die Bundespolizei) per Amtshilfe mit Hubschraubern in die Bekämpfung eingebunden – aber Löschflugzeuge hat Deutschland bislang nicht.
(Foto: Test des Nachrüstsatzes am 21. Juli – Adrián Molinos/Mango/Airbus)
„Schallendorf schrieb; „Dadurch verdunstet nicht nur ein größerer Anteil, bevor er am Boden ankommt, …“
Kleiner Hinweis: Die Verdampfungsenthalpie von Wasser ist sehr hoch, damit hat ein feiner Nebel eine deutlich höhere Löschwirkung als große Tropfen. Die Verdunstungsverluste wären dagegen verschmerzbar.
Auch wenn es kontraintuitiv ist, eine schöne Verwirbelung könnte sehr gut sein. Hier ein netter Praktikumsversuch:
https://www.bcp.fu-berlin.de/chemie/chemie/studium/ocpraktikum/sicherheit/versuche/braende2/brand_wasser.html
@Elitegaertner3
„Hier mal der bisherige Marktführer:
Berijew Be-200 Altair
kann aus bekannten Gründen aber nicht beschafft werden, war aber schon weltweit im Einsatz…“
„Marktführer“ ist ein dummer Witz, was soll das?
Davon gibt es vielleicht 20 weltweit.
Die Überziehgeschwindigkeit dieses Musters ist viel zu hoch für den Einsatz auf kleinen Wasserflächen. Mit einem Löschflugzeug möchte man nicht möglichst schnell fliegen, man möchte möglichst langsam fliegen können. Die Standard-Todesursachen für Löschflugzeug-Piloten sind Controlled Flight into Terrain und abreißende Tragflächen.
Die Beriev fliegt bei Wasseraufnahme und -abwurf fast 100 km/h schneller als eine CL-415. Das macht aber nichts, weil man sie sowieso nicht kaufen kann. Nach dem ersten Überfall auf die Ukraine waren die ukrainischen Progress-Triebwerke nicht mehr verfügbar. Dann erfolgte ein Redesign für SaM146. Seit dem zweiten Überfall auf die Ukraine stehen auch die nicht mehr zur Verfügung.
@Ulenspiegel, 27.07.2022 um 19:45 Uhr:
Feiner Wassernebel ist gut, sofern er in die Nähe des Feuers kommt. „Leider“ fliegen Löschflugzeuge nicht direkt durchs Feuer, sondern mit einem gewissen Abstand darüber hinweg. Die hier genannten 150 Fuß sind für Löschflugzeuge schon am oberen Rand. Gegen heiße Aufwinde eines Großfeuers dürften Aerosoltröpfchen wenig chancen haben. Ein Grund, warum große Löschflugzeuge oft Flammschutzmittel vor das Feuer werfen statt reines Wasser darauf.
Um das Problem des Aerosolverlustes bei höheren Abwürfen zu bekämpfen hat Elbit übrigens sein „HyDrop“-System erfunden, bei dem das Wasser in Pelletform abgeworfen wird, also als Ladung von Mini-Wasserbömbchen.
@Schlammstapfer : „und den meist freiwiligen Wehren nützen die neuen Brunnen manchmal nichts, weil ihre Pumpen nicht stark genug sind, Wasser aus großer Tiefe zu pumpen.“
Diesen Punkt verstehe ich nicht.
Die Standard-Pumpe ist die TS 8/8.
Bedeutet : 800 Liter Wasser /Minute mit 8 Bar Ausgangsdruck.
Die maximale Saughöhe beträgt ca 7,50 m.
Ich weiß ja nicht, was Sie im Osten so gebaut haben, aber normalerweise legt man LÖSCHWASSERTEICHE an, und keine Brunnen.
Teiche können eben weiter entfernt sein, aber man koppelt dann mehrere Pumpen aneinander.
Dadurch überwindet man Entfernung (Reibungsverlust) und Höhen (bei der Abgabe).
@all: Waldbrände sind außerhalb der Wasserversorgung. Der nächste Hydrant ist Kilometer weit entfernt. In Rheinland-Pfalz konnte man bis vor ca 20 Jahre auf die großen Löschfahrzeuge der Bundeswehr zurückgreifen, welche auf jedem Flughafen der Bundeswehr stationiert waren. Diese Flugfeldlöschfahrzeuge haben bis zu 15 Kubikmeter Wasser an Bord. Das entspricht 15 Tonnen.
Nur mal so zur Einordnung.
Ja, solche kleinen Autos wie in Niedersachsen wären auch möglich. BB und MV lösen das anders: https://www.allisontransmission.com/de-de/company/news-article/2022/02/25/mit-spezialfahrzeugen-gegen-waldbr%C3%A4nde-lste-brandenburg-entscheidet-sich-f%C3%BCr-tatra-force-mit-allison-vollautomatikgetriebe
Zum Thema „Löschflugzeug“ noch zwei Links:
Hier will man was machen: https://www.rbb24.de/studiocottbus/beitraege/2019/09/europaeischen-staffel-loeschflugzeuge-welzow-besuch-eu-kommissar.html
Und hier will man dasselbe nicht: https://www.niederlausitz-aktuell.de/spree-neisse/welzow/81384/brandenburgs-innenminister-schliesst-loeschflugzeuge-in-welzow-aus.html
Und so wird’s die übliche deutsche Never-ending-story… ;-/
@Nurso, was ist an dem Problem mit der Saughöhe nicht zu verstehen? Die Pumpen haben physikalisch bedingt halt ihre Grenzen und wenn die Brunnentiefe größer ist, weil vorher keine entsprechend ergiebiges Grundwasser ist, dann fördert man mit den üblichen Pumpen halt kein Wasser.
Das Thema hat in der Tat großen Unterhaltungswert. Mein Beitrag: als Kompromiss, der sowohl den Transporter A 400M als Löschflugzeug als auch die bodengebundene Feuerwehr einbezieht und auch das oben vieldiskutierte Pumpen- und Brunnenproblem elegant umschifft, schlage ich vor, dass der A 400M den Feuerlöschpanzer Marder (steht wohl in
verstaubtem Feuerwehrrot noch in irgendeiner Hallenecke der Industrie) per feuerfestem Fallschirm aus mittlerer Flughöhe abwirft, der dann nach dem Aufschlag unverzüglich sein Löschmittel versprüht.
Ich verlinke ‚mal:
https://www.vfdb.de/media/doc/positionspapiere/vfdb_DFV_Positionspapier_Luftfahrzeuge.pdf
Zum Einsatz in der Brandbekämpfung s. p. 5 / Punkt 7.
Ich meine aber, daß die A400M u.a. dennoch eine sinnvolle Ergänzung sein können, da zumindest die Flugzeuge und das Personal „eh da“ sind.
Hallo Zusammen,
auch die Transall verfügte über Löschsätze von MBB mit einem Fassungsvermögen von 11.000l.
Diese waren beim LTG62 Wustorf disloziert und kamen Anfang bis Mitte der 80er Jahre unter anderem bei einem Brand in Ehra-Lessin zum Einsatz. Betankt wurden die Rüstsätze über ein Feldtanklager, dass die erforderlichen Wassermengen bevorratetet. Wie lange der Tankprozeß dauerte kann ich leider nicht sagen. Meines Wissens nach wurden die Löschsätze verschrottet, da sich das Land nicht an den laufenden Kosten beteiligen wollte.
Generell finde ich eine solche Lösung generell für richtig, da es unter anderem die Möglichkeit eröffnet, über größere Distanzen, ich rede hier von Entfernungen von bis zu max. 500km Spitzenlasten bei den Brandbekämpfung zu senken. Nicht jedes euröpäischen Land hat die gleiche Infrastruktur wie Deutschland oder eine ähnliche Menge an entsprechenden Hubschraubern / Kleinflugzeugen. Wir sollten uns klar machen, dass wir als Gesellschaft nicht auch noch jedes Jahr großflächige Brände kompensieren können. Die dadurch verursachten Schäden, Baumbestand, Infrastruktur oder die CO2-Emission etc. wiegen schwerer als die Anschaffung und Instandhaltung dieser Systeme.
[Dringende Bitte, vor einem solchen Kommentar mal nachzulesen, was hier als Kommentar bereits vor Tagen gepostet wurde. Immer nur die gleichen Infos hier reinzuwerfen bringt keinem was. T.W.]
@TBC.
„Am besten fand ich H.-J. Zierkes Beitrag „Niemand wirft Wasser ab mit einem Flugzeug, das auf dem Boden betankt wird, es sei denn für Trainingszwecke.“ …“
Ergebnis einer groß angelegten zivil-militärischen Zusammenarbeit, 1954. „Operation Firestop“. Die Marines stellten eine große Fläche in Camp Pendleton zur Verfügung. Navy und Luftwaffe brachten Flugzeuge und Helikopter ein. Professoren bekamen Gelder für ein großes Forschungsprojekt. Forstverwaltung und Feuerwehren waren mit Dozern und Löschfahrzeugen dabei. Und dann hat man wochenlang diesen Truppenübungsplatz immer wieder in Brand gesteckt und gelöscht.
Die militärischen Stellen wollten wissen, wie man im 3. Weltkrieg die erwarteten riesigen Flächenbrände auskriegt. Die Zivilisten wollten wissen, wie man die normalen Flächenbrände schneller und effizienter löscht. Ein Projekt dieser Größenordnung hat es seither nicht wieder gegeben, aber seit 1954 ist bekannt: Wasser aus der Luft draufkippen bringt’s nicht. Ausnahmen: Man hat einen Scooper und passende Wasserflächen in der Nähe, oder einen Helikopter und Swimming-Pools oder Teiche. Dann gleicht der schnellere Turnaround die geringere Wirksamkeit des Wassers aus. Oder man hat einen Entstehungsbrand. Den kann man, solange er klein genug ist, tatsächlich mit Wasser aus der Luft auswerfen.
@Arved
„Diese Flugzeuge werden glaube ich weniger direkt das Feuer löschen als eher Flammschutzmittel um den Brand herum abzuwerfen (das rote Zeug).“
Die Zuschlagstoffe sind farblos. Farbe mischt man in vielen Ländern aus praktischen Erwägungen bei.
@Schnallendorf
„Der A400M ist oder wird für taktischen Tiefflug auch ohne Sicht zertifiziert. (…) Damit sollte der A400M auch ohne die bei anderen großen Löschflugzeugen üblichen Pfadfinderflugzeuge zielgenau einsetzbar sein und bei Sichtbedingungen, z. B. nachts, bei denen andere Löschflugzeuge nicht mehr fliegen.“
Das, was Ihnen vorschwebt, wird man vermutlich irgendwann tun können, nämlich dann, wenn ein Autopilot eine Segelflugmeisterschaft gewinnen kann. Große Vegetationsbrände zeichnen sich durch eine hoch interessante Thermik aus. Piloten, die allein zum Feuer fliegen, müssen diese Thermik lesen können. Praxisbeispiel: Es gab den rasanten Flächenbrand in Paradise, Kalifornien. Da war, wie in Kalifornien üblich, nach kurzer Zeit eine Grumman S2T über dem Feuer. Der Pilot hat sich das skeptisch angesehen, hat versucht, etwas sinnvolles zu tun, ist dabei Expressfahrstuhl gefahren, hat abgedreht und an Air Attack gemeldet, daß der Einsatz von Flächenflugzeugen nicht möglich sei.
Angesichts der rasanten Entwicklung luftgestützter Sensoren halte ich es für denkbar, daß Computer irgendwann in der Lage sein werden, das thermische Lagebild über einem großen Flächenbrand zu erfassen. Vielleicht in 30 Jahren?
Ich unterstütze den Post von Hans-Joachim Zierke. Flächenbrände erzeugen eine starke Thermik, die sich gewaltig von der bekannten und üblichen Sommerthermik im Tiefflug unterscheidet. Mit einem großen Flugzeug geradewegs durch diese zu fliegen, macht wenig Sinn. Auch im Tiefflug nicht, wenn man nicht will das die Flächenbelastung eines mit Wasser gefüllten Flugzeuges zu hoch wird. Wer das einmal erlebt hat, der will da eigentlich nicht noch einmal rein. Daher wird das Wasser „einsatztaktisch“ in größerer Höhe und mit entsprechender Windkalkulation abgelassen. Was dann unten ankommt sind die restlichen Tröpfchen, die noch nicht auf dem Weg nach unten verdunstet sind. Dabei spielen auch die entsprechenden Zusätze im Löschwasser eine wichtige Rolle (und spätestens da werden die Umweltverbände aufhorchen), neben dem farblichen Markieren der bereits „beregneten“ Streifen.
Eine Besonderheit in Deutschland sind die vielen Waldbrände in munitionsbelasteten Gebieten. Da wird es sowieso interessant, wenn aus 2000 Fuß Höhe (600 M) überhalb der möglichen Splittergefahren der in der Hitze explodieren Munition das Wasser abgelassen wird. Dann kommt unten kaum noch was an. Da ist eher ein Heli geeignet, der das Wasser im langsamen Flug verteilt.
Und noch zum Thema Infrastruktur und verfügbare Flugplätze in Deutschland. In den neuen Bundesländern gibt es zwar noch alte stillgelegte Flugplätze, aber die wenigsten sind für eine schwere A400 geeignet. Die Betonflächen sind mürbe und so morode, die sind zwar noch für die Privatflieger tragfähig, aber eine LCN für einen volle A400 kaum noch gegeben. Also bliebe der lange Transit von geeigneten Flughäfen oder Bw-Flugplätzen. Da sind Hubschrauber flexibler und schneller.
Wichtiger wäre es, die bereits vorhandenen Zivilhubschrauber (die Orangenen, geflogen von der Bundespolizei) auch für Brandbekämpfung auszurüsten. Die sind primär nur als Rettungshubschrauber tätig, und das ist keine klassische Rolle des Zivilschutzes.