Bundeswehr beteiligt sich weiter an UN-Mission vor (und im) Libanon
Die Bundeswehr beteiligt sich weiter an dem einzigen Marineeinsatz der Vereinten Nationen, der Mission UNIFIL im Libanon, wenn auch derzeit ohne eigenes Schiff. Der Bundestag billigte eine Fortsetzung des seit 2006 laufenden Einsatzes. Der maritime Teil der UNIFIL-Mission wird von einem deutschen Admiral geführt.
Hauptaufgabe der Seestreitkräfte bei UNIFIL ist die Verhinderung von Waffenschmuggel in den Libanon und faktisch die Absicherung der nördlichen Seegrenze Israels. Die Deutsche Marine stellt zwar mit Flotillenadmiral Andreas Mügge den Kommandeur des maritimen UNIFIL-Anteils, der zurzeit aus einer Fregatte und drei Korvetten aus Bangladesch, Griechenland, Indonesien und der Türkei besteht. Allerdings hat die Bundeswehr derzeit keine schwimmende Einheit mehr in dieser Mission; die erneute Entsendung einer Korvette ist noch im Sommer geplant.
Dem neuen Mandat (Bundestagsdrucksache 20/1763) für ein Jahr stimmten am (heutigen) Donnerstagabend 541 Abgeordnete zu, 103 sprachen sich dagegen aus und zwei enthielten sich. In der namentlichen Abstimmung befürworteten die Koalitionsfraktionen und die Union fast geschlossen den Einsatz (bei den Grünen gab es eine Gegenstimme und eine Enthaltung; bei der FDP eine Enthaltung). AfD und Linke stimmten geschlossen dagegen.
Wie schon nach dem bisherigen Mandat (Bundestagsdrucksache 19/29626) können bis zu 300 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden. Aktuell sind jedoch, weil keine schwimmende Einheit vor Ort ist, nur rund 60 Soldat*innen Teil von UNIFIL, überwiegend im Stab der UN-Mission und der so genannten Maritime Task Force.
Die andauernde Beteiligung an dem Blauhelmeinsatz begründete die Bundesregierung damit, dass UNIFIL unverändert ein wesentliches stabilisierendes Element im Libanon und vor allem an der Grenze zu Israel sei:
Die Mission wirkt in einer unverändert instabilen Region mittels Präsenz vor Ort und durch die Bereitstellung der Kommunikationsplattform der „Drei-Parteien-Gespräche“ deeskalierend auf die Akteure ein. Gleichwohl ist das Ziel der Resolution 1701 (2006) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, einen dauerhaften Waffenstillstand zu erwirken, nicht erreicht. Umso mehr ist es erforderlich, dass die Präsenz von UNIFIL im Bereich zwischen Litani-Fluss und „Blauer Linie“ eine Dominanz der Hisbollah im Süd-Libanon eindämmt und die Zusammenarbeit mit der libanesischen Armee aufrechterhält.
Des Weiteren unterstützt UNIFIL die libanesische Regierung − auf deren Ersuchen − bei der Sicherung der Grenzen, um zu verhindern, dass Rüstungsgüter und sonstiges Wehrmaterial ohne Zustimmung der libanesischen Regierung in den Libanon verbracht werden. Die Überwachung der seeseitigen Grenzen gewährleisten Schiffe des UNIFIL-Flottenverbandes zusammen mit der libanesischen Küstenradarorganisation und – in begrenztem Maße – Einheiten der libanesischen Marine. (…) Die Unterstützung der libanesischen Regierung durch die Überwachung des Seeraums durch
UNIFIL ist auch für Israel von hervorgehobener Bedeutung. (…)
Die Regierungen des Libanon und Israels haben wiederholt ihren Wunsch nach fortgesetzter Präsenz von UNIFIL und deutscher Beteiligung an der maritimen Komponente der Mission betont.
(Foto: Zur Zeremonie zum ‚Tag des Peacekeepers‘ im UNIFIL-Hauptquartier in Naqoura am 30. Mai 2022 bereitet eine Bundeswehrsoldatin das Hissen der deutschen Flagge vor – Pasqual Gorriz/UNIFIL)
Was ist denn mit den F125 Fregatten für asymmetrische Bedrohungslagen, wo sind die denn? Warum werden die nicht geschickt?
@Minesweeper
Vermutlich, weil man selbst in Berlin erkannt hat, dass die Kosten in keinem Verhältnis zum Ertrag stünden. Das schwache UN-Mandat gibt einfach keine sinnvolle Verwendung her. Vor die Küste Westafrikas könnte man eines dieser Kanonenboote schicken, um den Dänen zu helfen, aber das Thema scheint im Berliner Regierungsviertel tabu zu sein.
@Minesweeper sagt: 25.06.2022 um 11:02 Uhr
Die eigentliche Frage ist doch, warum schickt man überhaupt irgend jemanden in diesen Sinnloseinsatz? Geldverbrennung pur ohne jeglichen Effekt.
Ist schon okay den Admiral zu schicken. Schiffe haben wir weniger als Soldaten in Besoldungsgruppe „B“.
[sarc off]
„Die andauernde Beteiligung an dem Blauhelmeinsatz begründete die Bundesregierung damit, dass UNIFIL unverändert ein wesentliches stabilisierendes Element im Libanon und vor allem an der Grenze zu Israel sei:“
Sinnloser geht es kaum. Der Libanon ist total überlastet mit Flüchtingen aus den Konfliktregionen drumherum. Der Staat ist politisch praktisch blockiert. Die Infrastruktur ist weitgehend am Boden. Treibstoff ist knapp, Brotgetreide ist knapp und es gibt nur stundenweise Strom. Die medizinische Versorgung ist katastrophal. Der Libanon braucht dringende und praktische Hilfe an Land.
Derweil schippert unsere Marine vor der Küste rum und schaut sich das Elend aus sicherer Entfernung an. Das ist mal wieder Symbolpolitik pur.
@Schlammstapfer sagt: 26.06.2022 um 13:15 Uhr
„Der Libanon braucht dringende und praktische Hilfe an Land.
Derweil schippert unsere Marine vor der Küste rum und schaut sich das Elend aus sicherer Entfernung an.“
UNIFIL gibt es bereits seit 1978, an Land! Die maritime Komponente kam 2006 hinzu. https://unifil.unmissions.org/unifil-mandate
Ob die Mission erfolgreich war, möchte ich gar nicht beurteilen. Allerdings hat dieser Staat so seine Probleme mit Christen, Moslems und Drusen. Und alle wollen in der Regierung vertreten sein. Dazu noch palästinensische Flüchtlinge seit Jahrzehnten und die syrischen noch dazu.
Dieser Staat ist handlungsunfähig, Besserung nicht in Sicht.
@Pio-Fritz
Das werde ich auch nicht. UNIFIL ist im wesentlichen eine Grenzschutz und Peacekeeping Mission und angesichts der Grenzkonflikte mit Syrien und Israel in der Vergangenheit ist das Anliegen mit Sicherheit nicht verkehrt. Die Sinnhaftigkeit der Erweiterung auf das Mittelmeer erschloss sich mir schon damals nicht.
Was die Handlungsunfähigkeit des Staates anbetrifft, so ist das zu einem erheblichen Teil selbstverschuldet. Die ‚interessante‘ Verfassung nach dem Proporzsystem hat dabei keinen kleinen Anteil.
Ich finde halt, dass man für das Geld, dass uns der Einsatz unserer Marine kostet, besser in einer Hilfe für die Menschen im Libanon ausgegeben werden sollte. Entweder durch bessere Finanzierungen der Projekte des BMZ, durch Förderung des UNHCR, der WHO (was die Pandemiebekämpfung anbetrifft) oder der im Libanon aktiven NGO.
Wenn es unserer Marine an interessanten Aufgaben mangelt, dann wäre Munitionsräumung in der Nord- und Ostsee oder das Abbergen von Schweröl aus im WK2 gesunkenen Schiffen doch echt eine Herausforderung. Die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahmen muss man auch niemandem erklären.