Neues Rekordhoch bei weltweiten Militärausgaben
Die weltweiten Ausgaben für Militär und Rüstung haben im vergangenen Jahr erstmals die Grenze von zwei Billionen* US-Dollar überschritten und damit einen neuen Höchststand erreicht. Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI wurden mit rund 2.113 Millilarden US-Dollar dafür nominal 0,7 Prozent mehr ausgegeben als 2020 und zwölf Prozent mehr als im Jahr 2012. Die höchsten Ausgaben leisteten sich die USA und China; Deutschland steht weltweit auf dem siebten Platz.
Nach der am (heutigen) Montag veröffentlichten Übersicht des Instituts bremste auch die weltweite Coronavirus-Pandemie den seit 2015 andauernden kontinuierlichen Anstieg der Militär- und Rüstungsausgaben nicht. Im Gegenteil führte die wirtschaftliche Erholung 2021 lediglich dazu, dass rechnerisch der Anteil dieser Ausgaben an der Wirtschaftsleistung von 2,3 Prozent im Vorjahr auf 2,2 Prozent im vergangenen Jahr zurückging. Allerdings sanken durch die Inflation in einigen Ländern, zum Beispiel in den USA, die realen Ausgaben teilweise leicht.
Die 15 Länder mit den größten Militärausgaben weltweit waren im vergangenen jahr für 81 Prozent dieser Aufwendungen weltweit verantwortlich, allerdings mit erheblichen Unterschieden. An der Spitze stehen unverändert die USA, an zweiter Stelle China, gefolgt von Indien. Großbritannien, im Vorjahr noch an sechster Stelle weltweit, lag 2021 auf dem vierten Platz der Länder mit den höchsten Ausgaben, gefolgt von Russland. Frankreich und Deutschland liegen an sechster und siebter Stelle.
Die USA mit einem Verteidigungsbudget von 801 Milliarden US-Dollar 2021 gaben nach den SIPRI-Berechnungen zwar nominal 2,9 Prozent mehr als als im Jahr zu vor, das entspreche angesichts der Inflation aber einem realen Rückgang von 1,4 Prozent. Innerhalb des US-Haushalts wurden jedoch auch andere Schwerpunkte gesetzt: Während der Anteil der Gelder für Forschung und Entwicklung seit 2012 um 24 Prozent stieg, sanken die Ausgaben für Beschaffungen seit 2012 um 6,4 Prozent und von 2020 auf 2021 um 5,4 Prozent – nach der Einschätzung des Stockholmer Instituts ein Zeichen dafür, dass die USA der Entwicklung neuer Technologien, aber auch der Modernisierung ihres Atomwaffenarsenals mehr Priorität einräumen als der Beschaffung herkömmlicher Waffensysteme.
Für China gibt es nach SIPRI-Angaben nur Schätzungen, keine konkreten öffentlichen Zahlen: Danach stieg das Militär- und Rüstungsbudget 2021 auf 293 Milliarden US-Dollar, 4,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor und 72 Prozent mehr als 2012. Das Land verzeichne zudem eine ungebrochene jährliche Steigerung der Militär und Rüstungsausgaben seit 27 Jahren in Folge – ein Rekord, den kein anderes Land erreicht habe.
Für Großbritannien als europäisches Land mit den höchsten Militärausgaben nennt das Stockholmer Institut in seiner Übersicht 68, 4 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr, drei Prozent mehr als im Jahr zuvor. Das Land liegt zudem mit einem Anteil von 2,2 Prozent der Verteidigungsausgaben an der Wirtschaftsleistung über dem von der NATO vereinbarten Zwei-Prozent-Ziel. Frankreich liegt mit 1,9 Prozent knapp darunter und mit seinem Haushalt von 56,6 Milliarden US-Dollar auf dem sechsten Platz weltweit, während Deutschland mit 56 Milliarden US-Dollar 2021 bei 1,3 Prozent lag – und 1,4 Prozent unter den Ausgaben des Vorjahres.
Russland gab dagegen im vergangenen Jahr nach SIPRI-Angaben mit 65,9 Milliarden US-Dollar 4,1 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Militär und Rüstung aus. Diese Summen seien vor allem durch die hohen Einnahmen für Öl- und Gaslieferungen möglich geworden, nachdem sich das Land von den Folgen westlicher Sanktionen nach der Annexion der Krim 2014 und einem Verfall der Energiepreise 2015 erholt habe. Das habe sich auch im formalen russischen Verteidigiungshaushalt gezeigt, der nach Darstellung des Instituts drei Viertel der totalen Militärausgaben ausmacht: Innerhalb eines Jahres sei er bis Ende 2021 um 14 Prozent gestiegen.
Nachtrag: Der Link zum Fact Sheet von SIPRI dazu hier
(und als Sicherungskopie:
20220425_SIPRI_military_expenditure_2021)
*Hinweis: Die SIPRI-Mitteilung ist auf Englisch und bezieht sich auf die amerikanisch/britische Zählweise. Mit einer Billion ist hier 10 hoch 12 gemeint, im Englischen one trillion. Die Formulierung im Original: In 2021 world military expenditure surpassed the two trillion US dollar mark for the first time, reaching $2113 billion. Sollte ich mich bei den Zahlen vertan haben, bitte ich um Verständnis und korrigiere das natürlich.
(Foto: The Missile Defense Agency, in partnership with U.S. Army Space and Missile Defense Command and other organizations, successfully conducts a flight test of the Terminal High Altitude Area Defense weapon system, March 29. The test, designated Flight Test THAAD Weapon System-21 was conducted at the White Sands Missile Range, New Mexico- U.S. Missile Defense Agency photo)
Etwas ketzerisch gefragt:
Wie bekommt man es eigentlich hin, mit dem siebtgrößten Militärbudget der Welt, sich hinzustellen und mehrfach (praktisch ständig) zu betonen, man wäre blank? – keine Reserven, keine Ersatzteile, keine Munition?
@Dominik: Die absolute Größe der Militärbudgets ist kein Maß für die Ausstattungsqualität der Armee eines Landes. Wir alle sind ja mittlerweile Inzidenzen gewöhnt. Es muss also eine Normierung stattfinden. Der Vatikanstaat kann trotz minimalem Budget wahrscheinlich Munition und Gewehr über haben ….
In diesem Zusammenhang: „12% höher als 2012“ sieht für mich aufgrund der Inflation faktisch nicht nach einem „Neuen Rekordhoch“ hoch.
Gibt es noch einen Link, wo man andere Zahlen vergleichen kann? Also wie viele Panzer, Kampfflugzeuge, Kriegsschiffe, etc. wurden bestellt oder sind „in den Büchern“ einsatzbereit. Das würde das Bild sicher deutlich relativieren. Aber natürlich würde China auch da als der in der Masse bei weitem herausstechende „Aufrüster“ weltweit herausstechen.
@Dominik
Gute Frage.
@Dominik:
Es wird ja nicht „Bang for Buck“ oder Effizienz gemessen. Sondern die Gesamtausgaben. Wenn ich eine Million Panzermotoren kaufe, habe ich auch in Rüstung investiert. Ob die aber auch wirksam sind, ist eine andere Frage.
Wichtiger Aspekt, den auch das SIPRI anmerkt: Länder, die mit Ihrer eigenen Währung eigenes Gerät kaufen, wie z.B. RUS oder CHN, sind aufgrund der Umrechungskurse ggf. nominell stärker. Gerade China baut ja Schiffe ! schneller als wir Boxer oder Puma zugeliefert bekommen.
Ach ja, wenn die gesamte Materialerhaltung durch die Industrie erfolgt, ist das natürlich auch teurer. Deshalb machen die meisten Arbeiten Armeen selber. Nur wir schaffen es, alles an die Industrie zu geben und dann die Rechnungen auf die lange Bank zu legen…
Die Medallie hat hier 2 Seiten…
@ Dominik & Nicolo15
Das durchforsten des „Augen geradeaus!“ Archivs sollte eine ungefähre Ahnung ermöglichen.
Dieses Jahr wird es auf jeden Fall noch mal deutlich mehr.
@Dominik
Im Verteidigungshaushalt 2021 mit 47 Mrd. € wurden 13 Mrd. € für die Personalausgaben und 6 Mrd. für die Versorgungsausgaben geplant. Deutschland als Hochlohnland steht in dieser Hinsicht schlechter da, als andere Militärmächte, deren Personalausgaben z.B. in Rubel gezahlt oder auch mal nicht gezahlt werden.
@all:
war jetzt nicht wirklich total ernst gemeint. Aber ich behalte meine Meinung diesbezüglich für mich….
Sind Frankreich und GB eigentlich keine Hochlohnländer? Sind die nur geschickter ihren Mangel nicht permanent in die Welt hinauszuposaunen?
@Dominik
Es hängt halt auch davon ab, bei wem sie was einkaufen. Eine Bundeswehr, die sich zwei Tankschiffe zum Preis von zwei Korvetten leistet, wird auch mit einem noch so großen Budget nicht weit kommen. Wir leisten uns zum Beispiel auch hohe Umweltstandards bei Kampffahrzeugen, die normalerweise nur an 2-3 Wochen im Jahr bewegt werden. Ich frage mich, wann die Bundeswehr wohl den ersten Kampfpanzer mit Elektromotor in Betrieb nimmt.
Nicht das ich mich nicht darüber freuen würde, dass unsere Truppenübungsplätze, aufgrund der Artenvielfalt an Tieren („Leoparden“, „Pumas“, „Tiger“ etc. einmal ausgenommen) und Pflanzen ökologisch wertvoller sind als so manches Naturschutzgebiet. Ich erinnere mich da auch an ein Forschungsprojekt der Bundeswehr, bei der eine biologisch abbaubare Lösung für den Füllstoff von Nebelgranaten gesucht worden war.
Alles das kostet extra. Weniger finanzstarke Nationen, für die das reine Luxusprobleme sind, schenken sich die Umweltverträglichkeitsprüfung und kaufen einfach was zuverlässig funktioniert und leistungsfähig ist.
@Schlammstapfer:
ist ja gut ;).
Bitte sagen Sie aber, dass unsere tollen MTU Motoren in unseren Panzern einen „Kriegsmodus“ haben, der dafür sorgt, dass das wichtigste ist dass der Motor ordentlich funktioniert?
Und ja ich bin sonst extrem für Umweltschutz oder auch Arbeitschutz, aber im Kriegsfall hat man hoffentlich dafür gesorgt, dass unsere Panzer nicht wegen verstopften Partikelfiltern oder fehlendem AdBlue liegen bleiben ;).
@Dominik
Ich habe vor Kurzem mal die Verteidigungshaushalte von 90 mit dem heutigen verglichen, 57 Mrd DM 2,52% vom BiP. Erstaunlich was damals inklusive NVA unterwegs war. Und die Einsatzbereitschaft, da kann man heute nur von träumen.
Wenn ich mir GB und Frankreich ansehe, dann gibt es in den Gehältern sehr wohl Unterschiede, GB und wir sind ähnlich. Frankreich zahlt schlechter:
https://www.swp-berlin.org/publications/products/arbeitspapiere/AP_Schulz_Besoldung_09-2019.pdf.
Trotz Atomstreitkräften und Flugzeugträgern bekommen die gefühlt mehr Stiefel auf den Boden wie wir.
GB 3 Divisionen Frankreich 2+ Divisionen.
Das heisst auch, daß nach dem Bericht alleine die USA etwas mehr als 38% der weltweiten Militärausgaben tätigen. Wahnsinn
@all
Das Fact Sheet von SIPRI dazu habe ich oben nachgetragen.
@Malefiz
das Gras ist in GB und F aber auch nur von hier aus gesehen grüner. Da herrschen teilweise ähnliche Zustände wie hier. Schlechte Einsatzbereitschaft, überaltertes Material, Abbau von Fähigkeiten und Kompetenzen, Fähigkeitenlücken aufgrund von Lieferverzögerungen, gescheiterte Beschaffungsprogramme usw….
In England wurden die Einsatzstunden für Piloten zusammengestrichen, man hat Flugabwehr in ähnlichem Maße reduziert wie hierzulande, Warrior wird ohne richtigen Nachfolger außer Dienst gestellt, Challenger werden bis 2030 nach dem LEP nur noch knapp 150 übrig sein, der Rest ebenfalls außer Dienst. Ein Nachfolger fehlt dort ebenso. Die E3 hat man 2021 in Rente geschickt, der Nachfolger, die E7 kommt frühestens Ende 2023. Die Munition die die RAF 2011 in Lybien verfeuert hat ist immer noch nicht komplett ersetzt. Nachwuchsprobleme gibt es dort ebenfalls. In einigen Regimentern sind 30% der Planstellen nicht besetzt.
Bei der Navy wurden die ASW-Fähigkeiten stark reduziert, es fehlen die Geleitschiffe für die Träger und die Astutes sind wohl eine einzige Katastrophe (zu teuer, zu spät, zu wenig, grundlegende Konstruktionsfehler usw….).
Die Liste könnte man noch relativ lange weiterführen, für Frankreich ebenso erstellen. Das macht die Sache in Deutschland zwar nicht besser, zeigt aber, dass es woanders nicht wirklich besser läuft.
@ TTS und Malefiz:
ganz ehrlich, wenn man sich die Militärentwicklung in Europa anschaut nach 1990, wie kann man dann sinnvoll (wie viele Putin „Versteher“/[ich fände „Verteidiger“ besser]) von einer Bedrohung Russlands durch die NATO sprechen. Russlands Militärausgaben sind doch eh nicht realistisch einschätzbar, da alles im Land von Staatskonzernen erledigt wird.
„WIR“ dagegen haben doch alles abgerüstet!!! in einem fast schon kindlich dämlichen Glauben an ewigen Frieden in Europa (was ich grundsätzlich eigentlich auch gut fände, WENN beide Parteien, also auch Russland mitgemacht hätten, siehe auch der „Beschiss“ mit Mittelstreckenraketen die angeblich „nur“ 499 ;) km weit kommen. Russland/Putin hat „uns“ Westeuropäer seit 20 Jahren verarscht)
Ich sehe Militär tatsächlich nur als notwendiges Übel an. Für die Menschheit wäre es bestimmt besser das Geld sinnvoller zu investieren.
Dominik sagt:
26.04.2022 um 8:09 Uhr
@ TTS und Malefiz:
“ von einer Bedrohung Russlands durch die NATO sprechen. Russlands Militärausgaben sind doch eh nicht realistisch einschätzbar, da alles im Land von Staatskonzernen erledigt wird. “
Also die Linie: ach, die 60 Mrd russ. Rüstungsausgaben stimmen eh nicht (sind in Wirklichkeit viel höher).
Das Stichwort heißt da glaub ich „Purchasing Power Parity“
Man kommt dabei nur etwas ins Grübeln. Denn es gibt doch besonders in letzter Zeit häufig die mit auftrumpfenden Unterton erhobene Behauptung vom vergleichsweise „lächerlich“ geringen BIP von Russland -„nur so hoch wie Italien oder Spanien / „Tschechien“ [Russland westl. Ural]
(Also einerseits / andererseits – ? vll. nochmal drüber nachdenken)
@ alle
https://www.jpost.com/israel-news/article-705478 „Mindestens acht schwere C-17 Globemaster-Transportflugzeuge der Luftwaffe der Vereinigten Arabischen Emirate sind in den letzten zwei Wochen in Israel gelandet“. Raketenabwehr?