Ukraine/NATO/Russland – der Sammler am 11. März 2022 (Update: US-Briefing)

Zur Entwicklung des Kriegs in der Ukraine (aus Zeitgründen zunächst nur kurz) der Sammler am 11. März 2022:

• Das tägliche britische Intel-Update:

It remains highly unlikely that Russia has successfully achieved the objectives outlined in its pre-invasion plan.
Russian ground forces continue to make limited progress. Logistical issues that have hampered the Russian advance persist, as does strong Ukrainian resistance.
Russia is likely seeking to reset and re-posture its forces for renewed offensive activity in the coming days. This will probably include operations against the capital Kyiv.

• Aus der Nacht nachgetragen: Das sehr umfangreiche Briefing im Pentagon am (gestrigen) Donnerstag (Ortszeit) lohnt ein Nachlesen des Transkripts. Darin geht es auch um den am Donnerstag von Russland erhobenen Vorwurf, in der Ukraine seien Biowaffen entwickelt worden (übrigens, das geht hierzulande ein bisschen unter: auch mit deutscher Hilfe, sagt das russische Verteidigungsministerium).

Das ganze Briefing hier zum Nachlesen (und fürs Archiv hier als Sicherheitskopie 20220310_Pentagon-Briefing_UKR), einige Punkte daraus zur militärischen Lagenentwicklung in der Ukraine:

We assess that northwest of Kyiv, Russian forces have been able to move forward. They’re still basically in the vicinity of the Hostomel Airport, but they have moved closer to Kyiv. Rough estimate is about five kilometers closer, rough estimate. East of Kyiv, we see Russian forces continue to advance their troops. They’re really along sort of two parallel lines there, and we assess that the — the northernmost of those two lines, the closest line is reached about 40 kilometers east of Kyiv.

We now assess the Chernihiv is isolated. On the — the two lines — I said that there’s two lines going to Kyiv from the east, the — the one that’s to the south of the two which kind of emanated out of Sumy. We also assess that some of them may have reached approximately 40 kilometers from — from Kyiv, but it also appears to us that a portion of these forces may be repositioning themselves back towards Sumy. It is not clear how many, it is not clear how fast they are moving back, and it is not clear why they are doing that.

We continue to have reports of internet outages, particularly around Mariupol‘ and Kherson. And as of today, day 15, our count is more than 775 missile launches. Again, all stripes, all different varieties.

Question: (omitted). Thank you. I was — on that same topic, I was wondering if you could fill in a little bit more what you’re seeing as far as Russian surface to air missile systems. Can you fill in a little bit more what that picture looks like? Where those systems are being seen? How they’re being used? Thanks.

SENIOR DEFENSE OFFICIAL (1): Yeah, I — I’m not going to layout in a public setting the Russian Order of Battle. I would tell you that in terms of their inventory of surface to air missile launchers and missiles, I mean, they — they have combined more than 90 percent of their — of their systems available for them. And they have them arrayed inside Ukraine and outside Ukraine. They have them arrayed in such a way that, as I said the other day, there’s very little territory of Ukraine that is not covered in some way or in some fashion by Russian surface-to-air missile systems. And they have the vast, vast majority, as I said, more than 90 percent of their capability available to them. I’d rather not get into the whole numbers or where physically they are. But I hope that gives you a bit of a picture.

• Das Morgenbriefing des russischen Verteidigungsministeriums (auch auf Englisch auf der Facebook-Seite eingestellt, die jetzt offensichtlich regelmäßiger bestückt wird):

The grouping of troops of the Donetsk People’s Republic liberated Volnovakha city.
Olginka, Velika-Anadol, and Zeleny Gai settlements were also taken under their control. The advance was up to 6 kilometers.
The units of the People’s Militia of the Donetsk Republic continued to narrow the encirclement in Mariupol. The total advance from the eastern, northern and western directions was up to 800 meters.
Units of the Russian Armed Forces, continuing offensive operations, reached Petrovskoye-Evgenovka-Oktyabrskaya line. The advance was 17 kilometers.
On the morning of March 11, high-precision long-range weapons attacked Ukraine’s military infrastructure.
The military airfields in Lutsk and Ivano-Frankivsk were disabled.
During the day, fighter aircraft and military air defence shot down 3 Ukrainian Mi-24 helicopters, 8 unmanned aerial vehicles, including 5 Bayraktar TB-2.
Operational-tactical and army aviation hit 107 military assets of the Ukrainian armed forces.
Including: 6 command posts and communication centres, 14 ammunition and fuel depots, 11 areas of military equipment concentration.
In total, during the operation, 3,213 objects of the military infrastructure of Ukraine were disabled.
Destroyed: 98 aircraft, 118 unmanned aerial vehicles, 1,041 tanks and other armored combat vehicles, 113 multiple launch rocket systems, 389 field artillery guns and mortars, 843 units of special military vehicles.

Update: Der russische Sicherheitsrat hielt am Freitag unter Vorsitz von Präsident Wladimir Putin eine Videokonferenz ab. Bislang wurde vom Kreml ein Transkript nur des ersten Teils veröffentlicht, das aber schon hinreichend interessant ist und vor allem aus Aussagen von Putin und Verteidigungsminister Sergej Schoigu besteht. Besondere Bedeutung – und noch offen – ist die Frage, ob Russland eine Verstärkung seiner Truppen an der Westgrenze zur NATO plant:

Shoigu: Herr Präsident!
Alles läuft nach Plan und wir berichten Ihnen jeden Tag der Woche.
Ich möchte drei Themen zur Diskussion stellen und Sie um Ihre Zustimmung bitten.

PUTIN: Bitte.

Schoigu: Wir erhalten eine große Zahl von Bewerbungen von Freiwilligen aus verschiedenen Ländern, die in die Volksrepubliken Luhansk und Donezk kommen wollen, um sich an einer Befreiungsbewegung zu beteiligen. Die größte Zahl kommt aus dem Nahen Osten: bereits über 16 Tausend Anträge. Und hier sind wir natürlich der Meinung, dass es richtig ist, auf diese Anfragen positiv zu reagieren, umso mehr, als diese Anfragen nicht auf Geld, sondern auf einen echten Wunsch dieser Menschen zurückzuführen sind. Wir kennen viele von ihnen, sie haben im Kampf gegen ISIS in der schwierigsten Zeit, in den letzten zehn Jahren, geholfen. Das ist der erste Punkt.
Zweitens. Herr Präsident, vor dem Hintergrund der völlig unkontrollierten Lieferung von Waffen, von Waffen aller Art an die Ukraine von allen Seiten – meiner Meinung nach zählt dort niemand mehr, an wen, wohin und wie viel verteilt wird – das ist heute mehrfach angesprochen worden, haben wir einen Vorschlag: Um die LNR- und DVR-Milizen kampfbereiter zu machen, sollten sie Flugabwehrgeräte erhalten, insbesondere MANPADs und Panzerabwehrraketensysteme. Außerdem, Wladimir Wladimirowitsch, haben wir eine große Anzahl von Waffen, ukrainischen Waffen, angehäuft: Dazu gehören Panzer, gepanzerte Fahrzeuge und alle Arten von Kleinwaffen, eine ganze Menge, Artillerie. Darüber hinaus gibt es viele Javelin- und Stinger-Systeme. Außerdem wird vorgeschlagen, dass diese Mittel den Milizen der Republiken Luhansk und Donezk zur Verfügung gestellt werden sollten, damit sie ihre Republiken wirksamer verteidigen können.
Und schließlich ist die dritte, Wladimir Wladimirowitsch, eine ernstere Angelegenheit, für die ich um Ihre Zustimmung bitte. Der Generalstab hat alle Maßnahmen geprüft, die der Westen zur Verstärkung seiner Streitkräfte an unseren westlichen Grenzen ergreift. Jeden Tag kommen mehr und mehr Truppen an und werden stationiert, und dies geschieht vor dem Hintergrund, dass in diesem Fall absolut keine Bedrohung für sie besteht. Wir haben jedoch den Eindruck, dass sie diese Situation ausnutzen wollen, um unser Grenzgebiet auf dieser Seite mit möglichst vielen Kräften und Mitteln zu sättigen und es, wie es scheint, auf lange Zeit zu konsolidieren.
Vor diesem Hintergrund entwickelt der Generalstab einen Plan zur Verstärkung unserer westlichen Grenzen, zu denen natürlich auch diese neuen, modernen Komplexe gehören, und verlegt Kampfeinheiten dorthin, um unsere westlichen Grenzen zu schützen, und hat diesen Plan bereits abgeschlossen.
Wir bitten um Ihre Anweisungen und darum, Ihnen unsere Vorschläge entweder auf der nächsten Tagung des Sicherheitsrates oder in anderer Form zur Genehmigung vorzulegen.
Ich danke Ihnen.

PUTIN: In Ordnung. Ich danke Ihnen vielmals.
Was das Sammeln von Söldnern aus der ganzen Welt und ihre Entsendung in die Ukraine betrifft, so sehen wir, dass die westlichen Sponsoren der Ukraine, des ukrainischen Regimes, dies ganz offen tun und alle Normen des Völkerrechts missachten. Wenn Sie also sehen, dass es Menschen gibt, die freiwillig und vor allem nicht gegen Geld kommen wollen, um den Menschen im Donbass zu helfen, dann sollten wir ihnen auf halbem Weg entgegenkommen und ihnen helfen, in das Kriegsgebiet zu ziehen. Das ist der erste Punkt.
Zweitens. Was die Lieferung von Waffen, vor allem aus westlicher Produktion, betrifft, die in die Hände der russischen Armee gelangt sind, so unterstütze ich natürlich die Möglichkeit, sie an die militärischen Einheiten der Volksrepubliken Luhansk und Donezk weiterzugeben. Bitte tun Sie dies. Wenn hier auf meiner Ebene irgendwelche Entscheidungen getroffen werden müssen – bitte, ich bin bereit.
Und die dritte Frage, die Verstärkung der westlichen Grenzen der Russischen Föderation im Zusammenhang mit den Maßnahmen, die die NATO-Länder in dieser Richtung ergreifen, sozusagen als Antwort auf ihr Handeln, muss gesondert betrachtet werden. Ich bitte Sie, einen separaten Bericht zu erstellen und mir darüber zu berichten. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Diskussion werden wir in naher Zukunft eine Entscheidung treffen.
(Übersetzt mit DeepL.com)

Update: Am Freitagnachmittag meldeten ukrainische Behörden, russische Flugzeuge hätten als angebliche Kampfjets der Ukraine einen Ort in Belarus angegriffen – um diesen Angriff der Ukraine anzulasten und Belarus zum Kriegseintritt zu bewegen. Bestätigt ist da bisher nichts, die Angaben aus der Ukraine:

URGENTLY
At 2.30 pm The State Border Guard Service received information that Russian aircrafts took off from the DUBROVYTSYA airfield (Belarus), entered the territory of Ukraine, turned around over HORODYCHI and TUMENI villages, after which they striked the settlement of KOPANI
Kopani is Belarus.
Now the 9th Border Unit is watching the occupation of this settlement by the enemy!
This is a PROVOCATION!
The goal is to involve the Armed Forces of the Republic of Belarus in the war with Ukraine!

• Update: Aus dem täglichen Briefing des Pentagon, Infos von der Stars&Stripes-Kollegin Caitlin Doornbos:

Senior defense official: „Northwest of Kyiv, [Russia hasn’t] moved any closer than where they were yesterday. The advanced elements we assess are still about 15 kilometers (9ish miles) from city center.“
„But [Russia’s] moved rear elements up and closer to the advance elements [headed for Kyiv,] so they’re still trying to make some progress there.“
Russia is „closing in on“ Kharkiv, but have not taken control. „We’re seeing more reports of internet outage there. It seems to be part of the playbook, when you encircle a town, you start shutting off the communication so that people can’t communicate outside it.“
Russia is „push[ing] down south from Donetsk towards Mariupol under increasing pressure. We’re assessing isolated, it’s getting pushed from from the north out of Donetsk as well as … that line along the coastline up the Sea of Azov.“
However, „Mariupol is being defended. [Ukraine is] fighting back and continue to see heavy bombardment there as the Russians try to increase their pressure.“
Russia has „not taken Mykolaiv, [but it’s] increasing pressure … The Ukrainians are continuing to defend the city and the Russians are just outside the city, mostly to the northeast, so not a lot of change there from yesterday, but it continues to be heavily fought over.“
The 40-mile Russian convoy that’s been stuck miles away from Kyiv for more nearly two weeks is *still* stuck, though some vehicles have moved off the roads and into tree lines, per the official.
„They’re not going anywhere. It’s not like they’re off-roading their way to Kyiv, but we believe they’ve moved off into treelines to try to better disguise the vehicles because the Ukrainians continue to try to find ways to attack vehicles.“
Day 16 update: Russia has launched nearly 810 missiles since the start of the war. Almost half have been fired from inside Ukraine, the other half from Russia and Belarus. Six came from the Black Sea. – Senior defense official
Russia didn’t properly plan & execute logistics and sustainment of an expeditionary force.
„This is an operation that they never did before, not since World War II. We’re talking about a massive large scale largely ground operation supported by air, so it’s combined arms.“
Russia’s not done a „joint operation in a conventional way against another nation-state [since the Soviets in WWII.] I think what you’re seeing is poor planning running up against actual execution … this is not a military that has great expeditionary experience or capability.“
„Yes, [Russia’s] float some forces into Syria that prop up Assad and yes, they’ve flown some folks, mostly special operators and contractors, into Libya. And yes, they moved against the Donbas in 2014 and against Georgia in 2008, but nothing on this scale.“
Also: „For all [Russia’s] advanced capabilities, & they have resource their military to a fairly well they have bought sophisticated systems, it doesn’t appear … that they have developed the proper operational concepts to use these modern capabilities. Jointness is suffering.“
There’s another shipment of U.S. security assistance on its way to Europe in the next 24 hours. „We’re going to continue to flow resources to Ukraine, as fast and as much as we can .. It’s not just us, other nations are also providing … resources to Ukraine“ bilaterally.
If Ukraine needs „stuff we don’t have but we know they need because they’re trained on it and they’re equipped for it and they are ready to receive it, we’re working with other allies and partners who might have inventory that could be useful to them.“
On Polish jets: „we’re not vetoing another nation who might want to send aircraft to Ukraine — that is a sovereign decision that another nation can make. What we didn’t want to entertain was the idea that they would get transferred to us, for us to send.“
„It’s not clear to us that additional fixed-wing aircraft are actually going to be a contributing factor in helping Ukraine mount the defense that they’ve been mounting so effectively. They have 56 available to them now fully operational, and then only flying 5-10 a day.“
„That’s not a criticism, given the [surface-to-air] coverage that the Russians have over the country … I think we all understand that [Ukraine is] being careful in marshaling their fixed wing inventory.“
„But it’s [unclear] to us how additional fixed wing aircraft is going to have somehow solve all this problem. What [Ukraine] needs are surface-to-air missile systems [&] MANPAD, they need anti-armor and they need drones because that’s what they’re using with great effect.“

(Weiter nach Entwicklung)