Ukraine/Russland – Sammler 27. Februar 2022
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine geht in den vierten Tag. Überraschend für viele im Westen ist, dass die russischen Truppen ganz offensichtlich bislang nicht so weit vorangekommen sind wie vermutet/erwartet wurde. Der Sammler für den heutigen Sonntag, 27. Februar 2022:
• Die Übersicht aus dem Pentagon, zwar vom gestrigen Samstag, doch diese Zusammenfassung eines namentlich nicht genannten Offiziellen hilft ein wenig bei der Nachverfolgung:
So we continue to observe this invasion along those same three main axes that we talked about, south to north, north central to south, north east to south. We also continue to see indications of viable Ukrainian resistance. We continue to believe, based on what we have observed that this resistance is greater than what the Russians expected and we have indications that the Russians are increasingly frustrated by their lack of momentum over the last 24 hours particularly in the north parts of Ukraine.
They have – we did observe the amphibious assault from the Sea of Azov to the west of Mariupol. Those forces put ashore do continue to advance as we said some were splitting – they were splitting more towards the north east. And of course the Russians are continuing to try to advance on Kherson.
As of this morning we have no indication still that the Russian military has taken control over any cities. As of this morning we still believe that Russia has yet to achieve air superiority. Ukrainian air defenses including aircraft do continue to be operable and continue to engage and deny access to Russian aircraft in places over the country.
And then over the last 24 hours or so we have continued to observe Russian missile launches. As of this morning when we – now that we’re speaking now, we’ve seen more than 250 launches. The majority of them continue to be of short-range ballistic missile types. That’s the – the majority of those are SRBM.
I would also say that despite Russian claims to the contrary, we continue to see civilian infrastructure and residential areas impacted and damaged by these missile strikes. Again we’re not able to tell you whether those locations were intentionally targeted but there’s no doubt in our mind that civilian infrastructure and residential areas are being hit as a result of these barrages.
Lastly, we do – have seen reports overnight and this morning of some internet outages in Ukraine but it’s intermittent and in general and you guys and your reporters probably can speak to this as well as I can, in general the internet is still generally available and accessible. But there have been intermittent outages.
• Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht im 12-Stunden-Abstand ein Intelligence Update der Entwicklung in der Ukraine. Auch das lässt sich natürlich nicht verifizieren, hilft aber vielleicht bei der Einordnung:
Latest Defence Intelligence update on Ukraine pic.twitter.com/xEssfe1crQ
— Ministry of Defence 🇬🇧 (@DefenceHQ) February 27, 2022
(An der Stelle hätte ich auch gerne was vom russischen Verteidigungsministerium eingebunden – allerdings: deren Webseite mil.ru ist (zumindest für mich) derzeit nicht erreichbar. Bereits am Samstagabend hatte es Hinweise darauf gegeben, dass der Zugang zu zahlreichen offiziellen russischen Regierungs-Webseiten nicht möglich ist.
• Die nach wie vor zahlreich auf sozialen Medien auftauchenden Bilder und Videos von gestoppten, zerstörten russischen Fahrzeugen und Kolonnen werfen mindestens zwei Fragen auf, auf die es bislang keine Antwort gibt: Haben die russischen Streitkräfte den Widerstand der Ukraine unterschätzt und deshalb nicht ihr bestes Material, zum Beispiel neuere Panzermodelle, in ihre Angriffssäulen eingebracht? Und, auch das zunehmend wichtig: Die Ukraine hat im weltweiten Informationskrieg einen deutlichen Vorsprung – während sozusagen jeder gestoppte russische Geländewagen sofort auf Facebook, Twitter und anderen Plattformen auftaucht, gibt es international von russischer Seite – mit Ausnahme der Staatsmedien fürs Inland – offensichtlich noch nicht mal Versuche, eine eigene Sichtweise zu verbreiten.
• Ein Update der russischen Streitkräfte, veröffentlicht auf der Facebook-Seite des russischen Verteidigungsministeriums, als Video und mit einer englischen Übersetzung:
«The grouping of troops of the Lugansk People’s Republic, with fire support of the Armed Forces of the Russian Federation, has advanced up to 56 kilometers and is rapidly developing the offensive.
The units of the armed forces of the Donetsk People’s Republic advanced another 3 kilometers in the direction of Petrovskoe and completes the defeat of the reserves of the Vostok operational-tactical group. Control was taken over Anadol and Andreevka settlements.
In Severodonetsk, Luhansk region, nationalists, acting as barrage detachments, under the threat of execution of commanders, are trying to stop the retreating units of the Armed Forces of Ukraine and force them to continue resistance. Nationalist detachments killed 4 officers of the Armed Forces of Ukraine.
Refugees arrive from the territories of the Luhansk People’s Republic occupied by the Armed Forces of Ukraine. Currently, more than 300 families have arrived in Lugansk, who are receiving all the necessary assistance.
In Mariupol, assault detachments of the Right Sector that arrived from Lviv region are terrorizing civilians. Nationalists place armored vehicles and artillery in residential areas, using the local population as a human shield.
The units of the Armed Forces of Ukraine, desperate to hold back the offensive of the group of troops of the Russian Armed Forces, began the massive use of ammunition filled with phosphorus in Kiev suburbs near the Gostomel airfield.
They use 122 mm shells for D-30 howitzers and rockets for BM-21 Grad systems, still of Soviet production.
The use of these munitions is prohibited by the third protocol of the 1980 UN Inhumane Weapons Convention».
• Hinweis: Ich würde gerne das Original der Putin-Ansage zur erhöhten Bereitschaft der (auch) Atomstreitkräfte hier einbinden; allerdings ist die Kreml-Webseite für mich (und wohl auch für andere) derzeit nicht erreichbar.
(Weiter nach Entwicklung)
Ich habe gstern Abend online die ein oder anderen westlichen, ausländischen Nachrichten verfolgt um zu sehen ob andere EU- oder NATO Länder auch aufgrüsten wollen, nachdem unsere Regierung ja wirklich entschieden am Mast gerüttelt hat. (Damit sind wir im Moment ja von weit hinten nach ganz vorne gekommen.)
Ich glaube es war bei France Int. wo ein Mann zur mil Lage sagte, dass die Ukrainer im Osten des Landes Gefangene in Größenordnungen gemacht hätten, die sagten, dass sie nicht wüssten in der Ukraine zu sein, sondern sich auf einem Manöver befänden.
Sollte sowas auch nur ansatzweise stimmen, wirft das ganz merkwürdige Fragen auf, was die Durchführung und die Vorbereitungen dieses Angriffs betrifft… oder was eine tatsächliche Strategie hinter dieser Sache betrifft.
Es kann ja sein, dass man in aller Kürze entwaffnen und entnazifizieren hätte können (wenn man wirklich nur das will). Wenn man aber in Wirklichkeit eigentlich gar nicht mehr raus will da, sondern sehr lange bleiben, dann muss man es ggf. so aussehen lassen, als wäre das nötig und man selbst wäre nicht dran Schuld. Dann könnte das rumstochern mit schlechten Kräften an Städten Sinn ergeben.
@Schlammstapfer: Es gibt Unterschiede zwischen gesteuerter Propaganda und „Schreiberlingen“ die aus Angst um den Job bzw. zuvorkommendem Gehorsam einen Narrativ erzeugen. Natürlich gibt es auch hier Spin-Doktoren. Ich bin zum Beispiel ein Leser der Zeit, werde denen aber ihre Haltung zum Irak Krieg nicht verzeihen. Als Liberaler hat mich das dann in die Welt von Süddeutsche und Spiegel gedrängt.
Dennoch gibt es Grenzen. Wer die Realität der Aktionen des KGB in den 60er und 70er Jahren im Nahen Osten kennt, der Fragt sich welches Loch er sich zuhalten soll, wenn er derartige Antikolonialer Kampf Propaganda im 21JH auf RT und Sputnik liest. Und sicher sind Asov Milizen und weitere rechtsextreme Milizen der UKR ein Sicherheitsproblem für uns. Aber wegen den Idioten einen Angriffskrieg zu legitimieren? Da wäre doch der Zahal nach jeder PK der AFD schon 10 Mal gekommen und hätte die BW in die Ostsee getrieben. Und dann sollte es jedem so langsam schwanen, bei aller Liebe zu Originalquellen.
@AB
Zitat:“…darin geht es um die Schaffung eines Grossrusslands das Russland, die Ukraine und Weißrussland umfassen soll, um die „natürliche und historische“ Ordnung wiederherzustellen und die Welt müsse akzeptieren, dass Kiew nunmal russisch sei.“
Danke für den Hinweis. Auffallen tun mir daran vor allem zwei Punkte. Zum einen passt das nicht zur Strategie, die NATO auf Abstand halten zu wollen (wie in Georgien praktiziert). Würde die russische Föderation sich auf Belarus und die ganze Ukraine ausdehnen, dann wäre das Konzept vom Puffer zwischen Russland und NATO begraben. Sieht man mal davon ab, das Lukaschenka bestimmt keine Lust darauf hat den Titel „Präsident von Belarus“ gegen den Titel „Regionalpopanz von Belarus“ zu tauschen. Trotz des Ärgers, den er mit der EU hat.
Zum anderen kommt der Artikel zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Wenn es bei einer Invasion schon in der Anfangsphase stockt, dann macht man sich doch mit solchen Ankündigungen eher lächerlich.
Sollte dieser Artikel tatsächlich vom Kreml autorisiert sein, dann würde ich mich jenen anschließen, die der Ansicht sind, dass die russische Führung komplett durchgeknallt ist. Allerdings würde so ein Artikel den russischen Nationalisten, die tatsächlich die alte Sowjetunion wieder aufleben lassen wollen, aus der Seele sprechen. Vielleicht ist der Autor ja auch ein russischer Nationalist, der da seinen ‚feuchten‘ Traum formuliert hat?
Wir werden die Ereignisse gespannt verfolgen.