Bundesregierung schwenkt um: Waffenlieferungen an Ukraine genehmigt
Die Bundesregierung hat den Widerstand gegen die Lieferung von Waffen an die Ukraine aufgegeben und dem Export von Panzerfäusten aus niederländischen Beständen zugestimmt. Außerdem wurde die lange umstrittene Erlaubnis zur Weitergabe von alten Haubitzen aus DDR-Beständen von Estland an die Ukraine erteilt. Deutschland passt seine Position bei Materiallieferungen an, teilte die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sara Nanni, via Twitter mit. Das gleiche gelte für einen Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem SWIFT.
Die Entscheidungen der Bundesregierung am (heutigen) Samstag betreffen die Panzerfaust 3, die auch bei der Bundeswehr in Gebrauch ist. 400 Stück davon sollen aus den Niederlanden an die Ukraine geliefert werden. Da die Waffen aus Deutschland stammen, war für die Weitergabe die Zustimmung der Bundesregierung erforderlich.
Das gilt auch für neun Haubitzen (KOREKTUR: nicht Panzerhaubitzen), deren Weitergabe an die Ukraine der derzeitige Besitzer Estland bereits vor Wochen beantragt hatte. So hatte der Beauftragte für internationale Zusammenarbeit im Verteidigungsministerium Estlands, Peeter Kuimet, bereits Anfang Januar von geplanten Lieferungen der 122mm-Haubitzen aus den Beständen des baltischen Landes an die Ukraine berichtet. Die dafür nötige Genehmigung musste allerdings von Deutschland und Finnland kommen:. Die Bundesrepublik hatte die von der Nationalen Volksarmee der DDR übernommenen Geschütze in den 1990-er Jahren an Finnland weitergegeben, wie üblich mit der Vorgabe, eine Weiterlieferung genehmigen zu lassen. Ebenso verfuhr dann Finnland 2009 bei der Weitergabe an Estland.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ, Link aus bekannten Gründen nicht) zitierte dazu die beiden Grünen-Minister Annalena Baerbock (Außen) und Robert Habeck (Wirtschaft):
Nach dem schamlosen Angriff Russlands muss sich die Ukraine verteidigen können. Sie hat ein unabdingbares Recht auf Selbstverteidigung. Die Bundesregierung unterstützt daher die Ukraine auch bei der Ausstattung mit dringend benötigtem Material.
Unklar blieb vorerst, ob es bei der Genehmigung für die Lieferungen aus Drittstaaten sowie der laut FAZ geplanten Ausfuhrerlaubnis von sondergeschützten Fahrzeugen für den Personenschutz bleibt oder ob Deutschland auch direkte Lieferungen an die Ukraine plant. Andere Nationen hatten bereits seit Wochen Waffen in die Ukraine transportiert. Zuletzt hatte die niederländische Regierung am Samstag angekündigt, 200 tragbare Flugabwehrraketensysteme des Typs Stinger zur Verfügung zu stellen.
(Archivbild Februar 2016: Panzergrenadiere mit Panzerfaust 3 auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz – Marco Dorow/Bundeswehr)
Klugsch… Modus
Die aus Estland kommenden D-30 Geschütze sind Haubitzen und keine Panzerhaubitzen.
pi
[oh ja. Sorry. Ist korrigiert. T.W.]
Da muss ich doch in der Tat noch einmal einen Beitrag schreiben, so groß ist meine Enttäuschung über die „Umfallerstrategie“ der Bundesregierung.
Nur ein wenig Druck, und schon schwenkt man in die andere Richtung, wurde doch gestern oder vorgestern eine Waffenlieferung kategorisch ausgeschlossen.
Aus meiner Sicht besonders bitter, weil gerade Deutschland aufgrund der Historie eine ganz besondere Verantwortung für diese Region trägt.
Russland wird im Wissen um diese Waffen die Gangart verschärfen, die dann ausschließlich zu Lasten der Zivilbevölkerung geht, die ohnehin schon zu leiden hat.
Bissel spät.
Torsten Angerer sagt:
26.02.2022 um 18:41 Uhr
„Aus meiner Sicht besonders bitter, weil gerade Deutschland aufgrund der Historie eine ganz besondere Verantwortung für diese Region trägt.“
Wie immer gibt es 2 Seiten.
Denn es sind auch Millionen Ukrainer durch die Wehrmacht gestorben.
Genau deswegen ist es richtig!
@ Torsten Angerer
„Umfallstrategie“ ???
Nach dem, was weltweit in den letzten Tagen in Richtung Deutschland geäußert worden ist, halte ich es eher mit @ Dante: „Bissel spät“.
@Torsten Angerer
Wir liefern ja (noch) nicht direkt sondern stellen uns nur nicht in den Weg unserer Partner, die Waffen liefern möchten.
Moin aus Bremen!
Endlich! Endlich blockiert Deutschland nicht länger hilfswillige Partnerstaaten. Wenn wir schon selber nicht helfen, sollten wir Putin nicht noch unterstützen, indem wir anderen Demokratien in den Arm fallen.
Die Ukraine braucht überdies Luftabwehrsysteme. Nach dem vernichtenden russischen Erstschlag wenigstens solche, mobile, die nicht so einfach zu orten sind; etwa die schultergestützten Stinger.
Ich zitiere mal diverse große Denker/Singer/Songwriter; „Too little! Too late!“
Genau, aufgrund unserer besonderen Verantwortung sollen wir zulassen dass ein Land dass angegriffen wird keine Chance bekommt sich zu wehren.
Ich bin ja auch kein Freund von Krieg und lebe tatsächlich gerne im Frieden. Dummerweise gehören dazu aber 2. Wenn genau ein Aggressor diesen Frieden bedroht, dann muss der Preis sehr hoch sein. Und dazu gehören halt auch Waffen.
M.E. wird man auch erst dann ernst genommen, wenn man zeigt wozu man alles bereit ist. Zurücknehmen kann man Maßnahmen immer wenn der Agressor ebenfalls einlenkt.
@T.W. : Sorry, war o/t, aber bei so etwas werde ich wirklich sauer dass manche Leute immer noch den „Schuss“ nicht gehört haben.
Richtig ist allenfalls, dass man natürlich aufpassen muss dass die Eigendynamik auch ein Ende kennt. Das schlimmste Ende kennen wir alle. Das vermeiden wir aber nur mit Entschlossenheit und Stärke, nicht mit Blabla.
Oh Gott, Deutschland, mit dieser Bundesregierung bist du verloren.
Zu langsam. Zu zögerlich. Zu wenig.
Mir tun die Menschen in der Ukraine leid. Zum Glück haben andere europäische Nationen „einen Arsch in der Hose“.
Wir sind eine Demokratie, jeder sollte gehört werden und man braucht Mehrheiten…
Hierbei muss sich eine gewählte Regierung trotz Koaltionsverträgen und Linienpolitik sich der Mehrheit des Volkes beugen.
Warum fragt man nicht das Volk ob Waffenliegerungen an eine regulär gewählte Demokratie, welche von einem autoritärem Staat mit Medienuntetdrückung, sowie Grundrechtsverstößen angegriffen wird… nicht doch ok sind?
Warum gibt es keine Umfragen dazu?
Wir sitzen hier und schreiben Kommentare, wünschen der Ukraine alles Gute und liefern keine Patrone…
Man sollte auch die im Bw Besitz befindlichen Pz Faust 3 welche nah am muß sind und dann für teures Geld be der Industrie delaboriert und entsorgt werden müssen schleunigst in die UKR liefern. Hilft dort ganz bestimmt und ist allemal besser als wegwerfen.
Wie sollen diese Waffen jetzt eigentlich noch in die Ukraine und dort zu den Einheiten kommen?
@ Dante sagt: 26.02.2022 um 18:43 Uhr
„Bissel spät.“
Nein.
Die Meldung selbst heißt für mich aber vor allem eins: Deutschland wird seitens der Russischen Föderation nicht mehr als Vermittler akzeptiert. Für mich das Indiz, dass es diesbezüglich keine Notwendigkeit zum zurückhaltendem Agieren mehr gibt.
Juristische Fallstricke in Bezug auf die Haubitzen aus Estland wird es eigentlich weiter geben. Allein: sie zählen offensichtlich nicht mehr bzw. die (theoretischen) Konsequenzen als „egal“ bewertet werden.
Daraus kann man jetzt mehrere Schlüsse ziehen. Diese wären aber reine Spekulation.
Die USA erhöhen um 350 Mio USD, aber ich denke, die Lieferungen kommen zu spät bzw. vielleicht auch nicht durch:
https://www.defenseone.com/threats/2022/02/us-racing-350-million-immediate-arms-ukraine-includes-javelins-ammo-armor/362488/
@all: Es gibt einen neuen Sachstand und deshalb auch eine neue Meldung:
https://augengeradeaus.net/2022/02/kurswechsel-in-berlin-deutschland-liefert-waffen-an-die-ukraine-neufassung/
Bitte die Debatte dort weiterführen; hier schließe ich die Kommentare.