Deutsches Engagement in Afghanistan: Gut 17 Milliarden Euro nur für die zusätzlichen Kosten (Nachtrag)
Für das deutsche Engagement in Afghanistan haben die jeweiligen Bundesregierungen in den Jahren von 2001 bis 2021 mehr als 17 Milliarden Euro ausgegeben. Der Großteil davon, gut 12,3 Milliarden Euro, entfiel auf den Einsatz der Bundeswehr. Allerdings sind diese Zahlen keine Gesamtrechnung der angefallenen Kosten, sondern nur eine Übersicht über die zusätzlich angefallenen Ausgaben von Verteidigungsministerium, Auswärtigem Amt und Entwicklungsministerium.
Die Angaben sind Teil einer umfangreichen Antwort des Auswärtigen Amtes auf eine Kleine Anfrage der FDP zum deutschen Engagement in Afghanistan. (Die Antwort unter der DrucksachenNr. 19/32643 liegt Augen geradeaus! vor, ist bislang aber noch nicht veröffentlicht). Die angefallenen Kosten des deutschen Beitrags verschiedener Bundesressorts seit 2001 listete das Außenministerium so auf:
• Verteidigungsministerium (die genannten Zeiträume decken sich nicht mit der Laufzeit der entsprechenden Mission):
Operation Enduring Freedom – 2001 bis 2010: 1,076 Mrd Euro
International Security Assistance Force (ISAF) – 2002 bis 2021: 9,059 Mrd Euro
(die teuersten Jahre dabei waren 2010 bis 2012; pro Jahr betrugen die Kosten mehr als eine Milliarde Euro)
Resolute Support Mission (RSM) – 2015 bis 2021: 2,212 Mrd Euro
Insgesamt 12,3 Mrd Euro
• Auswärtiges Amt – 2001 bis 2021: 2,477 Mrd Euro
• Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, 2001 bis 2021: 2,464 Mrd Euro
• Bundesernährungsministerium (Projekte mit der FAO und der Bundeswehr) 2001 – 2021: 33 Mio Euro
Die genannten Ausgaben betreffen, sowohl beim Verteidigungsministerium als auch beim Auswärtigen Amt, allein die zusätzlich angefallenen Kosten – bei der Bundeswehr sind es die so genannten einsatzbedingten Zusatzausgaben; beim AA die projektbezogenen Personal- und Sachkosten. Die ohnehin angefallenen Kosten, also z.B. die Besoldung der Soldaten, das ohnehin vorhandene Material usw. fließen nicht in die Berechnung ein. Eine Vollkostenrechnung, wie hoch das deutsche Engagement am Hindukusch für den Steuerzahler zu Buche schlug, ist damit nicht möglich.
Nachtrag: Nicht nur mir ist aufgefallen, dass in dieser Übersicht für den ISAF-Einsatz, der 2014 endete, weitere Kosten bis 2021 aufgelistet sind. Ich habe nachgefragt, die Antwort des Verteidigungsministeriums:
Der Einsatz International Security Assistance Force (ISAF) wurde zum 31. Dezember 2014 beendet. Gleichwohl werden auch in den Folgejahren noch einsatzbedingte Zusatzausgaben im Rahmen des sogenannten „logistischen Nachlaufs“ geleistet. Diese beinhalten im Wesentlichen Ausgaben für Instandsetzungsmaßnahmen für aus ISAF zurückgeführtes Material.
(Archivbild: Leere Stelen, an denen zuvor die Wappen bzw. Plaketten der Mission Resolute Support (RSM) hingen, stehen vor dem Haus Berlin im Hauptquartier vom Camp Marmal in Mazar-e Sharif/Afghanistan während der Rückverlegung am 22.06.2021 – Torsten Kraatz/Bundeswehr)
ISAF bis 2021? Bisher ging ich davon aus das RSM ISAF 2015 abgelöst hat. Ging da etwa unbemerkt der Öffentlichkeit noch etwas weiter?
[Berechtigte Frage, bin ich auch drüber gestolpert und bemühe mich um Klärung dieser nachlaufenden Kosten… T.W.]
Da Grätsche ich mal als Wirtschaftswissenschaftler mit ausreichend Praxiskenntnis rein: Möglich ist das durchaus…!
In den Standardmedien sind kaum tiefer gehende Informationen über den Kostenanfall während des Afghanistaneinsatzes zu erhalten.
Wie schlüsselt sich zum Beispiel der neun Milliarden Kostenfaktor auf, wenn der Aufwand für den Lohn der Soldaten, und das Stellen der Fahrzeuge nicht berücksichtigt wurden?
Wofür wurde in den zwanzig Jahren dann im Schnitt über 450 Millionen p.a. Ausgegeben?
Flugkosten, Verköstigung, Munition, Ersatzteile? Was sind einsatzbedingte Zusatzkosten?
Was wurde davon bezahlt?
Wird das Ergebnis der Anfrage veröffentlicht?
[Zu Ihrer letzten Frage: Die Antwort wird natürlich vom Bundestag veröffentlicht, kann ggf. noch paar Tage dauern; eine Drucksachen-Nummer gibt es ja schon. T.W.]
Man darf dabei nicht vergessen, das es sich hierbei ausschließlich um die reinen Zusatzkosten handelt.
Bei der öffentlichen Hand wird ja gerne mit „Ehda-Kosten“ argumentiert. Also sind hier die Personal- und Ausrüstungskosten nicht enthalten. Dabei wird gerne übersehen, dass das Personal und die Fahrzeuge die dort im Einsatz sind nicht für andere Aufgaben zur Verfügung stehen. Es sieht eben besser aus so.
Hoffentlich nicht der Grund, weshalb nun auch AM Maas die morgige AFG-Veranstaltung abgesagt hat. Irgendwie fährt AKK gerade alles vor den Baum. Seit Tagen wird der Zeitpunkt der Veranstaltung kritisiert. Genauso wie das Thema Personalentscheidungen die in den letzten Tagen und Wochen getroffen wurden (siehe Bericht in der WELT, in dem sich Strack-Zimmermann und T. Lindner) kritisch zu Wort meldeten und sogar AKK dazu anschrieben. (Sorry für den OT)
Bin gespannt, was man bezüglich der Kostenaufstellung zu AFG für die Zukunft ableiten will. Weniger Militär, mehr Entwicklungshilfe? Interessant wäre ein Kostenvergleich mit unseren Verbündeten.
@Pio-Fritz
Der AVZ wird schon beruecksichtigt sein. Davon ab: welche Aufgaben sind denn bei der Bw waehrend des Einsatzes unerledigt bzw. liegen geblieben? LV/BV war nicht mehr angesagt, das ist aber eher eine Verlagerung des SP, kein Versaeumnis, und wurde ab spaetestens 2016 auch wieder geuebt bzw. war nie wirklich weg.
850 Millionen Euro pro Jahr und wir sind wieder beim Status Quo mit einer Taliban-Regierung an der Macht. Da macht das Steuerzahlen echt Spass.
So Spass bei Seite… hoffentlich zieht man Lehren daraus.
Die Kosten sind das eine, die Erfahrungen, die man aus dem Einsatz ziehen konnte, das andere.
Erfahrungen und Lehren kann man nicht kaufen.
@Küstengang01
Ganz so einfach ist es nicht, die Bevölkerung hat jetzt den Westen und ein westliches Staatsmodell 20 Jahre lang erlebt.
Was genau das für den Einzelnen bedeutet sei dahingestellt.
@Küstengang01 sagt:
05.10.2021 um 15:25 Uhr
Macht grob überschlagen für jeden nen Zehner im Jahr für die Zerschlagung von Al-Qaida und 20 Jahre ein bisschen mehr Freiheit für die Afghanen. Also mir als Steuerzahler war es das wert!
@Thomad Melber
Ihre Argumentation ist genau die der Ehda-Kosten Verfechter. Natürlich sind die Soldaten und das Gerät „eh da“. Allerdings kommt das Gerät aus dem 70%-Bestand des dynamischen Verfügbarkeitsmanagements und das Personal wird aus allen möglichen Einheiten zusammengestellt, also „Operation Heldenklau“. Und schon leidet die Ausbildung in DEU, weil Einheiten materiell und personell nicht komplett sind.
„Ehda“ sieht nur auf dem Papier gut aus, man darf da nicht ins Detail gehen.
@Adler, @emdeema
52 Tote Soldaten, hunderte Invaliden die Teile ihrer Extremitäten da unten gelassen haben aber tausende die an Seele und Psyche verwundet sind. 850 Millionen pro Jahr die wir in Bildung oder Soziales hätten investieren können und all das war für den Arsch… der Job war Al Qaida zu zerschlagen und der war allerspätestens 2011 erledigt.
Wenn unsere Streitkräfte dafür da sind Menschen in anderen Kulturkreisen westliche Werte vorzuturnen dann kann kann man sich auch Fragen warum wir keine NATO Truppen in Saudi-Arabien, Nordkorea oder China haben.
Fazit bleibt wir haben 20 Jahre Krieg geführt und Verloren, die Taliban haben über die Modernste Militärmacht der Welt und ihre Verbündeten obsiegt. Und einmal mehr musste man lernen, das ein Asymmetrische Aufstandsbewegung nicht bezwungen werden kann.
Ich finde eine reine Zusammenstellung der Ausgaben verkürzt (allgemein in der Debatte, nicht auf T.W. bezogen!). Viele der Ausgaben sind Investitionen, also Mittelabflüsse aus dem durch Steuern finanzierten Verteidigungshaushalt in andere Bereiche, also Kosten für Transportleistungen, Instandsetzung, Auslandsverwendungszuschläge, einsatzbedingte Beschaffungen etc. Dieses Geld bleibt im Wirtschaftskreislauf, geht beispielsweise an die Rüstungsindustrie, dadurch werden wieder Arbeitsplätze geschaffen bzw erhalten und das Geld wird beispielsweise, wenn als Lohn/Sold ausgezahlt, wieder re-investiert. Beispielsweise gibt ein Logistiker oder Mitarbeiter in einem Rüstungsbetrieb, der sein Einkommen indirekt über den Afghanistaneinsatz bezogen hat, das Geld wieder für Konsumgüter aus. Über die Mehrwertsteuer z.B. fliesst das formal für den Einsatz ausgegebene Geld dann wieder teilweise in die öffentliche Hand zurück. Viel von dem investierten Geld wurde nicht physisch verbrannt oder hat sich in Luft aufgelöst, sondern ging an Rüstungsindustrie, Logistik-Unternehmen, alle möglichen Lieferanten, am Einsatz Beteiligte etc. Man müsste aufschlüsseln, wo das Geld konkret hingegangen ist und was im Weiteren damit passiert ist, um den Afghanistaneinsatz ökonomisch bewerten zu können. Eine reine Zusammenstellung eines Betrags X, der investiert wurde, ist daher nur sehr eingeschränkt aussagekräftig..
@AB, natürlich sind die Ausgaben für den Einsatz zum Teil auch wieder als Steuern in den Staatshaushalt zurück geflossen. Das wären die aber auch wenn man das Geld z.B. alternativ in den Unterhalt von öffentlicher Infrastruktur gesteckt hätte mit dem zusätzlichen positiven Nutzen das wir alle greifbar etwa davon hätten.
@AB sagt: 06.10.2021 um 1:28 Uhr
Da es sich um Zusatzausgaben handelt, und eben auch z.B. Infrastruktur in AFG geschaffen und unterhalten werden musste, hat der deutsche Fiskus gar nichts davon. Und wo soll dieser Diskussionspunkt hinführen? Krieg als Wirtschaftsförderung am Beispiel Afghanistans?
Das hätte man dann auch anders haben können.
@ Küstengang01
Warum wir nicht in Saudi-Arabien sind? Weil das Lakaien der Amerikaner sind, die für irrwitzige Milliarden Dollar Waffen in den USA kaufen, mit denen sie nicht umgehen können. Da spielt es keine Rolle, dass da Oppositionelle umgebracht werden oder jeden Freitag öffentlich alle möglichen Extremitäten, inklusive Köpfe, mit dem Schwert abgehackt werden. Aber wehe, in Kuba stirbt ein Demonstrant auf einer Demo. Dann hagelt es Sanktionen und Drohungen.
@ AB
Wenn Sie wissen wollen, wo ein nicht unerheblicher Teil des Geldes gelandet ist, dann empfehle ich Ihnen die Sendung „Die Anstalt“ vom gestrigen Dienstag. Ist für diejenigen, die sich mit dem Thema beschäftigen, allerdings nicht neu. Aber das wollte die Politik nicht wissen.
@ Küstengang01:
Ich stimme Ihnen zu, dass eine assymetrische Aufstandsbewegung nicht bezwungen werden kann – aber nur unter der Bedingung, dass die Bevölkerung diese Aufstandsbewegung substantiell unterstützt,
Und deshalb gibt es für mich in Zukunft ein zweistufiges Szenario zu bewerten:
1. Stufe: Der Kriegseinsatz gegen einen aggressiven militärischen Gegner (Serbien, IS, AL Kaida mit Talibanunterstützung, etc.) bis zur Zerschlagung der unmittelbaren militärischen Bedrohung
2. Stufe: Umgang mit der nach dem Kriegseinsatz übrig gebliebenen Gesellschaft/Bevölkerung. Welche reellen Erfolgsaussichten gibt es auf den Aufbau eine stabilen Demokratie? Welcher Unterstützung für wie lange wäre da notwendig und was würde es kosten? Nach einer ehrlichen Abschätzung muss man dann abwegen, ob man das Land wieder unmittelbar verlässt oder ob man gewillt ist, diese Unterstützung samt dem damit verbundenen Risiko einzugehen.
Die Stufe 1 ist in Afghanistan erfolgreich umgesetzt worden. Der Aufbau einer stabilen Demokratie ist gescheitert. Was man erreicht hat, ist für zwei Jahrezehnte für einen Teil der Bevölkerungsgruppen, z.B. Frauen, bessere Lebensbedingungen zu schaffen. Das ist es aber auch schon. Als Resumee ist auf jeden Fall zu ziehen, dass die afghanische Gesellschaft nicht eigenständig eine stabile Demokratie zustand bringt.
Was bedeutet dies für Mali und den Kosovo, etc.? Dass man sich ernsthaft fragen muss, ob man dort mit vertretbarem Aufwand eine stabile Demokratie der Gesellschaft erreichen kann. Falls diese Frage mit Nein beantwortet werden muss, halte ich einen geordneten Abzug der Truppen für die logische Konsequenz. Falls ja, sollte man den Einsatz auch konsequent mit den notwendigen Mitteln versehen und durchziehen. Auf jedne Fall keine halben Sachen.
@Flo/Pio-Fritz:
Sie haben beide recht. Es ist aber trotzdem ein Baustein, der in der aktuellen Debatte meiner Wahrnehmung nach kaum beachtet wird. Wenn es – wie von AKK angekündigt – zeitnah zu einer Aufarbeitung kommt, sollten die ökonomische Seite daher entsprechend aufgeschlüsselt werden, um zu einer transparenten und realistischen Bewertung zu kommen, was auch bedeutet, die anderen Ministerien, die am Einsatz beteiligt waren, zu integrieren. Mal abwarten, wie diese Aufarbeitung am Ende aussieht….
@ AB
Zitat: „Viel von dem investierten Geld wurde nicht physisch verbrannt oder hat sich in Luft aufgelöst, sondern ging an Rüstungsindustrie, Logistik-Unternehmen, alle möglichen Lieferanten, am Einsatz Beteiligte etc. Man müsste aufschlüsseln, wo das Geld konkret hingegangen ist und was im Weiteren damit passiert ist, um den Afghanistaneinsatz ökonomisch bewerten zu können.“
Der Punkt ist aber, das mit dem Geld Rüstungsgüter beschafft wurden und Logistikleistungen finanziert wurden (z.B. SALIS), die wir für die Landesverteidigung nicht so dringend gebraucht hätten. Es ist ja wegen dem AFG-Einsatz nicht im nennenswerten Umfang mehr Geld in die Beschaffungstitel der Bw geflossen. Mit dem vorhandenen Geld wurden Dinge beschafft, die in AFG benötigt wurden und zum Teil als Ausrüstungshilfe dort verblieben sind, oder Rüstungsgüter wurden durch den erheblichen Verschleiß im sandigen Klima vorzeitig verschlissen, verbraucht.
In der Konsequenz fehlte in der Beschaffung für die Bw jeder Euro, der für den einsatzbedingten Sofortbedarf und für priorisierte Rüstungsbeschaffungen ausgegeben wurde und im Bestand der Bw haben sich die Anzahl der Hauptwaffensysteme seit 2001 massiv verringert (Lfz, Panzer, Schiffe usw).
Es sind eben die falschen Rüstungsgüter für die Landesverteidigung mit dem Geld beschafft worden.
@all
Zur Frage, warum für den ISAF-Einsatz trotz dessen Ende 2014 noch weitere Kosten bis 2021 aufgelistet sind, oben im Nachtrag die Antwort des BMVg.
Georg sagt:
06.10.2021 um 14:56 Uhr
Ihre Annahme fußt aber auf folgenden Schluss:
„Ohne den Einsatz“ wäre der Haushalt auch so geblieben oder auch so gewachsen wie er es „mit dem Einsatz“ getan hat.
Das bezweifel ich doch ganz stark.
Natürlich hätte es starke Kräfte innerhalb der Politik gegeben, die einen Etat, wie er dann schlussendlich die letzten 20 Jahre hoch war, gefordert hätten.
Aber es hätte dann keinen „großen“ Einsatz im Ausland gegeben und eben weniger Verschleiß etc.
Also all die Punkte, die sie ansprechen, sind meiner Meinung nach „über den Daumen gepeilt“ eingepreist in den Bundeswehretats der letzten Jahrzehnte. Zumindest von den abstimmenden Politikern und eben auch vom Wähler.
Viele Abgeordnete konnten es sich nämlich politisch nicht erlauben FÜR den AFG-Einsatz zu stimmen und dann aber gegen eine Erhöhung zu sein (also intern gegen eine Erhöhung noch bevor die Erhöhung überhaupt ins Parlement kommt).
Ohne einen Einsatz wären viel mehr Abgeordnete aus ihrer Deckung gekommen und hätten „Einsparpotenzial“ eingefordert. Gerade im Hinblick auf andere Baustellen in Deutschland die letzten Jahrzehnte, für die zu wenig oder kein Geld vorhanden war.
Es ist auch ein Märchen, dass sich die Hauptwaffensysteme wegen AFG verringert hätten.
Der Kalte Krieg war nicht nur formal vorbei, sondern auch die Bedrohungslage komplett anders Ende der 1990er. Keiner sah da noch große Panzerschlachten oder Atlantikkriege mehr. Einfach mal die russische Flotte damals anschauen und dann überlegen welche Bedrohung diese Flotte realistisch wirklich aufbot. Die Kassen in Russland waren leer nach der Rubelkrise und den Jahren unter Jelzin. Die hatten selbst mit sich zu tun. Auch die „Aufrüstung“ in den ersten Jahren unter Putin war nicht wirklich eine Aufrüstung, sondern nur innnepolitische Propaganda und (dringend notwendige) Unterstützung der heimischen Rüstungsindustrie. Die haben vereinfacht gesagt 3 Panzer außer Dienst gestellt und 1 Panzer mit Konfettiparade und großem Tamtam in Dienst gestellt.
Logisch, dass DEU da Einsparmöglichkeiten bei seiner eigenen Armeen sah, wenn der Gegner in absehbarer Zeit mit sich selbst zu tun hat.
Da alles wäre auch ohne AFG passiert.
Das große Problem ist eher die Behäbigkeit bei den Rüstungsbeschaffungen und dass man nicht schnell genug auf Entwicklungen reagieren kann. Man muss einfach viel schneller notwendige Rüstungsgüster „off the shelf“ zackiger beschaffen und nicht erst jedes System neu entwickeln lassen.
Es wird immer nur von Kosten geredet.
Keiner sagt wieviel Geld die Bundesrepublik aus dem NATO Topf erhalten halt. Es wurde für jeden Soldaten, Panzer, Kfz oder Lfz bezahlt im Gegensatz zum IRAK Einsatz für den wir nur bezahlt haben und nichts rausbekommen haben. Die Ersatzteil Lage war vor dem Einsatz schon Katastrophal. Instandsetzungen konnten durch den Einsatz erst unter dem Slogan: EINSATZBEDINGTER SOFORTBEDARF durgeführt werden. Bei einem Austausch der C-160 mussten in Termez erst die Reifen gewechselt werden bevor sie überhaupt nach AFG fliegen durfte. Die Maschine die nach Deutschland ging war super gewartet und ohne Instandsetzungsmängel. Sind halt alles Zusatzkosten Einsatz.
[Den Beleg für die Aussage, die NATO habe im Afghanistan-Einsatz „für jeden Soldaten, Panzer, Kfz oder Lfz bezahlt“, liefern Sie bitte noch nach. T.W.]
@ AB
Wenn Sie sich die Verteidigungshaushalte in den Jahren 2002 bis ca. 2018 anschauen, dann war da nicht von einem großen Aufwuchs die Rede, sondern eher von einem Inflationsausgleich. Allein die Sold- und Lohnsteigerung von 3 % pro Jahr macht fast eine Mrd Euro Mehrkosten pro Jahr aus. Wenn Sie also den Inflationsausgleich von den Verteidigungshaushalten abziehen, war da kaum ein Aufwuchs vorhanden, insbesondere weil Wehrmaterial eher einer 5-prozentigen Inflation pro Jahr unterliegt, als einem 3 % Preisschild.
Nehmen Sie die Beschaffungen im Rahmen des „Einsatzbedingten Sofortbedarfes“ in den Jahren von 2002 bis 2018, den Auslandsverwendungszuschlag AVZ, die Kosten für die versehrten und verstorbenen Soldaten (Krkhausbehandlung und Renten) und zusätzlich die 10 Mrd Euro die VtgMin Guttenberg 2010 im Wehretat durch die Abschaffung der Wehrpflicht sparen wollte, dann sehen Sie, dass der Verteidigungsetat netto durch die Auslandseinsätze geringer war, als er ohne die Auslandseinsätze gewesen wäre.
In der Konsequenz bedeutet dies, das die Bw heute materiell aber auch personell (Abschreckungseffekt auf Bewerber durch den unsinnigen AFG-Einsatz) schlechter aufgestellt ist, als sie es ohne den AFG-Einsatz gewesen wäre.
Instandsetzungsmaßnahmen 7 Jahre später? Heißt das, da wurde defektes Material bis zu 7 Jahre gelagert? Unbelievable.
Und ich bleibe dabei:
Ohne Einsatz in AFG wäre der Wehretat bei der gleichen Summe geblieben, also kein Inflationsausglech. Eben weil auch insgesamt nach Einsparpotenzial gesucht wurde (bundesweit bei allen Resorts und auch im Verteidigungsresort) und ohne den AFG-Einsatz auch gefunden worden wäre und durchgedrückt worden wäre. Höchstwahrscheinlich wäre die Armee viel schneller eingeschrumpft worden. Nur der AFG-Einsatz bewahrte die Armee einige Jahre davor.
Auch hätte man als Ministerium und verteidigungsaffine Politiker schlecht „aber Afghanistan“ sagen können und hätte nur die normalen Argumente gehabt.
Aber muss man natürlich nicht so sehen.
Ihre Beispiele sind übrigens keine guten:
AVZ pro Jahr rund 100 Millionen Euro
Krankenhauskosten und Renten auch sehr gering auf die Gesamtsumme Wehretat gesehen
Die 10 Mrd. Euro durch Einsparung bei Wehrpflicht wäre sowieso passiert. Egal ob AFG oder nicht.
@ Denethor
AVZ und Versorgungskosten waren nur als zusätzliche Argumente gedacht.
Nehmen Sie die Kosten für den einsatzbedingte Sofortbedarfsbeschaffung, nehmen Sie die SALIS Kosten und die Kosten der Vor-Ort Instandsetzung in Mazar durch deutsches Industriepersonal. Da dürfte Sie bei einer anderen Hausnummer als 100 Mio Euro landen.
Und klar, hätte die Industrie nicht Wehrmaterial in Mazar instandgesetzt, hätte sie mit dem gleichen Geld in Deutschland Wehrmaterial instandsetzen können. Dann würde aber der Klarstand der heutigen Hauptwaffensysteme anders ausschauen !
Ich bleibe dabei.
Sie gehen davon aus, dass die Etathöhe auch ohne 20 Jahre Einsatz so gewachsen wäre (oder in Ihren Worten ein Inflationsausgleich stattgefunden hätte).
Ich bezweifel das ganz stark und damit sind Ihre Zahlen alle nur Makulatur.
Ich habe mich immer gefragt, wie stark wohl der Verschleiß beim Einsatzmaterial, dass nie für afghanische Einsatzbedingungen konstruiert worden war, wohl kostenmäßig zu Buche geschlagen hat. Nun wird das Bild langsam klarer.
Allein Wartung und Ersatz bei den Einsatzfahrzeugen dürfte heftig reingehauen haben. Dann kommt noch das Nachrüsten von Fahrzeugen mit zusätzlichen Schutzmaßnahmnen dazu, wie beim Wolf. Wie haben sich die Wiesel eigentlich geschlagen?
Was die nachlaufenden Kosten anbetrifft, dass dürfte dann Ausrüstungsgegenstände betreffen, bei denen die Einsatzbedingungen zu einer beschleunigten Alterung und Defekten geführt haben, die aber erst nach dem Einsatz bemerkt wurden.
Nach nochmaligem Suchen im Netz konnte ich heute Einblick in die Drucksache nehmen, die übrigens wohl schon am 4. 10. 2021 erschienen ist, also noch vor den Erscheinen des Beitrages hier, vermutlich aber erst an einem späteren Tag nach Lektorat zur Veröffentlichung freigegeben wurde.
Am Ende der Auflistung konnte ich auch all die Summen wiederfinden, die durch die Medien geisterten.
Leider findet man nur unter sehr wenigen Positionen unter der Rubrik „Hinweis“, ob die Aktion von Erfolg gekrönt war oder nicht.
Auffällig nur der enorme Aufwand für die verschiedensten Unternehmungen, die aufgrund der dürftigen Angaben im Nebulösen verbleiben, so fiel mir das Projekt zur Unterstützung des Aufbaus afghanischer Verwaltungssysteme auf nationaler und subnationaler Ebene besonders ins Auge(Seite 16), bei der 26 Millionen Euro an die GIZ als Zuwendungsempfänger vergeben wurden, um im Zeitraum von drei Monaten zu ergründen, ob dieser Ansatz der verwaltungstechnischen Unterstützung auch auf andere fragile Statten anzuwenden sei.
Es lassen sich viele vergleichbare „Projekte“ ablesen, die einem klar werden lassen, wie diese ungeheuren Summen überhaupt zustande kommen können.
Danke, für den Hinweis auf die Bundes- Drucksache!
[Das Datum auf der jeweiligen Drucksache ist nicht identisch mit der Veröffentlichung durch den Bundestag – i.d.R. gehen die Antworten erst an die Fragesteller und werden dann einige Tage später auf der Bundestags-Seite eingestellt. So erklärt sich dann auch die Zeitdifferenz. T.W.]