Kurze Geschichtsstunde: Bundeswehreinsatz im Inneren und ein Urteil nach 14 Jahren
Es ist schon so lange her, dass es viele nicht – oder nicht mehr – wissen: Vor 14 Jahren, im Juni 2007, fand in Mecklenburg ein stark gesicherter Gipfel der G8-Staaten statt. Dabei kam in Amtshilfe für die Polizei auch die Bundeswehr zum Einsatz – und eine Aktion der Luftwaffe bei diesem Gipfel ist jetzt, voraussichtlich abschließend, für rechtswidrig erklärt worden.
Die Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten – damals war neben den sieben wichtigsten Industrienationen auch Russland Teilnehmer der Runde – trafen sich in Heiligendamm an der Ostsee. Aus Furcht vor Terroranschlägen, vielleicht auch zur Einschränkung von Demonstrationen, hatte die Polizei unter Federführung des Landes Mecklenburg-Vorpommern sehr umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen und dafür auch die Bundeswehr um Unterstützung gebeten, was ihr das Verteidigungsministerium unter dem damaligen Minister Franz-Josef Jung auch zusagte.
Eine der Unterstützungsmissionen der Bundeswehr war der Überflug der Region und auch eines Camps von G8-Gegendemonstranten mit Tornado-Aufklärungsjets. Dabei donnerte mindestens einmal ein solcher Recce Tornado in 114 Metern Höhe über das Camp in Reddelich hinweg – deutlich unter der vorgeschriebenen Mindestflughöhe von 500 Fuß (gut 150 Metern). Von den Demonstranten wurde das als Eingriff in die Grundrechte der Versammlungsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung vor Gericht angegangen – was das Demonstrationsrecht angeht, mit Erfolg.
Mehr als 14 Jahre nach diesem Flug hat das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern in Greifswald nach einem langwierigen Gang durch die Instanzen am (heutigen) Mittwoch entschieden, dass der Tornado-Überflug rechtswidrig war. Aus der Mitteilung des Gerichts:
Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat … mit zwei Urteilen vom heutigen Tag (Az. 1 L 9/12 und 1 L 13/12) festgestellt, dass der polizeilich veranlasste Überflug des Camps
Reddelich mit einem Tornado-Flugzeug der Deutschen Bundeswehr am 5. Juni 2007 rechtswidrig war und die Kläger dadurch in ihrem Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG verletzt wurden. Anlässlich des 2007 in Heiligendamm durchgeführten Gipfeltreffens der acht großen Industriestaaten (G8) hatten in dem Camp zahlreiche Gegner des Gipfeltreffens Unterkunft gefunden.
Bei dem Einsatz des Bundeswehr-Kampfflugzeugs, der einen Tag vor dem Beginn des G8-Gipfels in Heiligendamm im Wege der Amtshilfe für die Polizei des beklagten Landes Mecklenburg-Vorpommern erfolgte, wurde das Camp in einem Tiefflug von 150 m bzw. 114 m überflogen. Dabei wurden durch die im Flugzeug installierte Kameratechnik Lichtbilder, die keine Identifizierung einzelner Personen ermöglichten, gefertigt und an die Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern weitergeleitet.
Der Senat hat diesen Überflug als rechtswidrigen Eingriff in das Grundrecht der Kläger auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG erachtet und insoweit der Klage stattgegeben. Soweit sich die Kläger auch auf eine Verletzung ihres Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1
Abs. 1 GG berufen haben, hatten die Klagen dagegen keinen Erfolg.
Das Urteil ist nicht unbedingt eine Überraschung, denn schon das Bundesverwaltungsgericht hatte ein früheres Urteil des Greifswalder Gerichts in dieser Sache aufgehoben und an die Mecklenburger zurück verwiesen. Aus der Entscheidung vom 25. Oktober 2015, Aktenzeichen BVerwG 6 C 45.16:
Der Überflug des Tornado-Kampfflugzeuges über das Camp in einer Höhe von nur 114 m stellt jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts einen faktischen Eingriff in die Versammlungsfreiheit dar. Neben den Fällen einer gezielten Beeinträchtigung der vom Gewährleistungsgehalt des Grundrechts aus Art. 8 Abs. 1 GG erfassten Verhaltensweisen ist ein solcher faktischer Eingriff in die Versammlungsfreiheit jedenfalls dann gegeben, wenn das staatliche Handeln einschüchternd oder abschreckend wirkt bzw. geeignet ist, die freie Willensbildung und die Entschließungsfreiheit derjenigen Personen zu beeinflussen, die an Versammlungen teilnehmen wollen.
Das war 2015, auch schon mehr als acht Jahre nach dem Ereignis. Dass die juristische Aufarbeitung so lange dauerte, ist nicht der klagenden Demonstrantin anzulasten – die hatte bereits 2007 Klage gegen den Tiefflug erhoben. Allerdings urteilte das Verwaltungsgericht Schwerin in dem Verfahren gegen das Land Mecklenburg-Vorpommern erst am 12. September 2011 unter dem Aktenzeichen 1 A 1180/07:
1. Dem Bürger fehlt ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Luftaufklärung durch Tornado-Flugzeuge der Bundeswehr anlässlich des Weltwirtschaftsgipfels der Gruppe der Acht (G8) vom 6. bis 8. Juni 2007 in Heiligendamm.
2. Durch den Überflug des Tornados über dem Camp Reddelich und die Fertigung, Weitergabe und Verwendung von Bildaufnahmen sind die dort verweilenden nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 8 GG verletzt worden, da das Camp der Unterkunft diente und mit und in ihm nicht eine gemeinschaftliche Meinungsäußerung zu sehen ist.
3. Durch den Überflug des Tornados über dem Camp Reddelich und die Fertigung, Weitergabe und Verwendung von Bildaufnahmen sind die dort verweilenden nicht in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt worden, da die gefertigten Bilder nicht zur Identifikation und Individualisierung der Camp-Bewohner dienten und dazu aufgrund einer hierfür nicht ausreichenden Auflösung auch nicht geeignet seien.
4. Durch den Überflug ist auch die allgemeine Handlungsfreiheit sowie die Meinungsfreiheit der Camp-Bewohner nicht verletzt.
Diese Ansicht bestätigte das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern im Juli 2015 (Aktenzeichen 3 L 9/12):
Am 05. Juni 2007 überflog ein Kampfflugzeug der Bundeswehr vom Typ Tornado gegen 10.30 Uhr von Westen aus das Camp in einer Höhe von ca. 150 m (500 Fuß) bzw. für eine Minute um 36 m abgesenkt. Während des Überfluges wurden Aufnahmen durch an dem Kampfflugzeug befestigte Kameras angefertigt.
Von den gefertigten Aufnahmen wurden 19 Luftbilder durch Bundeswehrmitarbeiter als für polizeiliche Zwecke relevant ausgewählt und als elektronische Daten an die Polizeidirektion Rostock – KAVALA via Internet versandt, von denen 15 Lichtbilder das Camp Reddelich betrafen. Dabei handelt es sich um Übersichtsaufnahmen und Ausschnittvergrößerungen; auf einem Einzelbild ist spiegelverkehrt das Banner „BUND-Jugend“ erkennbar . Auf dem Bildmaterial ist nach Angaben der Klägerin, die sich auf dem Lichtbild selbst nicht wiedererkennt, auch die Zusammenkunft der BUND-Jugend erfasst worden.
Nach den Angaben der Klägerin war die Geräuschentwicklung während des Überflugs des Camps „ohrenbetäubend“. Sie habe sich von dem tief fliegenden Flugzeug bedroht gefühlt, ihr erschien der Einsatz in unmittelbarer Nähe einer Zusammenkunft von mehreren tausend Campbewohnern als eine Einschüchterungsmaßnahme. Sie sei für den weiteren Verlauf der Versammlungen und Veranstaltungen zum G8-Gipfel davon ausgegangen, dass auch die Bundeswehr an den Operationen der Sicherheitsbehörden im Umfeld des Gipfels beteiligt sei und zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch militärisches Kriegsgerät schwerster Art zum Einsatz gebracht werden könnte.
Die Klägerin hat am 23. August 2007 Klage erhoben. (…)
Die Feststellungsklage der Klägerin ist jedoch unbegründet. Denn in den beanstandeten Maßnahmen liegt kein Eingriff in Grundrechte der Klägerin.(…)
An einer solchen Abschreckungswirkung fehlt es hier schon deshalb, weil der Überflug selbst nur etwa eine Minute dauerte. Der Senat verkennt nicht, dass sich auch ein verständiger Dritter bei einem solchen Tiefflug eines Kampfflugzeuges in nur ca. 150m (550 Fuß) Höhe oder bei einem „Tiefst-Tief-Flug“ von nur 114 m Höhe erschrickt, schon wegen des „ohrenbetäubenden Lärms“. Daraus allein kann jedoch keine Abschreckung im grundrechtsrelevanten Sinn abgeleitet werden. Jedenfalls einem verständigen Dritten ist nach Ansicht des Senats klar gewesen, dass es sich nicht um einen Kampfeinsatz des Tornados handelte und dass ein solcher auch zukünftig nicht drohte. Auch soweit der Überflug bei verständiger Betrachtung als – polizeitaktische – Machtdemonstration („show of force“) gewertet werden dürfte, geht davon keine solche Abschreckungswirkung aus, weil das Tornado-Kampfflugzeug nicht als vorhandenes „Einsatz“mittel für einen Kampfeinsatz gezeigt wurde. Allenfalls kann daraus ersehen werden, dass die Bundeswehr die Polizei bei ihrem Einsatz anlässlich des G8-Gipfels unterstützt. Das reicht für eine grundrechtsrelevante Abschreckungswirkung jedoch nicht aus. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass ein Demonstrationswilliger allein wegen der Beteiligung der Bundeswehr am Polizeieinsatz von der Teilnahme an zukünftigen Demonstrationen Abstand nehmen würde.
Und dieses Urteil des Oberverwaltungsgerichts hatte das Bundesverwaltungsgericht aufgehoben – was zu der heutigen erneuten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Greifswald führte.
Nun war der Tief- und vor allem der Tiefstflug der Recce-Tornados nicht die einzige Aktion der Bundeswehr zur Absicherung dieses Gipfels. Aufsehen erregte auch der Einsatz eines Fennek-Spähwagens an einer Autobahn, der mit seiner Beobachtungsausstattung weiträumig Gelände überwachen sollte. Dass die mit einem Rettungszentrum für Notfälle bereitstehenden Bundeswehr-Sanitätssoldaten zum Eigenschutz mit Sturmgewehr G36 und jeweils 60 Schuss Munition ausgestattet wurden, ging da schon unter.
Vor diesem Hintergrund hatte ich heute auf Twitter auf das aktuelle Urteil verwiesen und dabei den Begriff Show of Force für den Tornado-Einsatz gebraucht (übrigens wird dieser Begriff auch in einem der Urteile verwendet, s. oben). Als Reaktion darauf meldete sich ein Luftwaffenoffizier, der damals in dem Tornado-Geschwader war, und schilderte seine Sicht der Dinge. Das lohnt das Nachlesen:
Wobei dies weder beabsichtigt war damals, geschweige denn show of force. Kenne die Besatzung persönlich, war meine Staffel. Reiner Zufall, dass nicht ich damals mit drin gesessen habe. Ja, die Besatzung ist unter die im Flugauftrag genehmigten 500 Fuß gegangen.
Allerdings aus flugsicherheitsrelevanten Gründen um clear of clouds bei VFR [Visual Flight Rules, Sichtflug, T.W.] zu bleiben. No 2 wurde deshalb auch vorher abgesplitted um den nicht noch mit da rein zu ziehen. Das dann dieser Tiefflug genau über ein Camp ging, während live Kameras liefen und dies filmten, hat dann daraus ein nicht mehr einfangbares Politikum gemacht. Die Crew hat sogar ordnungsgemäß die violation nachträglich gemeldet. Dann ging aber eine Maschinerie in Gang, die keiner mehr aufhalten konnte. Das das tasking für Heiligendamm im Rahmen Amtshilfe vielleicht etwas zu weit gestrickt war, wurde dann nachträglich ja gut aufgearbeitet. Die Frage der „Schuld“ lag aber nicht beim Verband, den Besatzungen oder sonstwas, es lag viel höher. Show of Force oder harrassment von Demonstranten war nie der Plan.
Und ja, die Bundeswehr hatte sich da ganz oben ganz weit (zu weit) im Rahmen der Amtshilfe aus dem Fenster gelehnt, auf Ebene BMVg.
Die Folge war ja jahrelang so gut wie keine Amtshilfe mehr, zumindest mit Recce Tornados.
Naja, wir sprechen von 2007. Die Polizei hatte damals auch nicht so viele Hubschrauber mit entsprechenden Fähigkeiten und es war ein sehr großes Gebiet was damals abgedeckt werden sollte, ca. 30km rund um Heiligendamm in jede Richtung außer See.
Wenn ich die Wahl habe entweder in den Clouds blind zu gehen, ein 180° nicht mehr funktioniert oder ich für wenige sek. 150′ Fuß zu sinken um clear zu bleiben, dann muss ich eine Entscheidung fällen. Die violation wurde nachträglich durch die crew gemeldet.
Das man vielleicht bei der Wetterlage den Run erst hätte gar nicht anfangen sollen, dass steht natürlich auf einem anderen Blatt Papier.
Sie wollten es halt „möglich“ machen.
Nun ist der Einsatz der Bundeswehr im Inneren immer dann ein Politikum, wenn es nicht um grundlegende technische Unterstützung – Stichwort Hochwasser – geht, sondern um den Einsatz militärischer Mittel. Insofern trägt das heutige Urteil vielleicht ein bisschen zur Klärung bei – obwohl nach meiner Beobachtung auch ohne diese Prozesse eine solche Amtshilfe wie 2007 heute wohl nicht mehr stattfinden dürfte. Vor allem aber, auch das geht unter: Disziplinarbußen gab es damals für die beteiligten Besatzungen – für die politischen Entscheider in Bund und Land, die diesen Einsatz so angeordnet hatten, gab es keine Konsequenzen.
(Das wurde nun etwas länger, aber es ist so lange her und so viel zu erklären und das ist nur ein Teil der Geschichte…)
Ergänzung fürs Archiv: Die oben genannten Gerichtsentscheidungen (und noch ein paar mehr, die ich nicht einzeln aufgegriffen habe) als Sicherungskopie:
20110912_VG_Schwerin_1_A_1180-07
20150715_OVG_MV_3_L_9-12 20110929_VG_Schwerin_1_A_799-07
20210908_PM_OVG_MV_1L9_12_1L13_12
(Archiv- und Symbolbild: Start von Recce-Tornados im Juni 2019 in Jagel bei Schleswig – Helwin Scharn)
Sorry TW. Ich verstehe den Text nicht. War das Problem der Lärm. Oder die Tiefflug untergrenze. Oder die Tatsache das es Kampfflugzeuge waren. Oder die Bilder die gemacht wurden. Oder dass jemand drauf zu erkennen war?
[Kurz gefasst und vereinfacht: Einschüchternder lauter Tiefflug. Die Bilder eben nicht, weil niemand drauf zu erkennen war. T.W.]
… Insofern trägt das heutige Urteil vielleicht ein bisschen zur Klärung bei – obwohl nach meiner Beobachtung auch ohne diese Prozesse eine solche Amtshilfe wie 2007 heute wohl nicht mehr stattfinden dürfte. …
@TW: die Luftwaffe hat doch vor einigen Wochen auch Luftbilder von Erftstadt (?) gemacht, um die Flutschäden zu evaluieren, ist dieser Einsatz nicht mit dem damaligen vergleichbar gewesen?
@MD: 1. Nein, weil der Tornado – Einsatz über Erftstadt keinen Eingriff in die Versammlungsfreiheit (immerhin ein Grundrecht von Verfassungsrang) darstellt.
2. Selbst wenn es heute darum ginge, aus der Luft einen Überblick über eine Versammlung zu gewinnen (und selbst wenn man für das Beispiel davon ausgehen möchte, dass die Bw unbedingt im Rahmen der Amtshilfe tätig werden müsste), stünden heute bei weitem weniger eingreifende Möglichkeiten zur Verfügung als ein Kampfjet im Tiefflug. Eine Rechtmässigkeit des Tornado – Einsatzes müßte wohl am Übermaßverbot scheitern.
@MD sagt:
08.09.2021 um 21:23 Uhr
Ich finde die Unterscheidung von T. W. eindeutig – bei den Flutschäden geht es um Katastrophenhilfe und „Objekte“, bei dem hier beschriebenen Fall um präventive Schadensabwehr im polizeilichen Bereich und „Personen“.
Der Tiefflug war nun zwar nicht geplant, ist aber Teil eines zurecht kritisch zu betrachtenden Gesamtbildes. (In den Nullerjahren als Afghanistan losging, hatte die z. B. Wachmannschaft unserer Kaserne jeweils „nur“ 15 Schuss zur Sicherung der gesamten Kaserne am Mann – da sind 60 Schuss zum Selbstschutz für Sanis schon sehr heftig)
@MD sagt: 08.09.2021 um 21:23 Uhr
„die Luftwaffe hat doch vor einigen Wochen auch Luftbilder von Erftstadt (?) gemacht, um die Flutschäden zu evaluieren, ist dieser Einsatz nicht mit dem damaligen vergleichbar gewesen?“
??? Wer soll denn bitte im Aartal dadurch gezielt eingeschüchtert worden sein?
Es geht ja nicht darum, dass geflogen wurde, sondern dass damit Demonstranten eingeschüchtert wurde oder objektiv hätten eingeschüchtert werden können.
Das hat doch mit den Flutschäden rein gar nichts zu tun.
@MD Die Lw hat diese Bilder aber nicht im einschüchterndem Tiefflug gemacht. Es geht halt doch um die subjektive Wirkung.
Mich wundert dass da niemand von der medizinischen Seite geklagt hat. Im Sinne von Hörsturz, Tinnitus und Schmerzensgeld. Zumal die 150m unterschritten wurden. Laut sind die Teile ja doch.
Zitat Soldat:
„Show of Force oder harrassment von Demonstranten war nie der Plan.“
Woher will ER das denn wissen? Vielleicht war das nicht seine Intention, glaube ich gerne – aber er bekommt einen Befehl und führt ihn aus. Den Plan dahinter kennt er nicht.
Auch ein Tornado (oder sogar 2) im Tiefflug über 150 Meter ist immer noch ohrenbetäubend und erschreckend. Auch wenn das vielleicht einige Richter anders sahen.
Meiner Meinung nach war das schon Show of Force und ja, auch „harrassment“ und eben genau so beabsichtigt, was jetzt höchstrichterlich bestätigt wurde.
Schlimm an der Angelegenheit ist doch die permanente Wiederholung der 150 Meter (500 Fuß).
Als wenn ein Tornado im Tiefflug über ein innenpolitisches „Problem“ nicht auch in 200 Meter ein absolutes No-Go wäre. Zumindest dann, wenn nicht andere geeignete Mittel (Polizeihubschrauber mit Kameras) zur Verfügung stehen und Grundrechte verletzt werden.
„Die Polizei hatte damals auch nicht so viele Hubschrauber mit entsprechenden Fähigkeiten“
Auch das stimmt nicht.
In Rahmen der Amtshilfe bei diesen Großveranstaltungen werden genügend technische Mittel herangeschafft. Auch Hubschrauber mit Kameras waren genügend vor Ort oder hätten kurzfristig angefordert werden können. Auch Hubschrauber ohne festinstallierte Kamera (Hand-Digitalkamera vom Beobachter bedient) bringen genügend Erkenntnisgewinne, mehr als ein Tornado Recce.
Ich war selbst in Heiligendamm (oder genauer am Osttor am Strand in Börgerende, 3 km östlich von den G8-Hotels) und da war nichts los. (Außer dass die Gullideckel im Ort versiegelt waren, weil Börgerende eine Ausweichroute war)
Kein Demonstrant (ich war auch keiner), aber hinter dem Zaun (also im Sicherheitsbereich) eine Hundertschaft und weiter östlich im „Gespensterwald“ noch ein Zug oder auch eine Hundertschaft der Polizei in VW Bussen. Jede Annäherung von Demonstrationsgruppen wäre sofort bemerkt worden und es standen genügend Aufklärungsmittel zur Verfügung.
Die ganze „Action“ war auf einem ganz kleinen Areal im südlichen Bereich und die Demonstranten waren nicht mit Jetpacks ausgestattet und hätten ihre Demo nicht innerhalb von Minuten an einen anderen Ort verlegen können.
So zu tun, als hätte man 30 km² (siehe Fußnote) permanent mit Hubschraubern abfliegen müssen und deshalb Amtshilfe benötigt und diese nicht von anderen Polizeihubschraubern (oder anderen Aufklärungsmitteln) geleistet, sondern von Bundeswehrtornados, entbehrt jeglicher Grundlage.
Schon 2007 hatte die Bundeswehr auch noch andere Aufklärungsmittel als einen Jet im Tiefflug – falls alle Stricke der „normalen“ polizeilichen Amtshilfe gerissen wären.
Was sie aber niemals sind und auch absehbar war, dass diese Stricke nicht reißen werden.
Man möge nur einmal im Internet nach Bildern des Camp Reddelich suchen und die „Dimensionen“ sehen. Die Fanmeile in Berlin zur WM 2006 hatte ungefähr die gleiche Fläche/Ausdehnung und dafür benötige ich relativ wenige Polizeihubschrauber (mit Kameras) und auch eigentlich nur mehrere, wegen Auswechselung (Flugstunden).
Fußnote:
30 km², weil 30 km in jede Richtung kann der nicht ernsthaft meinen. Von Heiligendamm sind es Richtung Osten nach Rostock (200.000 Einwohnerstadt) nur 16 Kilometer, wenn er 30 Kilometer in jede Richtung meint, dann geht das zu überwachende Gebiet bis Fliegerhorst Laage.
Diesen großen Bereich sollte und wollte die Polizei niemals (!!!!) überwachen, ist auch völlig illusorisch.
@Dante:
Das wissen wir nicht so genau. Falls es jemand versucht haben sollte, welche Anspruchsgrundlage käme dann in Frage?
Gefährdungshaftung, §33 I LuftVG ? Nein, weil kein Unfall
Verschuldenshaftung, §253 II, §823 I BGB ? Über die Widerrechtlichkeit der Handlung wurde ja vorher schon gestritten, diese wurde aber zuvor von den Gerichten verneint (wenn auch nicht im Zusammenhang mit Schadenersatzforderungen). Nach der Entscheidung des OVerwG MV sähe das nun möglicherweise anders aus.
Das Urteil reicht sich ein in die juristische Erfolgsgeschichte des BMVg.
Als Insider kann ich nur unterstreichen, dass die Bindung an Recht und Gesetz innerhalb der Bundeswehr gemäß Art. 20 Abs. 3 GG leider oftmals nur als Orientierung und nicht als verfassungsrechtlichen Auftrag verstanden wird.
Zum Glück gibt es unabhängige Gerichte in Deutschland.
Tja, liebes BMVg, wie heißt es so schön: Shit happens! Gut gemeint bedeutet eben nicht gleich gut gemacht.
Evt. hätte ja auch ein anderes Aufklärungsmittel genügt, z.B. die Drohne Luna, die wäre noch nicht mal aufgefallen. Oder ein entsprechender Überflug einer P3C-Orion, oder der Aufklärungsflieger des Havariekommandos, etc.. So ein Jet im Tiefflug fällt eben unangenehm auf.
das problem ist nicht die BW. das problem war damals, dass die politik das zugelassen hat. mich wunderte schon damals, dass der einsatz an sich nicht vor dem BVerfG. gelandet ist, sondern dieser einzelfall. das GG gibt keinen solchen einsatz her. jeder kann das selbst nachlesen und niemand muss dazu jurist sein. das GG wird ja oft in diskussionen als argumentationsbasis (miss-)braucht. sehr sinnvoll daher, es selbst zu kennen.
Verständnis für die Sicht des Kameraden mit erweiterter Innensicht. Aber man muss halt auch immer schauen, wie eine bestimmte Maßnahme beim (möglichen) Adressaten oder Betroffenen ankommen könnte.
Ich würde das allerding nicht als „show of force“ bezeichnen, sondern als „chilling effect“. Vergleichbar mit dem Aufhängen von Kameraatrappen. Menschen, die sich beobachtet fühlen, verhalten sich anders, sodass schon der bloße Anschein einer Überwachung einen meßbaren Effekt hat.
Und da ist ein Recce-Tornado im Tiefstflug 114m über Grund schon ein beeindruckendes Spektakel. Egal, ob der gerade Bilder macht, oder nicht. Dass man als Demonstrant in einem Camp bei Überflug in deutlich zu geringer Höhe entsprechend aufgerüttelt wird, sollte eigentlich auf der Hand liegen.
@Roland09 Dass die Aktion nicht unbedingt angemessen war verstehe ich. Aber soweit ich weiß ist Krach machen und Leute erschrecken erstmal keine Straftat solange niemand Schäden hat. Und die müssen nachgewiesen und in Zusammenhang gebracht werden.
Die Bilder sollen also nicht geeignet gewesen sein, einzelne Personenzu identifizieren? Wer soll das glauben? Die Recce-Tornados sind mit hochauflösender Kameratechnik ausgestattet und haben in Syrien Stellungen von ISIS Kämpfern bei Überfügen in weitaus größeren Höhen ausgekundschaftet. Die Tonados gelten zwar als überaltert, aber die Aufklärungstechnik wurde doch immer wieder modernisiert.
Mit Kameras, die es erlauben einzelnen ISIS Kämpfer in Ihren Stellungen, quasi über die Schulter zu schauen, müsste man bei einem Flug in nur 150 m in der Lage sein einzelne Barthaare zu zählen.
Wenn die Aufklärungstechnik aber tatsächlich nicht dazu taugt, brauchbare Aufnahmen bei extremen Tiefflügen zu liefern, dann dienten die Überflüge tatsächlich nur der Einschüchterung der Demonstranten.
@all
Da hier auch die Frage nach den Möglichkeiten der verwendeten Aufnahmetechnik eine Rolle spielt: In einem der verlinkten Gerichtsurteile ist ausgeführt, die Bundeswehr habe im Verfahren angegeben, die dort eingesetzten Recce-Pods lieferten qualitativ schlechtere Aufnahmen als die damals zeitgleich in Afghanistan eingesetzten Recce-Pods.
Roland09 sagt:
08.09.2021 um 22:08 Uhr
„stünden heute bei weitem weniger eingreifende Möglichkeiten zur Verfügung als ein Kampfjet im Tiefflug.“
Würden Sie heute etwa einen Versuch mit D R O H N E N wagen???
Ist das hier der fragliche Überflug?
https://youtu.be/HHckcoM9_G8
Als ich die Schilderung des Fliegerkollegen (siehe Text von T. W. oben) las, dachte ich zunächst „Na klar, in so einem Fall ist es für den Pilot IMMER due to clouds, to maintain VMC“, aber das Video zeigt, dass in diesem Fall die Wolkenuntergrenze tatsächlich sehr tief lag und die Maschine fast drin hing. Diese Begründung ist also nicht vorgeschoben, wie es manchmal in der fliegerischen Praxis vorkommt.
Bleibt natürlich nach wie vor die Frage, was man mit diesem Überflug eigentlich bezwecken wollte. Welche Aufklärungsergebnisse sollte das denn bringen, was man mit anderen Aufklärungsmitteln nicht erbringen konnte? Es kann doch keiner ernsthaft erzählen, dass es im Jahr 2007 seitens Landespolizeien oder Bundespolitik zu wenig Hubschrauber gab.
@ TW Und dass ist das nächste Fass. Haben die wirklich gefilmt? Sind die Aufnahmen wirlich so schlecht. Und grade bei der Nassfilmtechnik sieht man tatsächlich jeden Fussel.
Streiche Bundespolitik, setze Bundespolizei.
Pham Nuwen sagt:
08.09.2021 um 22:12 Uhr
“
(In den Nullerjahren als Afghanistan losging, hatte die z. B. Wachmannschaft unserer Kaserne jeweils „nur“ 15 Schuss zur Sicherung der gesamten Kaserne am Mann – da sind 60 Schuss zum Selbstschutz für Sanis schon sehr heftig)
“
Als ich als Soldat ‚meine‘ Kaserne 1996 sichern durfte, hatte ich ’nur‘ 10 Schuss am Mann. Mein Streifenkamerad ebenfalls.
Das man bei einem Sanitätseinsatz im Inland am Rande eines zivilen Demonstrationsgeschehens überhaupt Waffen ausgibt, halte ich für extrem fragwürdig. Wenn man das aber schon macht, dann sollte man meinen, reicht eine Pistole. Geschickter wäre es halt dann auch Sanis ganz ohne und meinetwegen in der Nähe Feldjäger mit Waffen aufzubieten. Aber Sturmgewehr und 60 Schuss pro SAN-Soldat ist ja weit über jedem Maß. Das erweckt ja schon den Anschein als wolle man eine Amtshilfefähige Einheit (Sanität) im Zweifel für was anderes missbrauchen. Ich meine, wenn sie direkt Grenadiere geschickt hätten, dann wär es den Entscheidern wohl direkt zu heiss geworden mit dem Grundgesetz und dem Inneren und so….
Nebenbei: 60 Schuss pro Soldat hatten wir 1997 nicht mal während einer Gefechtsschiessübung im Gruppenrahmen (vom einzigen MG abgesehen)…
@Nils Z
Wenn die Mindestflughöhe eine Auflage war dann unterbleibt der Einsatz eben oder man fragt vorher an ob man davon abweichen darf.
Ich muss mal eine „Klugscheißer-Frage“ stellen, weil ich es wirklich nicht mehr weiß.
Was ist der Unterschied zwischen „Inneren“ und „Innern“? Und war das nicht ein Einsatz der Bundeswehr im Innern? Statt im Inneren?
Schließlich heißt das Innenministerium offiziell ja auch „Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat“.
Leider haben meine eigenen Internetrecherchen zu keiner befriedigenden Antwort geführt. Aber ich kann mich dunkel daran erinnern, dass es zwischen diesen Worten einen Unterschied gibt, weiß aber nicht mehr welchen.
Vielleicht kann mir ja jemand weiter helfen.
@T.W.
In Afghanistan wurde zunächst noch die Naßfilmtechnik verwendet. Nachdem es in vier Jahren nicht gelungen war, den Recce Light Pod für ITA auf Tornado zu integrieren, haben das zwei Personen von Rafael und der 61 in 6 Wochen hinbekommen.
@Kein Klugscheißer : Es gibt keine Unterschiede, was die Bedeutung angeht.
Grammatikalisch ist „Innern“ der Genitiv oder Dativ, Singular.
Des Innern oder dem Innern.
Nominative und Akkusativ gibt es nicht „ohne e“, also nur
Das Innere.
Aber nicht das Innern.
Die BW darf nur eingeschränkt im inneren / Innern eingesetzt werden.
Ist das selbe / gleiche.
@Alpha November:
Wenn man schon Gewehre ausgibt, dann kann man schon zwei Magazine füllen. (Wenn du etwas tust, tu es ordentlich.) Der Aufwand ist nicht höher dadurch.
Und nur, weil anno Tobak die Kasernenstreife lediglich ein paar Schuss dabei hatte (viel ging eh nicht in die Pistole), sagt das herzlich wenig zur damaligen Lage vor Ort aus.
Ich erinnere nur daran, dass unter anderem eine komplette Patientendekontaminationsanlage in Bereitschaft vor Ort war. War die ABC-Bedrohung komplett aus dem Po gezogen? Was meint der AG-Expertenkreis? 🙂
@MikeFox:
Drohnen? Wenn ich mich recht entsinne, ist zumindest zivilen Drohnenpiloten der Überflug einer Menschenmenge verboten. Vermutlich aus Gründen.
Welches Aufklärungsmittel man einsetzen würde, hängt sicherlich vom angestrebten Aufklärungsergebnis ab. Spekulation überflüssig.
Andererseits: Es ist nicht so, dass zumindest in NRW die Polizei nicht auch Drohnen einsetzen würde. Ich erinnere einen Fall aus den Jahren 2011 – 2013, aber da waren keine Menschenmengen in der Nähe. Es ging um Bandendiebstahl. Ich sehe aber die OT – Warnung des Hausherren…
@ Dante sagt:
09.09.2021 um 12:37 Uhr
Es geht nicht darum ob eine Straftat vorliegt. Strafrecht ist nur ein kleiner Teil des Rechts. Es geht darum, dass der Staat aus Sicht des Gerichts unzulässig in die Versammlungsfreiheit, eine der wichtigsten Freiheiten die wir haben, eingegriffen hat. Das ist eben nicht auf strafrechtlicher Ebene vom OLG sondern auf verwaltungsrechtlicher Ebene vom OVG behandelt.
Guten Morgen, nun ja, wahrscheinlich würde man heute das so nicht mehr machen. Aber beachtlich ist es doch, dass es 14 Jahre !!!! gedauert hat, bis eine Entscheidung durch das Gericht gefallen ist. Ob da jetzt unter 150 m geflogen wurde oder nicht, ob das ganze richtig war, oder nicht. 14 Jahre, meine Güte. das ist doch soviel Zeit. Da wissen selbst die Beteiligen doch nicht mehr, wie es war…..Das ist das Eigentliche Problem .
@Stöber
Ohne jetzt auf diesen Einzelfall einzugehen, gibt es regelmäßig Vorgaben US, wenn der US Präsident anwesend sein soll. Ob dies einfach grundsätzlich oder auf konkreten Erkenntnissen von der US Seite vorgegeben wird, ist reine Spekulation. Man kann auch das komplette KZ Buchenwald vor einem Obama Besuch abspüren. Man nimmt potentielle ABC Vektoren sehr ernst; gab ja auch schon ein paar Vorfälle in Großbritannien…
[„…an die Mecklenburger zurück verwiesen…“; Bemerkung an den Autor:] Kleiner Fehler: Greifswald ist Vorpommern. Da ist man sehr drauf bedacht.
Nun gut. Wenn man sich den Videoschnipsel oben ansieht kann an der Aussage dass die Bilder nichts geworden sind was drann sein. War ja anscheinend tatsächlich ne recht trübe Wolkenbrühe.
Ist denn eine Überwachung mit Drohnen zb Luna oder ähnliches aufgund der Menschendichte aus Sicherheitsgründen überhaupt zulässig? Da geht es ja auch um die Masse des Gerätes und ähnliches.
Die Kläger*In FÜHLTE sich bedroht … das schlägt im Deutschland des Jahres 2021 natürlich JEDE grundgesetzliche Rechtsnorm …^^
[Klar darf man auch Urteile von Gerichten in einem Rechtsstaat verachten. Das machen Sie aber anderswo und nicht hier. T.W.]
Ich möchte mal kurz einige Dinge gerade ziehen, bevor hier mit zu viel Spekulation etwas größer gemacht wird als es eigentlich war:
Zitat Tom Cruise:
“Woher will ER das denn wissen? Vielleicht war das nicht seine Intention, glaube ich gerne – aber er bekommt einen Befehl und führt ihn aus. Den Plan dahinter kennt er nicht.”
ER weiß es, weil ER damals federführend die gesamte Zielgebietplanung für die insgesamt ca. 20 Einzelziele (aus der Erinnerung) in einem Umkreis von ca. 30 km rund um Heiligendamm erstellt hat.
Wenn man keine Ahnung von ISR-tasking hat und welche und wieviele Personen darin involviert sind, dann sollte man auch keine Aussagen treffen, man wisse den Plan dahinter nicht. Wir sprechen hier von Besatzungen, Einsetzern, S2-Personal und Luftbildauswertern, die sich jedes Einzelziel vornehmen und schauen was genau und für welchen Zweck aufgenommen werden soll. Am Ende kommt ein Produkt raus, dass die Luftbildauswerter erstellen und was den Informationsbedarf des “Kunden” (in diesem Fall der Polizei) decken soll. Da sagt man nicht einfach per Befehl, Du fliegst dahin in der Höhe mit der versteckten Absicht da Demonstranten zu erschrecken oder gar einzuschüchtern, das funktioniert so einfach nicht.
“So zu tun, als hätte man 30 km² (siehe Fußnote) permanent mit Hubschraubern abfliegen müssen und deshalb Amtshilfe benötigt und diese nicht von anderen Polizeihubschraubern (oder anderen Aufklärungsmitteln) geleistet, sondern von Bundeswehrtornados, entbehrt jeglicher Grundlage.”
Die Flüge begannen weit vor dem eigentlichen Gipfel schon (ca. zwei Wochen). Es wurden bestimmte Zielgebiete von der Polizei identifiziert und ständig (täglich) immer wieder aufgeklärt, um auch eine change-detection zu ermöglichen. Und ja, da waren auch Ziele auf der A20 östlich des AK A20/A19 dabei. Es war ein durchaus größeres Aufklärungsgebiet und ich streite jetzt nicht, ob es 25 oder 30 km in jede Richtung waren, der Unterschied im Jet sind bei 5km ca. 25 sek länger in die eine oder andere Richtung…
Hätte die Polizei eigene Hubschrauber nutzen wollen/können? Vielleicht. Die Polizei hat halt ein Amtshilfeersuchen erstellt, das BMVg hat es genehmigt (Das politische Problem an diesem Ersuchen hätte hier identifiziert werden müssen). Für den Verband ein tasking wie immer, was man auch schon in diversen Hochwassereinsätzen (Oderbruch oder Elbe) oder bei vermissten Kindern (Penny, etc.) oder anderen Personen (Reemtsma) gemacht hat.
Zitat T.Wiegold:
“Da hier auch die Frage nach den Möglichkeiten der verwendeten Aufnahmetechnik eine Rolle spielt: In einem der verlinkten Gerichtsurteile ist ausgeführt, die Bundeswehr habe im Verfahren angegeben, die dort eingesetzten Recce-Pods lieferten qualitativ schlechtere Aufnahmen als die damals zeitgleich in Afghanistan eingesetzten Recce-Pods.”
Damals gab es die zwei unterschiedlichen Nassfilm-Pods. Den “Telelens” für größere Höhen und den “Trilens” für Tiefflug. In AFG wurde der Telelens genutzt, da die Aufnahmen aus 5000` gemacht worden sind. Der Telelens nützt einem nicht sehr viel im Tiefflug oder wenn zwischen Höhe Jet und Ziel sich Wolken befinden. Unter den Wolken im Tiefflug war der Trilens wiederum besser, auch wenn die besten Aufnahmen immer von der Telelens kamen.
Daher wurden die target runs damals auch jeweils für Telelens und Trilens separat geplant, je nachdem was Wetter sagte oder schlicht für den Fall das die Technik einen Flieger mit anderem Pod als ursprünglich geplant hinstellt (was durchaus öfters vorkam). Und ja, die Qualität der Telelens war sehr gut, die Trilens war nicht ganz so gut, aber für den Einsatzzweck zielführend.
Letztlich daher auch die 500`-Genehmigung für solch einen Flug (welche max. 20 min pro Mission auch wirklich geflogen werden durften und mit Zeit und Koordinaten auch nachgewiesen werden mussten), damit man im Zweifelsfall auch unter den Wolken bleiben kann. Normalerweise galt damals 1000` Minimum oder sogar 2000` über bestimmten Ortschaften.
Und weil das auch angesprochen worden ist, nein man konnte weder mit der Trilens, noch dem Telelens einzelene Menschen identifizieren geschweige denn die Bartstopeln zählen. Das geht auch nicht mit dem RecceLite, das ist eher im Bereich Hollywood angesiedelt. Man sollte Bedenken, die Kamera muss bei teils sehr hohen Geschwindigkeiten (480 kts) diese Bilder machen, gerade im Tiefflug ein Problem.
Zitat:
„Mich wundert dass da niemand von der medizinischen Seite geklagt hat. Im Sinne von Hörsturz, Tinnitus und Schmerzensgeld. Zumal die 150m unterschritten wurden. Laut sind die Teile ja doch.“
Leute ihr seid heute schon etwas empfindlich. Jeder Lw-Soldat und auch jeder direkte Anwohner von Lw-Flugplätzen erleben täglich mehr als 10 Überflüge unter 150 m. Beim Start, beim Landen, beim Durchstarten, beim Heimkommen einer 2er oder 4er Formation über dem Platz und anschließender Einreihen zum Landung.
Dabei kann nicht immer Gehörschutz getragen werden und im Lechfeld an der Schule wurde bis 2013 (Auflösung JaBoG 32) der Unterricht bei jedem Start einer Maschine für 1 -2 Minuten unterbrochen, weil keine Verständigung im Hörsaal mehr möglich war.
Aber ein paar Demonstranten, die selbst ohrenbetäubenden Lärm mit Trillerpfeifen, Trommeln, Tröten usw. machen wenn ein Autokorso vorbeifährt oder die Politiker sich im „Menschenbad“ bewegen, die wären in ihrer körperliche Unversehrtheit bei einem Überflug (ohne Nachbrenner) in 114 m Höhe gefährdet, ???
Laute Überflüge finden beim Start in 5 – 10m Höhe mit doppelten Nachbrenner und einem seitlichen Abstand von 50 – 100 m statt, aber nicht in 114 m Höhe ohne Nachbrenner !
Das „erleiden“ Lw-Soldaten auf den Flugplätzen mehrmals täglich, ohne Gerichtsentscheid auf körperliche Unversehrtheit !
@Tiefflieger: Danke für die Klarstellung.
@Tiefflieger
Das BMVG bekommt einen Amtshilfegesuch mit Ziel Aufklärung. Das BMVG hat mit Sicherheit im Vorfeld genau gewusst, dass eben auch Plan B eintreten könnte (also veränderte Wetterbedinungen wie Wolkendecke und damit gezwungenermaßen Tiefflug über Camp) und hätte dem Verband auch klipp und klar vorher diese Maßnahme verbieten können. (also kein Tiefflug über Menschenansammlung wie Demonstrations-Camp oder Demonstrationszüge)
Diese hätte man genau so dem Amtshilfeersuchenden im Vorfeld mitteilen können und mit ziemlicher Sicherheit wäre das praktisch auch möglich gewesen.
Also für diese wenigen Fälle hätte der Amtshilfeersuchende eine andere Aufklärungsmöglichkeit in Betracht ziehen müssen. (zum Beispiel Polizeihubschrauber) oder das BMVG hätte für diese Fälle eine andere Möglichkeit oder Möglichkeiten dem Ersuchenden vorgestellt. Ob ihr Verband diese andere Möglichkeiten ausgeführt hätte oder ein anderer Verband ist egal.
Ihre „change-detection“ hätten sie 20 km weit vor Heiligendamm ja trotzdem im Tiefflug machen können um somit den Amtshilfeersuchenden zu entlasten. Es sei denn, dort wären große Menschenansammlungen zum Zweck der Demonstration gegen den G8-Gipfel oder Unterkunftscamps der G-8 Demonstranten. Denn dies hätte das BMVG ja untersagt (ich rede von Tiefflug wegen Wolkendecke).
Da diese gesamte Planung schon Wochen vor dem Gipfel stattfand, wäre das alles auch kein Problem gewesen und mit Sicherheit wurde das Amtshilfegesuch im Vorfeld juristisch vom BMVG intern geprüft und auch ihr vorgestellter Plan wurde dann juristisch geprüft. Damit hat Ihr Verband natürlich nichts zu tun und das meinte ich mit „den Plan dahinter kennt er nicht“. Es ging beim Amtshilfegesuch eben nicht zu 100 % nur um Aufklärung.
Sie tun so, als wären ihre Vorgesetzten im BMVG naiv oder dumm und als gäbe es keinen kleinen Dienstweg zwischen diesen Personen und dem Amtshilfeersuchenden.
Mit „Er“ meinte ich, dass ihr Verband und alle Beteiligten Personen im Verband selbstverständlich nur ihren Auftrag ausgeführt haben und auch nur die Informationen bekommen, die sie bekommen sollen. Ihre Information war: Amtshilfe für Aufklärung von Zielen Im Zeitraum von bis.
Im BMVG wusste man aber was dann genau passieren wird oder passieren könnte und auch der Amtshilfeersuchende wussten dies genau oder wurde zumindest darauf hingewiesen.
@Tiefflieger
Die Prozesse im FGG2 sind mir bekannt (wenn auch nicht die der Lw). Hat die Bw also tatsächlich einen Aufklärungsplan (ICP, CCIR, etc.) erstellt, mit NAI/TAI? Und (non-lethal) targeting? Nach Rahmenvorgaben der Polizeiführung?
Das wäre dann nun doch etwas heftig.
@ Tim Cruise:
Ich schrieb ja bereits, der Fehler lag im Prinzip bei der Genehmigung im BMVg.
Zu Ihren Vermutungen über Abläufe und Intentionen im Ministerium und evtl. realen Absichten dahinter werde ich mich zurück halten. Man kann auch hinter allem eine Verschwörung sehen, wenn man es denn unbedingt sehen will.