Vormarsch der Taliban in Afghanistan: Jetzt offensichtlich Kunduz erobert (Update)
Nach dem Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan haben die Taliban in schneller Folge ihre Gebietsgewinne ausgedehnt. Nachdem in den vergangenen Tagen bereits zwei kleinere Provinzhauptstädte in die Hand der Taliban fielen, haben sie nun offensichtlich Kunduz im Norden des Landes erobert – angesichts des jahrelangen Bundeswehrengagements in dieser Stadt macht das auch hierzulande bewusst, wie schnell die Regierung in Kabul die Kontrolle verliert.
Die Meldungen über den Fall von Kunduz am (heutigen) Sonntag wurden internationalen Medien von mehreren Offiziellen bestätigt, auch wenn noch von Versuchen der afghanischen Streitkräfte die Rede war, die Stadt wieder unter ihre Kontrolle zu bekommen. Dabei soll es auch Luftangriffe vermutlich der afghanischen Luftwaffe gegeben haben, die nach verbreiteten Bildern Ziele in der Stadt selbst trafen.
Aus den Meldungen dazu – von der New York Times:
The Taliban seized the city of Kunduz in northern Afghanistan on Sunday, officials said. It is the first major city to be overtaken by the insurgents since they began their sweeping military offensive in May.(…)
“All security forces fled to the airport and the situation is critical,” said Sayed Jawad Hussaini, the deputy police chief of a district in Kunduz city.
und von der BBC:
The Taliban have captured the key northern Afghan city of Kunduz after fierce fighting with government forces. A local official told the BBC all but the city’s airport had fallen to the militant group.
Chaotic scenes have been reported inside Kunduz, with buildings and shops ablaze. The Taliban’s flag has been seen raised in the city centre.
Vom Wall Street Journal:
Afghan government defenses collapsed in key cities in northern Afghanistan on Sunday, as the Taliban seized the strategic hub of Kunduz and pushed into other provincial capitals, taking advantage of the American military withdrawal.
In addition to Kunduz, the Taliban captured the provincial capital of Sar-e-Pul and were on the verge of completing the takeover of Taloqan, the capital of nearby Takhar province. The insurgents already seized two of Afghanistan’s 34 provincial capitals on Friday and Saturday, and Sunday were battling government forces on the outskirts of major urban centers Herat and Kandahar.
Auf den Taliban nahestehenden Acccounts in sozialen Medien wurden Bilder verbreitet, die Explosionen im Stadtzentrum als Folge des Luftangriffs afghanischer Streitkräfte zeigen sollen (Foto oben), zudem Videos aus dem eroberten Polizeihauptquartier der Stadt und vor Vormarsch der Aufständischen:
#Taliban in newly conquered police headquarter of #Kunduz pic.twitter.com/20ZqDNksA4
— Tariq Ghazniwal (@TGhazniwal) August 8, 2021
#Taliban red unit arrive to #Kunduz in patrol in the city. pic.twitter.com/L7UtHlcmR6
— Tariq Ghazniwal (@TGhazniwal) August 8, 2021
Die Bundeswehr war zwar bereits seit Jahren nicht mehr dauerhaft in Kunduz präsent. Ihre Stationierung dort war aber nicht nur ein wesentlicher Teil der internationalen wie der deutschen Strategie in Afghanistan – sondern wurde, nicht zuletzt wegen der in dieser Region gefallenen Soldaten, in der deutschen Wahrnehmung zum Symbol des Einsatzes am Hindukusch.
Update: Die quasi offizielle Meldung der Taliban:
KUNDUZ, Aug. 8 – Mujahideen of the Islamic Emirate following a series of victories conquered the provincial capital of Kunduz province, the Governor’s Office, Police Headquarters, prison, Intelligence agency, Bala Hissar, the entire city and its environs.
Likewise, the capital of Sar-e-Pul province, the entire city, all government buildings and facilities were also taken over by the Mujahideen of the Islamic Emirate.
In both provinces, Mujahideen have seized from the enemy possession thousands of light and heavy weapons, a large number of military vehicles, equipment and ammunition.
The Islamic Emirate once again calls on the authorities and the combat forces in all provinces of the country to stop fighting and join Mujahideen as its door is always open to them.
In another report from Kunduz province, 2 posts were taken over and 1 enemy soldier was killed and 2 more were captured with a large number of arms and ammo.
(Foto: Aufnahme aus Kunduz nach einem angeblichen Luftangriff der afghanischen Streitkräfte – Foto via offiziellem Twitter-Account des „Islamischen Emirats Afghanistan“)
Nachdem laut BBC die Stadt Kunduz(mit Ausnahme des Flughafens) von der Taliban erobert worden sein soll, stellt sich für mich die Frage, was passiert mit den Afghanen dort, die in Kunduz jahrelang für die BW gearbeitet haben? Konnten diese Dolmetscher und sonstigen MItarbeiter ausreisen oder sitzen diese jetzt dort in der Falle und sind der Rache der Taliban ausgeliefert?
Ich bin sicher, daß wenn die BW noch kämpfend in Kunduz wäre, die Stadt niemals von der Taliban hätte erobert werden können. Und in der bisherigen Diskussion über den deutschen AFG Einsatz kommt mir einfach zu kurz, daß solange der ISAF Einsatz lief, die Taliban keine Provinzhauptstädte erobern konnte, die militärsiche Lage nicht toll, aber doch stabil war. Erst seit der Beendigung von ISAF ist die Taliban groß auf dem Vormarsch.
Wir haben die Menschen in Kunduz mit unserem Truppenabzug, obwohl es keinen Friedensvertrag mit der Taliban existiert und erst Recht kein Sieg über die Taliban, im Stich gelassen.
Wir ersparen uns damit weitere Tote oder Verwundete Soldaten dort. Aber ich halte diese „Vietnamisierungspolitk“ und die Beendigung von ISAF weiterhin für falsch. Wir hätten weiterkämpfen sollen.
Starten die TB jetzt auch eine „hearts and minds“ Kampagne? SARC OFF. Das Aufnahmeprogramm für die ehemaligen Ortskräfte dort hat sich damit wohl erledigt.
@Closius
Das wäre dann für uns – ich übertreibe – so ausgegangen wie Alamo oder Camerone. Übrigens hatte die westliche Allianz durchaus einen Vertrag mit den TB, den die USA auch in unserem Namen (wenn vielleicht auch nur mit unserer stillschweigenden Zustimmung) abgeschlossen haben.
Weshalb hätten die TB für sie unnötige Verluste in Kauf nehmen sollen? Wenn der Apfel reif ist fällt er vom Baum, man kann natürlich durch etwas schütteln die Angelegenheit beschleunigen.
Die ANA wird sich auflösen da die Soldaten zu ihren Familien zurückkehren werden. Wird überhaupt noch Löhnung gezahlt?
Closius sagt:
08.08.2021 um 10:32 Uhr
„…Ich bin sicher, daß wenn die BW noch kämpfend in Kunduz wäre, die Stadt niemals von der Taliban hätte erobert werden können. ….Wir haben die Menschen in Kunduz mit unserem Truppenabzug .. im Stich gelassen….“
Es war allein der Entschluss des jetzigen US Präsidenten, aus AFG abzuziehen. Deutschland hatte in AFG nie etwas zu melden. Wir waren dort nur eine – relativ klägliche – Vasallentruppe. Ab 2009 wurden erhebliche US-Kräfte gerade auch nach Nord-AFG verlegt, da die Bundeswehr schlichtweg militärisch nicht in der Lage war, den erstarkenden Taliban dort etwas entgegenzusetzen. Im BMVg befürchtete man damals bereits, man müsse eventuell das General-Kommando über den TAAC-North abgeben, da die US-Kräfte die der Bw zahlenmässig überstiegen. U.a. hatten die USA damals neben Spezialkräften eine Infanteriebrigade, eine Kampfhubschrauberbrigade und Minenräumeinheiten in den TAAc-N verlegt.
Zu behaupten die Bundeswehr hätte die Sicherheit im Raum Kunduz damals gewährleistet oder heute gewährleisten können ist unangebrachte Hybris.
Mich beschleicht das Gefühl, dass die zur Zeit laufenden Verhandlungen mit den Taliban (die ich hier mal nicht bewerten will), mitunter eine Hinhaltemethode sind, bis alles erobert ist. Danach werden sie sagen: „Danke für das Gespräch. Kein Interesse.“
20 Jahre lang wurde erzählt, wie wichtig das Engagement in Afghanistan ist und dass die Taliban der Feind sind. Und jetzt sind alle wieder daheim und schauen zu, die Hände in den Schoß legend, wie die Taliban riesige Erfolge feiern und teilweise ehemalige Ortskräfte ermorden, entgegen ihrer früheren Behauptungen, dass diese sich vor ihnen nicht fürchten müssten.
Man kommt aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus.
Es ist eine Schande…und ein Jammer!
@Closius
„Wir hätten weiterkämpfen sollen.“
Warum sollten Deutsche dort kämpfen, wenn offensichtlich noch nicht einmal eine hinreichende Anzahl von Afghanen trotz massiver internationaler Unterstützung dazu bereit war bzw. ist, für ihr eigenes Land zu kämpfen? Wer als Mann nicht dazu bereit ist, in den Krieg für sein Land zu ziehen, wird eben von anderen beherrscht werden und verdient es auch gar nicht anders.
[Damit wir nicht bei dem Muster „eine starke Behauptung ist besser als ein schwacher Beweis“ stehen bleiben – Sie haben sicherlich Belege für Ihre Behauptung? Oder bleibt’s bei dem „wer als Mann…“-struktierten Wunschdenken? T.W.]
@Megaira
Ich denke den Taliban wird bewusst sein, dass die ehemaligen Ortskräfte von zu großem Nutzen sind, als dass sie sie einfach töten.
Die Ortkräfte haben sich das Vertrauen der jeweiligen NATO-Länder erarbeitet mit denen sie kooperierten, sprechen eine Fremdsprache und haben gute Chancen Asyl zu bekommen.
Mit der Familie als Druckmittel in der Hand der Taliban, eröffnen sie ganz neue Möglichkeiten Terror zu verbreiten.
Hoffen wir, dass das was ich grade impliziert habe nur eine pessimistische Fantasie bleibt, die ins Reich der Verschwörungstheorien gehört.
Wenn die Taliban in der Geschwindigkeit weitermachen, stehen sie nächste We um die Zeit in Mazai i Sharif. (Wie auch immer dass geschrieben wird). Maps sagt 180 km auf Strasse entfernung von Kundus. Ist etwa Berlin-Cottbus. Und dass ist nicht viel. Selbst zu Fuß.
Einfach nur eine zutiefst erschreckende Entwicklung in einer unglaublichen Geschwindigkeit, die u.a. ihre Ursache in besseren, inneren sozialen Organisation der Talibs als „Armee der unterdrückten Minderheiten“ hat, worauf das longwarjournal und auch das rollingstone in ihren letzten Artikel hingewiesen haben:
„The Taliban offensive is part of a strategy years in the making. Afghanistan’s north has long been the stronghold of warlords who command large militias of ethnic Tajiks, Uzbeks, and Hazaras with a history of fierce resistance to the Taliban, whose traditional powerbase is the Pasthun-dominated south and east of the country. But experts say the insurgents have systematically recruited from minority communities, winning over leaders and foot soldiers who feel abused and marginalized, or unprotected by the government, a shift that has fueled the Taliban’s expansion in the region to a level not seen since the U.S.-led invasion in 2001. The Afghanistan Analysts Network, a Kabul-based think tank, asserts that the Taliban strategy in the north “looks like a preemptive strike to prevent a northern opposition from organizing.”
Die haben genau die Strategie der Herzen politisch, militärisch und sozial in Regionen umgesetzt, die als Bollwerk galten.
(Herr Wiegold, ich weiss nicht, ob der Link hier erlaubt ist, also ich entschuldige mich schon vorher, wenn das nicht erlaubt sein sollte:
https://www.rollingstone.com/politics/politics-features/us-withdrawal-from-afghanistan-battle-for-kunduz-1199417/)
Man kann nur hoffen, dass die angekündigten Gegenoffensiven durch die afgahnische Regierung einen militärisch umsetzbaren und erfolgreichen Hintergrund haben…
@TW
„Mit einem Durchschnittsalter von 23,7 Jahren ist die afghanische Bevölkerung in Deutschland relativ jung. Unter den afghanischen Einwohnerinnen und Einwohnern, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, besteht ein Geschlechterungleichgewicht: der männliche Bevölkerungsteil übersteigt den weiblichen um rund 80.390 Personen.“
https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/laenderprofile/288717/afghanische-migration-nach-deutschland
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/464108/umfrage/auslaender-aus-afghanistan-in-deutschland/
[Äh, das bezieht sich jetzt worauf? Von Afghanen in Deutschland ist hier nicht die Rede, es geht schon um Afghanistan. T.W.]
@Dante
Zwischen KDZ und MeS befinden sich wie viele Riegelstellungen der ANA? Und sind sie nicht dort schon präsent?
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/afghanistan-taliban-masar-i-scharif-100.html – der Bericht ist vom 06.07.2021.
Und falls erlaubt: https://web.de/magazine/politik/hibatullah-achundsada-beherrscht-afghanistan-36053394
Ist dass richtig übersetzt. „Die Sicherheitskräfte flohen auf den Flughafen und die Situation ist kritisch“? Bei einer Stadt mit 350000 ew müssen dass hunderte sein. Sitzen die jetzt in der Falle und warten von wem auch immer ausgeflogen zu werden?
@CallSignRomeo: Den Gedanken hatte ich auch… und im speziellen aber auch generellen sollte sich Deutschland da einen eisernen Handschuh zulegen.
Es scheint ja generell die Tendenz unter Autokraten wie Extremisten zu bestehen, man könne ungestraft Macht nach Deutschland projizieren.
Erinnere mich da an einen Kommentar von @Eric Hagen zur Erweiterung des Aufgabenspektrum angelsächsischer SOF.
Wieso zu Fuß? All die schönen Polizeiautos laufen bestimmt noch, bzw. lassen sich reparieren. Ganz abgesehen von der sonstigen Ausrüstung von ANP und ANA.
@Roland09 Ich sah im Video neue Ford Ranger. Ist aber wie bei den Bildern aus Libyen. Es ist der Hammer was da teilweise rumfährt. Sollte es soweit kommen dass die Taliban einen Motivationsschub bekommen, könnte es natürlich sein dass sie recht schnell bis nach Kabul durchmaschieren mit den zurückgelassenen Waffen der ANA. Wollen wirs nicht hoffen.
@CallSignRomeo
Die Taliban sind noch nie außerhalb Afghanistans aktiv geworden. Das ist im Grunde eine Paschtunische Aufstandsbewegung die keinerlei Interesse daran haben internationalen Terrorismus zu exportieren. Gestürzt wurden sie durch die USA nur deshalb weil sie eine Zusammenarbeit versagt haben.
Bruno Maçães, Politikwissenschaftler, Autor und früherer Europaminister von Portugal ist gerade in Kabul. Interessant was er auf Twitter schreibt.
@ T Melber Die infiltrieren halt. Aber soweit dass sie die schwarze Fahne auf das Rathaus in Mazar i scharif hängen sind sie noch nicht. Kann sich pessimistisch aber nur um Tage handeln. Und zur Erinnerung. Dass sind alles keine Bauerndörfer.
Auch im Epilog dieses Dramas zeigen sich die grundlegenden Defizite:
https://mobile.twitter.com/n_roettgen/status/1424346864665698308
Röttgen bringt militärische Fähigkeiten aus Europa und Deutschland in die Diskussion, um das komplette Scheitern abzuwenden.
An Realitätsnähe hat es der deutschen Afghanistanpolitik ja seit 20 Jahren gemangelt, aber das ist dann noch nochmal ein besonders prägnantes Beispiel.
Wunderschönes Beispiel für die Naivität unserer Politiker:
https://mobile.twitter.com/n_roettgen/status/1424346862551773185
„Wir müssen verhindern, dass die Taliban bis zum Herbst wichtige Städte oder gar Kabul einnehmen. Wenn das passiert, besteht keine Aussicht mehr auf eine politische Verhandlungslösung für Afghanistan.“
Zum Thema ‚Verhandlungslösung‘: Die Taliban haben immer gesagt dass sie nur mit den USA verhandeln werden in deren Rolle als Besatzungsmacht. Einziges Thema: Abzug der Besatzungstruppe. Von welchen Verhandlungen spricht also Herr Röttgen?! – Die Taliban verstehen sich doch selbst als legitime Afghanische Regierung (‚Islamic Emitrate of Afghanistan‘). Nach dem Abzug der Besatzungstruppe verhandeln die doch nicht mehr mit der ‚Marionettenregierung‘, das haben sie immer so gesagt. Nur im Deutschen Bundestag hat man’s nie verstanden.
Zum Thema ‚WIR müssen verhindern…‘: Herr Röttgen, bitte melden sie sich umgehend beim nächsten BW-Karrierecenter…
Taloquan soll auch gefallen sein:
https://pajhwok.com/2021/08/08/most-areas-of-taloqan-fall-to-taliban-sources/ (leider kann ich die Twittermeldung von AFP nicht öffnen)
Naja. Die einzige Variante die mir einfällt wäre sich Millitärisch an der Sicherung von Kabul zu beteiligen. Also Aufklärung und Wirkung mit Drohnen bis hin zu Artillerie und anderen Wirkmitteln. Natürlich in Abstimmung mit allen. Noch ist erwas Zeit. Die Taliban werden kommen.
@ T. W.
Was Thomas Melber um 15:41 wohl sagen wollte, ist, dass es eine ganze Menge afghanische Männer im wehrfähigen Alter in Deutschland gibt. Die fehlen jetzt. Da bin ich bei Thukydides.
@Dante
Die Pickups sind relativ wurscht. WENN die Schlüssel dafür da sind, kann man sie nutzen.
Das hier ist Schlimmer, in so einer Polizeistation sind nicht nur Pickups:
https://twitter.com/TGhazniwal/status/1423981835751772165
Wäre ich jetzt in Kabul, würde ich packen. Als alter weisser Mann bist du bei den Talib durch. Erst recht wenn man gerne Rammstein hört. Im Ernst! Dass kann sehr schnell gehen. Wäre ich in Kabul, wäre ich lieber in Berlin.
@Thomas Wiegold
„ Die Bundeswehr war zwar bereits seit Jahren nicht mehr dauerhaft in Kunduz präsent.“
Die alte Mär, dass man ja nicht dauerhaft aber temporär in Kunduz war, ist seit spätestens Anfang 2018 ein
Mythos. Das eTAA und insbesondere die DCSU war dort dauerhaft vor Ort.
https://www.neubrandenburg.de/Quicknavigation/Startseite/Neubrandenburg-hat-Platz-im-Camp-Kunduz.php?object=tx,2751.5&ModID=7&FID=2751.6175.1&NavID=2751.45.1
https://wehrmed.de/fuehrung-organisation/der-menschlichkeit-verpflichtet.html
https://m.youtube.com/watch?v=I8eqoC7hCbU
Mal Off-Topic….weiß jemand, weshalb die ANDSF derzeit G36 haben (Siehe Link)
https://intpolicydigest.org/the-platform/afghanistan-s-atta-muhammad-nur-national-mobilizations-will-succeed-in-stopping-the-taliban/
[Schon klar, das mit Kunduz, wie auch hier auf AG mehrfach berichtet, z.B. hier
https://augengeradeaus.net/2020/02/fuers-archiv-erneuter-moerserangriff-auf-camp-in-kunduz/
Allerdings ist eine Beratergruppe plus DCSU ja kaum mit der Präsenz eines PRT vergleichbar…
T.W.]
@Memoria: Jedem Aussenpolitiker hätte klar sein müssen, dass die Beendigung Von ISAF zum Vormarsch der Taliban führen muss. Die Taliban hatte seit dem Ende von ISAF und dem Abzug der Bw schon zweimal nach Kunduz eindringen können, nur amerikanische Luftschläge konnten die Taliban wieder vertreiben. Deshalb wurden auch 100 Deutsche Soldaten wieder in Kunduz stationiert, um die Afghanische Armee zu beraten, damit Kunduz nicht fällt. Aber mit dem Abzug der Bw wurden auch diese Berater abgezogen. Was Röttgen sagt, gibt keinen Sinn, denn um Afghanistan zu halten, müsste eine neue Militär Invasion in der Größe von ISAF gestartet werden, was keine Regierung eines Nato Staates will. Und wenn man nur Menschen schützen Will, wird dies ohne die USA sehr schwierig. Die Bw könnte Kunduz oder Masarif zu Festungen erklären und schützen, aber dafür müsste es einen politischen Willen geben, einen Bundestagsbeschluss und die Bw müsste ein paar tausend Soldaten wieder nach Afg verlegen, über Jahre. Ich sehe nicht, wie Röttgen dafür eine Mehrheit finden will.
@Memoria:
+1
Das jetzt soll kein Politikerbashing werden, aber Norbert Röttgen hat keinerlei praktische Auslandserfahrung. Das ist ein reiner Theoretiker und jeder Botschaftsmitarbeiter hat mehr Ahnung von der Wirklichkeit in der Welt.
Zitat Röttgen:
„Unser Ziel muss sein, den #Taliban klarzumachen, dass sie das Land nicht militärisch und gegen den Mehrheitswillen in ihre Gewalt bringen können. Nur als Teil einer politischen Lösung dürfen sie eine Rolle spielen. Daher müssen wir verhindern, dass jetzt Fakten geschaffen werden.
Daran sollte sich auch die #Bundeswehr beteiligen aus eigener Betroffenheit & aus Verantwortung für das Erreichte im Land. Momentan geht es vor allem darum, die #Taliban durch Luftschläge zu stoppen, womit die USA bereits begonnen haben.“
1. „Mehrheitswille“ – kann man schon mal darüber streiten, wenn die eigene Armee/Polizei teilweise flieht oder Waffen niederlegt.
2. „müssen wir verhindern, dass jetzt Fakten geschaffen werden“ – und das sagt ein außenpolitischer Experte – der sieht die Fakten schon gar nicht mehr, wenn sie auf dem Silbertablett serviert werden.
3. „Luftschläge“ – Das funktioniert nur nicht lange und das wissen auch die Taliban. Luftschläge kosten auch Zeit und Geld und man kann diese nur zeitlich begrenzt ausführen (nicht dauerhaft) und dann muss bodengebunden etwas kommen.
Jetzt kann man als Theoretiker natürlich sagen:
„Ja die ANA und die Afghanische Regierung benötigt nur diese (kurze) Zeit um sich für einen Gegenschlag zu formieren.“
Aber der Praktiker wird sagen:
„Dafür hatten die Jahre (!!!) Zeit und das momentane Schauspiel ist die Essenz dieser Mühen.“
Gerade weil man Ortskräfte jetzt und schon seit Monaten in Stich gelassen hat, wird man da auch nicht gerade auf großes Vertrauen in Teilen der Bevölkerung stoßen. (verständlich)
Auch wenn der kleine Soldat mit ehrbaren Zielen in den Krieg zieht, ein Stücken von der Welt besser zu machen, wird dies nicht von Ihm sondern von der Politik entschieden. Das muss der deutsche Soldat noch lernen.
Und wenn man in 20 Jahren keinen Frieden in einen Land schaffen kann und dies mit absoluter Waffentechnischer Überlegenheit, dann man vielleicht mal hinterfragen, warum.
Wenn der Gegner nicht die Unterstützung im Land hätte, würden sie nicht so weit kommen. Dies war schon immer so in den Kriegen, und es zeigt sich auch jetzt wieder.
Und jetzt wieder Anfangen zu überlegen, wieder zurück zu kehren, um die Taliban zu bekämpfen, wieder für 20 Jahre? Würde das die Bundeswehr überhaupt stemmen können, wieviel der Einheiten der BW waren in Afghanistan waren Kampfeinheiten und Unterstützungstruppen? Und selbst damals was hätte die BW ohne ihre Verbündeten stemmen können? Ein erneuter Einsatz, wäre was würde da von der BW gefordert werden, und was könnte sie leisten? Ich denke, dass Thema Afghanistan ist für uns Abgehakt.
Schadensbegrenzung wäre nur noch, dass man die Leute raus holt, die loyal zu den Truppen war und sie unterstützt hat. Mehr kann man nicht tun. Und für die Zukunft, auf diplomatischer Ebene, die Taliban für voll nehmen und das beste raus holen. Es ist nun mal eine andere Kultur, und da ist das Werte denken eine andere, und nicht weil sie anders denken, sie mit Krieg überziehen.
wo sind jetzt eigentlich diejenigen die immer krakeelt haben es gäbe keine „militärischen Lösungen“ ?
für den (jetzt ehemaligen) gegner scheint selbige durchaus erfolgreich durchführbar.
Tragigkomisch finde ich auch die ganzen 180 grad wendungen derjenigen die bis vor kurzem noch den „sofortigen abzug“ der „nato imperialisten“ gefordert haben und sich jetzt am lautesten über das „im stich lassen“ von „mädchenschulen,menschenrechten und ehemaligem deutschen hilfpersonal“ mokieren.
das kann man wohl nur verstehen wenn man weltanschaulich gefestigt genug ist
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Über Afghanistan hinaus wird interessant welche lehren ähnliche islamistische gruppierungen weltweit aus deren vorgehen ziehen. Das wird imho die strategish relevante frage, insbesondere für europa
Ich war zwar nie dafür Afghanistan über Nacht alleine zu lassen aber jetzt wo es so gekommen ist kann ich folgende Argumentation nachvollziehen:
Es ist jetzt ein regionales Problem der Nachbarländer. Iran, Pakistan, China, Rußland und Satellitenstaaten. Alles keine Freunde des Westens, alle in aktiven Konflikten mit dem Westen. Wieso sollte man diesen Ländern den Hinterhof kehren? Jetzt wo alles hochkocht haben diese Länder genau eine Chance: Schnell zu retten was vom afghanischen Staat übrig ist oder einen Hort der sunnitischen Extremisten entstehen zu lassen.
Daß dabei aus Konflikten in der Ukraine, Syrien, südchinesischem Meer usw Truppen abgezogen werden müssen ist unvermeidlich.
Und jetzt frage ich: Was würde es UNS realpolitisch bringen jetzt nocheinmal in Afghanistan einzugreifen?
Ich will dem ganzen Mal ein Gesicht geben. Shebergan, Sar I Pul, Taloqan. In all diesen Orten habe ich seinerzeit afghanische „Polizisten“ (ANP) „ausgebildet“. Es würde mich wundern, wenn mehr als 10 Jahre danach auch noch mehr als die Hälfte der jungen Burschen am Leben sind.
Wir haben diese Aktionen mit einem hohen Preis bezahlt. Aber immer wurde uns ein Sinn, ein Ziel vermittelt.
Die Empfindungen, die ich jetzt dabei habe, wenn ich die Nachrichten der letzten Tage, und insbesondere die Aussagen von Herr Röttgen lese, kann ich gar nicht in Worte fassen.
Und noch viel mehr frage ich mich, wie es jetzt den Angehörigen der Kameraden gehen muss, die damals nicht mit uns im Passagierraum zurück geflogen sind.
@SvD Da weiß man ja garnicht was schlimmer ist. Dass sie die irren Mengen an Waffen erbeuten. Oder dass sie sie so lieblos auf den Jeep schmeissen.
@Küstengang01
Die Taliban gewiss nicht, aber die al-Qaida.
Wegen ihr war die NATO doch überhaupt erst in Afghanistan.
Und nun, mit dem Wiedererstarken der Taliban wird auch die al-Qaida eine Renaissance erleben.
https://www.tagesspiegel.de/politik/schwere-anschlaege-gegen-den-westen-befuerchtet-al-qaida-wird-vom-abzug-der-nato-truppen-aus-afghanistan-profitieren/27102682.html
Und wie ich zuvor geschildert habe bieten sich jetzt durch die zurückgebliebenen Ortskräfte ganz neue Perspektiven für den internationalen Terrorismus.
Themenwechsel:
Vielleicht kennen einige hier die 36 chinesischen Strategeme.
Strategem 16 lautet „Will man etwas fangen, muss man es zunächst loslassen“ oder wird auch oft als Scheinrückzug bezeichnet.
Eine der geläufigsten Interpretationen davon ist, dass man dem Gegner seinen unmittelbar bevorstehenden Sieg vorzutäuschen soll, um ihn aus der Defensive zu locken.
Um es Mal an zwei Beispielen zu erklären:
Kürzlich gab es ja das Wettrennen der Milliardäre um den ersten touristischen Flug in den Weltraum.
Es sah so aus, als würde Richard Branson dieses Rennen verlieren. Jeff Bezos legte in der Gewissheit in Führung zu liegen den Termin für seinen Start auf den 20.06.
Diese falsche Gewissheit nutzte Branson indem er völlig unerwartet seinen Start auf den 11.06. legte und kurzerhand das Rennen für sich entschied.
Ich erzähle das alles, weil ich tatsächlich nicht ausschließe, dass die NATO nochmals eine Gegenoffensive starten könnte.
Für die meiste Zeit der NATO-Aktivität in Afghanistan waren die Taliban untergetaucht. Sie befanden sich in einem Zustand in dem sie sich kaum bekämpfen ließen.
Nun aber, da sie sich wieder aus der Deckung trauen und öffentlich zeigen, sind sie auch wieder angreifbar. Es ist fast ein bisschen wie bei einem Whac-a-mole Spieleautomaten. Man muss warten bis der Maulwurf seinen Kopf heraussteckt um ihn treffen zu können.
Nun bietet sich für den Westen die Gelegenheit in den asymmetrisch Kampf überzugehen.
Hierzu möchte ich auf Operational Detachment Alpha 555 and 595 der 5th Special Forces Group verweisen, die jeweils nur aus 12 Mann bestanden.
Im Oktober 2001 wurden sie mit 3 Millionen US Dollar in Afghanistan abgesetzt, um sich die Treue der Nordallianz zu erkaufen und durch koordinierte Luftschläge bei der Befreiung von Mazar-i-Sharif zu unterstützen und so einen Brückenkopf für weitere US-Truppen zu errichten.
Es braucht gar keine große Bodenoffensive, sondern nur ein paar dutzend disruptiv wirkende Spezialkräfte, die mit Hilfe der unangefochtenen Lufthoheit die nun wieder angreifbaren Taliban von der Machtübernahme abhalten.
Darunter ist die volle Bandbreite der asymmetrischen Kriegsführung zu verstehen: Nachschublinien unterbrechen, Nachtlager angreifen, Kommunikation stören, Falschinformationen verbreiten, Milizen formen, ausrüsten und ausbilden, etc,
@wacaffe +1
Wenn westliche Politiker sagen, es könne keine militärische Lösung geben, meinen sie eigentlich, dass es keine geben kann, die ihnen gefällt.
Leider nimmt die Debatte in Deutschland gerade volle Fahrt in die falsche Richtung auf. Die Ergebnisverantwortung für die Entwicklung der Lage wird „dem Militär“ angelastet, andere Akteure werden ausgeblendet * hüstel * Auswärtiges Amt * hüstel * Als Lehre schwingt zwischen den Zeilen eine generelle Ohnmachtserwartung beim Einsatz militärischer Mittel zur Erreichung politischer Ziele mit, so als habe dieser Einsatz die Zwecklosigkeit von Auslandseinsätzen restlos bewiesen. Ohne Frage wurden von Seiten der BW auch Fehler gemacht, doch in letzter Konsequenz kann man den Konflikt nicht für die talebanfeindlichen afghanischen Kräfte von außen für diese führen, das müssen diese schon selbst machen. Wir haben uns, so meine ich, redlich bemüht, ihnen dabei zu helfen. Insgesamt scheint diese Hilfe nicht so angenommen worden zu sein, wie wir uns das erhofft haben (das Geld natürlich schon)
Nach 20 Jahren hat es der Westen geschafft aus Afgahnistan abzuziehen. Warum sollten wir jetzt wieder rein. Den Entscheidern (also eigentlich hat das ja President Biden alleine für alle Verbündeten entschieden) waren die Analysen der Nachrichtendienste bekannt und da stand drin das ein Fall von Kabul und der Afgahnischen Regierung innerhalb von 6 Monaten nach Abzug zu erwarten ist. Der BND/MAD wird das der Bundesregierung wohl auch kund getan haben.
Anders als Anfang der 90’er sind die Warlords und Milizen wohl nicht bereit gegen die Taliban zu Felde zu ziehen, da wird man wohl im Geheimen Absprachen getroffen haben.
Die Erde wird sich auch in Kabul weiter drehen wenn die Stadt gefallen ist. Dem Westen bleibt dann nur die Erkenntnis daß seine Hightech Armeen ein Mal mehr von einer Aufstandsbewegung besiegt wurden.
Und ja wir wurden von den Taliban besiegt. Zwar taktisch im Gefecht immer überlegen aber den Krieg haben wir trotzdem verloren…. damit kann die NATO als ganzes sich in eine Reihe mit den Mongolen, dem Britischen Empire, der UDSSR stellen… mit tut es nur um all die Kinder leid die ohne Vater groß werden müssen, gleich welcher Nationalität.
Beim Blick auf diesen Konflikt verbietet sich jegliches Schwarz-Weiß-Denken. Denn die Taliban sind faktisch ein Teil des AFG Volkes mit eben bestimmten Vorstellungen, die sich wie bei allen anderen Gruppen am Ende auf Macht kondensieren. Und diese Gruppe ist alles andere als homogen. Wir haben im Grunde 20 Jahre lang einen Bürgerkrieg genährt, indem wir uns häufig mit den falschen Partnern eingelassen haben. In einigen Gegenden der Provinz KUNDUZ etwa, waren die Leute froh, dass die Taliban das Sagen hatten, da diese wesentlich fairer und gerechter waren, als die von Korruption zerfressene lokale Regierung. Und ja, in einigen Bereichen gibt es auch Taliban, die völlig durchgeknallt sind, aber häufig auch vergleichsweise „normale“. Denn die Masse der Taliban sind Bewohner der Gegend, in der sie kämpfen. Im Grunde also so etwas wie Milizengruppen. Ebenfalls ist es ein Märchen, dass ehemalige Mitarbeiter reihenweise verfolgt werden. Vereinzelt ohne Frage, systematisch auf keinen Fall… Letztlich waren immer alle zufrieden, solange jeder auch seinen ortsüblichen Anteil bekommen hat. Denn nach 40 Jahren Krieg sind die allermeisten Bewohner AFG lupenreine Opportunisten, die im Wesentlichen daran interessiert sind, so gut als möglich zu überleben.
Symmachont sagt:
09.08.2021 um 1:28 Uhr
„…Wenn westliche Politiker sagen, es könne keine militärische Lösung geben, meinen sie eigentlich, dass es keine geben kann, die ihnen gefällt….“
Wenn westliche Politiker von militärischer Lösung sprechen, dann nehmen sie den Mund viel zu voll, denn neben den USA ist KEIN EINZIGES WESTEUROPÄISCHES Land zu einer militärischen Lösung fähig. Die Zeiten seit 1990 haben sich dramatisch verändert und in Westeuropa hat man die Armeen abgebaut Die Bundeswehr würde beispielsweise im heutigen Zustand von der Türkischen Armee in die Nordsee geworfen werden, um’s mal bildhaft auszudrücken. Dagegen wurde noch bis in die frühen 90er Jahre ausrangiertes Bw-Material regelmäßig als NATO Aufbauhilfe an die Türkei geliefert.
Ich finde es daher wirklich unerträglich, wenn Politiker, die seit 30 Jahren die Bundeswehr haben ‚verkommen‘ lassen, jetzt die dicken Sprüche reißen. Kennen wir schon: Militärische Interventionen fordern, aber selber dann sich nur mit einer San-Kompanie beteiligen wollen.
@Natsecjeff
English version of TB spox claim about Balkh capital:
https://mobile.twitter.com/Natsecjeff/status/1424595728500932608/photo/1
Ehemals deutsche Standorte besonders im Visier.
Die Grenzübergänge zu den nördlichen Nachbarn von besonderer Bedeutung?
Wer etwas anderes erwartet hat als die jetzige Situation muß sich einfach den Vorwurf grenzloser Naivität gefallen lassen.
Auch die Forderung, der „Westen“ müsse wieder eingreifen, um die „Arme Bevölkerung“ zu schützen verkennt die Realität völlig. Die jetzige Situation zeigt doch ganz eindeutig, das die Taliban offensichtlich einen größeren Rückhalt in der Bevölkerung haben als die derzeitige Regierung.
Wer sich zurück erinnert, der weiß, das wir über diese Szenarien bereits im letzten Jahr diskutiert haben, davor beim Übergang von ISAF auf RS. Das Ergebnis war im Prinzip immer das, was wir jetzt sehen. Wer jetzt überrascht ist/tut, hat entweder die letzten 8 Jahre ohne Medien gelebt oder einen sehr guten Schauspielkurs besucht (s. Norbert Röttgen).
Und welche Lehren islamistische Terrorgruppen daraus ziehen? Falsch rum gefragt. Welche Lehren zieht die westliche Allianz daraus, wäre die richtige Frage. Am besten die, das man ohne echten Rückhalt des Großteils der Bevölkerung einen Stabilisierungseinsatz für eine nicht akzeptierte Regierung nicht erfolgreich durchführen kann.
Mein Fazit: Einfach laufen lassen, wenn die afghanischen Bevölkerungsgruppen eine Taliban-Regime wollen, so what? Sollten dort tatsächlich Terroristencamps entstehen, kann man diese durch „Besuche“ von SOF´s einhegen, wobei ich nicht denke, das die Taliban so dämlich sind, diesen Fehler nochmal zu machen.
1. Ich war 2009 und 2010 in KUNDUZ. Ich habe damals meinen Auftrag, soweit er mir überhaupt begreiflich war, erfüllt. Ende.
2. Daher ist mir die Entwicklung soweit egal, bis von dort aus Terror verbreitet wird. Aber dann hilft auch hier und da ne Bombe.
3. Als Soldaten verlangen wir mehr Wertschätzung von der Politik, genauso sollte es vielleicht andersherum sein. Wir Soldaten erfüllen unseren Auftrag und nehmen dann die Politik in ihrem Zuständigkeitsbereich in die Pflicht.
4. Also: Hand an die Mütze hauen, „Auftrag ausgeführt“ melden, auf den nächsten Auftrag warten und endlich mit dem Gejammer aufhören.
Da ja hier von „Ortskräften“ die Rede ist, die im Stich gelassen würden:
Ist es ethisch vertretbar, Menschen in Afghanistan de facto in zwei Klassen einzuteilen?
In die Klasse der Privilegierten, die direkt bei der Bundeswehr, in Form des Bundeswehrdienstleistungszentrums, unter Vertrag standen (Ortskräfte) und denen, die zwar ebenso für die Bundeswehr gebuckelt haben, aber ja „nur“ z.B. über ECOLOG angestellt waren, daher keine Ortskraft waren und jetzt Pech haben? Oder der „normale“ Afghane, ist der rechtlich/menschlich weniger wert?
U.a. aus diesem Grund halte ich nichts von solchen Sonderbehandlungen – sie sind einseitig und ungerecht, zumal es den Ortskräften all die Jahre, in denen sie in Lohn und Brot standen, mutmaßlich wirtschaftlich zumindest nicht schlechter ergangen sein dürfte, als ihren Mitmenschen und jetzt noch ausgeflogen werden. Man darf davon ausgehen, dass dies zu einiger Missgunst, in Afghanistan, aber dann auch in Deutschland, führen wird.
Quod erat expectandum!
Aber machen wir uns nichts vor. Den europäischen Staatsbegriff hat bis heute kein Afghane geteilt. Hier wird wesentlich differenzierter gedacht. Afghanistan ist eine Gebietsbezeichnung und weniger ein einheitlicher Interessenraum.
Der Vormarsch der Taliban war abzusehen, die Folgen für die Zivilbevölkerung, insbesondere für Unterstützer der ISAF, also in den Augen der Taliban „Kollaborateure“, bleibt abzuwarten.
Vor diesem Hintergrund sind die Einlassungen von Norbert Röttgen, wie bereits angesprochen, die Hirngespinste eines Schreibtischstrategen.
Es ist gut, dass unsere Soldaten (jedweden Geschlechts) aus AFG raus sind und es gibt keinen Grund, sie wieder dahin zu schicken.
@Bow
Deswegen hätte man zunächst statt „nation building“ eben „state building“ machen sollen, d.h. tragfähige, die dortige Kultur berücksichtigende Verwaltungsstrukturen einrichten sollen.
Auch die Ausbildung on Mädchen und Frauen hätte man peu à peu „verkaufen“ können wenn die Stammesältesten darin einen Vorteil sehen.
Was nicht geht ist ein Zentralstaat und das Versprechen auf Demokratie (die interessiert dort eh fast niemanden), die dann für alle erkennbar keine ist.
@Thomas Melber:
Da haben wir keine zwei Meinungen
Ich erinnere mich wie einer der führenden SiPo Experten der Republik im Presseklub über ein Gespräch mit einem Offizier resümierte. Sinngemäß war der Auftrag gemäß des Offiziers, Capture, Hold, (Re-)Build.
Capture hat funktioniert, für Hold hatte man NIE das Material oder Personal und so kam s auch zu keinem Zeitpunkt zu ernstzunehmendem RE-Build.
Zudem wurde in selbiger Sendung des Presseklub bekannt, dass Barbaren gegen Barbaren auf- und ausgerüstet wurden.
Dies bedeutet dass zu keinem Zeitpunkt ernstzunehmendes State- noch Nation-Building stattfand. Denn nach Capture kam NIEMAND, kein Außenministerium, kein Entwicklungsministerium, keine lokalen Beamten der Zentralregierung.
Daher kann man die Loyalität der Afghanen, wie @CallSignRomeo es so treffend benannte, nur mieten, nicht kaufen.
Jahrhundertelang lebten die Afghanen unter wechselnden Herrschern und haben sich gesellschaftlich so strukturiert, dass sie sich dem Anpassen, der gerade die Waffe in der Hand hält.
Es gibt keine militärische Lösung, weil der politische Wille vor genanntem Hintergrund nie da war. Von niemand.
Das gilt übrigens auch für die Taleban, denn die stehen mit 75.000 gegen 300.000 wobei ich letzteren unterstelle, dass sie zum größten Teil erst kämpfen, wenn sie auf dem Papier schon gewonnen haben. Daher wird die ANA eine Verzögerungsstrategie fahren, bis die Taleban im Oberstrech stehen.
Da die Taleban das wissen, agieren sie so wie sie es tun. Ergo, die politische Lösung ist das geographische militärische Ergebnis von morgen.
Wir lehnen uns da am besten zurück und schicken B-52 wenn da auch nur ein internationaler Djihadist auftritt.
qHans Dampf:
Logisch wäre m.E. die Aufenthaltserlaubnis in D an die vorliegende Sicherheitsüberprüfung zu koppeln: Wer als Afghane eine bestimmte Sicherheitsstufe benötigte, um für die BW zu arbeiten, sollte nach D dürfenunabhängig vom konkreten Beschäftigungsverhältnis.
Und die Unterlagen zu den Sicherheitsüberprüfungen liegen ja vor (mit Bild und Fingerabdruck?).
Um mal eine kleine Lanze für Norbert Röttgen zu brechen.
Der ist Transatlantiker. Für die spricht der Atlantic Council. Da machen vier hochrangige US-Altgediente (Diplomaten mit Kabul-Einsatz in ihrer Biographie) einen Vorstoß, doch noch etwas militärisch zu unternehmen.
https://www.atlanticcouncil.org/blogs/new-atlanticist/dont-lose-afghanistan/
Menschlich kann man das nachvollziehen. Dem hat Röttgen sich angeschlossen. Das war kein isolierter Vorstoß.
Politisch dennoch nicht sehr weitsichtig. Spielt in einer Liga mit der Kriegsschiff-Entsendung in das Südchinesische Meer. Wenn man Geld zuviel hat, kommt man auf solche Gedanken.
Der Sturm geht weiter, erfolgreich.
@bsarwary
„#AFG Aybak city the capital of Samangan province falls to the Taliban without a fight. Taliban fighters inside the city of Aybak, residents in Aybak city tells me“.
Provinz Samangan im Norden.
Roettgens Ansatz von „erneut rein“ ist mehr als befremdlich, ebenso aber auch
Strack-Zimmermann im @morgenmagazin:
In Afghanistan rücken die Taliban immer weiter vor. Sollte die internationale Gemeinschaft erneut militärisch eingreifen? Nein, sagt die FDP-Verteidigungspolitikerin
@MAStrackZi im #ZDFmoma: „Jetzt ist die Zeit der Diplomatie, denn wir stehen vor einem Bürgerkrieg.“
Wer angesichts einer siegreichen Feind-Truppe auf Diplomatie setzt, hat von den eigendynamischen Kräften stürmender Soldateska nichts begriffen.
Was kann „Der Westen“ derzeit mit Aussicht auf Erfolg unternehmen: Nichts .