Im Chaos nach Bombenanschlägen in Kabul beendet Bundeswehr Evakuierungsmission (Zusammenfassung)

Überschattet von mehreren Bombenanschlägen am Flughafen von Kabul hat die Bundeswehr ihre Evakuierungsmission in der afghanischen Hauptstadt beendet. Seit dem 16. August hatte die Luftwaffe rund 5.350 Menschen ausgeflogen, die nach der Machtübernahme der Taliban aus dem Land flüchten wollten.

Die letzten deutschen Soldaten verließen am (heutigen) Donnerstag um 20.50 Uhr Ortszeit (18.20 MESZ) an Bord der A400M-Transportmaschinen den Flughafen von Kabul. Zuvor waren am Vormittag noch mehrere hundert Schutzbedürftige nach Taschkent im benachbarten Usbekistan ausgeflogen worden.

Der Abzug der Bundeswehr und damit das Ende der deutschen Evakuierungsoperation hatte sich zuvor bereits abgezeichnet: Nachdem die USA an ihrem Plan festhielten, zum 31. August ihre Evakuierung und damit auch die Sicherung des Flughafengeländes einzustellen und auch die Taliban auf einen Abzug der internationalen Truppen zu diesem Stichtag drängten, war eine Einstellung der deutschen Evakuierungsflüge am Donnerstag oder spätestens Freitag erwartet worden.

Der deutsche Abzug selbst wurde jedoch von einer Anschlagserie begleitet: Vor dem Zugangstor Abbey Gate am Südwestrand des Flughafens und später im nahegelegenen Hotel Baron wurden vermutlich von Selbstmordattentätern Bomben gezündet; später soll es noch eine dritte Explosion gegeben haben. Die Anschläge trafen vor allem Afghanen, die vor dem Flughafen weiterhin auf eine Möglichkeit zur Ausreise hofften, es soll mindestens 70 Tote gegeben haben. Außerdem kamen nach bisherigen Angaben zehn US-Soldaten ums Leben. Diese Zahlen können allerdings noch steigen.

Wegen der Anschläge mussten die mehr als 200 deutschen Soldaten, die sich bereits auf den Abflug vorbereiteten, in einem Alarmstart der drei bereitstehenden drei A400M-Transportmaschinen den Flughafen verlassen, wie Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer am Abend schilderte.

Zwei Bundeswehrsoldaten blieben zunächst am Boden zurück, weil sie sich bei US-Truppen in einem anderen Teil des Flughafens aufgehalten hatten und bei den Explosionen in die Schutzräume gehen mussten. Sie wurden anschließend von einem vierten deutschen Flugzeug aufgenommen, dass mit medizinischer Ausrüstung vorsorglich als fliegendes Krankenhaus über Kabul kreiste.

Nach Angaben der Ministerin haben damit nicht nur alle deutschen Soldatinnen und Soldaten, sondern auch die Diplomaten des Auswärtigen Amtes und Beamte der Bundespolizei Kabul verlassen. Unklar blieb vorerst, wie viele deutsche Staatsbürger, vor allem Afghanen mit deutschem Pass, und zudem frühere Mitarbeiter deutscher Institutionen in der Stadt zurückbleiben mussten. Sowohl Kramp-Karrenbauer als auch Außenminister Heiko Maas sicherten ihnen zu, alles für eine spätere Ausreise zu tun. Dafür würden auch weiterhin Gespräche mit den Taliban geführt.

Die Anschlagserie am Flughafen war von den internationalen Truppen erwartet worden. Bereits seit Tagen hatten sowohl Bundesregierung und Bundeswehr als auch andere Nationen davor gewarnt, dass ein Ableger des Islamischen Staats (IS) die chaotische Situation am Airport mit seiner großen Menschenmenge für einen solchen öffentlichkeitswirksamen Anschlag nutzen könnte. Noch am Morgen hatte der britische Verteidigungs-Staatssekretär James Heappey dem Sender Sky News auf die Frage, ob ein Anschlag in den nächsten Stunden erwartbar sei, trocken geantwortet: Ja.

Unklar bleibt deshalb, wie schnell die USA jetzt ihren Abzug aus Kabul vorantreiben – oder ob sie an der bisherigen Absicht festhalten, neben dem Abzug ihrer rund 6.000 Soldaten auch noch so viele Schutzbedürftige wie möglich auszufliegen.

Für die Bundeswehr könnte deshalb auch ihr Einsatz in Afghanistan noch nicht endgültig beendet sein: Falls erforderlich, so kündigte die deutsche Verteidigungsministerin an, werde der MedEvac-Airbus, das Sanitätsflugzeug, wieder nach Kabul fliegen und bei der Versorgung Verwundeter helfen.

(Voraussichtlich für heute abgeschlossen)

(Foto: Fallschirmjäger bei der Ankunft in Taschkent nach dem Einsatz in Kabul am 26. August 2021 – Marc Tessensohn/Bundeswehr)