Lesestoff am Sonntag: „Gegen Aserbaidschan hätte die Bundeswehr kaum eine Chance gehabt“
Das ist Lesestoff zum Sonntag: Gegen bewaffnete Drohnen, vor allem gegen Systeme, die im Schwarm operieren, ist die Bundeswehr bislang äußerst schlecht aufgestellt. Zu diesem Ergebnis kommen Fachleute aus der Bundeswehr selbst, die unter anderem den Konflikt zwischen Armenien und Aserbeidschan im vergangenen Jahr untersucht haben. Provokante Aussage: Wenn die Bundeswehr in diesem konkreten Konflikt gegen Aserbaidschan hätte kämpfen müssen, hätte sie kaum eine Chance gehabt.
Eine Studie oder ein Papier dazu hat das German Institute for Defense Studies (GIDS), eine Kooperation der Führungsakademie der Bundeswehr und der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg, zwar bisher nicht veröffentlicht – aber ein Interview mit Oberstleutnant Michael Karl, der zu Modern Warfare forscht. Ein paar wesentliche Aussagen daraus:
Um es mal ganz drastisch auszudrücken: Wenn die Bundeswehr in diesem konkreten Konflikt gegen Aserbaidschan hätte kämpfen müssen, hätte sie kaum eine Chance gehabt. Bei Waffensystemen, die genutzt wurden wie Kampfdrohnen und Kamikazedrohnen, hätten wir uns nicht ausreichend wehren können. Allein schon die fehlende Heeresflugabwehr wäre uns zum Verhängnis geworden. Natürlich sind Luftaufklärung und Luftabwehr Sache der Luftwaffe, aber wir brauchen Expertise im Wirkungsraum zwischen Luftwaffe und Heer – gerade in der Drohnenabwehr. Um in einem modernen Kriegsszenario bestehen zu können, benötigen wir selber auch neue Technologien und vor allen Dingen Technologien, die auf dem neuesten Stand sind und damit im Gefecht, lassen Sie es mich mal salopp sagen, „wettbewerbsfähig“ sind. Deutschland verfügt über diese modernen Technologien. Der Wehrtechnische Report vom April 2020 führt diverse taktische Luftverteidigungssysteme auf, die in der Industrie schon verfügbar wären. Schall-, Stör- oder SkyNet-Systeme zur Drohnenabwehr beispielsweise gibt es schon – sie werden auch zum Teil zivil an Flughäfen genutzt. Wir müssen sie nun aber auch als Bundeswehr zügig beschaffen und einsetzen können, denn die zukünftige Technik entwickelt sich rasend schnell.
Das ist für Insider nicht so überraschend, aber prägnant zusammengefasst. Ebenso wie die Warnung, dass die deutsche Debatte über bewaffnete Drohnen ein wenig an der aktuellen Realität vorbeigeht:
Ehrlich gesagt stehen wir bei diesen enorm wichtigen Fragen immer noch am Anfang. Wir müssen aber darüber sprechen, unter welchen Bedingungen wir solche Systeme nutzen und wie wir unsere Soldatinnen und Soldaten im Gefecht effektiv schützen. Ich hatte in meinem Vortrag bei der GIDSdebate das klassische Beispiel vom Infanteriezug im Wald erwähnt. Der Feind klärt ihn mit Wärmesensoren auf, setzt dann einen Schwarm von Kleinkampfdrohnen ein – die sind nicht größer als eine Streichholzschachtel – und programmiert sie so, dass sie sich einzeln untereinander koordinieren, wer auf welches Ziel geht. Der Infanteriezug hätte keine Chance; der Tod würde komplett lautlos kommen. Ohne Drohnenabwehr hat man keine Chance und die brauchen wir bis zur taktischen Ebene. Das ist der Fluch der Technik. Wir alle können mittlerweile handelsübliche Drohnen kaufen und sie zu Kampfdrohnen umbauen. Auch dieser Drohnenschwarm, von dem ich gerade sprach, ist handelsüblich. Das ist kein „Kampf-Schwarm“. Man kann die Technik erwerben und die Software dazu. Dann sind Möglichkeiten da, eine handelsübliche Drohne zu einer Kampfdrohne umzustrukturieren und neu zu programmieren. Das kann theoretisch jeder. Und jetzt kommt ein ganz wichtiger Punkt, mit dem wir uns unbedingt beschäftigen sollten: der internationale Terrorismus. Es geht nicht nur um Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten vor Drohnen, sondern auch um den Schutz der Zivilbevölkerung.
Das ganze Interview zum Nachlesen hier:
(Foto: Screenshot aus Videomaterial der aserbeidschanischen Streitkräfte zum Einsatz von Drohnen im Konflikt mit Armenien 2020)
@KPK:
Die Reaktion hatte ich insbesondere von ihnen schon erwartet.
Schaut man in die Realität der NATO (Anzahl der Großverbände) und die Weiterentwicklung von Konzeption, dann haben die Ebenen Korps und Division eine wachsende Bedeutung für alles was „deep ops“ angeht, dass zeigt sich auch am verlinkten Artikel.
Grundsätzlich ist es auch nicht entscheidend wer nun noch taktisch oder schon operativ bezeichnend wird.
Es geht vorallem darum Fähigkeiten aus allen Domänen auf Großverbandsebene und darüber hinaus für C-UAV zu verknüpfen.
Ihr habt keine Chance. So eine Drohne wird euch vergiften, mit Bakterien besprühen, Lenkwaffen heranleiten oder die Stellungen ausspähen. Bin Entwickler, kann so was bauen. Das sind nur die Dinge die mir in 60 Sekunden einfallen. Sie kann warten bis ihr die Luke öffnet oder euch bewegt, wenn es sein muss jahrelang.
Da reichen Solarzellen oder Harvesting wo sich das Teil von eurem Funkverkehr ernährt. Sie hat dann alle Zeit der Welt.
Nur Explosivmaterial wird Sie nicht an Bord haben, wozu auch?
Auch ne Option:
.., luftgestützte High-Power Laser Weapon System (HPL-WS) von Elbit im Heck einer Cessna Grand Caravan mit Wirkrichtung nach Backbord installiert. Neben dem Wirklaser dienten mehrere Sensoren der Zielverfolgung und der Führung des Lasers. Als Zielspektrum wurde dem Waffensystem eine Auswahl an UAV verschiedener Größe, Fluggeschwindigkeit und -höhe präsentiert.
https://esut.de/2021/06/meldungen/27970/drohnenabwehr-mit-laser/
Ob man so was wohl auch in nen FCAS NGF als Raketenabwehr integrieren könnte? Ich meinte gelesen zu haben dass Tempest mit der Idee spielte …