Dokumentation: Merkel und Macron zu Rüstung & Mali

Beim deutsch-französischen Ministerrat am (gestrigen) Montag ging es, wenn auch ein wenig nachrangig, auch um Fragen der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, Stichworte Rüstungskooperation z.B. bei FCAS und das militärische Engagement in Mali. Zur Dokumentation die entsprechenden Passagen aus der gemeinsamen Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

Die Pressekonferenz ergänzt die Deutsch-Französische Erklärung von Berlin*, die beide Regierungen verabschiedeten. Aus der Abschrift des Bundespresseamtes:

Merkel: (…)
Wir haben über unsere Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich gesprochen. Hier freue ich mich, dass das Projekt FCAS für ein Kampfflugzeug der Zukunft jetzt, auch gemeinsam mit Spanien, sehr weit geeinigt ist, und dass wir auch Fortschritte bei MGCS, dem Panzerprojekt, sehen. Bei FCAS ist die Verhandlungslösung alles andere als einfach gewesen. Aber sie ist ein Beispiel dafür, wie Deutschland und Frankreich auch komplizierte Situationen gut lösen können. (…)

Macron: (…)
Wir haben darüber hinaus Fortschritte bei Projekten gemacht, die wir bereits 2017 angestoßen haben, ganz besonders natürlich in Bezug auf das Future Combat Air System. Dieses wird unsere Industriekooperation im Bereich Verteidigung im kommenden Jahrzehnt besonders prägen. Die Bundeskanzlerin und ich haben am 5. Februar dazu aufgerufen, schnell eine Einigung über dieses Thema zu finden. Diese wurde nun erzielt. Ich möchte, dass wir weitere Fortschritte machen, so zum Beispiel beim gemeinsamen Kampfpanzer, aber auch bei den anderen entscheidenden Projekten für unsere Streitkräfte. (…)
Was ich festhalten möchte ist, dass wir in den vergangenen vier Jahren ein solides Fundament im Bereich der Verteidigung aufgebaut haben, mit Projekten, von denen wir zunächst glaubten, sie seien unmöglich, aber auch mit einem Verteidigungsfonds.(…)

Frage: Monsieur le Président, Frau Bundeskanzlerin, mich würde interessieren, wie Sie über Mali gesprochen haben und wie Ihre gemeinsame Einschätzung lautet.
Frau Bundeskanzlerin, was sagen Sie den deutschen Soldaten und Ihren Familien über die dortige Situation und mögliche Abzugsüberlegungen? (…)

Merkel: (…)
Wir haben über Mali gesprochen, und wir schließen uns der Stellungnahme der ECOWAS-Staaten an. Wir haben über rote Linien gesprochen, die da sind. Das heißt erstens, dass wirklich auch Wahlen stattfinden müssen, und zweitens, dass es keine Kontakte zu islamistischen Kräften in Mali geben darf, auch nicht durch den jetzigen Präsidenten.
Wir glauben, dass unsere Präsenz vor Ort weiterhin wichtig ist und dass sich an der Frage der Ausbildungsmission für Mali und auch den MINUSMA-Aufgaben nichts geändert hat. Natürlich werden wir die Entwicklung mit Aufmerksamkeit verfolgen – Frankreich ist ja in der Region noch sehr viel engagierter als Deutschland -, und wir haben einen ganz, ganz engen Austausch vereinbart, um, wann immer sich eine Situation ergibt, in der wir mit der Entwicklung nicht zufrieden sind – „zufrieden“ ist zu viel gesagt; ich meine, dass rote Linien überschritten werden -, uns in dem, was wir tun, eng zu koordinieren. Aber ich glaube, dass sowohl die Ausbildungsmission als auch MINUSMA weiter notwendig sind.

Macron: Ich unterstütze, was die Bundeskanzlerin gesagt hat. Unsere Priorität in Mali ist der Kampf gegen den Terrorismus. Die Präsenz unserer Streitkräfte vor Ort reicht in diesem Kampf nicht aus, sondern es ist auch nötig, die Institutionen zu stabilisieren. Dies müssen legitime Institutionen sein. Aus diesem Grund unterstützen wir die Anstrengungen der ECOWAS. Die ECOWAS hat gestern im Rahmen des Sondergipfels die notwendigen Bedingungen festgelegt, die das Minimum für den Übergang in Mali sicherstellen. Die Umsetzung wird in den kommenden Tagen immer wieder überprüft werden. Ich denke, MINUSMA und EUTM Mali sind aktuell dringend notwendig. Weder Frankreich noch sonstige Partner werden sich engagieren, wenn diese Bedingungen nicht eingehalten werden. Deswegen sind die Bedingungen, die von der ECOWAS festgelegt worden sind, so entscheidend. Sie werden auch einmal wieder überprüft werden. Gemeinsam mit unseren afrikanischen Freunden werden wir das in den kommenden Tagen tun.

*Der Wortlaut der Deutsch-Französischen Erklärung von Berlin hier; die Aussagen zum Thema Verteidigung:

Engere Beziehungen in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung
Wir halten eine wirksame, kohärente und glaubwürdige europäische Sicherheit und Verteidigung für absolut wesentlich. Wir wollen den europäischen Pfeiler in der NATO und die Zusammenarbeit zwischen EU und NATO mit dem Ziel der Komplementarität stärken. Unser Ziel ist es, in der EU eine gemeinsame strategische Kultur zu fördern sowie europäische militärische Operationen und Fähigkeiten auszubauen. Wir werden uns auch im Rahmen der Europäischen Interventionsinitiative beraten. Die während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft gestartete Initiative für den Strategischen Kompass der EU wird im März 2022 unter französischer Ratspräsidentschaft finalisiert und verabschiedet; mit ehrgeizigen Zielen bis 2030. Zur Stärkung der Handlungsfähigkeit der Europäischen Union werden Anstrengungen mit Blick auf die vollständige Umsetzung der bindenden Verpflichtungen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ) wie auch zügige Fortschritte bei SSZ-Vorhaben von entscheidender Bedeutung sein. Das von Drittstaaten geäußerte große Interesse, sich im Einklang mit dem Ratsbeschluss einigen SSZ-Vorhaben anzuschließen, ist ein positives Signal für diese wichtige Verteidigungsinitiative der EU.
Wir erneuern unser Bekenntnis zur Verbesserung der europäischen militärischen Fähigkeiten durch industrielle Zusammenarbeit, wie beispielsweise beim zukünftigen Landkampfsystem (MGCS). Wir begrüßen die Einigung, zu der die Regierungen Deutschlands, Frankreichs und Spaniens mit der Industrie über das Waffensystem der nächsten Generation/Zukünftiges Luftkampfsystem (NGWS/FCAS) mit dem Ziel gelangt sind, den entsprechenden Vertrag noch im Sommer 2021 zu vergeben. Wir unterstützen die verstärkte Zusammenarbeit unserer Rüstungsindustrien und bekräftigen unser gemeinsames Ziel, die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich auf der Grundlage der erfolgreichen Umsetzung des deutsch-französischen Abkommens über Ausfuhrkontrollen im Rüstungsbereich voranzubringen.
Wir bekräftigen, wie wichtig es ist, unsere Anstrengungen über die nächsten Jahre hinweg aufrechtzuerhalten, um angemessene Investitionen im Verteidigungssektor zu unterstützen. In diesem Zusammenhang betonen wir erneut, dass der Europäische Verteidigungsfonds die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie im Einklang mit den MFR-Schlussfolgerungen durch Kofinanzierung ehrgeiziger, integrativer, offener Vorhaben stützen muss, die dem Bedarf der europäischen Streitkräfte entsprechen.