Sicherheitshalber der Podcast Folge 43: Afghanistan: Was bleibt? | Zukünftige Auslandseinsätze: Koalitionen der Willigen (k)eine Option?
Sicherheitshalber ist der Podcast zur sicherheitspolitischen Lage in Deutschland, Europa und der Welt. In Folge 43 diskutieren Ulrike Franke, Frank Sauer, Carlo Masala und ich das zwanzig Jahre dauernde und dieses Jahr endende Engagement Deutschlands und der Bundeswehr in Afghanistan. Welche Lehren können daraus gezogen werden? Ist der Abzug vielleicht sogar ein Fehler? Im zweiten Teil erörtern wir den rechtlichen und politischen Rahmen, in dem der Bundestag über Auslandseinsätze entscheidet – ein nicht nur mit Blick auf die kommende Bundestagswahl bedeutsames und kontroverses Thema. Abschließend wie immer der “Sicherheitshinweis”, der kurze Fingerzeig auf aktuelle, sicherheitspolitisch einschlägige Themen und Entwicklungen – diesmal mit der “Fischfang-Implikation” für die Theorie des Demokratischen Friedens (Hallo, Jersey, Großbritannen und Frankreich), einer dräuenden Bundeswehrreform (Hallo, ZSanDstBw und SKB), einem Tabu-Wort (Hallo, EU-Armee) und der maximalen Sicherheitspod-Selbstreferenzialität (Hallo, PeaceLab-Blog, Sarah Brockmeier und Nationaler Sicherheitsrat).
Afghanistan: 00:02:17
Koalition der Willigen: 00:55:00
Sicherheitshinweise: 01:27:34
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Erwähnte und weiterführende Interviews, Literatur und Dokumente:
Thema 1 – Afghanistan
Bundestagsdrucksache 14/7930, 21.12.2001
Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001), 1383 (2001) und 1378 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen
https://dserver.bundestag.de/btd/14/079/1407930.pdf
Plenarprotokoll Deutscher Bundestag 14/210 vom 22.12.2001
• Debatte Afghanistan-Einsatz ab S. 20831
• Namentliche Abstimmung S. 20850
https://dipbt.bundestag.de/doc/btp/14/14210.pdf
Marc Thörner, Der verlorene Frieden – sechteilige Reihe, DLF Feature, Februar/März 2021,
https://www.deutschlandfunkkultur.de/deutschlands-einsatz-in-afghanistan-der-verlorene-frieden-1.3720.de.html?dram:article_id=490912
Agnieszka Brugger, War denn alles umsonst?, Der Hauptstadtbrief 02/05,
https://www.derhauptstadtbrief.de/war-denn-alles-umsonst/
Bruce Hoffmann and Jaco Ware, Leaving Afghanistan will make America less safe, War on the Rocks, 05.05.2021,
https://warontherocks.com/2021/05/leaving-afghanistan-will-make-america-less-safe/
Joachim Käppner und Mike Szymanski, Am Abzug, SZ, 13./14.02.2021,
https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/politik/20-jahre-bundeswehr-in-afghanistan-am-abzug-e273621/?reduced=true
Is Forever War Really Forever? The Case Against the New Non-Interventionism, Horns of a Dilemma Podcast,
https://podcasts.apple.com/us/podcast/is-forever-war-really-forever-case-against-new-non/id1354632347?i=1000518349688
Fehler in Afghanistan & Laschet in Berlin, WDR 5 Politikum, 03.05.2021, https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-politikum/audio-fehler-in-afghanistan–laschet-in-berlin—meinungs
Richard Haass, Meghan O’Sullivan, It’s wrong to pull troops out of Afghanistan. But we can minimize the damage, Washington Post, 16.4.2021 https://www.washingtonpost.com/outlook/2021/04/16/biden-troops-afghanistan-taliban/
Afghanistan Study Group Final Report: A Pathway for Peace in Afghanistan, February 2021,
https://www.usip.org/publications/2021/02/afghanistan-study-group-final-report-pathway-peace-afghanistan
Biden’s Afghan pullout triggers unease among NATO allies, Politico, 15.04.2021, https://www.politico.eu/article/united-states-afghanistan-pullout-triggers-unease-among-nato-allies-joe-biden/
Afghan War Casualty Report, New York Times, 06.05.2021 https://www.nytimes.com/2021/05/06/world/asia/afghan-war-casualty-report-may-2021.html?searchResultPosition=1
Day 1 of the End of the U.S. War in Afghanistan, New York Times, 03.05.2021 https://www.nytimes.com/2021/05/03/world/asia/afghanistan-us-military-withdrawal.html?searchResultPosition=4
Johannes Clair, “Unser aller Krieg”, Kommentar, Süddeutsche Zeitung 7.5.2021
The Taliban is targeting areas around key provincial capitals, looking for weak spots as foreign troops withdraw, Washington Post, 8.5.2021
https://www.washingtonpost.com/world/2021/05/08/afghanistan-taliban-attacks/
Sicherheitshalber Aktuell (von Thomas) zum Afghanistanabzug https://twitter.com/Sicherheitspod/status/1382318154219655168
Thema 2 – Koalitionen der Willigen?
Jana Puglierin, The Engine Room: Germany, the Unwilling Coalition Partner, IP Quarterly, 03.05.2021,
https://ip-quarterly.com/en/engine-room-germany-unwilling-coalition-partner
Jana Puglierin, Direction of force: The EU’s Strategic Compass, ECFR, 01.04.2021,
https://ecfr.eu/article/direction-of-force-the-eus-strategic-compass/
Heiko Sauer, Tücken einer verfassungsgerichtlichen Legalitätskontrolle von Auslandseinsätzen, Verfasssungsblog, 07.01.2020,
https://verfassungsblog.de/tuecken-einer-verfassungsgerichtlichen-legalitaetskontrolle-von-auslandseinsaetzen/
Roger Näbig, „Out-of-area“-Einsätze der Bundeswehr im Spannungsfeld zwischen deutscher Politik und dem Grundgesetz, Konflikte & Sicherheit, 31.03.2020,
https://konflikteundsicherheit.wordpress.com/2020/03/31/out-of-area-einsaetze-der-bundeswehr-im-spannungsfeld-zwischen-deutscher-politik-und-dem-grundgesetz/
Wissenschaftliche Dienste des Bundestags, Rechtliche Spielräume für ein militärisches Engagement zum Schutze von Handelsschiffen und Schifffahrtswegen in der Straße von Hormuz, WD 2 – 3000 – 088/19, 2019,
https://www.bundestag.de/resource/blob/662182/538b949609413c9d4a09085975ee6ec1/WD-2-088-19-pdf-data.pdf
Carl-Philipp Sassenrath, Deutsche Kriegsschiffe am Persischen Golf?, FAZ, 02.08.2019,
https://www.faz.net/einspruch/waere-ein-einsatz-in-der-strasse-von-hormus-rechtlich-zulaessig-16314691.html
Einsatz in der Koalition der Willigen: Auf dem Weg zum neuen Normalfall?
Augen geradeaus!, 2.8.2018
https://augengeradeaus.net/2018/08/einsatz-in-der-koalition-der-willigen-auf-dem-weg-zum-neuen-normalfall/
Wissenschaftliche Dienste des Bundestags, Verfassungsrechtliche Grundlagen für Auslandseinsätze der Bundeswehr, WD 2 – 3000 – 025/16, 2016,
https://www.bundestag.de/resource/blob/416598/44c9aea5e7db605f1d9984afb68371f8/WD-2-025-16-pdf-data.pdf
Matthias Hartwig, Außer Kontrolle, Verfassungsblog, 12.11.2019,
https://verfassungsblog.de/ausser-kontrolle/
Die Zeit: Anti-IS-Einsatz ist nicht verfassungswidrig, 10.10.2019,
https://www.zeit.de/politik/2019-10/bundesverfassungsgericht-bundeswehreinsatz-islamischer-staat-urteil
Annegret Bendiek, Ronja Kempin, Nicolai von Ondarza, Qualified majority voting and flexible integration for a more effective CFSP?, SWP Comment, 25.06.2018,
https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/comments/2018C25_bdk_kmp_orz.pdf
Bündnis 90/Grüne, Bundeswehreinsätze im Ausland gerichtlich überprüfen. 17.09.2020,
https://www.gruene-bundestag.de/themen/rechtspolitik/bundeswehreinsaetze-im-ausland-gerichtlich-ueberpruefen
Majiod Sattar, „Nicht Moskau entscheiden lassen“, FAZ, 09.02.2016,
https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundeswehr-auslandseinsaetze-nicht-moskau-entscheiden-lassen-14058960.html
Maurice de Langlois and Bénédicte Ara, Article 44 of the Treaty on European Union: Enhancing efficiency in EU operations, Institut de Recherche Stratégique de l’Ecole Militaire, Note de recherche stratégique #26 – November 2015,
https://www.irsem.fr/data/files/irsem/documents/document/file/887/NRS_n26_2015_en.pdf
Sicherheitshinweise
Frank: Der “Nationale Sicherheitsrat” – kommt er nach der Bundestagswahl?
https://peacelab.blog/2021/05/regierungswechsel-das-ende-der-ratlosigkeit
Carlo: Fisch-Kriege
https://www.jstor.org/stable/40212486?seq=1
Rike: Jetzt doch eine, ähm, EU Armee?
https://www.reuters.com/world/europe/eu-seeks-rapid-response-military-force-two-decades-after-first-try-2021-05-05/
Thomas: Strukturreform der Bundeswehr: „Schlankere Führungsstrukturen, klare Verantwortungsbereiche“
https://www.dbwv.de/aktuelle-themen/blickpunkt/beitrag/strukturreform-der-bundeswehr-schlankere-fuehrungsstrukturen-klare-verantwortungsbereiche
Danke an den Hausherrn, dass er Counter-Daesh und Takuba in die Diskussion einbringt.
Prof. Masala bestätigt daraufhin erfreulicherweise auch, dass es im Kern eine politische Frage ist.
Dr. Sauer wurde beim genauen Blick in die Begründungen zum Einsatz in Syrien und im Irak staunen (Brief des UN-Generalsekretär). Der Irak-Einsatz war ein noch eindeutiger Einsatz einer Koalition der Willigen.
Politisch entscheidend ist – wurde bereits zuvor von Prof. Masala erwähnt – dass es keine Verluste gibt.
Die Debatte rundum Art. 25 GG gab es ja schon zur Pirateriebekämpfung.
Egal welcher Artikel im GG – der Kern der Debatte ist politisch.
Man will Kampfeinsätze – besonders nach AFG – vermeiden und braucht bequeme Ausreden.
Aber die pseudorechtliche Diskussion wird politisch noch weiter geführt.
Und wenn sogar Frau Dr. Franke verwirrt aus der Debatte geht…
Zum Ende ist die Debatte sehr „engagiert“, aber dabei wird übersehen, dass gerade auch EU-Staaten aktuell Koalitionen der Willigen eingehen, weil Deutschland informell blockiert (EUTM vs. Takuba).
In der Diskussion wurde auch recht oft Völkerrecht und Verfassungsrecht vermischt. Eine klarere Trennung hätte geholfen.
Fazit:
Wir wollen vorallem nicht kämpfen.
Dafür ist uns jede Ausrede recht, sogar unser Grundgesetz.
Nur ganz kurz. Ich bin noch nicht durch mit der Folge. Morgen ist auch noch ein Tag. Ich bin mit dem „Abgrund“ von ZDFinfo noch nicht durch.
Mich triggerte nur Memorias Fazit. Das ist nämlich so gar nicht meine Wahrnehmung. Oder vielmehr fehlt mir eine Ergänzung;
Wir wollen vorallem nicht kämpfen – für eine Sache – von der wir nicht überzeugt sind.
Der Kampf um seiner selbst willen, ist uns suspekt geworden.
Dafür ist uns jede Ausrede recht, sogar unser Grundgesetz.
Eine gute Folge. Die Feststellungen von Frank Sauer und Carlo Masala zu dem Einsatz in Afghanistan kann ich nur stark unterstützen. Aber, wie auch richtigerweise festgestellt wurde, war das nicht militärisch gewollt, sondern politisch dahingeeiert. Letztendlich hat man alle Ablaufpunkte, die Mission erfolgreich zu beenden, gnadenlos verpasst. Da braucht in der Politik jetzt auch keiner mehr rumzuheulen.
@Scharlatan sagt: 09.05.2021 um 23:39 Uhr
„Wir wollen vorallem nicht kämpfen – für eine Sache – von der wir nicht überzeugt sind.
Der Kampf um seiner selbst willen, ist uns suspekt geworden.“
Ist das Ihr ernst? Warum sollte man für eine Sache kämpfen, von der man nicht überzeugt ist? Aus politischer Räson? Ich dachte, die Zeiten haben wir glücklicherweise hinter uns.
Und kämpfen um des Kampfes willen? So zum Spaß, oder wie? Ein militärischer Einsatz, gerade ein Kampfeinsatz, kann immer nur die ultima ratio sein.
Wenn ich solche Kommentare lese, dann bin ich heilfroh, das unser Grundgesetz so ist, wie es ist. Und anscheinend ist die momentane Auslegung zu großzügig und sollte restriktiver sein. Nicht das jemand um des Kampfes willen Gladiatorenspiele mit Armeen abhält.
Hmm. Wenn ich dass rechtliche Wirrwar verstehe kann man also alles mit allem begründen. Oder auch genau dass Gegenteil. Wass mich mal an der Afgh. Sache intetessieren würde, wäre mal die praktische Umsetzung was die Bw denn dort zu Hochzeiten tatsächlich alles hatte. Ich finde Unterschied spannend zwischen „wir schicken spz hin zur Sicherung der Soldaten im Konvoi“. Und es sind um die 20 ausgebaut als fahrende Burgen. Ich denke mal dass das Spannungsfeld eher zwischen den Parteien und den Zielgruppen liegt.
@Scharlatan:
Mein Fazit war ja genau deswegen zugespitzt formuliert.
Wie so oft in der Debatte vermischen die das rechtlich Mögliche mit dem politischen Gewollten.
Es wird ist für mich ein grundlegender Unterschied, ob man etwas darf, will oder kann.
Bei möglichen Einsätzen ist es für die Beurteilung schon zentral, wenn behauptet wird man dürfe etwas nicht, wenn man es in Wahrheit nicht will.
Ebenso wurde ja auch schon behauptet man könne etwas nicht, weil es nicht gewillt war (z.B. Luftangriffe gegen den IS).
Mir geht es nicht darum mehr Einsätze zu haben, sondern um eine ehrliche und fundierte Diskussion um Einsätze.
Bei genauer Betrachtung der Debatten hierüber wird stattdessen, wenn es passt das Grundgesetz als Vorwand verwendet oder eben sehr extrem interpretiert (siehe Diskussion im Podcast).
Wenn sie der Entscheidungsfindung und der öffentlichen Begründung in solchen Fragen eine untergeordnete Rolle beim Essen, dann ist das ja ok.
Ich halte diese unaufrichtige Diskussionskultur für sehr gefährlich.
Denn dadurch wird ganz bewusst die Kernfrage vermieden:
Wann ist militärische Gewalt möglich, notwendig und zweckmäßig?
Dabei scheint mir der Kampf gegen den IS und Afghanistan ein jeweils interessantes Lehrstück zu sein.
@Memoria sagt: 10.05.2021 um 16:40 Uhr
„Wie so oft in der Debatte vermischen die das rechtlich Mögliche mit dem politischen Gewollten.“
In der Tat. Es ist ja Ihr „ceterum censeo“, aber ich stimme Ihnen umfassend zu.
Es ist mehr als nur ärgerlich, wenn bestimmte Behauptungen aufgestellt werden mit rechtlicher Qualität um sich dann fern der politischen (!) Verantwortung der BReg dahinter verstecken zu können.
Ich bin auch immer wieder erstaunt, wie leicht man die BReg mit solchen rechtlichen Scheinaussagen davonkommen lässt, dabei gibt es ja in den letzten Jahren wahrlich genug Präzedenzen (mit Blick auf den Bw Einsatz in SYR ja sogar zwischenzeitlich durch das BVerfG geprüft), die zeigen, dass rechtlich sehr vielmehr geht als häufig behauptet, wenn man es politisch will…
So! Top Folge! Spannend von der ersten bis zur letzten Minute. Begleitet von heftigem Nicken und herzhaftem Lachen meinerseits. Und wie gut Ihr die ganzen Artikel draufhabt. Ich verwechsle immer noch gerne das oder der Virus.
Das Ganze in einer mittlerweile ebenso toppen Audio-Qualität. Sagenhaft.
Ein, zwei Sicherheitshinweise schaffen es bestimmt noch zum Hauptthema.
@Pio-Fritz und Memoria
Ich habe das auch als zugespitzt empfunden, und genau so zugespitzt wiederholt.
Natürlich ist das Grundgesetz keine Ausrede. Im Gegenteil. Es sollte immer zur Anwendung kommen.
Mich ärgern eher die Ausnahmen, welche dann beweisen, dass es nach Belieben herangezogen wird.
Das ist auch für mich ein unhaltbarer Zustand.
Also wie im Podcast gefordert(?), Berlin statt Karlsruhe!
Vor Jahren habe ich in der US-Presse einen Artikel (Asche auf mein Haupt, die Quelle kenne ich nicht mehr) gelesen der das Problem Afghanistan aus einem anderem Winkel betrachtete.
Die langfristige Sicherung Afghanistans durch den Westen sei unmöglich aber nur aus einem Grund: Zu lange Versorgungswege, zu wenig Kooperation der Anrainerstaaten (imho ein Euphemismus, staat mangelnder Kooperation sehe ich da eher kalten Krieg, sowohl unter den Anrainer als auch gegen den Westen).
Andere Szenarien haben gezeigt daß es mit regionaler Kooperation und kürzeren Wegen kein Problem darstellt ein paar tausend Sicherheitskräfte mehrere Generationen lang vor Ort zu halten.
Mit dem Abzug der westlichen Truppen wird die Region sicher instabiler werden aber das ist primär ein Problem der lokalen Akteure. Afghanistan ist strukturierter aufgestellt als seit dem Einmarsch der Sowjets und entweder nutzen und unterstützen die Nachbarn diesen Vorteil oder sie werden ihrerseits Probleme mit Taliban, Flüchtlingen und Terrorismus bekommen. Entweder stellen sie sich den Problemen in Afghanistan oder die Probleme werden die Grenzen Afghanistans überschreiten.
Die weitaus beste Evaluation des (gewendeten) Konzepts gen „nation building“ stammt aus dem Jahre 2011 und wurde da von einem Bundeswehr-Offizier erarbeitet, der an die SWP entsandt war. Wirklich lesenswert, weil es sich so bestätigt hat. Das kurze Papier (6 S.) von Tettweiler
https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/arbeitspapiere/101006_apFG32010nr6_twl_afghanistan_ks.pdf
zeigt, dass Vorausschau durch kluge Analyse möglich war und ist. Und zwar von einen Offizier geschrieben, der nur einmal kurz in der Szene auftauchte, nicht von einem Akademiker der vielschreibenden Zunft zur Sicherheitspolitik. Das gehörte auf die Liste der show notes.
Wie formuliert man standing Ovationen zu dieser Folge? Bloombergs Bobby Gosh übernimmt das. Als ob er zugehört hätte:
Macron’s Greatest Test Awaits in the Sahel’s “Forever War”
by Bobby Ghosh
Can France’s president avoid the familiar temptation of tolerating autocrats to fight against terrorism?
https://www.bloomberg.com/opinion/articles/2021-05-08/macron-s-greatest-test-awaits-in-chad-and-the-sahel-s-forever-war
@Memoria: Ich hatten den Eindruck, die Folge war für sie.
Soo wir wissen es nicht. Ich denke es wird auf sowas wie ein Kabulistan als eine Art gesicherter Stadtstaat mit ca 5 Mio ew hinauslaufen. Und der Rest ist halt wild ost und sich selbst überlassen.
eigentlich ein schönes grosses !binnen!-land mit 653 t. km2 und ca. 40 mio E… ca. 1/4 der D. Einw.-Dichte!
warum ists dort so unfriedlich?
naivität an: kein öl, keine im boden zu gewinnende begehrlichkeiten – daher völlig unverständlich warum da seit 1xx jahren kriege stattfinden… naivität off.
@podcat – nennts doch: ms. rice und mrs. clinton haben den weiteren einsatz in AFG gefordert – auch andere DEMS und REPS ok – aber warum, mit welcher zielsetzung – dem wurde im podcast nicht nachgegangen. hab schon vor wochen rumgebrüllt, dass nicht die NATO den abzug aus AFG entschieden hat, die presse hats aber so verbreitet und nun sagt Ihr, ES WAR SO – der obermuffti hats entschieden – aber warum stört Euch das nicht an der berichtserstattung der presse zu den vorgängen?
just my -3 cents
Liebe 4,
Gerade erst Eure Folge (43) zu #Afghanistan gehört. Exzellent!!! Erlaubt mir nur einen wichtigen Einwand: Ihr behauptet alle 4, Afghanistan zu demokratisieren, musste von vornherein scheitern…
1/ Es gab nach 2001 eine überwältigende Offenheit der Afghanen für die Demokratie (Erhebungen zufolge fast 90% Zustimmung)
2/ Wer die Begeisterung für die Wahlen 2004/2005 und 2009/2010 vor Ort erlebt hat, bestätigt das. (2009/10 war die Stimmabgabe zT nur unter Lebensgefahr möglich)
3/ Das Problem ist mE nicht ein ZU VIEL an Demokratisierung gewesen, sondern in den Jahren nach 2001 ein ZU WENIG: ‚state building‘ hielten die USA zunächst nicht für notwendig und waren ab 2003 ohnehin mit Irak beschäftigt
4/ Afghanistan hatte während des 20. Jahrhunderts durchaus Erfahrungen mit dem Aufbau demokratischer Strukturen sammeln können. Die leider durch Dauerkrieg und 3 Perioden autoritärer Herrschaft (Kommunismus; Mujaheddin; Taliban) verschüttet wurden
5/ Es ist eine oft wiederholte, aber kaum haltbare Behauptung, das Land könne aufgrund archaischer Strukturen eigentlich nur autoritär regiert werden. Ich empfehle dazu diese Studie von @thruttig
https://swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2008_S17_rut_ks.pdf
6/ Die Behauptung, Afghanistan sei für die Demokratie nicht bereit gewesen, ist für den Westen (und uns) eine sehr willkommene Ausrede: Die letztlich die vielen Fehler der int. Gemeinschaft kaschiert. Und die Tatsache, dass man auch Demokratieaufbau höchstens halbherzig betrieb
7/ Warum ich so darauf rumreite? Mir leuchtet das Argument nicht ein, der ganze Einsatz – auch der #Bundeswehr – sei von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen (was Ihr nicht behauptet, aber andere).
8/ Problem war mE eher: Man ist naiv und unvorbereitet da rein. Und hat es dann – gemessen an den in der Tat zu hochgesteckten Zielen, wie Ihr auch analysiert – mit zu geringem Aufwand und zu wenig Ehrlichkeit sich selbst gegenüber probiert. @KuestnerK