Pläne für die „Bundeswehr der Zukunft“: Weniger Stäbe, mehr Einsatzbereitschaft – Neufassung (m. Pressekonferenz)
Nach Jahren der Ausrichtung auf Stabilisierungseinsätze im Ausland soll die Bundeswehr mit einem Umbau der Führungsstruktur vorrangig auf die Landes- und Bündnisverteidigung ausgerichtet werden. Dafür soll die Truppe sich künftig an den Einsatzdimensionen Land, Luft/Weltraum, See und Cyberraum orientieren. Änderungen an Personalstärke oder Standorten sind dagegen im Gegensatz zu früheren Reformen der Streitkräfte nicht geplant.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und Generalinspekteur Eberhard Zorn stellten dafür am (heutigen) Dienstag Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft* vor – sie sollen zwar über die nächsten Jahre umgesetzt werden, die ersten Schritte sind aber bereits für dieses Jahr vorgesehen. Kramp-Karrenbauer betonte, es sei keine große Bundeswehrreform alter Prägung, die in Einheiten oder die Zahl der Soldatinnen und Soldaten eingreife.
Nach den Worten des Generalinspekteurs ist das wesentliche Ziel, die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte zu stärken und Fähigkeiten wieder dorthin zu bringen, wo sie aufgrund des Auftrags hingehören. Dafür solle die Zahl der Stäbe deutlich verringert und die Truppe auf den unteren Führungsebenen stärken, Es gehe darum, die Bundeswehr nach der Optimierung auf Auslandseinsätze herumzudrehen und die Landes- und Bündnisverteidigung zum Schwerpunkt zu machen.
Das Eckpunktepapier fordert von der Truppe vor allem, ohne lange Vorlaufzeiten auf eine Konflikteskalation zu reagieren, d.h. „Kräfte der ersten Stunde“ insbesondere an den Außengrenzen des Bündnisses einzusetzen. Dafür sei abgestuft eine Kaltstartfähigkeit, eine hohe Reaktionsfähigkeit sowie Durchsetzungsfähigkeit gegen vorhandene gegnerische „Anti-Access/Area Denial (A2/AD)“ Architekturen erforderlich – und damit auch eine hohe Einsatzbereitschaft bereits in Friedenszeiten.
Zur Anpassung der Führungsorganisation der Streitkräfte sollen unter anderem die so genannte Streitkräftebasis und der Zentrale Sanitätsdienst aufgelöst werden. Als beabsichtigte neue Zielstruktur nennen Kramp-Karrenbauer und Zorn
• zwei operative Kommandos mit Weisungsbefugnis, die die Einsätze außerhalb Deutschlands und die Bundeswehr im Inland führen, jeweils direkt dem Generalinspekteur unterstellt. Damit wird neben das bereits bestehende Einsatzführungskommando ein nationales Kommando mit erweiterten Befugnissen das bereits existierende Kommando Terroriale Aufgaben aufwerten; es soll im Sinne der Resilienz an den zwei Standorten Berlin und Bonn angesiedelt werden
• vier so genannte Dimensionskommandos für die Dimensionen Land, Luft/Weltraum, See und Cyber, die einsatzbereite Streitkräfte bereitstellen. Der Dimension Land, also konkret: dem Heer, werden dafür das ABC-Abwehrkommando, das Kommando Feldjäger und das CIMIC-Kommando zugeordnet. Die Dimension Luft wird um ein Weltraumkommando der Luftwaffe erweitert. Die Dimension Cyber soll die Führungstrukturen verschlanken; ein Joint Intelligence Center als Element des Militärischen Nachrichtenwesens wird dem Inspekteur Cyber- und Informationsraum unterstellt
• wie bisher – allerdings in anderer Struktur – soll es streitkräftegemeinsame Elemente geben
• An die Stelle des bisherigen Zentralen Sanitätsdienstes tritt ein Kommando Gesundheitsversorgung der Bundeswehr. Der bisherige Inspekteur des Sanitätsdienstes wird Generalarzt der Bundeswehr, der im Verteidigungsministerium selbst angesiedelt wird
• Die Verantwortung für die Waffensysteme wird in Systemhäusern für die vier Dimensionen gebündelt – damit soll auch die Verlagerung der Nutzungsveranwortung vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (BAAINBw) zurück in die Truppe einher gehen
• Es sollen für eine schnellere Verfügbarkeit eingespielte und kampfkräftige Einsatzverbünde geschaffen werden; die Details werden allerdings noch untersucht. Geplant ist eine neue Systematik der Einsatzbereitschaft, die Truppen in drei Bereitschaftsständen vorsieht:
– Einsatzphase: Verlegung in den Einsatz mit 7 bis 30 Tagen Vorlauf
– Phase erhöhter Einsatzbereitschaft: Vorlaufzeit vor Verlegung 30 bis 90 Tage
– Basisphase: Regeneration und geringere Verfügbarkeit mit Vorlauf von mehr als 90 bis maximal 360 Tagen
(Randbemerkung: Das bedeutet unter anderem, dass jede Einheit nach spätestens einem Jahr voll einsatzbereit sein soll)
• Offen ist vorerst, wo das Logisitikkommando der Bundeswehr, das Streitkräfteamt und das Multinationale Kommando Operative Führung in Ulm angesiedelt werden, die bisher zur künftig nicht mehr existierenden Streitkräftebasis gehören.
• In wesentlichen Details gibt es noch keine Festlegung: Wie die Logistik-Truppe und die Sanitätseinheiten in die neue Struktur eingebunden werden, soll noch geprüft werden.
Als Schritte, die noch in diesem Jahr und damit vor der Bundestagswahl im September angegangen werden könnten, nannte die Ministerin die Aufstellung des ohnehin bereits geplanten Weltraumkommando und eine neue Führungsorganisation für den Bereich Cyber- und Informationsraum. Die Planung für die künftige Ausgestaltung der Gesundheitsversorgung und des Sanitätsdienstes werde wie die Organisation der zwei nationalen Kommandos eine Aufgabe für das komende Jahr. Es sei legitim, dass auch ein Ministerium sich Gedanken macht, was für die nächste Legislaturperiode wichtig ist, sagte Kramp-Karrenbauer. Die Diskussion darüber könne aber jetzt beginnen.
Der Generalinspekteur verwies darauf, dass die Truppe derzeit nur geplant einsatzbereit sei. Mit einem langen planerischen Vorlauf für Material und Personal könne sie auch die Zusagen an NATO und EU einhalten – aber ad hoc sind wir eben nicht in allen Feldern einsetzbar. Angesichts der strategischen Planungen in der Allianz wie auch in der Europäischen Union müsse sich die Bundeswehr, ebenso wie die Verbündeten, auf eine veränderte Lage einstellen.
Die komplette Pressekonferenz mit der Ministerin und dem Generalinspekteur zum Nachhören; neben Kramp-Karrenbauer und Zorn kommen zur Wort: Die Staatssekretäre Benedikt Zimmer (Rüstung) und Gerd Hoofe (Personal) und der Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generaloberstabsarzt Ulrich Baumgärtner:
Das Papier Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft vorsorglich auch als Sicherheitskopie
BMVg_Eckpunkte_für_die_Bundeswehr_der_Zukunft
und der
Tagesbefehl der Ministerin und des Generalinspekteurs
(Archivbild November 2020: Soldaten schießen mit dem Maschinengewehr MG5 whrend der Spezialgrundausbildung der 4. Kompanie des Panzergrenadierbataillons 371 auf dem Truppenbungsplatz Klietz – Maximilian Schulz/Bundeswehr)
Wer sich nicht über den erwartbaren Abstraktionsgrad des Papiers im Klaren war ist jetzt vielleicht enttäuscht. Wer die Quadratur des Kreises – alle werden beteiligt, alles wird untersucht, das Ergebnis liegt unmittelbar vor – erwartet und jetzt persönliche Unsicherheit und unklare Zukunft bemängelt, sollte vielleicht noch einmal in sich gehen. Und wer glaubt, der InspSan hab sich qua Rücktrittsdrohung einen „Versorgungsposten“ im BMVg gesichert, der ist, Verzeihung, Ahnungsbefreit. Das ist vielmehr Folge einer kontinuierlichen Linie, die von FüSK III 6 etc. über den Iterationsschritt Referatsgruppe FüSK San letztlich ein strategisches Ziel verwirklicht. Ich persönlich erkenne auch nicht, an welcher Stelle zusätzliche Stäbe geschaffen würden, hier steht wohl eher die Reduktion auf zwei Häuser/Dimension im Raum – aber das wird sich weisen. Das stete Zerrbild um sich selbst kreisender Stäbe und geknechteter Truppe zu bemühen entspricht dem hier erwartbaren Niveau auch nur bedingt. Jetzt gilt es, den Stier bei den Hörnern zu packen und Sinnvolles – im Sinne des gemeinsamen Organisationsziels – daraus zu machen. Agite dum ;)
@Florian Helm sagt: 19.05.2021 um 17:07 Uhr
„Wer sich nicht über den erwartbaren Abstraktionsgrad des Papiers im Klaren war ist jetzt vielleicht enttäuscht.“
Zustimmung. Ohne hier dem einen oder anderen Kommentator zu nahe treten zu wollen, aber ein strategisch-politisches Papier ist halt anders geschrieben, als ein Brigadebefehl für einen Sprungdienst.
Aber nur weil die Sprache eine andere ist, heisst das noch lange nicht, dass die daraus folgenden Schritte nicht konkret sind (oder zumindest sein können).
Man muss halt nur solche Dokumente zu lesen wissen.
„Und wer glaubt, der InspSan hab sich qua Rücktrittsdrohung einen „Versorgungsposten“ im BMVg gesichert, der ist, Verzeihung, Ahnungsbefreit.“
In der Tat. Auch hier wird eine gewissen Uninformiertheit einiger Kommentatoren deutlich, die dann aber um so mehr mit markiger Kritik kombiniert wird.
Nur um das mal deutlich zu machen: Es war jedem, der auch nur ein bisschen Ahnung vom Thema hat klar, dass es weiterhin einen Dreisterner mit umfassender Zuständigkeit für die Fachfragen des Sanitätsdienstes geben würde und das dieser Generaloberstabsarzt ins Ministerium kommen würde, war zwar nicht eindeutig klar, aber auch von vorne herein nicht vollkommen unwahrscheinlich.
Zur Erinnerung: einen Inspekteur des Sanitätsdienstes gibt es seit 1957 und seit 1962 hat er drei Sterne. Das hat nichts, aber auch gar nichts mit dem OrgBer ZSan zu tun, den es ja erst seit 2000 gibt.
Eine Frage, die mich seit langer Zeit beschäftigt und ich gerne hier zur Diskussion stellen würde: Warum finden diese Struktur-Prozesse immer top-down statt, nie von der Basis ausgehend? Egal ob „großer Wurf“ aus dem Ministerium oder einige Nummern kleiner, bei der Neubewertung von Dienstposten oder der Umstrukturierung von Einheiten: immer wird von oben nach unten bewertet und geplant.
Ist das nur mein persönlicher Eindruck oder ist das generell so?
Gegenvorschlag Bottom-up:
Man setzt die grundsätzlichen militärischen Ziele auf einer abstrakten Ebene an, bspw. „Ziel: LV/BV“, um dann sehr pragmatisch zu prüfen, was die „kleinste“ Einheit zur Auftragserfüllung benötigt. So könnte man auf bspw. Kompanie- oder ggf. auch auf Zugebene sehr kleinteilig beschreiben, was die Truppe benötigt. Und auch, was nicht benötigt wird. Auf dieser Basis arbeitet man sich nach oben. Was benötigt eine Kompanie, um den Auftrag auszuführen, was benötigt das Bataillon, was das Regiment, die Division usw.
Ich erlebe eher den Ansatz: Wir wollen, dass der Dienststellenleiter General wird, deshalb brauchen wir ordentlich Unterbau, um einen General rechtfertigen zu können. Bitte noch drei A16-Abteilungsleiter mehr.
Ähnlich auf der Oberstabsfeldwebel-Ebene erlebt: Ein Staber, der alle kennt und weiß, welche Argumente er liefern muss, mit den Stanologen auf Du-und-Du ist, sorgt dafür, dass sein favorisierter Bereich eine Dienstposten-Aufwertung erfährt, die ihn noch zum Oberstabsfeldwebel machen kann.
Sobald die Stan-Kommission vor Ort ist, wird ein Bauern-Theater seinesgleichen aufgeführt: Tagesdienstbetrieb kann nicht stattfinden, alles weicht dem Theater: Büros werden umgeräumt, Türschilder ausgetauscht, Soldaten werden zu Laienschauspielern.
Vor wenigen Wochen ging es um die Umwidmung militärischer Dienstposten für zivile Beamte. Ich halte diesen Aspekt für sehr wertvoll, insbesondere auch mit Blick auf den Fachkräftemangel. Tatsächlich könnte ich mir sehr viel Potential in diesem Bereich auf den untersten Gliederungsebenen vorstellen:
Beispiel Innendienstbearbeitung, Spieß, Vorzimmer usw.
Der Spieß ist leider viel zu sehr mit Formalitäten beschäftigt, kann kaum bei der Truppe sein. Ein ordentliches Sekretariat würde hier Wunder wirken. Stattdessen sitzen auch dort Soldaten, die mit Mühe und Not einen gut organisierten und funktionierenden Stabsbetrieb sicherstellen können. Ähnlich in den Vorzimmern höherer Einheiten, dort wird dann ein guter OFw schnell mal ins Vorzimmer gesetzt, damit er eine Beurteilung vom General persönlich bekommen kann. Gut für den Mann/ die Frau, schlecht fürs System.
Wir bilden die besten Männer und Frauen der Unteroffizier-Laufbahn doch nicht Jahre bzw. sogar Jahrzehnte lang aus, damit diese dann den Schreibtischjob einer Vorzimmerdame erledigen müssen. Und das in der Regel deutlich schlechter. Hier ist meiner Meinung nach so viel Potential. Hier gibt es sicher noch andere Beispiele, die den untersten Gliederungsebenen viel Arbeit und Not ersparen würde.
Effektivität und letztlich auch die geforderte „Kaltstartfähigkeit“ wird sich meines Erachtens auch durch eine Anpassung der Stehzeiten auf den Dienstposten erhöhen: 3 Jahre auf einem Dienstposten bedeutet im schlechtesten Fall: 1 Jahr lernen, 1 Jahr bleiben, 1 Jahr Lehrgang. Das ist doch nicht effektiv.
Wir unterscheiden doch Truppendienst- und Generalstabsoffiziere: Warum lässt man den Truppendienern denn nicht die Freiheit, dass sie ihre Kompanie 10 Jahre am Stück führen können? Oder 15? Ich habe so unglaublich motivierte, engagierte und brennende Offiziere erlebt, für die es das Größte war, ihre Einheit zu führen. Ähnlich auf Ebene Bataillons-Kdr: Viele beschreiben das als ihre schönste Zeit im Militär. Wenn dem so ist, warum nutzt man nicht diese intrinsische Motivation und lässt die Leute dort, wo sie besten aufgehoben sind. Es würde m.E. dem System sehr gut tun.
Noch gibt es ja nur das Eckpunkte-Papier. Vielleicht wird mein Wunsch ja in der nächsten Iteration erhört
Horrido.
@O.Punkt
Auftrag – Weisung – Befehl – Kommando – Operationsbefehl – Dienstliche Weisung.
Was es nicht alles so gibt.
Alles findet seine Anwendung in unterschiedlichen Lagen und vor allem in differierenden Hierarchiestufen.
Die Weisung beinhaltet einen Befehl. Sie gibt aber nur die Gesamtabsicht des Vorgesetzten wider, die Zielsetzung im großen und gilt in der Regel für einen längeren Zeitraum. Sie umfasst Handlungsfreiheit im Rahmen der Absicht des Befehlenden.
IBuK und GI können an dieser Stelle nur mit dem Mittel der Weisung vorgehen, da die genaue Ausformung der Strukrurschritte erst noch zu erarbeiten sind.
Analog trifft dies Führungsverfahren auf die zwei operativen Kommandos zu.
Da der Befehl als „Anweisung zu einem bestimmten Verhalten“ recht konkret das Ziel und die Absicht festlegt, kann die Obere Bundeswehrführung mit Befehlen in dieser Anfangsphase des Strukturprozesses nicht zu Werke gehen. Sie weiß nämlich noch nicht was im Detail als Ergebnis zu Buche schlagen muss.
Der Abstraktionsgrad erfordert geradezu die „Weisung“.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Milit%C3%A4rischer_Befehl#:~:text=Eine%20Weisung%20beinhaltet%20einen%20Befehl,Regel%20f%C3%BCr%20einen%20l%C3%A4ngeren%20Zeitraum.&text=Dienstliche%20Weisungen%20umfassen%20mehr%20als%20milit%C3%A4rische%20Befehle.
Es erstaunt mich immer wieder, dass es Blogteilnehmer gibt, welche verneinen, dass es Günstlingswirtschaft und Klüngeleien bei militärischen und zivile Spitzendienstposten gibt. Nein, nein da wird nicht ruhiggestellt oder belohnt. Es geht nur nach Leistung. Es gibt keine Gefälligkeitsstatments. Ach wo. Siehe dazu Beitrag des InspSan in der Pressekonferenz gestern oder auch der Tagesbefehl des Insp SKB zum Eckwertepapier. Was hinter geschlossenen Türen des MFR oder in Zweiergesprächen vor sich geht, kann man nur erahnen. Schlechte Ergebnisse sprechen jedoch bei jeder Reform für sich. Angepasstheit ist allzuoft Baustein einer militärischen Spitzenlaufbahn.
Man kann hier anderer Meinung sein. Gut so, akzeptiert! Vom Parlament erwarte ich genaues Hinschauen. Sachgerecht ja/nein? Begründet ja/nein usw. Kontrolle halt.
@Klaus Dilan sagt: 19.05.2021 um 19:55 Uhr
„Es erstaunt mich immer wieder, dass es Blogteilnehmer gibt, welche verneinen, dass es Günstlingswirtschaft und Klüngeleien bei militärischen und zivile Spitzendienstposten gibt. Nein, nein da wird nicht ruhiggestellt oder belohnt. Es geht nur nach Leistung.“
Jetzt mal unabhängig davon, dass ich die von Ihnen gewählten konkreten Begriffe scharf ablehne, ich für meinen Teil bestreite überhaupt nicht, dass es häufig und auch gerade in dieser konkreten Frage ein „quid pro quo“ gegeben hat.
Natürlich wird der InspSan etwas dafür bekommen haben, dass er sich zurückhält.
Ich denke es dürfte um einen größeren Anteil am Kuchen für die Sanität der nach der Reform umzuverteilenden Dienstposten gehen. Da war die Aussage der BM in der Pressekonferenz ja wenig subtil.
Was Sie aber nicht zu verstehen scheinen, ist das die hier unterstellte persönliche Vorteilsnahme der InspSan nicht besteht. Das es auch in Zukunft einen InspSan (jetzt halt Generalarzt Bundeswehr genannt) geben wird, wusste jeder, der auch nur etwas Ahnung von der Materie hat.
Sorry, dass ist das so deutlich sagen muss, aber es ist halt schon etwas peinlich, wenn man persönliche Attacken gegen Personen reitet in Fragen in denen dies jeder Fachmann mit nur einem Satz widerlegen kann.
@Jas
„18.05.2021 um 22:43 Uhr
Grundsätzlich finde ich vieles gut an dem Papier:
1. Klares Commitment zur NATO und den Planungszielen als Leitlinie.*
Dies ist für mich der entscheidende Punkt.
Im Papier wird aus meiner Sicht das Gegenteil getan. Es werden nun offiziell (und nicht nur im Interview mit dem GI) die NATO-Planungsziele in Frage gestellt.
Soll die Dimension Land nur noch 1 Division umfassen? Die Dimension Luft eine Multinational Air Group?
Oder sind das die jeweiligen Zwischenschritte 2 – jedoch nun ohne Zeitangabe?
In der Dimension See finden sich völlig andere Ambitionen als bisher und bei CIR zusätzliche Fähigkeiten.
Eine Unterteilung in verschiedene Zwischenschritte oder eine Zeitangabe fehlt völlig. Also eine Abkopplung von den NATO-Planungszielen in einem neuen Fähigkeitsprofil.
Das ist für mich der zentrale Punkt des Papieres und nicht die Einordnung von SKA, LogKdo oder DMV.
Damit erfolgt eine – gut getarnte -Bankrotterklärung der deutschen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Mir ist noch nicht ganz klar, warum das Heer zukünftig ein Component Command benötigt und welche Aufgaben dieses haben könnte? Das neue „Territoriale Führungskommando der Bundeswehr“ soll ja schließlich für den Aufmarsch zuständig sein und das Einsatzführungskommando weiterhin die Kräfte außerhalb Deutschlands operativ führen. Ist da also möglicherweise eher eine Art „Armeestab“ geplant, der mehrere Nato-Korps im Rahmen der Bündnisverteidigung führen soll?
„Die Verantwortung für die Waffensysteme wird in Systemhäusern für die vier Dimensionen gebündelt – damit soll auch die Verlagerung der Nutzungsveranwortung vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (BAAINBw) zurück in die Truppe einher gehen“.
Folge für das Heer?
Zurück in die Truppe bedeutet?
Konkret zu wem?
Student 19.05.2021 um 20:55 Uhr:
Wenn es ein Multi-Corps LCC oder MJO+ LCC der NATO sein soll, wäre meine erste Frage, wie das zum Konzept der NATO passt, daß diese Aufgabe im Rotationsverfahren durch die High Readiness Corps HQ der NATO Forces Structure, abgebildet im Long Term Commitment Plan, wahrgenommen wird.
Grundsätzlich sind 1 GNC und EUROCORPS und imho auch MNC NE dazu befähigt, so eingesetzt zu werden, also führen von Divisionen oder sogar anderen NATO Corps und Schnittstelle zwischen dem Joint Task Force HQ auf der operativen Ebene und der Truppe auf der taktischen Ebene. Nur sind diese Korps eben keine rein nationale deutsche Veranstaltung. Ignoriert man dieses Detail kann man natürlich feststellen, dass Heer für internationale Aufgaben dies Fähigkeit Land Component Command schon längst besitzt, nur rein national eben nicht. Diskutiert wurde aber meines Wissens schon 2019 ob man nicht durch Rückgriff auf den Stab 1 GNC so eine Art Armeekommando unterhalb des Kdo H schaffen sollte, gemeinsam mit den Niederländern.
Boshaft gesagt könnte man natürlich auch zu der Sichtweise gelangen hier spiegeln sich gewisse Tendenzen wieder, dass das Kommando Heer sich lieber wie das alte FüH sehen möchte, in der beratenden Rolle des BMVg, irgendwie für Strategie und Konzepte verantwortlich und, ganz nach dem Grundsatz „Stab kann so schön sein, ohne Truppe“ die unmittelbare Truppenführung der unterstellten Divisionen an eine andere Dienststelle „loswerden“ will. Wie richtig erkannt scheint ja auch das neue Eckwertepapier für das Kdo H keine Führungsaufgabe „im Einsatz“, also LV/BV , vorzusehen, sondern es bleibt reiner Truppensteller, verantwortlich für Grundbetrieb und Ausbildung zum Erlangen Einsatzbereitschaft.
Man wird sehen was sich hinter diesem Ansatz im Eckwertepapier tatsächlich versteckt, falls irgendwann detailliertere Pläne zu diesen Component Commands kommuniziert werden.
Für mich als Rüstungsfritze ist es in höchstem Maße erfreulich, dass die Superduperohrfeige an die Planung geht. Die Rolle des GI muss gestärkt werden (weil es die Abt. Planung nicht bringt), ein strategisches Planungsboard der Leitung ist notwendig (weil…), die Dimensionsverantwortlichen müssen einbezogen werden (ja was denn sonst???).
Wir haben ein Bedarfsermittlungsproblem, kein Bedarfsdeckungsproblem, und Frau BM’in hat es im Gegensatz zu de M., v. und zu G. und v.d.L. verstanden. HEUREKA! Und wenn dann noch die Kritik am Umgang mit dem Vergaberecht angemessen aufgegriffen wird, könnten echte Verbesserungen kommen.
@Koffer
Da ich in meiner Kritik hier recht deutlich war möchte ich mal folgendes klarstellen: Ich bleibe dabei.
Das gesamte Verhalten des InspSan finde ich untragbar. „Wenn’s mir nicht passt geh ich an die Öffentlichkeit und verbreite Angst und Schrecken“ ist für mich so ein krasser Loyalitäts- und Vertrauensbruch, dass ich mich wirklich wundern muss, wenn nicht bald personelle Konsequenzen kommen. Sonst macht das halt dann Schule. Aber damit macht sich die politische Leitung erpressbar – und das ist für mich eine rote Linie.
Und auch inhaltlich bleibe ich dabei: Bei der Sanität hat man kurzfristig zurückgezogen. Alleine schon mit dem Verweis auf die Zeitachse für den GenArztBw (01/22) wird deutlich, dass man schon eine Idee hatte, aber jetzt nochmal kurz eine „Untersuchung“ ohne Terminsetzung daraus gemacht hat. Und sich noch nicht einmal getraut hat, reinzuschreiben, dass die (Einsatz)Sanität in die Dimmensionskommandos zu integrieren ist, sondern Möglichkeiten(!) zur Steigerung etc… zu untersuchen seien.
Also am Ende könnten auch die beiden Fachkommandos als direkt nachgeordnete Kommandos übrigbleiben und der GenArztBw wird als de facto Insp ja nicht mit kleinem Unterbau ins Ministerium ziehen.
Der GI hat in der Pressekonferenz nicht umsonst erwähnt, dass der ZSan x-tausend DP binnenoptimieren muss – auch wenn sie momentan blocken. Das war ein galanter Seitenhieb.
Zum Rest wurde viel gesagt. Die Grundideen sind gut. Die Zeitachse (2025) ambitioniert aber machbar. Die fehlende Betrachtung der SpezKr wird der Bw aber auf die Füße fallen. Und die Untersuchungen der Logistik muss sehr sehr zeitnah abgeschlossen werden – wir haben ja jetzt nicht gerade Einsatzpause. Da hätte ich mir mehr Meilensteine und zeitliche Ziele gewünscht.
@Jas sagt: 19.05.2021 um 23:20 Uhr
Was die Vorgehensweise des InspSan angeht bin ich ganz bei Ihnen.
Illoyalität wird belohnt und er hat jetzt seinen Deal: der Inspekteur bleibt Inspekteur und bekommt eine Abteilung im Ministerium. Ansonsten ändert sich neben ein bisschen Umbenennung (nicht mehr OrgBer) nicht viel, zumindest ist der Erhalt eines Kommandos sowie aller B3+ Dienstposten inkl aller Admiral-/ Generalärzte (und mglw Aufwuchs im Bereich Flaggoffiziere) zugestanden worden. In Koblenz werden halt ein paar Türschilder geändert.
Deshalb kann der Generalarzt jetzt auch die Eckpunkte „mittragen“ und die „einvernehmlich beschlossenen“ und „breit abgestimmten“ (so die BM´in) Pläne des GI umsetzen (der InspSKB war loyal und wird jetzt durch Auflösung bestraft).
Das Heer, das ursprünglich die „grüne mobile“ Sanität beansprucht hat, schweigt jetzt dazu. Aber Hallo, sollte der OrgBer SanDst nicht ebenso wie die SKB aufgelöst und verteilt werden?
Ich hatte weiter oben mal einen Summenzug der Reform versucht, mit dem Credo „Viel Lärm um Nichts“.
@ KoblenzerJunge
Zitat: „Was das BAAINBw wirklich hemmt, ist das noch der ewige Wind des BWBs durch viele Köpfe der Beamten weht (ala „Wir schließen das jetzt ab und dann wird es an die Nutzung übergeben“) und das jede Abteilung es anders regelt.“
Und weil die Nutzung das ungeliebte Kind des BAAINBw ist, und es außerdem dort die militärischen Fachleuten fehlen, die Erfahrung mit der Nutzung des Systems in den Geschwadern haben, gehört die Nutzungsaufgabe in die Teilstreitkraft zurück.
Es gab mal eine klassische Aufteilung jeder Teilstreitkraft in „Einsatzverbände und -Kdo“ in „Unterstützungs- verbände und -Kdo“ und in Zentrale Bereiche „Ämter…“. Wahrscheinlich werden wir nach etlichen Umstrukturierungen wieder dort ankommen in jedem Org-Bereich. Es ist auch von der Einstellung her ein Unterschied ob ein Soldat in Einsatz- oder Unterstützungsverbänden groß geworden ist. Die Leute ticken einfach anders und zu den Beamten im exBWB gibt es eine maximale mentale Distanz beider Soldatengruppen.
Also alles richtig gemacht – Nutzung in die Truppe – Beschaffung und Rüstung zum BwB – dann passt es !
@Jas sagt: 19.05.2021 um 23:20 Uhr
„Das gesamte Verhalten des InspSan finde ich untragbar. „Wenn’s mir nicht passt geh ich an die Öffentlichkeit und verbreite Angst und Schrecken“ ist für mich so ein krasser Loyalitäts- und Vertrauensbruch, dass ich mich wirklich wundern muss, wenn nicht bald personelle Konsequenzen kommen. Sonst macht das halt dann Schule. Aber damit macht sich die politische Leitung erpressbar – und das ist für mich eine rote Linie.“
Hm, ich sehe Ihre Punkte, aber bewerte das differenzierter.
Es ist amS Sicht die Pflicht der Inspekteure die Politik und die Öffentlichkeit zu beraten und zu informieren und diesen Teil der Handlungen des InspSan finde ich angemessen. Das ist zwar für die BM politisch ärgerlich, aber da muss sie durch die Bw gehört nicht ihr, sondern dem DEU Volk und der InspSan ist nicht ihr persönlich, sondern der Bundesrepublik verpflichtet.
Allerdings fand ich durchaus, dass er mit dem durchgesickerten Rücktritt und mit einigen konkreten Vorwürfen rote Linien überschritten hat, ich finde das war die Grenze zur Illoyalität überschritten.
Aber meine Kritik bezog sich nicht auf solche sachliche Auseinandersetzung über da Vorgehen des InspSan – dem muss er sich stellen, wenn er öffentliche Kritik übt. Meine Kritik bezog sich auf diejenigen, die im persönliche Vorteilsnahme unterstellt haben. Das ist halt ehrenrührig und zudem fachlicher Unsinn.
„Bei der Sanität hat man kurzfristig zurückgezogen.“
Ich denke auch, dass die Sanität für ihre Kooperation kompensiert wurde.
„Alleine schon mit dem Verweis auf die Zeitachse für den GenArztBw (01/22) wird deutlich, dass man schon eine Idee hatte, aber jetzt nochmal kurz eine „Untersuchung“ ohne Terminsetzung daraus gemacht hat.“
Das wiederum sehe ich nicht so. Da es ja nicht nur um den InspSan/GenArztBw selbst geht, sondern auch um seine Abteilung/Sonderorganisation oder was er auch immer im BMVg bekommen wird, geht es ja mit Blick auf die 6-Monatsfrist sinnvoll gar nicht früher. Man hätte natürlich auch irgendeine Krampflösung anweisen können, aber ich halte ehrlich gesagt alles was im 1. HJ 2022 liegt für vollkommen angemessen.
„Und sich noch nicht einmal getraut hat, reinzuschreiben, dass die (Einsatz)Sanität in die Dimmensionskommandos zu integrieren ist, sondern Möglichkeiten(!) zur Steigerung etc… zu untersuchen seien.“
Hm, ja in der Tat, dass wäre schon schön gewesen, wenn das schon geklärt gewesen wäre, aber ich sehe da wenig Alternativen das wird so kommen. Einzig andere Möglichkeit wäre ja ein Fähigkeitskommando, aber das würde dann ja wiederum dem großen Ziel der organisatorischen Zusammenführung taktisch zusammengehörender Verbände widersprechen.
Ich denke die Unbestimmtheit ist eher der Tatsache geschuldet, dass man synchron zur Logistik vorgehen möchte…
Ich bin ein bisschen, sagen wir verwundert. Einige hier schlagen auf die Person Baumgärtner mit Begriffen ein, die mich als Umgang von Soldaten untereinander äußerst irritieren. Man könnte fast den Eindruck bekommen, da wollen sich welche vom Heer daran abarbeiten, dass sie nicht die San-Struktur des Kalten Krieges zurückbekommen. Ich denke, dieser etwas rotzige Ton mit persönlichen Angriffen ist hier nicht das passende Debattenniveau.
@T.Wiegold sagt: 20.05.2021 um 10:37 Uhr
Unabhängig, davon dass ich Ihnen im Kern Ihrer Mahnung zustimme (Kritik sollte erlaubt sein, aber sie wurde doch teilweise sehr persönlich), bei folgendem Satz bin ich mir nicht sicher:
„Man könnte fast den Eindruck bekommen, da wollen sich welche vom Heer daran abarbeiten, dass sie nicht die San-Struktur des Kalten Krieges zurückbekommen. “
Das wir den alten SanDst INHALTLICH nicht zurückbekommen ist klar (und darüber sollten wir angesichts der massiven Qualitätssprünge seit damals auch dankbar sein und außerdem hat sich ja auch die Weltlage seit dem geändert), aber je nachdem wie die Folgeuntersuchungen laufen, kann (!) sich die neue STRUKTUR möglicherweise doch sehr stark an alten Strukturen orientieren.
Und ich bin mir auch nicht sicher, dass die Kritik wirklich aus dem „Heer“ kommt…
@T.Wiegold sagt:
20.05.2021 um 10:37 Uhr
1+*…und Danke!
Ein Genaral(arzt) ist doch kein Hauptgefreiter und sollte auch nicht so geführt werden. Der Inspekteur San führt einen OrgBer truppendienstlich mit einer Stärke von ca. 20.000. deshalb trägt er auch Verantwortung diesen Kameraden/innen gegenüber. Ich bin als gelernter Heeresmann seit 7 jahren im ZSan und habe durchaus Kritik an vielen Dingen, aber das sich hier einer die persönliche Überzeugung abkaufen läßt, halte ich für weit hergeholt wenn nicht für (zumal in der Person InspSan Dr. Baumgärtner) völlig unbegründet.
@all
Die Tagesbefehle der Inspekteure SKB und Sanitätsdienst zu dem Eckpunktepapier sind hier dokumentiert:
https://augengeradeaus.net/2021/05/dokumentation-die-inspekteure-von-skb-und-sanitaetsdienst-zum-eckpunktepapier/
Zu den Tagesbefehlen der Inspekteur San und SKB aus dem anderen Thread: Gut, dass die „Unsicherheiten“ der letzten Wochen in beiden Dokumenten zur Sprache kommen! Ich hoffe, dass dieses unsägliche Leaken von Informationen zu noch nicht abgeschlossenen Prozessen vernünftig aufgearbeit wird und dass die Beteiligten ihre Lehren daraus ziehen.
Für jemanden wie mich, der in diese Ebene keinen Einblick hat, entstand nämlich der Eindruck, dass es um die interne Kommunikation nicht unbedingt zum Besten gestellt ist.
Der Tagesbefehl des InspSKB ist kurz und amS selbsterklärend.
Der Tagesbefehl InspSan hat zwei heftige Punkte, die mich sehr erstaunen.
1. Erst spricht weiterhin nur von der bestmöglichen Versorgung der Patienten und nicht von der bestmöglichen Unterstützung der TSK/der Operationsführung. Da scheint jemand in der Tat vergessen zu haben wo der Unterschied zwischen Unterstützern und Unterstützten liegt.
2. Im letzten Satz spricht er davon, dass er weiterhin für die Einheit von militärischer und fachlicher Führung einstehen wird. Das ist heftig, denn das läuft mEn 180° entgegen der Vorgaben BM und GI.
TRENNUNG
Aber wie ich vermutet hatte, scheint insbesondere die Zusage der personellen Stärkung des Sanitätsdienstes der Preis für das Einvernehmen im MFR gewesen zu sein. Das wird mEn aus dem entsprechenden Spiegelstrich sehr deutlich.
@Koffer:
Da wird der InspSan einfach nur die Gretchenfrage gestellt haben: „Wie stark reduzierte medizinische Versorgung hätten’s denn gern?“
Da darauf normalerweise keiner eine substanzielle Antwort hat, bleibt es erstmal bei der Maxime des Sanitätsdienstes.
Was nicht schlecht ist, denn es gibt reichlich (!) Optimierungspotenzial ohne gleich die Axt an die Qualität der medizinischen Versorgung zu legen. Das Potenzial sollte Ihnen ja auch bekannt sein.
Insofern liest sich der Brief des InspSan auch wesentlich entspannter. Der weiß, was er hat und wie er sich durchsetzen kann.
Der InspSKB tut mir fast schon leid. Dass sein Bereich so geschlachtet und ausgeweidet wird – offensichtlich ohne ihn wirklich mitgestalten zu lassen – muss gerade angesichts der guten Leistungen im Pandemiegeschäft schmerzen. Da scheinen noch mehr ehrenamtliche Nationaltrainer als bei San unterwegs zu sein, die meinen, sein Geschäft besser zu wissen als er.
@all und hier im Speziellen @Koffer u.a. Heereskameraden.
1. Erst spricht weiterhin nur von der bestmöglichen Versorgung der Patienten und nicht von der bestmöglichen Unterstützung der TSK/der Operationsführung. Da scheint jemand in der Tat vergessen zu haben wo der Unterschied zwischen Unterstützern und Unterstützten liegt.
Was ist der Unterschied zwischen optimaler Versorgung der Patienten und Patientinnen und was ist die bestmögliche Unterstützung der TSK / Operationsführung?
Mich verwundert immer, dass da ein Unterschied gemacht wird. Als heeresgeprägte SanStOffz weiß ich, auch aus der Ausbildung LGAN, dass der Operateur schnelle, leichte Manöverelemente braucht, die dem Gefecht folgen, Verwundete schnell abfließen lassen und auf dem Gefechtsfeld nicht „stören“.
Nicht anderes wollen wir auch. Wir wollen schnelle, leichte und vor allem moderne „Kriegchirurgie“, die es uns ermöglicht, die Verwundeten auch bei größeren Anzahlen schnell zu versorgen auch unter Gefechtsbedingungen. Da gbt es keinen Dissenz. Es bedarf dann eben im Zeifel nur mehr Sanitätstruppe/ Forward Surgical Teams etc, um einem KampfTruppen-Btl folgen zu können im überschlagenden Einsatz. Diese Manöverelemente müssen gut ausgerüstet und robust sein (leichte, gepanzerte Fahrzeuge, leichte medizinische Ausrüstung – die es btw markverfügbar gibt, z.B. Sauerstoffkonzentratoren) und auch ausgebildet sein. Dazu bedarf es aber eben auch Geld, Dienstposten und den Willen militärischer Führer, dies durchzsetzen und ggf. das nächste Rüstungsprojekt umzuwidmen. Dies geschieht leider nicht, sondern es wird gefordert, wir als Sanität sollen „nicht immer so viel wollen“.
Truppenführer, die sagen, „San muss mal weg von optimaler Patientenversorgung“ – was für ein Menschenbild steckt denn da bitte dahinter?
Das erschüttert mich als Ärztin, Sanitätsoffizierin und gewesene Kommandeurin eines Sanitätsregiments mit knapp 300 Einsatztagen, davon auch Afghanistan 2009, doch zutiefst.
Wollen wir keine bestmögliche, auch rehabilitative Versorgung unserer Verwundeten? Wollen wir keine präventive Vorbereitung unserer körperlich von Jahr zu Jahr weniger fitten Soldatinnen und Soldaten im Bereich Präventivmedizin? Wollen wir keine bestmögliche Grundversorgung und saubere Begutachtung, damit die Kräfte nur in Aufgaben gehen, für die sie gesundheitlich geeignet sind? Wollen wir keine infektionspräventive, lebensmitteltechnische oder trinkwassertechnische Sicherheit für unsere Männer und Frauen bei Kriegshandlungen, so dass wir sicher sein können, dass sie auch unter robustesten Bedingungen an der NATO Südostflanke eben NICHT an Tollwut erkranken, fauliges Wasser trinken oder verdorbenes Essen zu sich nehmen?
Die Forderungen aus der Sanität nach „mehr“ DP waren niemals im Sinne „Wichtig machen“ einzuordnen, ich selbst durfte dem GI mal an einem Btl_Gefechtsstreifen erläutern, wie die Sanitätsversorgung aussieht, und dass selbst die geplante Versorgung bei einem Casualty Rate Estimate von … % am unteren Ende dessen entlang schrammt, um eine einigermaßen belastbare Überlebenschance unserer Männer und Frauen zu gewährleisten.
Dass die Strukturen ZSan sicher optimiert werden können, es immer bessere Ideen und sicher auch notwendige Maßnahmen geben muss – völlig d’accord. Alternativ muss politisch-strategisch dann eben mal klar ausgesprochen werden, dass unsere Soldatinnen und Soldaten im Ernstfall eben nicht mehr die bestmögliche (= Bestmöglich unter Gefechtsbedingungen, nicht Individualmedizin am Kamener Kreuz!) Vrsorgung bekommen. Dann dürfen wir uns die Frage stellen, welche Gesellschaft dann noch ihre durchschnittlich 1.3% Kinder pro Familie freiwillig an die Fahne schickt.
@Koffer: Wo ist der Gegensatz zwischen der bestmöglichen Versorgung der Patienten und der bestmöglichen Unterstützung der TSK/der Operationsführung?
Falls es beim Denken hilft, einfach mal San durch Mun ersetzen.
Nachtrag, da in Hektik vergessen. Ich formuliere es mal als Frage an die Operateure (mil):
Was ist die red line für Patientenversorgung? Was ist aus Ihrer Sicht die bestmögliche Unterstützung der Ops-Führung?
Definieren doch einmal, welches Preisschild akzeptabel wäre aus Sicht der Verantwortlichen für die Leben der uns anvertrauten Menschen.
„Soldaten sterben nun einmal“ ist ein Argument, dass in 2021 nicht greift.
Ich für meinen Teil lese den Tagesbefehl Insp San in etwa so, dass man seitens San einen Teilerfolg (z.B. in Form der fachliche Führung) verbuchen kann und darauf, verständlicherweise, stolz ist. Trotzdem findet sich zwischen den Zeilen auch ein „Aber“:
Der OrgBereich wird definitiv aufgelöst (und hier werden sicherlich viele dankbar aufseufzen) und man steht zudem vor einem Haufen Prüfaufträge, die erst einmal zielführend abgearbeitet werden müssen. Hier steht zwischen den Zeilen und umgangssprachlich: „Uns kann´s doch noch erwischen, wenn wir nicht vernünftig aus den Puschen kommen!“
Allein dieses Eingeständnis ist mehr, als ich in den letzten Jahren aus dem OrgBereich gehört habe. Man könnte den blumigen Worten des Insp San also entgegensetzen, dass sein Laden deutlich angezählt ist.
Zusammengefasst: Teilerfolg San, endgültige Entscheidung aber vertagt. Über die versteifte Sicht auf die „Patientinnen und Patienten“ wurde schon viel geschrieben, es lohnt also schlicht nicht, sich daran abzuarbeiten.
„Über die versteifte Sicht auf die „Patientinnen und Patienten“ wurde schon viel geschrieben,..“
Welche versteifte Sicht?
@ Dr. Stephanie Krause
Vielen Dank für Ihre sachliche Erwiderung und Ihre (Heeres-)Sicht auf die Dinge. Ich möchte aber daran erinnern, dass gerade die Vertreter ZSan, die aus anderen OrgBereichen kommen, oftmals andere Ansichten haben und alles belächeln, was nicht nach spitzenmäßiger Emergency Room-Medizin unter bestmöglichen Bedingungen aussieht.
Wenn sich Kommandeure von Sanitätseinsatzverbänden nahezu täglich in der Klinik (KFOR) oder dem EinsLaz (ISAF) aufhalten, ihre beweglichen Komponten (QRF/MedEvac) aber trotz Beratung bis auf oberflächliche Anstandsbesuche süffisant links liegen lassen (obwohl diese nahezu täglich bzw. wochenlang das Lager verlassen und sogar Ausfälle im Gefecht (ISAF) zu verzeichnen haben) so lässt sie das am Mindset der jeweiligen hochrangigen SanStOffz zweifeln. Wenn Ihnen dann im Jahre 2009 (!) noch gestandene Unteroffiziere mit Portepee in einem SanRgt erzählen, sie wären an allererster Stelle Rettungsassistenten und müssten daher doch bitteschön kein Gefechtsschießen mehr während des TrÜbPl-Aufenthaltes durchführen, dann lässt diese Ausrichtung bzw. dieses Berufsverständnis ebenfalls tief blicken. Nun shiften wir aber von Einsätzen zurück zum recht blutigen Szenario der LV/BV – und da soll plötzlich alles anders werden?
Natürlich werden Sie nun (zurecht) feststellen, dass dies lediglich anecdotal evidence ist. Nur darf ich Ihnen versichern, dass nahezu alle (!) meiner Kameradinnen und Kameraden (iroischerweise sogar die aus der Sanität) diese und ähnliche Geschichten erzählen. Ich denke daher, dass dies ein Grund ist, warum insbesondere viele Heereskameradinnen und -kameraden sehr skeptisch auf die Sanität und ihr bisheriges Weltbild blicken und evtl. viele Aussagen auf die Goldwaage legen. Jedoch muss man noch einmal darauf hinweisen: Alle Kommentatoren einschließlich @Koffer hier wünschen keine Rückkehr zum SanDst „alter Art“ sondern lediglich eine, die sich auf ihre „Kunden“ einlässt und nicht self-centered und narzisstisch daherkommt.
@Stöber sagt: 20.05.2021 um 13:19 Uhr
„Insofern liest sich der Brief des InspSan auch wesentlich entspannter. Der weiß, was er hat und wie er sich durchsetzen kann.“
Lesen wir zwei verschiedene Briefe? Der Tagesbefehl InspSan ist doch alles andere als entspannt und mEn scheint mehr als nur ein bisschen durch, dass er beabsichtigt im Rahmen der Umsetzung weiter gegen die Grundmaxime der Reform zu obstruieren.
„Der InspSKB tut mir fast schon leid. Dass sein Bereich so geschlachtet und ausgeweidet wird – offensichtlich ohne ihn wirklich mitgestalten zu lassen“
Auch genau da habe ich ehrlich gesagt einen anderen Eindruck. Jetzt mal abgesehen davon, dass er nicht wollte, dass die SKB aufgelöst wird, gerade für die Logistik (den Kern der SKB, wenn ich das mal so sagen darf) gibt es ja noch einen erheblichen Untersuchungsbedarf, auch mit kniffligen Fragen und da wird mEn eine guten Zusammenarbeit zwischen KdoH und KdoSKB entscheidend sein um zu sauberen Abgrenzungen zwischen strategischer und taktisch-operativer Logistik zu kommen…
„Da scheinen noch mehr ehrenamtliche Nationaltrainer als bei San unterwegs zu sein, die meinen, sein Geschäft besser zu wissen als er.“
Ehrlich, ganz ohne Kritik, aber auch hier habe ich ein anderes Verständnis, denn durch die Aufwertung des KdoTerrAufg zu einem Führungskommando auf der Ebene des EinsFüKdo wird ja sein Hut in dieser Beziehung deutlich gestärkt!
@Sascha Stoltenow sagt: 20.05.2021 um 13:41 Uhr
„Wo ist der Gegensatz zwischen der bestmöglichen Versorgung der Patienten und der bestmöglichen Unterstützung der TSK/der Operationsführung?“
Die bestmögliche Unterstützung der Operationsführung ist die bestmögliche Versorgung der Patienten unter Berücksichtigung des operativen Ziels.
Der Tagesbefehl InspSan atmet eine ausschließliche zivile Sicht auf Sanität und ein uneingeschränkte Priorität von Gesundheit vor Operation.
Aber wie so alles im Leben ist das eben im Militär nicht so einfach. Die oberste Priorität ist in einer Armee der Operationserfolg. Dem haben sich alle Unterstützer unterzuordnen.
Damit meine ich nicht, dass Menschenleben und Gesundheit der Soldaten egal ist – bei besten Willen nicht!! – aber A steht halt im Krieg vor B. Und das scheint der InspSan nicht mehr wahrhaben zu wollen.
Und ganz ehrlich erstaunt mich das ein bisschen, denn ich hatte eigentlich immer den Eindruck, dass er ein Vertreter eines ausgewogenen Sanitätsbildes also „sowohl als auch“ wäre. Solche ausschließlich „zivile“ Sicht auf die Sanität hätte ich von ihm nicht erwartet…
@Dr. Stephanie Krause sagt: 20.05.2021 um 13:31 Uhr
Vieles (fast alles) was Sie im Detail schreiben kann ich aus voller Überzeugung mittragen.
Nur die Schlussfolgerung erstaunt mich.
Niemand möchte eine schlechtere Sanitätsversorgung.
Aber damit man glaubwürdig als Unterstützungskraft ist, muss man halt auch sprachlich deutlich machen, dass man weiß wohin man zu optimieren hat.
Ein Beispiel woran ich auf kleiner Ebene verdeutlichen möchte, warum ich glaube, dass ZSan als (OrgBer, nicht die einzelnen Sanitätskräfte!) sich schon lange auf Abwegen bewegt, wenn es um Priorisierung geht.
Ich hatte vor einigen Jahren die Freude an einer großen MilEvakOp Übung teilnehmen zu dürfen. Damals ging es um Szenario 2/2+. Wir hatten aus logistischen Gründen eine absolute personelle Obergrenze (ich meine sie lag irgendwo kann über 1.000).
Und weil ZSan partout auf seinen fachlichen Standards beharrt hat und der Truppenführer nicht bereit war diese fachliche Beratung zu übersteuern, wurde der Sanitätsanteil immer größer und immer größer. Und man an Logistik und Fm kaum kürzen kann (ohne Munition, Betriebstoff und Fm-Verbindung können auch FschJg nicht kämpfen) kam es am Ende dazu, dass weniger als 100 FschJg eingeplant wurden, aber fast 150 (oder waren es sogar 200? bin mir nicht mehr ganz sicher) Sanitäter. Und jetzt kommt der Knüller: Dabei haben sich die Sanitäter dann noch nicht einmal selbst umfassend gesichert, sondern dazu mussten die FschJg auch noch einen Zug abstellen.
Natürlich ist das jetzt nur ein anekdotischer Beleg, aber er steht mEn symptomatisch für das Selbstverständnis von ZSan (und wichtig, dass war hier ZSan, nicht unsere eigene, organische LLSanKp!). Das mit dieser Schwerpunktverlagerung weg von der Operation hin zur Unterstützung bei einer Eskalation dann übrigens die gesamte Operation gefährdet gewesen wäre, dürfte auf der Hand liegen :(
Nachtrag @Sascha Stoltenow
Jetzt mache ich den gleichen Fehler auch schon :(
Streiche: „Die bestmögliche Unterstützung der Operationsführung ist die bestmögliche Versorgung der Patienten unter Berücksichtigung des operativen Ziels.“
Setze: „Die bestmögliche Unterstützung der Operationsführung ist die bestmögliche Versorgung der Soldaten unter Berücksichtigung des operativen Ziels.“
Dr. Stephanie Krause sagt:
20.05.2021 um 13:31 Uhr
1+* so will ich den ZSan viel öfter sehen und hören!
@Stephan L.
Ohne jetzt mit dem Finger zu zeigen oder, umgekehrt, Akteure unverdient in Schutz nehmen zu wollen; ich nehme stark an, dass diese Informationen von Personen durchgestochen wurden, die der Reform ablehnend oder besorgt gegenüber stehen. Ihre Befürworter hätten nämlich nicht den geringsten Nutzen davon gehabt.
Denn das in der Politik durchaus übliche „Vorfühlen“, wie beabsichtigte Schritte aufgenommen werden könnten, macht vorliegend keinen Sinn, weil Verteidigungspolitik im Allgemeinen nicht zur Profilierung taugt und speziell Frau Kramp-Karrenbauer kaum Rückhalt in Öffentlichkeit und Medien genießt.
Die Vermutung ist nicht abewig, dass manche derer, die die „Verunsicherung“ der Soldaten beklagten, ebendaran ihren Anteil hatten.
@muck sagt: 20.05.2021 um 15:55 Uhr
„Denn das in der Politik durchaus übliche „Vorfühlen“, wie beabsichtigte Schritte aufgenommen werden könnten, macht vorliegend keinen Sinn, weil Verteidigungspolitik im Allgemeinen nicht zur Profilierung taugt und speziell Frau Kramp-Karrenbauer kaum Rückhalt in Öffentlichkeit und Medien genießt.
Die Vermutung ist nicht abewig, dass manche derer, die die „Verunsicherung“ der Soldaten beklagten, ebendaran ihren Anteil hatten.“
Zustimmung. Ich hatte ja schon beim ersten Durchstechen vor (drei?!) Wochen vermutet, dass die Urheber eher in Koblenz oder Bonn sitzen dürfen denn im Leitungsbereich BMVg.
Vielleicht irre ich mich, aber die BM und ihr Alter Ego Nico L. können kein Interesse zu dem damaligen Zeitpunkt daran gehabt haben und auch beim GI uns einem Umfeld hätte ich Zweifel…
@FlaOffz 19.05.2021 um 23:01 Uhr
Vielen Dank für Ihre Erläuterungen. Wenn mit dem „Component Command“ tatsächlich nur eine Art Wiederaufstellung des Heeresführungskommandos gemeint sein sollte, bin ich gespannt, wie (ob) dadurch wirklich Stabspersonal eingespart wird. Auf jeden Fall müsste dann ja wohl das Kommando Heer deutlich verkleinert werden.
@Georg sagt:20.05.2021 um 9:16 Uhr
„Und weil die Nutzung das ungeliebte Kind des BAAINBw ist, und es außerdem dort die militärischen Fachleuten fehlen, die Erfahrung mit der Nutzung des Systems in den Geschwadern haben, gehört die Nutzungsaufgabe in die Teilstreitkraft zurück……Also alles richtig gemacht – Nutzung in die Truppe – Beschaffung und Rüstung zum BwB – dann passt es !“
Ich halte mal fest, dass der Ansatz für das BAAINBw war, Rüstung und Nutzung unter einem Dach zu vereinen, um kurze Wege zu haben und Nutzungsaspekte schon früh im Rahmen der Rüstung zu betrachten. „Von der Wiege bis zur Bahre“ und „alles in einer Hand“ gepaart mit soldatischem System/Produktverständnis. Was war daran falsch? Ah…ich vergaß …gut gedacht….schlecht gemacht, weil man zugelassen hat, dass das die OrgBereich eben nicht mit lautem „Hurra“ ihr Fachpersonal nach Koblenz abgegeben haben.
Und hier werter @Georg hat sich ganz besonders toll die Herren der Lw hervorgetan, wenn auch das Heer aus Bad Neuenahr auch lieber in Köln / Bonn ihren Platz gesucht haben. Jetzt ist man aber in der Situation im BAAINBw, dass man sich nach all der Zeit wieder ein wenig Wissen und Verständnis aufgebaut hat und eigentlich besser als sein Ruf ist. Was passiert nun? Wir schaffen „Systemhäuser“! Prima Idee ….Marine geht zurück an die Küste, die Lw wieder nach Köln und das „devote“ Heer bügelt man in den Berliner „Speckgürtel“. (Annahme! Wenn die Anteile Marine und Lw weg sind, ist ja auch in KO Platz) Selbstverständlich unter Akzeptanz des Brain Drain. Eine wirkliche Entwicklung im Sinne von Fortschritt sehe ich da leider nicht!
Nur als Randbemerkung: Es erfordert mehr als Gespräche zwischen „nur“ dem Heer und der SKB bzgl. der Logistik. Da fehlen nämlich immer noch Marine und Luftwaffe. Auch diese sind „Kunden“ der SKB, wenn auch selbstverständlich in einem anderen Umfang.
Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen:
1. Wer schon mal auf Übung gefahren ist oder eine solche geplant hat, der weiß, wie es ist, sich selbst für kleine Vorhaben erst umständlich „auf dem Dienstweg“ Orgbereichs-übergreifend Sanitäter, ABC-Abwehr oder Feldjäger „besorgen“ zu müssen. Es ist völlig richtig festzustellen, dass diese Art der Organisation geeignet ist, lange im Voraus geplante Kontingente zu bemannen, aber eben nicht dazu, in einem Krieg zu bestehen, wo i.d.R. der Angreifer Zeit und Ort des Gefechts bestimmt und wo es darauf ankommt, eingespielt zu sein.
2. Es wird so getan, als habe es erst mit dem milOrgBer ZSanDst so etwas wie eine zentrale Führung bzw. zentrale Weiterentwicklung, Konzeption, Forschung u.ä. in der Sanität gegeben. Es wird vom häufigen Wiederholen nicht richtiger. Das gab es auch schon vor 2001 und vor dem ZSanDstBw in Form der ZSanDBw.
3. Es wird behauptet, z.B. die erreichte qualitative Aufwertung der Sanitätsausbildung in der Bundeswehr sei der Verdienst des ZSanDstBw und ohne selbigen gar nicht möglich gewesen. Es gibt hierfür keinen Beleg, da es zu der Zeit, als die Bundeswehr in den ersten Gefechten bestehen und die ersten Verwundeten und Gefallenen zu beklagen hatte, nun einmal nur den ZSanDstBw gab. Es muss daher dahingestellt bleiben, wie die Bundeswehr ohne den ZSanDstBw auf diese Situationen reagiert hätte. Es sei ergänzend darauf hingewiesen, dass das, was mittlerweile als Sanitätsausbildung gelehrt wird, fast identisch z.B. in der französischen Armee ausgebildet wird. Nun also so zu tun, als sei dies der Verdienst dieses milOrgBer, ist wenig glaubhaft, sinnhafter ist die Annahme, dass durch die zunehmende Einbindung in die Auslandseinsätze einer internationalen Entwicklung gefolgt wurde, wie auch z.B. beim neuen Schießausbildungskonzept.
4. Ich habe es nicht verstanden, was dagegen spricht, dass künftig die Sanitäter des Truppenteils, der in einer Liegenschaft stationiert ist, den Sanitätsbereich „bemannt“ und in Übung oder Einsatz mit „ihrem“ Truppenteil verlegen. Ich habe es auch nicht verstanden, wie es sich förderlich auf die Gesundheitsversorgung der Soldaten auswirken soll, wenn Ärzte nicht mehr kurativ tätig sein können, weil sie alles mögliche fachfremde in Kommandos des milOrgBer Sanität bemannen müssen, Org, Pers, etc. pp.
5. Der Sanitätsdienst der Bundeswehr ist kein Notnagel für das ökonomisierte Gesundheitssystem dieses Landes. Soweit es für die Bundeswehr von Nutzen ist (z.B. Einbindung der BwKrhs in das zivile Netz zur Weiterbildung und Inübung-Haltung des militärischen Sanitätspersonals), so ist das gut – aber das muss der Gratmesser sein und nicht das Ansinnen, als „Player“ im Gesundheitssystem wahrgenommen zu werden oder Versäumnisse im Gesundheitssystem der letzten Jahre und Jahrzehnte auszubügeln.
Insofern bleibt es zu hoffen, dass die Truppensanitäter wieder dorthin kommen, wohin sie gehören: In die Truppe. Truppendienstlich geführt vom jeweiligen militärischen Führer, in Grundbetrieb, Übung und Einsatz und fachlich geführt vom GenArztBw und seinen Adlaten.
@Student
Zum Thema „Component Commands“ – ich hatte das Eckpunktepapier so verstanden, dass bestimmte Fähigkeiten, die querschnittlich abzurufen sind, gebündelt würden. Ich dachte dabei an Einrichtungen wie das Kommando Hubschrauber.
Der Streit rundum die Sanität und die Logistik in der Dimension Land wird durch das neue Level of Ambition (irgendwann 1 Division) erheblich entspannen.
Man muss es ja auch mal positiv betrachten.
Was das noch mit der Verteidigungsbereitschaft eines Landes mit dieser Größe und Lage zu tun hat ist dann wohl etwas anderes.
Dieser abfallende Anspruch steht in krassem Widerspruch zu den politischen Annahmen (mehr Verantwortung, mehr Europa, etc).
Aber so genau will man es wohl in Politik und Öffentlichkeit gar nicht wissen.
@SKB-Angehöriger sagt: 20.05.2021 um 17:49 Uhr
„Nur als Randbemerkung: Es erfordert mehr als Gespräche zwischen „nur“ dem Heer und der SKB bzgl. der Logistik. Da fehlen nämlich immer noch Marine und Luftwaffe. Auch diese sind „Kunden“ der SKB, wenn auch selbstverständlich in einem anderen Umfang.“
Ja und nein. Ja, natürlich ist auch hier eine Abgrenzung vorzunehmen, aber z.B. für die Marine wird das mEn sehr einfach. Für deren strategische Aufgaben, hat die Marine sowieso seit jeher gesonderte Verfahren (und natürlich Kühne+Nagel) und ob das nun zurück an die Marine geht oder weiterhin durch das LogKdo gesteuert wird, ist mEn reichlich gleich. Es wird weiterhin funktionieren.
Bei der fliegenden Lw ist das ähnlich. Spannend könnte es bei der beweglichen, bodengebundenen Lw werden, aber wenn man sieht wie klein heutzutage die FlaRak geworden ist, ist das glaube ich auch leicht zu lösen.
Das komplizierte, strittige und potentiell schief laufen könnende wird das Heer sein. Und hier bin ich keinesfalls der Meinung, das einfach alles ans Heer zurück gehen muss. Bestimmte Aufgaben, Befugnisse und Kapazitäten gehören sicherlich nicht zurück ins Heer und HIER werden die Schnittstellen etc. zu definieren sein.
@Hans Dampf sagt: 20.05.2021 um 17:57 Uhr
Viel wahres an Ihrem Kommentar. Insbesondere stimme ich dort zu, wo Sie „tradierten Mythen“ widersprechen.
„4. Ich habe es nicht verstanden, was dagegen spricht, dass künftig die Sanitäter des Truppenteils, der in einer Liegenschaft stationiert ist, den Sanitätsbereich „bemannt“ und in Übung oder Einsatz mit „ihrem“ Truppenteil verlegen. Ich habe es auch nicht verstanden, wie es sich förderlich auf die Gesundheitsversorgung der Soldaten auswirken soll, wenn Ärzte nicht mehr kurativ tätig sein können, weil sie alles mögliche fachfremde in Kommandos des milOrgBer Sanität bemannen müssen, Org, Pers, etc. pp.“
Das ist der einzige Abschnitt wo ich nicht umfassend zustimmen kann.
Ja, es kann möglicherweise die beste Lösung sein, den alten SanZg mit BtlArzt wieder zu etablieren und der bemannt dann mit seinen Mannen die SanBer.
Aber da gibt es erhebliche Probleme, die man nicht zu einfach vom Tisch wischen sollte. Hier Einsatz-/Übungsbetrieb und die sog. „Realversorgung“ unter einen Hut zu bringen, war schon früher nicht einfach und da konnte man im Notfall einfach im Nachbarstandort (der damals ja durchschnittlich nur wenige Km entfernt war) für z.B. zwei Wochen einen weiteren TrArzt „ausleihen“. Das geht heute nicht mehr so einfach, alleine schon deswegen weil wir viel weniger Standorte zum gegenseitigen kompensieren haben (und auch wegen der in der Zwischenzeit im Gegensatz zu früher statistisch signifikanten Elternzeiten und einsatzbedingten Einzelabstellungen).
Ich sage also nicht, dass das nicht geht, aber hier muss man glaube ich genau hinschauen und z.B. auch über eine stanologische Anpassung nachdenken, z.B. über einen gesicherte Mindestbesetzung mit einem zivilen Kernteam o.ä.
Unstrittig hingegen dürften die BwKrhs (weiterhin ZSan) und die SanRgt inkl. ggf. KdoSES (natürlich zum Heer) sein.
@Memoria sagt: 20.05.2021 um 18:22 Uhr
„Der Streit rundum die Sanität und die Logistik in der Dimension Land wird durch das neue Level of Ambition (irgendwann 1 Division) erheblich entspannen.“
In der Tat, das ist schon heftig. Ich bin gespannt, was wir dazu aus Brüssel, Washington, Warschau zu hören bekommen werden…
@muck:
auf S. 14 unten ist definiert, was unter einem Component Command zu verstehen ist:
„… und die Befähigung zur Bereitstellung von Component Commands (höchstes taktisches Dimensionskommando) …“ – In Bezug auf das Heer (oder der terrestrischen Dimension, wie man jetzt wohl sagt) ist hier die Ebene über dem Korps-Level gemeint, vergleichbar der „Theater Army“ innerhalb der US Army.
Bsp.: Die US Army Pacific fungiert als Army Service Component Command (also die Land-Komponente) des übergeordneten United States Indo-Pacific Command:
https://en.wikipedia.org/wiki/United_States_Army_Pacific
Hier die Component Commands im Überblick (der schwarze Bereich im Organigramm)
https://www.army.mil/organization/
P.S.: Wenn man betrachtet, was da alles an Truppe drunter hängt, ist dieser Eckpunkt …. ambitioniert ;)
@Koffer
Ich vermute das hat sich nach dem skandalösen Tagesbefehl vielleicht geändert?
Es wird immer bunter. Der Tagesbefehl des InspSan ist erneut eine Kampfansage „Wir gegen die“.
Die BM und der GI schreiben schon (weichgewaschen):
Und der InspSan macht daraus als Tagesbefehl:
So schaut’s nämlich aus. Der InspSan braucht keine Untersuchungen. (Hier können sie ihren eigenen Ärztewitz einfügen). Er kennt das beste Ergebnis bereits. Was sollen ihm auch die anderen da „reinreden“ haben eh keine Ahnung. Man stelle sich den Satz mal im Schreiben des InspSKB vor…
So langsam hätte ich die Faxen echt dicke als Ministerin und GI.
@Memoria
Sie sind aber auch gleich triatralisch. Also so lese ich das Papier auch nicht, da im Bezug auf das FPBw und den Einzelfähigkeiten keine Angaben gemacht werden. Man schreibt ja „erstmal schnell“ 1 Division. Das damit Schluss wäre steht nirgends und will auch keiner.
@ Memoria: „Der Streit rundum die Sanität und die Logistik in der Dimension Land wird durch das neue Level of Ambition (irgendwann 1 Division) erheblich entspannen.“
Ich sehe nicht unbedingt ein neues Level of Ambition. Wer dauerhaft eine Division in Bereitschaft haben will, braucht drei Divisionen (siehe auch die Einsatzsystematik im Eckpunktepapier). Das passt also zum bisherigen LoA des Heeres.
@Koffer: Tja, so kann die Auffassung schon bei zwei Lesern auseinander gehen. 🙂
Für mich liest sich der InspSan wie der grimmige Sieger, der seine Kernkompetenzen erfolgreich verteidigen konnte und nun zum Wogen glätten sogar noch die Hand reicht. (Dass man gerne in Zukunft „konstruktiv“ zusammenarbeiten will heißt allerdings verklausuliert: „Kommt nicht nochmal mit so einem Unfug“.)
Der InspSKB auf der anderen Seite liest sich eher wie der bedröppelte Papa, dem grade beim Gassigehen der Familienhund totgefahren wurde und der sich jetzt fragt, wie er das schonend seiner Frau und Kindern beibringen kann. Da sitzt der Schmerz tief.
Aber wir schon bemerkt, jeder liest sich was anderes aus diesen Briefen raus. 🤷♂️
@Ziethen
Wie wahrscheinlich ist es, daß es ein rein nationales LCC geben wird? Schließlich ist das eine Aufgabe, die „combined“ über die NATO gelöst wird. Und soweit ich weiß ist die NATO da schon ganz gut bestückt.
Diese Reform böte auch eine gute Gelegenheit, einigermaßen gesichtswahrend den verfassungswidrigen Einsatz von Soldaten in der Wehrverwaltung zu beenden, bevor der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages über das Plenum die Bundesministerin der Verteidigung zu entsprechendem Handeln offiziell auffordert, um ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu vermeiden. Dieser verfassungswidrige Einsatz von Soldaten in der Wehrverwaltung begann gleich beim Aufbau der Bundeswehr 1955 mit Soldaten im Bereich Personal und weitete sich ab 2012 mit dem Dresdner Erlass auch auf die Bereiche Infrastruktur, Umweltschutz, Dienstleistungen sowie Ausrüstung, Informationstechnik, Nutzung aus. Nach BMVg-Statistik April 2021 gibt es inzwischen 5.584 Soldaten auf (zivilen) Dienstposten in der Bundeswehrverwaltung (955 Infrastruktur etc., 1.756 Ausrüstung etc., 2.873 Personal). Dabei ist der Einsatz von Soldaten nach Art. 87 a GG nur in den Streitkräften zulässig. Art. 87 b GG dagegen legt fest, dass die zivile Wehrverwaltung den Aufgaben des Personalwesens und der unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte dient. Diese „Wehrverwaltungssoldaten“ haben zwar eine allgemein anerkannte gute militärische Ausbildung für militärische Einsätze, für Verwendungen in Verwaltungsfunktionen fehlt ihnen jedoch grundsätzlich jede Eignung und Befähigung. Wer käme umgekehrt auf die Idee, hochqualifizierte Beamte des nichttechnischen oder wehrtechnischen Dienstes in militärischen Funktionen einzusetzen (als z.B. Kompaniechef, Bataillonskommandeur, Inspekteur)? Während also 5.584 Soldaten verfassungswidrig und ausbildungsfremd in der Wehrverwaltung eingesetzt sind, fehlen der Truppe rund 21.000 Soldaten. Ein Drittel dieses Fehls könnte schnell ausgeglichen werden. Eine vergleichbare Problematik besteht auch im Verteidigungsministerium selbst. Dort sind 1.147 Soldaten eingesetzt, ungefähr die Hälfte verfassungskonform in militärischen Abteilungen, die andere Hälfte aber verfassungswidrig in zivilen Abteilungen, Stäben und Leitungsbüros. Also: Nur Mut, Frau AKK: Setzen Sie die Wehrverwaltungssoldaten in die Streitkräfte um nach dem Motto: Schuster bleib bei deinem Leisten!
@Jas sagt: 20.05.2021 um 18:55 Uhr
„Und der InspSan macht daraus als Tagesbefehl:
Sie können sich sicher sein, dass ich mit meinem Stab weiterhin mit aller Kraft für den Erhalt unserer Exzellenz und für die Einheit der fachlichen und militärischen Verantwortung einstehen werde“
Ja, da haben Sie recht, der Satz ist heftig.
@Jas und ein_versuch:
Es fehlt interessanterweise eine Zeitlinie.
Schneller als 2027 ist bei den absehbaren Haushaltsmitteln unrealistisch.
Zudem ist die Division für LV/BV geplant also kein Kontingentsystem.
Also wird es nach (!) 2027 eine Division (in welcher Form auch immer) geben und dann vielleicht irgendwann später noch weitere Auffüllung von Strukturen in anderen Divisionen.
Also irgendwie nach 2030.
@B.H. sagt: 20.05.2021 um 19:45 Uhr
„Diese Reform böte auch eine gute Gelegenheit, einigermaßen gesichtswahrend den verfassungswidrigen Einsatz von Soldaten in der Wehrverwaltung zu beenden, bevor der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages über das Plenum die Bundesministerin der Verteidigung zu entsprechendem Handeln offiziell auffordert, um ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu vermeiden“
Da sind ja einige als Tatsache verkleidete Mindermeinungen kombiniert mit Überspitzungen und Spekulation drin.
Lassen Sie es mich mal kurz machen.
1. Eine Verfassungswidrigkeit dürfte keinesfalls evident sein, vermutlich liegt sie nicht vor.
2. Ich bin bereit zu wetten, dass der Petitionsausschuss in dieser Frage nicht aktiv wird und wenn doch, dann keinesfalls über das Plenum und garantiert nicht um eine Aufforderung wie von Ihnen gewünscht auszusprechen.