Future Combat Air System: Grundsätzliche Einigung, keine Details (Nachträge)
Für das geplante High-Tech-Luftkampfsystem* FCAS (Future Combat Air System) und vor allem das dazu gehörende Next Generation Weapons System (NGWS) haben sich die beteiligten Staaten Deutschland, Frankreich und Spanien auf die weiteren Details verständigt. Das ist vor allem für die geplante Beschlussfassung des Bundestags-Haushaltsausschusses dazu noch vor der Sommerpause von Bedeutung. Details der Einigung nannten die Staaten jedoch nicht.
Aus der gemeinsamen Pressemitteilung der drei Länder, die unter anderem das Bundesverteidigungsministerium am (heutigen) Montag veröffentlichte:
Florence Parly, minister of the armed forces of France, Annegret Kramp-Karrenbauer, minister of Defense of Germany and Margarita Robles, minister of Defense of Spain are pleased to announce the finalization of the discussions regarding the content of the next phase of the NGWS/FCAS programme, aiming at developing a new generation fighter demonstrator flying by 2027.
In an increasingly and challenging context where air superiority is severely challenged by fast growing threats, NGWS/FCAS programme (Next Generation Weapon System within a Future Combat Air System) directly contributes to national and European sovereignty and security.
The discussions conducted by Direction générale de l’armement, Bundesministerium der Verteidigung and Dirección General de Armamento y Material during the last months allowed to achieve a balanced agreement between the different partners for the next step of the demonstration phase of the programme. The related governmental arrangements are now ready to enter the national staffing processes for formal validation.
The NGWS will be composed of a NGF (New Generation Fighter), RCs (Remote Carriers, unmanned aerial platforms) and a Combat Cloud designed to achieve information dominance. Fully integrated in the different national Future Combat Air Systems, the NGWS will be able to achieve operational superiority in highly contested environments.
By integrating state of the art technologies to provide the armed forces with the expected level of performance (propulsion, manoeuvrability, radar sensors, optronics, electronic warfare, connectivity, artificial intelligence, interoperability etc.), NGWS/FCAS will position the participating industries at the cutting edge of innovation in the defence sector.
The industrial organisation of the programme has been set up appropriately to ensure the consistency and the efficiency of the project, leveraging the best skills of each nation industries within a balanced, broad and deep partnership. The implemented cooperation scheme offers an unequalled opportunity to strengthen the technological assets of the three participating countries, while ensuring the best competitiveness of the future system.
Da steht also eigentlich nur drin: Wir haben eine Verständigung. Interessant wäre ja zu wissen, wie die langwierige Frage der Intellectual Property Rights (IPR), der Nutzungsrechte der Entwicklung, und die Frage der Demonstratoren gelöst wurde – aus Deutschland hatte es ja Forderungen gegeben, zwei Demonstratoren zu bauen: Einen in Deutschland, einen in Frankreich.
Mal sehen, ob zu den Inhalten der Einigung noch mehr rauskommt. Bislang wirkt es nur so, als sollte möglichst das beruhigende Signal gegeben werden, dass man im deutschen parlamentarischen Verfahren fortschreiten könne.
Nachtrag: In einem Schreiben an die Obleute des Verteidigungsausschusses nennt der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn ebenfalls keine Details – bekräftigt aber die Absicht, das Thema vor der Sommerpause ins Parlament zu bringen:
Hiermit möchte ich Sie darüber informieren, dass im Zuge der regierungsseitigen Verhandlungen mit Frankreich und Spanien zur bruchfreien Fortführung des trinationalen Projektes Next Generation Weapon System (NGWS) im Future Combat Air System (FCAS) nunmehr
eine grundsätzliche Einigung zum weiteren Vorgehen erzielt wurde.
Diese Einigung umfasst die Verständigung auf eine Durchführungsvereinbarung (Implementing Arrangement) 3 als regierungsseitiges Dachdokument für die Phasen 1b (Forschung und
Technologieentwicklung) und 2 (Demonstratorphase). Die Durchführungsvereinbarung enthält auch die zugehörigen Regelungen der Nutzungsrechte sowie die maximale finanzielle
Beteiligung Deutschlands.
Damit ist eine wesentliche Voraussetzung für die parlamentarische Befassung mit einer 25 Mio. €-Vorlage in der 25. Kalenderwoche zur Fortsetzung des Projektes geschaffen.
Nachtrag 2: Die französische Verteidigungsministerin Florence Parly war zwar via Twitter in den Details auch sparsam – ihre Formulierung
Un démonstrateur de l’avion de chasse du futur macht aber schon durch die Wortwahl klar, dass es wohl nur einen Demonstrator geben wird:
(ggf. weiter nach Entwicklung)
*Den an dieser Stelle in der Tat missverständlichen Begriff Luftverteidigungssystem habe ich mal durch Luftkampfsystem ersetzt.
@Moin Moin
„Der Tornado ist laut Wikipedia Mach 2.2 schnell. Wie schnell kann er mit GBU54 fliegen?
Auch auf der Luftwaffenseite gibt es einige Informationen über die jetzige Bombe des Eurofighter. Die GBU48. Kann diese Bombe Überschall getragen werden? “
GRU oder SWR?
„auf deutscher Seite besteht die Notwendigkeit, die Nachfolge des Eurofighters zu regeln, der seit 2004 bei der Luftwaffe im Einsatz ist und etwa zeitgleich mit der Rafale ausgemustert werden sollte, nachdem er zwischenzeitlich verbessert wurde.“
Nachfolge? Hah. Von wegen. Wurde die F16 oder F15 ausgemustert, weil es die F22 und F35 gab?
Wenn man bedenkt wie teuer der NGV pro Stück werden dürfte, ist die Idee, die gegenwärtige Luftflotte komplett durch NGV und Dronen zu ersetzen, ziemlich absurd.
Wir werden in D erst so um 2030 den EF Tranche 5 bekommen – und zumindest T4+5 werden dann noch locker für 30 Jahre als Abfangjäger und bomb truck zur Verfügung stehen.
Wenn die Franzosen meinen, sie können ihre komplette Rafale Flotte bald verschrotten (oder an Indien verkaufen?), sollen sie. Auch daran glaube ich aber nicht. Für Einsätze über Afrika sind NGVs viel zu Schade; Rafales tuen es da auch noch 2050 (da könnten ggf auch die F18SHs für D eine weiter Rolle in gemeinsamen Operationen finden -was auf Flugzeugträgern landen kann kommt auch mir Afrikanischen Pisten einigermaßen zurecht).
Gibt die (mWn) erste öffentliche Übersicht, wie sich die Beträge für die einzelnen Pillars von FCAS verteilen:
https://twitter.com/WachterBDI/status/1396719463081336834
(Kann und wird sich sicherlich noch ändern, gibt aber schonmal einen Hinweis, wohin die Reise gehen kann.)
NGF. Fighter, not vehicle … Ups …
@ all
Ich denke, wir alle wissen, dass eine F-35 nicht auf dem Level des geplanten NGF´s ist und auch nicht auf dem Level einer Rafale oder eines Eurofighters, sobald es um hohe Waffenlast geht.
Das Flugzeug ist eine Klasse darunter. Sozusagen eine moderne F-16. Aber die gewünschte Vielseitigkeit der F-16 hat sie aufgrund ihrer Stealth-Auslegung nicht erreicht.
Darum gibt es außer den kleinen Ländern auch kein Land, was nicht mindestens ein weiteres Muster im Bestand hat und auch haben wird. Oder sogar selber an einem zweiten Stealth-Flugzeug arbeitet.
Beispiele gibt es genug: GB, Japan, Südkorea, Italien, Türkei (vor dem Rausschmiss), UAE, Israel. USA.
Und genau deshalb wird man auch beim NGF nicht mit einer Version auskommen. Die Anforderungen von Luftwaffe und Marine und nicht von D, E und F sind zu verschieden, um nur ein Flugzeug ohne zu große Kompromisse zu entwickeln.
Hallo zusammen,
anbei ein paar neue Nachrichten aus Frankreich:
https://www.challenges.fr/entreprise/defense/avion-de-combat-scaf-le-vrai-faux-accord-franco-germano-espagnol_766151#comments
„Nach monatelangen mühsamen Verhandlungen zwischen Staaten und Industriellen, einem Nervenkrieg, der die Gefahr eines möglichen Plans B zur Folge hatte, schien dieses Abkommen schließlich den Weg für die Inbetriebnahme dieses Systems aus einem Kampfflugzeug im Jahr 2040 zu ebnen (NGF, für New Generation Fighter), begleitende Drohnen („entfernte Träger“ oder deportierte Effektoren), die alle durch eine Kampfwolke verbunden sind. Ein Programm, das auf 50 bis 100 Milliarden Euro geschätzt wird.
Problem: Mehrere von Challenges kontaktierte Branchenquellen lehnen jede Einigung über das SCAF ab und sind überrascht über eine Ankündigung, die als völlig verfrüht gilt. „Es gibt keine Einigung über das Budget oder das geistige Eigentum“, sagte ein Industrieller. Eine andere Quelle, ziemlich irritiert, ruft „eine Haltung der Kommunikation“ und eine „falsche Aussage“ der drei Staaten hervor. Ein beredtes Zeichen dieser Spannungen: Weder Airbus noch Dassault Aviation, Thales oder Safran hatten eine Pressemitteilung herausgegeben“
Dazu kommt noch, dass die Staaten 5% Rabatt auf das B1 Phase Budget verlangen…
Alles scheint noch offen zu sein.
Hallo zusammen,
http://www.opex360.com/2021/05/26/lavion-de-combat-britannique-de-6e-generation-tempest-ne-se-declinera-pas-en-version-navale/
Es wurde bestätigt, dass:
„In Bezug auf das Budget fordern die drei Staaten die Hersteller um einen Rabatt von 5% auf die 3,5 Milliarden, die Phase 1B höchstens kosten muss. Einige wären bereit, einen Schritt zu machen … aber es steht außer Frage, über einen Rabatt von 3% hinauszugehen.
In Bezug auf das geistige Eigentum wollen französische Hersteller offenbar Garantien. „Sie vertrauen nicht darauf, dass die DGA (Direction générale de l’armement) ihre Schlüsseltechnologien schützt“, sagte eine Quelle in der Nähe der Verhandlungen gegenüber Challenges. Dassault Aviation Safran und Thales befürchten, „dass bestimmte Technologien unter dem Druck des Elysée-Palastes und des Hôtel de Brienne nach Deutschland transferiert werden, die unbedingt konkrete Ergebnisse für dieses emblematische Militärprogramm wollen“, schreibt die Magazin.“
Mit anderen Worten drängt die französische Regierung die französische Unternehmen, die Bedingungen der deutschen Regierung bezüglich des geistigen Eigentums zu akzeptieren, um im FCAS voranzutreiben… Der CEO von Dassault meinte bereits, dass diesen Punkt nicht akzeptabel ist (Airbus ist auch nicht scharf drauf).
Es bleibt spannend.
Nebenbei wird auch erklärt, dass der TEMPEST Programm keine Marine Version haben soll:
„(…)Unabhängig davon und im Gegensatz zu SCAF sieht das Verteidigungsministerium – zumindest vorerst – keine Marineversion des Tempest vor.“
„Jeremy Quin unterbrach jedoch die Spekulationen und beantwortete eine Frage von Tobias Elwood, dem Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im House of Commons. „Die Seekampfflugzeuge werden auf absehbare Zeit auf der F-35B Lightning basieren“ und der Tempest „wird den Typhoon [Eurofighter] ersetzen, sobald er aus dem Dienst ausgeschieden ist“, sagte er.“
Tja, so richtig überzeugt scheint man ja von dem erst kürzlich ausgehandelten FCAS/NGWS Kompromiss auf deutscher Seite (BAAINBw und BMVg) nun nach intensiver Prüfung des Vertragsentwurfes doch nicht mehr zu sein, wie der Spiegel (und andere mit Bezug auf selbigen) gestern berichten:
– „Strukturen und Regelungen, die nicht im deutschen Interesse sind und nahezu ausschließlich französischen Positionen genügen“
– „innovative Technologieansätze kaum erkennbar“
– „Vertrag nicht zeichnungsreif“
Damit dürfte sich die von StS Silberhorn im Schreiben an die Obleute des Verteidigungsausschuß geäußert Absicht, das Projekt noch vor der Sommerpause und damit auch überhaupt in dieser Legislaturperiode ins Parlament zu bringen, wohl erledigt haben.
@Fux:
Da wäre ich mir mit Blick auf den Bericht im SPIEGEL nicht so sicher. Das BMVg stellt ja die Sichtweise des BAAINBw als veraltet und zu unpolitisch dar.
Das BAAINBw hat seine Projektperspektive eingebracht, das BMVg folgt offenbar übergeordneten Belangen (deutsch-französische Kooperation).
Die Folgen für viele andere Projekte sind erheblich.
@Memoria
Ob man sich als Ministerium so kurz vor der Wahl jedoch allein dem „Verdacht/ Anschein“ aussetzen will, man würde entgegen der Einschätzung von Fachjuristen aus „politischen“ Gründe sich solch einem Abenteuer zu Lasten Deutschlands aussetzen, mag bezweifelt werden.
Es wäre ein gefundenes Fressen für die Opposition – mit der man ja vielleicht bald koalieren will/muss (auch wenn SiPol und Bundeswehr Beschaffung im Wahlkampf keine großen Stimmenfänger sind).