Die ‚Gorch Fock‘ schwimmt wieder
Das symbolträchtigste Sorgenkind der Deutschen Marine, das Segelschulschiff Gorch Fock, hat einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Wiederherstellung der Seetauglichkeit genommen: Nach fast eineinhalb Jahren an Land wurde der Großsegler wieder zu Wasser gelassen. Nach der Planung soll die Gorch Fock Ende Mai wieder an die Bundeswehr übergeben werden.
Nach Angaben der Lürssen-Werft, die im Oktober 2019 die Instandsetzung des Segelschiffes übernommen hatte, wurde die Gorch Fock nach den Arbeiten an Land am Lürssen-Standort Berne am (gestrigen) Dienstag auf einen Oberwagen gepallt. Anschließend wurden Oberwagen und Schiff mithilfe von Radladern auf einen Unterwagen auf der Verschiebeanlage gezogen. Daran anschließend wurde der Unterwagen samt Schiff quer zur Weser vor den Synchrolift verschoben. Mit diesem Synchrolift wurde der Großsegler am (heutigen) Mittwoch zu Wasser gelassen.
In den nächsten Wochen soll die Gorch Fock am Lürssen-Standort Lemwerder endgültig wieder fahrbereit gemacht werden. Unter anderem muss dafür noch der Innenausbau fertiggestellt werden, ehe das Schiff wieder an die Marine übergeben wird.
Das Segelschulschiff ist seit mehr als fünf Jahren nicht mehr fahrbereit. Der Großsegler sollte seit 2015 zunächst nur instandgesetzt werden, dann stellte sich die Notwendigkeit einer Grundsanierung heraus. Zugleich stiegen die veranschlagten Kosten von zunächst zehn auf inzwischen 135 Millionen Euro. Und das geplante Datum für die endgültige Fertigstellung verschob sich immer wieder, nicht zuletzt durch die Insolvenz der zunächst beauftragten Elsflether Werft.
Die Arbeiten nach mehrmonatigem Baustopp als Folge der Insolvenz hätten dazu geführt, dass die Instandsetzung im Prinzip einem Projektneuanfang gleichkam, sagte Lürssen-Geschäftsführer Tim Wagner. Mehr als 150 Spezialisten hätten seitdem an der Gorch Fock gearbeitet, darunter zahlreiche Zulieferfirmen, die Lürssen nach Übernahme der Elsflether Werft für den Weiterbau an dem Großsegler verpflichtet hatte.
Nachtrag: Die Marine hat dazu ein Video aus der Drohnenperspektive veröffentlicht:
Ausdocken der #GorchFock: ein Drohnenflug vom Werftgelände zum #Segelschulschiff auf der Weser. Zwei Schlepper bringen die neue alte Dame zur Endausrüstung. #sailtraining #DeutscheMarine pic.twitter.com/OOEnBKhjm9
— Deutsche Marine (@deutschemarine) March 10, 2021
(Foto oben: Leon Rodewald/Bundeswehr; Foto unten mit freundlicher Genehmigung von Frank Behling)
Das ist eine tolle Nachricht!
Man sieht, wenn die Vergabeverfahren nicht immer den günstigsten Anbieter, sondern den fachlich qualifiziertesten berücksichtigen, klappt es auch.
Nun ja, es geht voran. Mich würde nach Übergabe die Gesamtsumme der durchgeführten Instandhaltungsmaßnahmen interessieren. Ob es bei den zuletzt veranschlagten 135 Millionen geblieben ist?
Supi! Für die 135 Mio sollte ein Helideck für den neuen STH und eine Umrüstung der Wachmannschaft auf 6,8mm drin sein. Oder? 😁
Ich finde mit der Sanierung der Gorch Fock haben wir uns wieder mal selbst übertroffen !
Für die 135 Millionen Euro hätten wir drei neue Segeltrainingsschiffe von Typ BAP Unión (BEV-161) bekommen.
Es wäre auch noch Mittel übergeblieben um die Gorch Fock als Museumsschiff zu erhalten !
https://es.wikipedia.org/wiki/BAP_Uni%C3%B3n_(BEV-161)
( Kostenaufstellung / Construcción de un Buque Escuela Vela auf Seite 23,24)
http://www.sima.com.pe/transparencia/mapafonafesp/3200_SimaPer%C3%BA_II_Memoria_Anual_2016.pdf
Hm, beim Thema ‚Gorch Fock‘ fangen wir nicht wieder mit den Debatten an, die hier schon umfänglich geführt wurden…?
(…) Gorch Fock (…) auf einen Oberwagen gepallt (…)
Ich laß beim überfliegen „auf einen Obstwagen geprallt“ und fand es gar nicht ungewöhnlich. Kummer gewohnt ;)
Ein Hoch auf die Marine!!!
Die Restaurierung der Gorch Fock ist ein hervorragendes Beispiel für die desolaten Zustände in der Bundeswehr.
Gerne würde ich Lob und Anerkennung aussprechen. Es geht aber nicht. Es ist traurig.
Warum eigentlich soll diese Angelegenheit als Beweis für die „desolaten Zustände in der Bundeswehr“ gelten? Hatte nicht die Werft unrichtige Angaben gemacht? Wir müssen aufpassen, hier nicht in einen Confirmation Bias zu verfallen und überall Zeichen des Niedergangs zu erblicken. Gegen Korruption ist kein Kraut gewachsen.
„Ich laß beim überfliegen „auf einen Obstwagen geprallt“ und fand es gar nicht ungewöhnlich. Kummer gewohnt ;)“
Der war echt gut „Volki“! Ich habe seit Tagen nicht mehr so ausgezeichnet gelacht. Danke.
(Heut zu tage ist man ja froh, wenn man überhaupt noch was zum Lachen findet…)
Freue mich schon drauf die alte Dame, die jetzt eigentlich ein „junges Deern“ geworden ist, wieder in Aktion zu sehen.
@Pio-Fritz um 13:36
Bin ebenso gespannt, wie die Schlussrechnung tatsächlich ausfällt. Nach meiner Erfahrung mit Werftliegezeiten in den 80er und 90er Jahren, kann die Obergrenze von 135 Mio. nicht eingehalten werden, ohne kreative Buchungen bei anderen Projekten der Lürssen-Werft für die Bw.
Wäre eine investigative Aufgabe für die 4. Gewalt, hier Licht ins Dunkel zu bringen. Ansonsten müssen wir wohl noch einige Zeit abwarten, bis der Bundesrechnungshof hier gründlich nachprüft.
@Florian Staudte um 16:51
Die Marine bzw. deren Inspekteur hat doch längst keine Entscheidungsgewalt mehr über die Instandsetzung „seiner“ schwimmenden und fliegenden Einheiten. Deshalb ist hier weder Lob noch Tadel angebracht.
@ muck
Es steht Ihnen frei, die Sanierung der Gorch Fock als Paradebeispiel für den Umgang mit Steuergeldern anzusehen. Ich bin da nicht dogmatisch.
Meine Hoffnung bestand immer darin, dass es in der Bundeswehr Fachleute gibt, die den Entscheidungsträgern ehrliche und belastbare Informationen liefern, um über eine Sanierung oder einen Neubau entscheiden zu können.
Ergebnis und Siegerehrung:
Der Kosten- und Zeitplan ist katastrophal. Desolat halt. Traurig.
Wiviele Nachtsichtgeräte und Funkausrüstungen kriegt man in etwa für 135. mio? Kopfschüttel. Warum nicht eine der ausgemusterten F122 als Museums schiff?
Das ist eine sehr erfreuliche Nachricht! Irgendwie vermittelt das schöne Foto die Illusion, dass schlussendlich alles gut wird, jedenfalls ist es ein Lichtblick für die Angehörigen der Marine (und ein kleines Glanzlicht für die oft zu Unrecht gescholtene Ministerin)!
@Florian Staudte
Ich denke, das grundlegende Problem im staatlichen Vergabewesen besteht paradoxerweise gerade in der Pflicht zum verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern. Der Finanzrahmen für viele Vorhaben ist by design völlig ungenügend.
Da die Unternehmen jedoch Geld verdienen müssen, verwerfen sie den Finanzrahmen nicht als unrealistisch. Vielmehr bewerben sie sich mit wirtschaftlich unhaltbaren Angeboten in dem Wissen, dass der Staat, wenn es während der Realisierungsphase nötig wird, Geld nachschießen wird, um seine Investition zu retten.
Sie werden diese Konstellation fast immer vorfinden, wo eine Ausschreibung individuellen Lösungen gilt, für die marktübliche Preise schwer zu bestimmen sind. Eine Gorch Fock oder ein Stuttgarter Bahnhof sind nun mal keine Rolle Klopapier und kein Reihenhaus.
Und bei fast jedem dieser Projekte wäre der Steuerzahler weniger geschröpft worden, hätte man von Anfang an mehr Finanzmittel aufgewendet. Das Vergaberecht ist gut darin, Korruption und Verschwendung bei alltäglichen Vorhaben zu verhindern. Bei individuellen Lösungen ist es ein Stolperstein ohnegleichen.
@Dante sagt: 10.03.2021 um 21:21 Uhr
„Wiviele Nachtsichtgeräte und Funkausrüstungen kriegt man in etwa für 135. mio? Kopfschüttel. Warum nicht eine der ausgemusterten F122 als Museums schiff?“
Weil eine (schwimmende) Gorch Fock eine Investition in den Führernachwuchs, in die Repräsentation der Marine und in die Tradition und Geschichte der Bundeswehr zugleich darstellt.
Und sich einfach auch mal über etwas freuen ?
Tut zwischendurch doch auch gut.
Das Segelschulschiff „Gorch Fock“ für bis zu 169 Millionen Euro saniert – dabei hätte man für weniger als die Hälfte des Geldes und deutlich früher als jetzt einen modernen für diese Ausbildung geeigneten Neubau (Segelschulschiff) bekommen können.
Doch wir brauchen Millionen für den Erhalt dieser, genau dieser Tradition der Marine, wo wir doch in der letzten Reform Traditionslinen von Geschwadern, Rgt und Btl reihenweise zerschlagen haben.
Doch wenn es um Marine und Tradition geht, verlässt man das sichere Terrain nüchterner Erwägungen, wo Reichweite, Bewaffnung oder Durchhaltefähigkeit zählen. Marinetraditionen werden mit schwer fassbaren Begriffen wie Gemeinschaftserlebnis, Kameradschaft, Charakterbildung begründet. Ohne Zweifel sind die wichtig, gerade im Soldatenberuf. Aber müssen deshalb künftige Marine-Offiziere in die Wanten DIESES völlig überteuerten betagten Dreimasters steigen? Billigere Alternativen hätte es nicht gegeben? Gemeinschaftserlebnis, Kameradschaft, Charakterbildung geht nicht auf einem anderen Schiff?
Wer sich so etwas leistet, hat zu viel Geld nicht zu wenig. Luxus vs Einsatzbereitschaft. Beim Segelschulschiff „Gorch Fock“ ist die Traditionspflege jedoch zur verantwortungslosen Verschwendung verkommen.
Darüber soll man sich freuen?
Übrigens:
Die Stammbesatzung 5 Jahre auf einem Wohnschiff neben der Luxusbaustelle. Man hat sich beschäftigt, schon klar.
[Die „bis zu 169 Millionen Euro“ kommen jetzt aus welcher Quelle? Bitte nachliefern. T.W.]
„Vielmehr bewerben sie sich mit wirtschaftlich unhaltbaren Angeboten in dem Wissen, dass der Staat, wenn es während der Realisierungsphase nötig wird, Geld nachschießen wird, um seine Investition zu retten.“
Lösung per Gesetzesänderung:
Bei Überschreitung der Kosten um X% erhält der öffentliche Auftragnehmer neue A(ktiena)nteile an dem jew Unternehmen als Kompensation.
Das hilft zwar nicht viel, wenn eine Werft ohnehin fast bankrott ist; im Übrigen sollte das aber zu sehr viel reelleren Zahlen im Vorfeld führen …
@Dante sagt: 10.03.2021 um 21:21 Uhr
„Warum nicht eine der ausgemusterten F122 als Museums schiff?“
Falls es Ihnen noch nicht aufgefallen ist, die Gorch Fock ist ein Segelschulschiff, da gibt es doch leichte Unterschiede zu einer Fregatte. Was das mit Museum zu tun hat müssten Sie mal erläutern? Und warum man ein über dreißig Jahre altes Schiff (Fregatte Lübeck, Indienststellung 1990) in Betracht ziehen sollte?
@Muck 11.03.2021 4:39
+1
Stimme dem ohne Vorbehalte zu und gehe noch weiter: Es liegt daran, dass Politiker es nicht mehr können, der Bevölkerung von Anfang an reinen Wein einzuschenken. Deswegen spielen alle in dem Spiel mit.
In HH war die Philharmonie sicher nicht für 250 Mio zu bekommen. Das haben alle gewusst, die Firmen, die Architekten, alle Politiker. Aber wer hätte den Schneid zu sagen, dass es 650 Mio kosten wird, dann wäre es evtl. eben auch nicht durchgegangen/angefangen. Also sagt man erstes kleines Paket, prima.
Danach muss man ja aufstocken, weil sonst sind 250 Mio im Schornstein, dass geht ja auch nicht.
Dann waren es am Ende 750 Mio, es hätten aber auch nur 650 sein müssen, wenn von Anfang an alle mit offenen Karten gespielt hätten. Abgesehen vom Zeitverzug. Und heute sind alle glücklich und das Ding ist (abgesehen jetzt von Corona) eine Goldgrube an sich und für die umrundende Wirtschaft erst recht.
Lesson learned: wir wollen/brauchen ein Großvorhaben, dass kostet es eben x, anders nicht machbar. Also richtig anfangen oder gleich lassen.
@Florian Staudte:
Die Fachleute sind da und liefern auch. Wenn allerdings das Spitzenpersonal aus politischen Gründen die Fachbeiträge ignoriert, kommt halt sowas dabei raus.
@Pio-Fritz:
Stichwort: Sunken Cost fallacy. Manchmal ist es besser, den Verlust abzuschreiben, als gutes Geld dem bereits verlorenen hinterherzuwerfen.
Aber das Grundproblem ist richtig identifiziert. Mangelnde Ehrlichkeit bei den Kostenplanungen und Salamitaktik bei den Updates, wenn es teurer wird.
Aber wen wählt der Michel denn? Den, der klar sagt, was man sich alles nicht mehr wird leisten können? Im Lebbe ned…
@all:
Meine letzte Antwort war natürlich an @Flieger adressiert. Pardon.
Was bin ich froh, dass die Gorch Fock wieder schwimmt!
Auch wenn ich mich weniger auf die Schlussrechnung freue. Man darf gespannt sein.
Ich würde den ganzen Rest ja auch gerne alles nochmal diskutieren, aber das haben wir halt schon gemacht^^.
@aana:
Richtig, die sog. Sanierung ist fraglos überteuert und das Ganze ein Skandal, und daß sich hier die Aufsichtsorgane haben über den Tisch ziehen lassen, müssen wir nicht bis zum Erbrechen diskutieren.
Dennoch: die Entscheidung, nach dem Aufkommen des Skandals die Überholung der Gorch Fock weiterzuführen und zu vollenden, ist auch für mich (das wird die restlichen 80 Mio. Einwohner dieses Landes herzlich wenig interessieren) als auf Effizienz der Militärausgaben bedachten Steuerzahler richtig, weil damit der Marine praktisch das einzige noch vorhandene Symbol einer Tradition und ein Wertemaßstab erhalten wird. Eine Alternative, auf der man Neues aufbauen könnte, fehlt hingegen zur Gänze. Den Seeleuten wird gezeigt: wir respektieren Euch, wir legen Wert auf Eure Leistungen und wir wollen, dass Euer bewährter Ausbildungsweg weiter beschritten wird!
Gewiss, das sind immaterielle Werte, die aber (noch) vorhanden sind und gepflegt werden müssen. Denn trotz aller gesellschaftlicher Weichspülerei des Militärs ist das Land auf Menschen angewiesen, welche diese Werte hochhalten und weiter vermitteln. Das wiegt die schmerzhaften Mehrausgaben der Sanierung bei Weitem auf!
@All Es ist ja nett dass die Gorch Fock ein Sympathieträger ist. Aber doch nicht zu dem Preis!! Was habe ich denn davon dass der Offiziersnachwuchs hinterher Segeln kann und hinterher auf einer villeicht kommenden F126 eingesetzt wird die voll digitalisiert ist? Da gibt es keine Segel. Und nur um hinterher wie im zivilen zu sagen „Wir waren auf der Gorch Fock, wir sind DIE Elite!! ist als Selbstzweck doch fragwürdig.
@Metallkopf
Manchmal, richtig. Aber wenn der Entschluss, das Rewinging der Seefernaufklärer aufzugeben, etwas besagt, dann kennt man auf der Hardthöhe den Unterschied. Wenn noch Erfolgsaussichten bestehen und Alternativen aus nachvollziehbaren Gründen nicht infrage kommen, wäre ein Programmabbruch Verschwendung hoch drei.
@Positroll & @Flieger
Ob man dieses Phänomen einfach abstellen kann, und ausgerechnet per Gesetz … ich weiß nicht. Mag sein, dass es viel mit wachsender politischer Realitätsferne zu tun hat, aber es hat auch einen praktischen Grund, warum niemand etwas dagegen unternimmt: Protektionismus.
Denn in der Regel ist eine europaweite Ausschreibung Pflicht, und die lokalen Mitbewerber zu realistischen Kostenvoranschlägen zu zwingen, würde nur bewirken, dass sie noch seltener mit Firmen aus Niedriglohnländern konkurrieren können. Und dann wird die Gorch Fock eben in Polen oder Rumänien saniert.
@Dante:
Es gibt außer dem Symbolwert noch eine sehr wichtige Funktion eines Segelschulschiffes: den Kadetten werden die Naturkräfte der See, also der Einfluss von Wind, Seegang, Strömungen etc. unmittelbar vermittelt und erfahren, wie man ihnen mit quasi analogen Mitteln begegnet. Es geht nicht ums Segeln, sondern um Seemannschaft.
Was Sie ansprechen, den alleinigen Umgang mit digitalisierter Technik, ist im Grunde ein Problem und auch gefährlich, wenn man beim „Systemabsturz“ hilflos dasteht. Werfen Sie einen Blick auf die moderne Verkehrsfliegerei: jeder ältere Lufthansapilot schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, wenn es um die handwerklich-fliegerischen Fähigkeiten der jungen Piloten geht.
@ P Ebert .Mit den analogen Kräften haben Sie sicher recht. Aber wass bringt es mir Segel auf einer Bark bei Sturm entfalteten und einholen zu können wenn es keine Segelschiffe mehr gibt? Sie haben vollkommen recht wenn wenn Sie sagen dass gelehrt werden muss auch mal mit Karte, Kompass und Sextant navigiren zu können. Das Morsealphabet zu beherschen und das Flaggenalphabet. Sehe ich ein. Dafür brauche ich aber keinen 135 mio€ Anachronismuss.
@Peter Eberl sagt: 11.03.2021 um 15:50 Uhr und 11.03.2021 um 19:04 Uhr
+1
Wenn auf einem modernem Schiff das System abgestürzt ist, dann ist es völlig egal ob der WO analoges Segeln gelernt hat, denn schlicht und ergreifend lässt sich solch ein modernes Schiff nicht steuern ohne den Computer.
Es ist immer die gleiche Leier bei der GF, eine emotionale Debatte die irgendwie versucht dieser Einheit einen wie auch immer gearteten militärischen Nutzen herbeizureden. Seemannschaft, Kameradschaft, das erleben der Naturgewalt das kann man alles ohne GF auch lernen bei der stinknormalen Seefahrt, hab ich geschafft haben zigtausende Marinesoldaten auch ohne auch nur einen Fuß auf die GF gesetzt zu haben.
Trennung
Ja Deutschland sollte sich ein Segelschulschiff gönnen, als Botschafter der BRD als Aushängeschild bei Empfängen rund um den Globus, bei Hafengeburtstagen usw. da bin ich 100% dabei aber wie oben gesagt bitte nicht das Teil als militärisches „must have“ verkaufen, denn das würde ja im Umkehrschluss bedeuten, das alle Offiziere die nicht auf der GF waren pauschal schlechte Seeoffiziere sind und tut mir leid das stimmt so nicht.
@Dante:
Im Grunde sehe ich zwischen Ihren Ausführungen und den meinen keinen wesentlichen Dissens, was die exorbitanten Kosten und des Missmanagements der Überholung der Gorch Fock angeht. Die ideellen Werte und die praktischen Aspekte halte ich jedoch weiter hoch.
Führen Sie sich aber die Alternative eines Neubaus vor Augen: Planung, Ausscheibung, Bau – selbst bei Einhaltung aller Rahmenbedingungen ein jahrelanges Unterfangen, ganz abgesehen (das ist eher polemisch gemeint, aber nicht ganz unwahrscheinlich) von den potentiellen Fallstricken wie Qualitätsmängel, Budgetüberschreitung oder gar vertragliche Mängel plus eine juristische Auseinandersetzung mit den konkurrierenden Werften – Ablieferung ca. 2035. Bis dahin wird gerudert!
Mir fällt dazu nichts mehr ein.
Man sollte das Schiff nach Wilhelmshaven ins Marinemuseum verlegen, sobald die Nachfolge geklärt ist.
Wie oft will man das Schiff in Zukunft noch restaurieren…?
Ich finde die Nachricht mal richtig positiv. Ja, man kann über den Vorgang nur den Kopf schütteln, aber die Marine bekommt nun hoffentlich bald ihr Segelschulschiff zurück. Dann können die jungen OA´s wieder mit dem eigenen Schiff fahren.
Als ich ein kleiner Junge war…
..da lag die Gorch Fock vorm Kieler Landeshaus an der Pier, wenn sie im Heimathafen war, und alle Kinder bekamen auf dem Sonntagsspaziergang grosse Augen, und die Vaeter sagten: „Das ist das Schulschiff der Marine!“
…da war sie auf der zweitwichtigsten Sache der Welt, der Deutschen Mark, zu sehen, der weitverbreitete Zehnmarkschein war mit ihr verziert.
…da waren die Kommandanten der Gorch Fock in der norddeutschen Oeffentlichkeit bekannter als der Inspekteur der Marine, und entsprechend dieser Rolle wurden sie auch bis in 1990er Jahre „gecastet“.
Will sagen: Ja, grundsaetzlich ist der Kahn in Sachen „Symbol der Deutschen Marine“ und vielleicht auch als „DEU Botschaft mit Rahsegeln“ jeden Cent wert, obwohl fuer die Ausbildung des Seeleute-Nachwuchses keine zwingende Voraussetzung, aber auch kein (grosser) Schaden, nur Zeitverlust. Aber dann sollte das auch entsprechend gepflegt werden, mit Reventlou-Bruecke & nur Kommandatinnen und Kommandanten, die das Offizierkorps der Marine idealtypisch vertreten.
Aber was geschieht: Aus Kostengruenden Liegeplatz weg aus dem Herzen Kiels (Jaja, Nostalgiepunkt); wildgewordene Wehrbeamte, die als Erste Offiziere und Kommandanten trotz verbesserter Sicherheitsausstattung in wenigen Jahren mehr toedliche Unfaelle haben als in allen Jahrzehnten zuvor (Natuerlich schuld: Der minderwertige Nachwuchs, nicht das toxische Ethos der Stammbesatzung! Danke, Schatz!); eine Marinefuehrung, die der „sunk-cost-fallacy“ folgend die Causa Gorch Fock unfreiwillig, aber zielsicher in der Presse-Oeffentlichkeit zum Bilderbuch-Fall fuer den gesamten Wahnsinn des Bw-Beschaffungs-, Ausruestungs- und Instandsetzungswesens machte.
Es kann also nur besser werden.
@Peter Eberl:
Die Argumente hinsichtlich der seemannschaftlichen Ausbildung nehme ich zur Kenntnis und sehe darin sogar eine gewisse Logik. Aber dann wäre es vermutlich sehr viel zielführender gewesen, drei Neubauten für dasselbe Geld oder unwesentlich mehr in Auftrag zu geben, statt den einen wurmstichigen Kahn kostspielig zu sanieren. Das würde dann nämlich in der Folge bedeuten, dass entsprechend viel mehr junge Marineoffizieranwärter in den Genuss dieser hervorragenden Ausbildung kommen könnten, als nun mit dem einen – nun sanierten und nicht mehr wurmstichigen – Segelschulschiff.
Ja die Gorch Fock war und ist eine Institution. Geschenkt. Aber das wäre sie auch als Museumsschiff geblieben.
Die Sanierung der Gorch Fock war sicher Richtig! Dennoch hätte man ein 2. Segelschulschiff bauen können mit dem Ziel das die aktuelle Gorch Fock zu einem „aktives“ Museumsschiff wird, das zb in Flensburg an der Marine-Schule, geparkt wird. Heisst, das die Gorch Fock „fahrten“ anbietet als Museumsschiff ähnlich wie die „Cap San Diego“ in Hamburg. Oder, die aktuelle Gorch Fock könnte auch als Segelschulschiff von unseren Verbündeten zb Litauen, Lettland, Estland, Finnland, Schweden und Dänemark genutzt werden so lange die GF fahrt-bereit ist. Italien hat „nur“ 2 einhalb Jahre benötigt um 1 seiner 2 Segelschulschiffe zu sanieren, im Marine-Atsenal La Spezia. Haben die Italiener, die Sanierung eines ihrer Segelschulschiffe EU-weit ausgeschrieben!? Beinahe jede Bankenrettung in Deutschland war weit teurer als der Verteidigungshaushalt der BRD. Ich frage mich hin und wieder was wichtiger scheint. Die Rettung von Banken zb die HSH Nordbank (14 Milliarden Euro, Berliner Landesbank (ca 90 Milliarden Euro), Commerzbank (70 Milliarden Euro). Welche Wert-Stellung hat die Bundeswehr in der Bundespolitik? Diese Wert-Stellung ist weit unter der Wert-Stellung im Vergleich der deutschen Bundesbürger gegenüber der Bundeswehr! Sonst, würde die Bundeswehr, zum Teil, nicht so „de-solat“ ausschauen. Ein Bundesminister hat sich zu „kümmern“. Egal, ob ich Generalleutnant Feldwebel wäre und Bundesminister der Verteidigung bin oder Bäckermeister und Bundesminister der Verteidigung bin. Und die „Sichetheit“ für die Bürger „kostet“ nun mal Steuergeld, siehe jetzt in dieser Pandemie-Geschichte.
@ Peter Eberl:
Wie sie eine F125 bei Systemausfall segeln wollen, bleibt mir ein Rätsel.
Aber die Argumentation ist immer die gleiche, daher müßig.
Ich finde, auch die Flieger sollten auf einer „Fieseler Storch“ lernen und die Panzermänner sollten eher einen „Tiger“ fahren können, ehe sie auf einen Leo2A7 wechseln. Meinen Sie nicht?!
[Sarc off]
@Ist egal, @Bow:
Ich bin kein Schiffsbauexperte, meines Wissens jedoch gibt es auf den Fregatten mechanische oder hydrauische Einrichtungen, die z.B. ein manuelles Steuern zulassen (siehe die Dokumentation: Fregatte Hessen – hochmodern und hochgefährlich).
Und zum Fieseler Storch: mein Schwager flog in seiner aktiven Zeit als B 747-Pilot in der Freizeit eine Kunstflugmaschine „Pitts“, um sein Popometer in Übung zu halten.
Und nochmal: zweifellos wurde im Falle der Gorch Fock schlecht gewirtschaftet, dennoch ist es für die Marineangehörigen ein wichtiges Signal, das Schiff im Dienst zu halten und das Ganze im Vergleich mit all den anderen, milliardenschweren Flops der Bw eher ein kleines Übel – in diesem Milliardenkrieg kommt’s auf die paar Millionen auch nicht mehr an, sozusagen.
Wenn es um Herzensprojekte geht, dann darf man nicht den Euro zählen. Das große Ganze profitiert von der Gorch Fock egal ob diese nun 50 Mio mehr oder weniger kostet.
Ist das alles grottig gelaufen? Ja :( Wurde dabei ne Menge Geld verbraten? Ja :( Hätte man es auch günstiger haben können? Vermutlich, aber es hätte noch länger gedauert.
Für mich ist das entscheidende, dass es jetzt gelöst ist. Die GF 2 ist wieder da. Alles andere ist Wasser unter der Brücke.
Eine Ausnahme: ich hoffe, dass man für den Nachfolger in 10 oder 15 Jahren rechtzeitig mit der Ausschreibung beginnt, damit man nicht wieder in so eine Zwangslage kommt.
@Flieger:
„In HH war die Philharmonie sicher nicht für 250 Mio zu bekommen. […]Dann waren es am Ende 750 Mio“
Das Thema ist zwar die Gorch Fock aber wenn sie unbedingt den Vergleich ziehen wollen, dann sollten wir schon korrekt vorgehen:
Die Baukosten der Elphi waren mit 77 Mio € geplant und es wurden am Ende 866 Mio €. Mehr als das 11-fache. Weiterhin war m.W. ursprünglich geplant, dass die Stadt die ETW vermarktet und das dann alles sich quasi irgendwie selbst finanziert. ^^ Die ETW sind dann in den jahrelangen Querelen der Stadt „abhanden“ gekommen. Danach folgten noch die Renovierungsarbeiten für die unfallträchtige Treppe, die Akustiknacharbeiten für den kleinen Saal und den (Versicherungs-)Wasserschaden. Und endlich war sie fertig mit einer manifestierten schlechten Akustik bei der Eröffnung 2017, die man um Gottes Willen erst nicht diskutieren wollte, weil man ja sonst ein Meckerfritze wäre (seid doch mal zufrieden), denn eigentlich ist die total super man muss nur verstehen mit ihr umzugehen und überhaupt…. (eine Argumentation, wie man sie auch im BMVg finden könnte). 2019 poppte die schlechte Akustik dann noch mal eindringlicher medial hoch. Die Elbphilharmonie selbst hat mittlerweile diesbzgl. eine eigene sehr ausführliche Erklärbärseite.
Warum führe ich so ausführlich aus? Beim Thema Gorch Fock bahnt sich jetzt vergleichbar ebenfalls dieses „Schwamm drüber, Blick nach vorne, toller Werbeträger und überhaupt“-Framing aus. Ja, ich sehe ein echt wunderschönes Segelschiff vor mir. Sieht schnieke aus. Ein „Wahrzeichen“ für die Deutschland. Genauso wie die Elphi für HH.
Nur, was will man mit dem Schiff eigentlich?
Ausbilden? Tradition? Wahrzeichen? Museum? Von allem etwas und gleichzeitig?
Immer dran denken: Nach der Renovierung ist vor der Renovierung. Denn „gelöst“ ist bei so einem stolzen maritimen Artefakt nie etwas. Gibt es Ersatzschiffe?
In Wilhelmshaven (grösster Bw-Standort) gibt es übrigens auch endlose finanzielle Diskussionen um gewisse Museumsschiffe. Schnell finden sich Bürgerinitiativen und Vereine für deren Erhalt. Aber am Ende kostet so ein Schiff richtig viel Geld. Und es wird immer ein Draufzahlgeschäft bleiben. Und wenn dann die Rechnungen eintrudeln, will es keiner gewesen sein und es wird gejammert oder auf den/die Vorgänger geschoben. Und nein, es sind eben nicht immer Peanuts und „eh da“ Geld.
Die Nutzung der Gorch Fock als Segelschulschiff ist mMn ein Fehler.
Die Nutzung der Gorch Fock als Museumsschiff ist mMn eine akzeptable Lösung.