Sonntags-Merkposten: Taiwan & Südchinesisches Meer; Mali
Am Sonntag mag auch ich nicht arbeiten, zwei Merkposten für die internationale sicherheitspolitische Entwicklung will ich aber kurz aufgreifen, weil das Auswirkungen haben wird: Die Lage rund um Taiwan und im Südchinesischen Meer und ein erneuter Angriff in Mali, diesmal auf Regierungstruppen.
• Taiwan: Gleich zwei Tage hintereinander hat die Luftwaffe Taiwans den Einflug vergleichsweise starker chinesischer Kampfflugzeug-Verbände in ihre Luftraumüberwachungszone (Air Defense Identification Zone) gemeldet. Bereits am (gestrigen) Samstag registrierte Taiwan den Einflug von acht chinesischen Bombern mit vier Begleitjägern und einer U-Jagd-Maschine:
Am (heutigen) Sonntag wiederholte sich der Vorgang, wie Reuters berichtet:
After eight Chinese bomber planes and four fighter jets flew into Taiwan’s defence zone on Saturday, between mainland Taiwan and the Taiwan-controlled Pratas Islands in the South China Sea, a further 15 flew into the same air space on Sunday, Taiwan said.
(An dieser Stelle scheint eine Erläuterung nötig, weil es auch in vielen deutschen Medien falsch berichtet wird: Die Luftraumüberwachungszone ist nicht gleichzusetzen mit dem nationalen Luftraum eines Landes, sondern geht weit darüber hinaus, auch über die 12-Seemeilen-Zone an der Küste. Sie soll einen Puffer gegen überraschend anfliegende Militärflugzeuge anderer Staaten bilden; üblicherweise werden Flugzeuge in dieser Zone zu einer gesonderten Identifizierung aufgefordert oder von Kampfjets in Augenschein genommen. Die chinesischen Flugzeuge sind also nicht in den Luftraum Taiwans eingedrungen.)
Ebenfalls am Samstag meldete das U.S. Pacific Command, dass der Trägerverband um den Flugzeugträger Theodore Roosevelt in das von China als Hoheitsgewässer beanspruchte Südchinesische Meer eingelaufen sei:
Theodore Roosevelt Carrier Strike Group Enters South China Sea
The Theodore Roosevelt Carrier Strike Group (TRCSG) entered the South China Sea January 23 to conduct routine operations.
The TRCSG is on a scheduled deployment to the U.S. 7th Fleet to ensure freedom of the seas, build partnerships that foster maritime security, and conduct a wide range of operations.(…)
The TRCSG consists of USS Theodore Roosevelt (CVN 71), Carrier Air Wing (CVW) 11, the Ticonderoga-class guided-missile cruiser USS Bunker Hill (CG 52), Destroyer Squadron 23, and the Arleigh Burke-class guided-missile destroyers USS Russell (DDG 59) and USS John Finn (DDG 113). (…)
Theodore Roosevelt’s embarked air wing consists of the “Tomcatters” of Strike Fighter Squadrons (VFA) 31, “Golden Warriors” of VFA-87, “Blue Diamonds” of VFA-146, “Black Knights” of VFA-154, “Liberty Bells” of Airborne Command and Control Squadron (VAW) 115, “The Gray Wolves” of Electronic Attack Squadron (VAQ) 142, “Wolf Pack” of Helicopter Maritime Strike Squadron (HSM) 75, “Eightballers” of Helicopter Sea Combat Squadron (HSC) 8 and “Providers” of Fleet Logistic Support Squadron (VRC) 30 Detachment 3.
Die heikle Situation in dieser Region und die Bedeutung der jüngsten Entwicklungen hat die BBC recht übersichtlich zusammengefasst.
• Mali: Am Sonntag gab es erneut einen Angriff aufständischer Gruppen, diesmal auf Soldaten der malischen Armee. In den Vortagen und vergangenen Wochen waren in dem westafrikanischen Land mehrfach Soldaten der französischen Anti-Terror-Operation Barkhane und der UN-Blauhelmtruppe MINUSMA Ziel von Angriffen geworden.
Bei dem Angriff am Sonntag fielen sechs malische Soldaten; es sollen rund 30 der unbekannten Terroristen getötet worden sein, wie die malische Armee mitteilte:
(Grafik: Von der Luftwaffe Taiwans veröffentlichte Übersicht zu den chinesischen Flugbewegungen am 23.1.2021)
Mali/Sahel
„… was für Europa im Sahel auf dem Spiel steht und was nicht“.
Aus dem Barkhane-Blickwinkel Fakten, Ambitionen und mögliche Aussichten.
Es ist zu einer Binsenweisheit geworden, dass Barkhanes taktische Erfolge nicht zu strategischem Fortschritt geführt haben.
Dann der afghanische Weg, der vietnamesische Weg, alle raus, … die G5-Sahel-Organisation muss sehen wie sie zurecht kommt?
https://www.swp-berlin.org/publikation/operation-barkhane-im-sahel/
@KPK:
Das obige Zitat ist etwas umfassender vielleicht hilfreicher:
„In diesem Zusammenhang ist eine neuerliche Debatte darüber sinnvoll, was für Europa im Sahel auf dem Spiel steht und was nicht. Deutsche und europäische Sicherheit werden vom Sahel nicht unmittelbar bedroht. Die Herausforderung sind nicht Terrorismus und Migration, sondern eine kluge Politik, die handlungsfähige und legitime Ordnungen befördert, um dem weiteren regionalen Ausgreifen der Krise entgegenzuwirken. Eine Priorität europäischer Afrikapolitik sollte sein, die Nachbarstaaten der Sahelländer in einem vorbeugenden Sinn krisenfester zu machen.“
Es wäre halt zunächst Mal wichtig wirklich zu wissen was die EU und Deutschland dort erreichen wollen bzw. was überhaupt noch das Problem ist.
Die Mandate sind dabei ja nur der Ausfluss einer ziemlich strategielosen Sicherheitspolitik.
In Afghanistan sind wir mit den USA „mitgegangen“, nach Mali und mittlerweile in die G5-Staaten auf das Drängen Frankreichs. Jeweils natürlich mit begrenztem Willen.
Wie in dem SWP-Papier dargestellt wird eine Reduzierung bei Barkhane den potentiellen Feinddruck auf EUTM und MINUSMA erhöhen. Nach offizieller Lesart geht das natürlich kaum, da dies ja keine sog. Kampfeinsätze sind.
All diese Probleme sind genau so lange bekannt, wie sie politisch ignoriert werden.
Nun werden nur die Fehlentwicklungen der letzten Jahren immer deutlicher.
@Memoria danke für das vollständige Zitat, ich möchte bei „Priorität europäischer Afrikapolitik sollte sein, die Nachbarstaaten der Sahelländer in einem vorbeugenden Sinn krisenfester zu machen“ einhaken. Ich habe den Eindruck daß vor Ort oft eine derartige Ertüchtigung nicht gewünscht ist weil sie der internen Vetternwirtschaft und Kleptokratie zuwiederlaufen. Im Speziellen Fall von Mali ist die malische Regierung nach dem Militärputsch diesbezüglich zwar abgeklärt aber nicht bekehrt.
zu Taiwan: Das ist ein enormes Risiko, da stimme ich sämtlichen Strategen und sogar ausnahmsweise Trump zu. China hat gesehen daß Rußland sich nach Gutdünken in Europa Gebiete einverleiben kann in direkter Nachbarschaft zur größten Militärallianz aller Zeiten und dabei so gut wie keine Konsequenzen tragen muß.
Natürlich weckt das die Abenteurerlust in der chinesischen Führung im eigenem Vorhof, die chinesische Führung wäre inkompetent wenn sie anders reagieren würde.
Die Welt kann die Region nur stabilisieren wenn sie für andere Ausgangsbedingungen als in der Ukraine-Krise sorgt – am wichtigsten ist der innere Zusammenhalt Taiwans und die taiwanesische Fähigkeit sich selbst zumindestens vorrübergehend zu verteidigen. Da Taiwan aber defakto rüstungstechnisch weitgehenst boykottiert wird dürfte das zumindestens schwierig sein. Unabhängig davon schadet es nicht vor Ort Präsenz zu zeigen und ernsthafte Sicherheitszusagen zu treffen. Und nein, das sehe ich so nicht. Taiwan wird ja nichteinmal als souveräner Staat anerkannt.
Dazu noch der Streit um das vietnamesische Meer, die Protegierung Nordkoreas, die ruiniösen Verträge rund um die Seidenstrasse… wer soll diesen gordischen Knoten zerschlagen? Biden? Merkel? Das sehe ich so noch nicht…
Taiwan: Konflikt ist so alt, wie der chines. Bürgerkrieg nach Ende des WKII damit endete, dass Tschangkeichek das Festland mit den Resten seiner Armee nach Taiwan übersetzte und sich Rep. China nannte. Beide – VR China und Rep. China beanspruchten das CHINA zu sein. Mit dem Ende des Vietnamkriegs und der Entspannungspolitik USA:China verlor Taiwan seinen ständigen Sitz in der UNO an VR China und ist seither isoliert, obwohl sie im Vientnamkrieg die USA mit der Tiger-Division unterstützten. Seither ist Taiwan mewhr oder weniger von USA geschützt. VR China (KP China) wird poltisch nie aufgeben, Taiwan zu beanspruchen. Wirtschaftlich ist VR China fast schon auf friedliche Beziehungen zu Taiwan angewiesen, da dort das techn. Kno-How sitzt; Fabriken in VR China. Die neuen Überflüge jetzt sind ein test an die neue Biden-Adminstration, wie verhält sich diese in diesem Konfliktfeld. Sofern sich die westliche Welt komplett für ein uanbhängiges Taiwan einsetzen würde, nur dann hätte Taiwan eine dauerhafte Chance auf friedliche Koexistenz. Aber, der Westen ist sich nicht einig. Also schwelt der Konflikt weiter.
Mali: Das Grundproblem ist eine extreme Korruption und Kleptokratie in Afrika. Wenn malische Soldaten scxhlecht ausgerüstet und munitioniert in einen ungleichen Kampf geschickt werden, ist das Ergebnis vorhersehbar. Unsere Regierung sollte das endlich klar erkennen und offen zugeben, statt weiter mit Cash (Entwicklungshilfe) und sinnloser Ausbildungsmission in einem Vielvölkerstaat den Gutmenschen zu schauspielern. Ich war 2009 in Mali als Tourist, ein Staat in unserem Sinne existiert nicht. Gendarmen pressen an fingierten Mautstationen Geld. Polizei? Wo? In Bamako. Schulen? Gesundheitsversorgung? Infrastruktur? Eine geteerte Straße von Süd nach Nord, 3 Brücken über den 1.600km langen Niger, 2 in Bamako, 1 in Gao. Dazwischen Fähren mit einem 50Ps-Yamaha-Außenborder. Die Armee besteht aus Menschen des Südens, die Probleme sind im Norden, da geht kein „normaler“ Malischer Staatsbürger aus dem Süden hin, das wäre sein Todesurteil heute! Die Armee: Das sind Offiziere, welche in Sausundbraus leben und Soldaten, welche mit ihren Familien in armseligen Kasernen (wenn man die überhaupt als solche klassifízieren kann) leben. Das ist wie im 30-jährigen Krieg. Das Friedesnabkommen ist das Papier nicht wert.
Aber: Die dtsch-frz. Freundschaft, die UNO und die vielen NGO’s unterstützen diese Mission, weil sie alle am Geldhahn hängen. Lösung: Abzug, so schlimm das für die Sicherheit ist. Oder: radikaler Umbruch der politischen Verhältnisse ohne Diktatoren.
„Die chinesischen Flugzeuge sind also nicht in den Luftraum Taiwans eingedrungen.“
Technisch richtig aber irrelevant. Offiziell sind die beiden noch EIN Völkerrechtssubjekt – Taiwan hat bisher nicht die unabhöngigkeit erklärt
Was wir da stattdessen haben ist eine Front eines Bürgerkriegs die durch einen instabilen Waffenstillstand eingefroren ist.
Das überschreiten der Mittellinie ist eine klare Provokation und erlaubt Taiwan an und für sich, den Waffenstillstand zu beenden. Das wollen sie zZ nur nicht.
Aber wenn die Provokationen zunehmen muss Taiwan irgendwann reagieren, wenn es das Heft des Handelns nicht völlig aus der Hand geben will.
DW Analyse von vor 4 Monaten:
https://www.youtube.com/watch?v=VkuNWDG3yNM
@Wait
Boykottiert?
Unter Trump hat Taiwan mehrere Milliardenschwere Rüstungsdeal abgeschlossen.
+++
Allgemein sind sie dabei, ihre Streitkräfte Richtung asymetrischen Kampf umzurüsten.
https://www.youtube.com/watch?v=9kIS4BkL2uA
https://www.youtube.com/watch?v=05m5ON7XfWA
Das nützt aber mE alles nichts, wenn sie nicht die Wehrpflicht wieder ernsthaft einführen, die sie dummerweise vor 10 Jahren oder so abgeschafft bzw auf 4 Monate reduziert haben, als Rot-China noch einigermaßen friedlich war. Also bevor der gegenwärtige Neu-Maoistische Kurs eingeschlagen wurde.
Die Schweden und Balten haben da auf Russische Agression effektiver geantwortet, möchte ich meinen.
„Natürlich weckt das die Abenteurerlust“
Taiwan kann man nicht mit der Ukraine vergleichen.
Es ist kein Zufall, dass der Ukrainekonflikt im Osten oder Südosten und auf der Krim stattfand.
In der Ukraine leb(t)en Russen (Pass) und viele Ukrainer fühl(t)en sich auch als Russen. Teilweise verachten sie auch ihre ukrainischen Politiker (die russlandfreundlichen und auch die westfreundlichen) und haben allein schon deshalb eine geringere Bindung an „ihren“ Staat Ukraine.
Das ist bei Taiwan glaube ich zu 99 % komplett anders.
Die Taiwanesen, die in Taiwan leben, sind entweder schon immer Taiwanesen gewesen (also dort über Generationen aufgewachsen) oder es sind Feslandchinesen, die nach dem Chinesischen Bürgerkrieg nach Taiwan ausgewandert sind und sich wahrscheinlich auch eher als Taiwanesen und nicht als Chinesen fühlen.
Auch ist man international gerade in Bezug auf Taiwan eher verhaltener was die Mitgliedschaft in Sicherheitsbündnissen oder Wirtschaftsbündnissen angeht.
Gerade das hat wahrscheinlich Taiwan bisher vor dem Krieg bewahrt.
Was man aber natürlich immer machen kann, den Staat Taiwan über inoffizielle und offizielle Kanäle finanziell helfen und da ist natürlich der Handel über Privatfirmen (Halbleiterindustrie) hervorragend geeignet (Import von Taiwanartikeln) und auch die eine oder andere technologische Entwicklung und Wissen wurde mit Sicherheit schon über inoffizielle Kanäle dem Staat Taiwan zur Verfügung gestellt um so seine Militärtechnik zu verbessern neben den offiziellen Handel von Rüstungsgütern mit den USA.
Ähnliches macht China ja auch mit Nordkorea.
Nur glaube ich, dass dies halt inoffiziell passieren muss, damit China (die Regierung) nicht öffentlich gegenüber seinem Volk das Gesicht verliert. Das ist in diesen Kulturkreisen halt eine ganz andere Ansicht zu Europa und man forciert mit offiziellen Lieferungen eher noch den Konflikt weil der Gegner (China) nun handeln „muss“ um innenpolitisch zu punkten.
@Memoria @Wait&C : China testet uns in Hongkong und schaut, wie weit es gehen kann. Und so wie die wichtigsten asiatischen Alliierten untereinander verstritten sind, entsteht in Peking wenig Respekt.
Es wird wohl alles auf Taiwan hinauslaufen…
@ Luftikus, 25.01.2021 um 3:17 Uhr:
„Die Taiwanesen, die in Taiwan leben, sind entweder schon immer Taiwanesen gewesen (also dort über Generationen aufgewachsen) oder es sind Feslandchinesen, die nach dem Chinesischen Bürgerkrieg nach Taiwan ausgewandert sind und sich wahrscheinlich auch eher als Taiwanesen und nicht als Chinesen fühlen.“
Ich will hier keine Neben-Debatte zu den Verästelungen der Ein-China-Politik aufmachen, möchte aber kurz anmerken, dass das nicht richtig ist. Tatsächlich dreht sich eine der zentralen Fragen, die in der taiwanesischen Gesellschaft immer mal wieder heftig diskutiert werden, darum, ob die eigene nationale Identität als „chinesisch“ oder als „taiwanesisch“ begriffen werden soll. Entsprechend dieser Problematik ordnet sich auch die gesamte Parteienlandschaft entweder in die pan-blaue (langfristig Wiedervereinigung mit dem Festland zu nationalchinesischen Bedingungen) oder die pan-grüne Koalition (langfristig Loslösung vom Festland als Republik Taiwan).
https://de.wikipedia.org/wiki/Pan-blaue_Koalition
https://de.wikipedia.org/wiki/Pan-gr%C3%BCne_Koalition
[Danke. Und die globalgalaktische China-Debatte und die Frage, ob Taiwan China ist oder nicht oder wie ist damit hier auch schon erledigt. T.W.]
@HoansSolo
‚According to sources in the GER government and the ruling party, a frigate with a home port in northern Germany will stay in the Indo-Pacific region for a while, stopping at Japan, Australia, South Korea and other countries.‘
https://asia.nikkei.com/Politics/International-relations/Indo-Pacific/Germany-to-send-naval-frigate-to-Japan-with-eye-on-China
„The ship would sail from Germany as early as this summer, … Last fall, the German government approved new Indo-Pacific guidelines at a cabinet meeting. It is now considering detailed policies based on these guidelines, which takes a tougher approach toward China“.
Die new Indo-Pacific guidelines werden also mit Leben erfüllt werden. Es ergibt sich die Frage, ob eine DEU Fregatte auf sich gestellt unterwegs sein wird, oder – besser – gleich ein EUR Verband Flagge zeigt. Naheliegend wäre eine gemeinsame Op mit der carriergroup um die HMS Queen Elizabeth. „A British Navy spokesperson told Nikkei in a written statement that „the carrier is expected to depart [sometime between April and June.]“.
[Wenn ein japanisches Medium Monate später deutsche Meldungen aufgreift
https://www.ndr.de/nachrichten/info/sendungen/streitkraefte_und_strategien/Indo-Pazifik-bald-Operationsgebiet-der-Bundeswehr,streitkraefte638.html
ist das keine neue Entwicklung. T.W.]
Taiwan versucht sich schon seit Jahren neue Panzer, Uboote, Luftabwehr und ähnliches zu organisieren.
Da China über die Jahrzehnte seine Machtstellung ausgebaut hat, ist die Stellung Taiwans nicht viel besser geworden. Viele Länder sind da mit militärischen Exporten noch viel vorsichtiger geworden als sie in den 80 und 90er Jahren waren.
Da bleibt nur in den USA zu kaufen, was teilweise auch blockiert wurde oder selbst zu bauen.
Dabei sind ALLE auf Taiwan angewiesen. Ohne TSMC kann kaum noch jemand leistungsstarke Microprozessoren herstellen. Selbst Intel sucht da gerade einen Ausweg aus der Misere mit den eigenen Fabriken. Ein Großteil aller Tablets, Laptops, Hauptplatinen, Grafikkarten usw. wird von Unternehmen aus Taiwan entwickelt und dort oder in China gebaut.
Dieses Zeug ist heute schon sehr wichtig…
„Dabei sind ALLE auf Taiwan angewiesen.“
Das ist schon richtig, aber das reicht nicht, Taiwan unangreifbar zu machen. Der Westen ist mehr auf Taiwan angewiesen als China. Wenn man es zynisch sieht, dann hätte China sogar Vorteile, wenn Taiwan eine zeitlang ausfällt, bis China dort die Produktion übernommen hat. Und China hat genug IT- und Ingenieur-Leute das nach einer Invasion zu schaffen. Sie müsen Taiwan nur schnell genug überrennen, bevor es zu größeren Zerstörungen kommt.
„Sie müssen Taiwan nur schnell genug überrennen, bevor es zu größeren Zerstörungen kommt.“
Wobei wir dann auch mal klarstellen sollten, dass so ein richtiger Angriffskrieg (*Fußnote*) in der heutigen Zeit auch außenpolitisch für China und andere Länder der komplette Totalverlust wäre.
So viel Wert ist Taiwan für China auch nicht und die Halbleiterindustrie ist nichts, was man nach vielen Jahren Aufbauarbeit nicht in anderen Ländern haben könnte. Gibt ja genügend Know-How und die Technologie ist bekannt.
Rohstoffe oder geographische Lagen kann man nicht einfach so zaubern (bezüglich Gründe für Angriffskriege), aber eine Fertigung ist da eher nicht so das Problem.
*Fußnote*
Also kein Ukraine-Urlaubssoldaten-„Russische Bürger Rettungs“-Angriff
und kein Irak-Diktator-Menschenverbrecher-Absetzungs-Angriff,
sondern ein Wir-holen-uns-jetzt-einfach-Taiwan-Angriff.
@12PzDiv
Das wird wohl kaum so einfach für China werden. Und man dürfte das international sehr deutlich spüren.
Brüche in der Versorgung mit diversen IT Gütern dürften China extrem schaden. Und ohne die Welt baut China nichts in dem Bereich.
Der Arm der Taiwanesischen Halbleiterindustrie reicht bis nach Europa. Deutschland ist davon nicht ausgenommen. Es könnte gut sein das die Facharbeiter und Ingenieure weg sind, bevor China „Taiwan nur schnell genug überrennt“.
Und man muss auch sagen das ein Großteil dieser Industrie in China nur durch die Firmen in Taiwan existiert.
Die Insel konnte den Weltmarkt nicht alleine beliefern, also ging man nach China. Arbeitskräfte gab es da genug und die Löhne waren spottbillig. Mittlerweile setzen Unternehmen wie Foxconn aber zunehmend auf Roboter und automatisieren ihre Fertigungsstraßen. Obendrein zieht man aus den teuren Metropolregionen weg, weil die Lebenshaltungskosten und damit die Lohnkosten dort zu hoch sind.
In der Chipfertigung sieht es noch düsterer aus.
China wollte Konkurrenzunternehmen zu TSMC hochziehen, kaufte sich TSMC Manager, legte los und ging mehrfach baden. Die Chips kommen also weiterhin aus Fabriken von Samsung, TSMC und anderen.
Eigene Chipdesigns sind auch gefloppt. Man hat sich ausländische Designs eingekauft. Uralte Ramschware von VIA aus Taiwan und kastrierte Prozessoren von AMD aus den USA. Das Projekt mit AMD haben die USA begraben und die Prozessoren von VIA waren schon vor 15 Jahren nicht mehr konkurrenzfähig. Ansonsten baut man auch nur Lizenzware zusammen, die von ARM aus GB kommt und erweitert diese um andere Lizenzbausteine.
Darum geht es bei den US Sanktionen gegen Huawei. Man greift die Software von ABC (Google) und die Chiplieferungen an. ARM Prozessoren sind in >99% aller Smartphones und Tablets verbaut. In so einem Chipdesign von z.B. Qualcomm aus den USA stecken ein Hauptprozessor von ARM aus GB, Frankreich oder den USA, dazu ein Grafikprozessor, Modem, externe Schnittstellen usw. die von Designschmieden aus verschiedenen Ländern kommen.
Das wird als ein Design zusammengeführt, für die Fertigung des jeweiligen Chipproduzenten angepasst und dann produziert. Da andere Anbieter auch auf US Komponenten, Patente und Lizenzbausteine angewiesen sind, gehen die US Sanktionen sehr weit. ARM wurde von Nvidia aus den USA übernommen, was es in Zukunft für China nicht leichter machen wird.
Offene Standrads wie RISC-V könnten China helfen unabhängig und dennoch kompatibel zum Westen zu sein.
Das ist ein Weg der auch in Europa ausgelotet wird. Weg von Intel und AMD Prozessoren die auf dem US beherrschten x86 Befehlssatz aufbauen, hin zu freier Hardware. Das wird allerdings ein weiter Weg. Am Ende muss man die Designs auch irgendwo produzieren.
Ähnliche Abhängigkeiten hat China gegenüber Südkorea und Japan. Insbesondere Südkorea hat eine kaum zu umschiffende Expertise bei Displays für alle möglichen Geräte. Japan ist immer noch sehr stark bei elektrischen Komponenten für Halbleiter.
Und als wäre das nicht genug sind diese Industrien, auch jenseits von Patentrechten und Chipdesigns, von einer globalen Lieferkette abhängig. Da geht es nicht nur um die Rohstoffe, auf denen China sitzt, sondern auch um die Produktionsanlagen, die regelmäßig modernisiert werden müssen.
Ohne ASML aus den Niederlanden baut kaum einer Mikrochips. Und diese Firma braucht absolute Hightech aus verschiedenen Ländern um ihren Teil der Produktionsanlagen zu bauen. Allein die eigenen 60 Standorte verteilen sich auf 16 Länder.
Und dann braucht es eben Firmen wie TSMC die diese Anlagen feintunen, Chipdesigns darauf anpassen und so das Maximum rausholen.
Wenn das so einfach wäre, müsste Intel, als größter Prozessorhersteller des Planeten, nicht bei TSMC um Hilfe suchen. Die haben ihre Fabriken seit Jahren nicht im Griff. TSMC treibt alle anderen vor sich her und immer mehr Fabriken geben auf. In Dresden werden in Zukunft auch nur noch einfache Schaltbausteine für elektrische Systeme und ganz einfache Mikrocontroller hergestellt.
TSMC ist und bleibt absolute Weltspitze. Da aber fast jeder deren Dienste in Anspruch nehmen will, gibt es schon extreme Engpässe am Weltmarkt.
China braucht also die Welt um mit Halbleitern und Endgeräten Geld zu verdienen. Und Fabriken können abwandern.
In der deutschen Industrie sind auch viele Firmen von chinesischer Handarbeit zu deutschen automatisierten Fertigungsstraßen zurückgekehrt. Einzig die ganzen Zulieferer müssten ebenfalls ihre Zelte in China abbrechen und sich neu ausrichten.
Ähnlich düster sieht es für China bei der Luftfahrt aus. Auch militärisch hat man extreme Probleme moderne Triebwerke herzustellen. Chinas modernste Hubschrauber stammen aus Kooperationen mit Airbus. Die Triebwerke stammen aus Kooperationen mit Safran aus Frankreich. Auch die Ukraine ist da Zulieferer für Triebwerke und Gasturbinen.
Alleine kommt die Chinesen da bislang nicht weit.
Da würde unfassbar viel auf dem Spiel stehen.
@ SvD
Vielen Dank für diese kurze Zusammenfassung, das war äußerst interessant zu lesen.
@Taiwan:
Anscheinend waren die PLA Flugzeuge deutlich näher an Taiwan herangeflogen als das Bild oben zeigt.
–> https://twitter.com/AlexLuck9/status/1353847373693214721
@SvD: Nvidia (TSMC) ist also ein Bottleneck der Chipveredelung und kontrolliert demnach die Preisgestaltung. Wer hat alles ein Interesse dieses Monopol/Oligopol zu brechen? Das wären dann die Unterstützer Chinas…
Zu Mali etc hat ZSMBw im Rahmen der Reihe „Wegweiser zur Geschichte“ soeben neu herausgegeben:
„Mali und westlicher Sahel“. Schöningh-Verlag.
Als PDF verfügbar via https://www.bundeswehr.de/de/organisation/weitere-bmvg-dienststellen/zentrum-militaergeschichte-sozialwissenschaften/wegweiser-zur-geschichte-263908
Hardcopy 24,95€
Auch mit Mali unter Einschluss „westlicher Sahel“ beschäftigt sich https://marineforum.online/golf-von-guinea-wird-seegebiet-von-europaeischem-interesse/
mit EU-Außenministervorhaben am 25.01.21 zum Pilotprojekt für eine koordinierte maritime Präsenz (Coordinated Maritime Presence (CMP)) im Golf von Guinea.
[Maritime Präsenz im Golf von Guinea als Teil des Engagements im Sahel? Srsly? T.W.]
Srsly? @T.W.
Unbedingt, mit Blick auf die Guinea-See-Karte. (Eingebettet)
Ausweislich betroffener Anrainer sowie der Stichworte „Informationsaustausch und Lageanalyse“ für die Küstenanrainer stehen die Exporte der Binnenstaaten über See in Abhängigkeit zur Sicherheitslage im Golf von Guinea. Malisches Gold, Uran, Viehprodukte und Baumwoll-Exporte hängen an Häfen im Senegal und der Elfenbeinküste.
@AoR
„Nvidia (TSMC) ist also ein Bottleneck der Chipveredelung und kontrolliert demnach die Preisgestaltung.“
Unternehmen verwechselt.
Nvidia (USA – Grafikprozessoren und KI) hat ARM (GB) gekauft, von denen die Grunddesigns und der Befehlssatz für alle Smartphone und Tablet Prozessoren kommen. Da Nvidia in den US sitzt, werden die USA da noch mehr Drück ausüben können.
Ohne ARMs Arbeit geht bei Smartphones und Tablet nix. Da müsste erst der ganze Markt auf einen offenen Standard umgestellt werden und das wird dauern. Das geht, daran wird gearbeitet, aber es dauert.
TSMC (Chiphersteller) ist eigenständig, kommt aber mit der Produktion nicht mehr hinterher. Da gibt es tatsächlich einen Flaschenhals. Problem ist das immer mehr Unternehmen keine eigenen Fabriken mehr haben oder Fabriken aus der High-End Fertigung aussteigen. Das kommt davon wenn man zu wenig in Forschung und Entwicklung investiert. Der Bedarf steigt jedes Jahr aber die Produktion stellen immer mehr Unternehmen ein. TSMC kann aber nicht einfach beliebig wachsen.
Ohne TSMC kann man quasi keine modernen Hauptprozessoren und Grafikprozessoren für PCs und Spielekonsolen herstellen. Auch im Smartphone und Tabletbereich stellt TSMC große Teile der weltweiten Produktion her. Aber das ist nur knapp 1/3 der Kapazität. Die restliche Kapazität ist über 10 Jahre alt von der Technologie her. Das reicht für viele einfache Chips zwar noch aber nicht mehr für leistungsfähige Chips.
Beide Unternehmen sind auf ihre Art und Weise Monopolisten.
@SvD: Super und Danke für die Einsicht. Aus geoökonomisches Absicht fehlt der neuen Freihandelszone um China demnach insgesamt die Lizenz wie auch das Knowhow für Mikrochips. Die werden versuchen da einzusteigen.
Zudem interessant aus SiPo Perspektive: Welches Level an technologischen Know How’s braucht man für Schwarmdrohnen und deren KI.
Frankreich verheddert sich immer weiter in Mali – auch die Vorwürfe zu zivilen Opfern bei einem Luftangriff zu Jahresbeginn sind weiterhin nicht ausgeräumt:
https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/mali-frankreich-101.html
Macron muss das Thema im anlaufenden Wahlkampf aus der öffentlichen Aufmerksamkeit bringen.
Nur leider gab es eigene und zivile Opfer, die den Blick der französischen Presse auf die Situation ziehen.
Insgesamt ein beunruhigendes déja-vu (Afghanistan nur andere „Spieler“).
In Deutschland wird das ja weitgehend ignoriert, aber die Entscheidungen Frankreichs werden sich auch auf EUTM Mali und MINUSMA auswirken.