Wirken im Cyberraum: Lesen statt Anhören
Wer an diesem Advents- (und Lockdown)Wochenende mal was in Ruhe nachlesen möchte: Der Verteidigungsausschuss hat seine für den kommenden Montag, 14. Dezember, geplante Anhörung zum Wirken im militärischen Cyberraum kurzfristig verschoben. Aber die meisten der geladenen Sachverständigen haben ihre Stellungnahmen schon schriftlich eingereicht.
Der ganze Titel der Anhörung im Ausschuss lautet, bisschen sperrig,
und die hätte am Montag stattfinden und im Bundestagsfernsehen live übertragen werden sollen. Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Hellmich bestätigte am (heutigen) Samstag, dass diese Anhörung nun kurzfristig verschoben wurde; einen neuen Termin gibt es noch nicht.
Dem Thema schadet entspanntes Einlesen ja nicht, deshalb hier zur Lektüre die vom Bundestag bereits veröffentlichten Stellungnahmen von
• Prof. Dr. Wolff Heintschel von Heinegg
Europa-Universität Viadrina
• Dr. Sven Herpig
Stiftung Neue Verantwortung
• Fregattenkapitän PD Dr. Dr. habil. Robert Koch
Bundesministerium der Verteidigung
mit dem Caveat:
Die vorliegende Stellungnahme ist keine offizielle Position des Bundesministeriums der Verteidigung, sondern die Sichtweise des Autors vor dem Hintergrund seiner wissenschaftlichen und fachlichen Expertise.
• Julia Schuetze
Stiftung Neue Verantwortung
• Dipl.-Inf. Thomas Reinhold
Technische Universität Darmstadt
Leider bislang nicht eingereicht bzw. auf der Bundestags-Webseite nicht veröffentlicht sind die Statements von
• Prof. Dr. Elmar Padilla
Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie
und
• VizeadmiralDr. Thomas Daum
Inspekteur Kommando Cyber-und Informationsraum der Bundeswehr
… vielleicht kommen die ja demnächst noch.
(Archivbild September 2019: Imagefoto des Bundeswehr-Organisationsbereichs Cyber- und Informationsraum (CIR), aufgenommen im Network Operation Center des Betriebszentrums IT-System Bundeswehr in Rheinbach – Martina Pump/Bundeswehr)
Für mich paßt der Titel („Wirken im Cyberraum“) nicht wirklich zu den Stellungnahmen. Es geht im Wesentlichen, um defensiven IT-Schutz. Wie so oft bei Cyber wird erneut klar, dass eine Vielzahl von Aufgaben in dem Bereich besser nachrichtendienstlich organisiert werden sollten. In Deutschland mit Blick auf die letzte Entscheidung des BVerfG zur technischen Aufklärung des BND sicher auch nicht einfach.
Da wäre die Stellungnahme des Insp CIR noch sehr interessant.
Wenn man Wirken im Cyberraum wirklich Domänen-übergreifend synchronisieren will (was notwendig wäre) , dann gibt es für die Bundeswehr sowieso sehr viele Hausaufgaben.
Wie schwierig dies praktisch ist, zeigen die ersten Erfahrungen in dem USA bei der Umsetzung von Multi-Domain-Operations (MDO) auf Divisionsebene:
„Additionally, we failed to anticipate the approval times required for specific cyber effects and therefore often found ourselves missing the critical window to employ those effects at the right time.“
https://mwi.usma.edu/putting-enemy-rock-hard-place-multi-domain-operations-practice/
Wie schon in vielen vorherigen militärischen Fachdebatten (vernetzte Ooerationsführung (NCW) , Stabilisierung (COIN) , Ausbildungsunterstützung (FID/MA), hybride Kriege) hinkt Deutschland erneut Jahre hinter der Fachdiskussion hinterher und hat keine eigenen Impulse.
It’s a state of mind.