Neues Landeskommando für Berlin: Erstmal ohne Grundgesetz
Berlin ist nicht nur Bundeshauptstadt, sondern auch ein eigenständiges Bundesland (was in diesen Corona-Zeiten bisweilen besonders auffällt). Aber anders als in den übrigen 15 Bundesländern hatte die Bundeswehr in diesem Land bislang zwar ihr Ministerium mit 2. Dienstsitz, ein Kommando Territoriale Aufgaben und etliche andere Dienststellen – nur kein Landeskommando. Das wurde jetzt zum 1. Oktober neu aufgestellt, mit einem kleinen formalen Fehler: Nach dem Grundgesetz dürfte es dieses Landeskommando vorerst gar nicht geben.
Der Grund dafür liegt nicht, wie vor der deutschen Einheit, im formalen Status Berlins, sondern im Haushaltsrecht. Das Grundgesetz legt recht eindeutig im Artikel 87a fest:
Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.
Der Grund dafür ist natürlich, dass die Streitkräfte nicht am Parlament vorbei ihre Struktur einfach verändern können sollen. Und in der Tat, der Haushaltsplan mit den Grundzügen der Organisation ist eine recht umfangreiche Übersicht. Im Haushalt für dieses Jahr 2020 findet er sich im Kapitel 1403 des Verteidigungshaushalts, Einzelplan 14. Da ist unter der Überschrift Grundzüge der Organisation (Artikel 87 a GG) zum Beispiel für die Streitkräftebasis penibel aufgelistet, dass es unter anderem 1 Amt für Militärkunde, 1 Bundesakademie für Sicherheitspolitik oder 1 Deutscher Militärischer Vertreter im Militärausschuss der NATO gibt. Aber auch:
15 Landeskommandos mit 11 Sportfördergruppen der Bundeswehr
Berlin ist Landeskommando Nr. 16.
Ich hab‘ deshalb mal das Verteidigungsministerium gefragt, wie das zusammenpasst. Die Antwort dauerte etwa zwei Wochen und kam am (heutigen) Dienstag:
Im Organisationsbereich der Streitkräftebasis wurde zur Stärkung der zivil-militärischen Zusammenarbeit mit den Stellen für polizeiliche Gefahrenabwehr und den Stadtbezirken in Berlin unter Heranziehung von Teilen des Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr und Nutzung bereits bestehender Infrastruktur ein Landeskommando Berlin zum 1. Oktober 2020 organisatorisch neu aufgestellt. Unter Berücksichtigung der Zeitlinien für die Vorbereitung der Entwürfe zum jeweiligen Haushaltsgesetz soll die Abbildung des Landeskommandos Berlin im parlamentarischen Verfahren zum Haushalt 2021 erfolgen.
Das Landeskommando Berlin wird seinen Auftrag unter Abstützung auf das in Berlin stationierte Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr uneingeschränkt erfüllen können.
Nun ja, in dieser recht generellen Antwort ist ein Satz versteckt, der offensichtlich verwaltungsjuristische Philosophie offenbart: Unter Berücksichtigung der Zeitlinien für die Vorbereitung der Entwürfe zum jeweiligen Haushaltsgesetz soll die Abbildung des Landeskommandos Berlin im parlamentarischen Verfahren zum Haushalt 2021 erfolgen. Das bedeutet nämlich im Klartext: Im Entwurf für den Haushalt 2021 hat das Ministerium das schlicht verschlafen.
Das zeigt ein Blick in den Haushaltsentwurf fürs nächste Jahr. Da steht nämlich, wortgleich zum Haushalt 2020:
15 Landeskommandos mit 11 Sportfördergruppen der Bundeswehr
Aber Zeitlinien sind sicherlich flexibel, und bis zur Verabschiedung des endgültigen Haushalts wird da bestimmt nachgebessert. Vorher wird das Kommando, das bereits seit zwölf Tagen ohne Berücksichtigung dieser Zeitlinien existiert, am kommenden Donnerstag mit einem feierlichen Aufstellungsappell offiziell in Dienst gestellt.
(Archivbild 2010: Luftaufnahme der Julius-Leber-Kaserne in Berlin, Sitz unter anderem auch des neuen Landeskommandos – Andrea Bienert/Bundeswehr via Wikimedia Commons unter CC-BY-Lizenz)
Einen Vorläufer gab es ja – das Standortkommando:
https://de.wikipedia.org/wiki/Standortkommando_Berlin
Zudem gibt (gab) es den General für Standortaufgaben:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kommando_Territoriale_Aufgaben_der_Bundeswehr#General_f%C3%BCr_Standortaufgaben_Berlin
Das Kommando Territoriale Aufgaben hatte bisher im Wesentlichen zwei Säulen: Standortaufgaben Berlin (Bundesland und Stadt) und Amtshilfe für die Länder etc. über die Landeskommandos. Die Basis war ein gemeinsamer Stab in der Julius-Leber-Kaserne.
Durch die politisch motivierte/angewiesene Aufteilung der Aufgaben auf zwei Kommandos wird eine zusätzliche „Stabsleiste“ für das Landeskommando erforderlich. Das Kommando Territoriale Aufgaben wird auf ein „Hilfeleistungskommando“ mit einigen Nebenaufgaben reduziert.
Das ist interessant, da – auf der selben Seite im Haushaltsentwurf drei Positionen weiter oben – im Bereich des Logistikkommandos weiterhin 6 Logistikbataillone genannt sind und die kürzlich begonnene Aufstellung des 7. Logistikbataillons (163) sowie des Logistikregiments 1 ebenso nicht gelistet sind (obwohl bereits letztes Jahr offiziell verkündet), wie auch das ABC-Abwehrregiment 1 (nächste Seite im HH-Entwurf). Da scheint es bei der Auflistung der Heeresgliederung leichter zu sein, da dort nur bis Brigadeebene eine Aufstellung erfolgt.
Doch ein wenig bedenklich, dass man also das Gesetz so schlicht ignoriert. Ist jetzt kein Beinbruch, aber offenbart in meinen laienhaften Augen ein etwas zweifelhaftes Rechtsverständnis.
Ein interessanter Punkt, den ich so noch nie auf dem Schirm hatte…..
Auch, wenn ich den deutschen Föderalismus für ein hervorragendes Konstrukt halte, so stösst mir das Festhalten an der „Kleinstaaterei“ für Berlin, Bremen und Hamburg etwas auf…..
Mir stellt sich da immer die Frage der Nutzen/Leistungs-Rechnung….
Lohnt es sich, für so ein „kleines“ Land, solch einen (bürokratischen) Verwaltungsaufwand zu betreiben?
Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass es keinen Unterschied machen sollte, wie gross das jeweilige Land ist….das ist natürlich richtig.
„Ökonomisch“ ist das Ganze dennoch nicht……selbst, wenn es „nur“ ein Verwaltungsdienstposten ist….
@huey: Sinn macht es nicht, ebenso wenig wie das Saarland.
Allerdings sind die Hürden zur Umstrukturierung recht hoch, und eine Abstimmung für Berlin – Brandenburg ging ja anders aus.
Frage : Muss die Bundeswehr dem folgen, oder wären auch weniger Landeskommandos möglich?
@Ex-Grennie
Die LKdo sind Ansprechpartner / militärischer Counterpart der Landesregierungen, da macht eine 1:1 Abbildung schon Sinn und ist insofern nachvollziehbar.
Es geht ja richtig vorran mit der Bundeswehr. Neues Kommando, neue Logistiktruppen und ABC-Abwehr – das Verhältnis von Verwaltung und Unterstützung zu Wirkung verschlechtert sich weiter.
Ich finde es sehr interessant, dass jede Beschaffungsmaßnahme von Juristen geprüft (und damit auch verzögert wird), derart weitreichende Organisationsanpassungen aber einfach durchgewunken werden.
Für mich ist das ein Nogo (nicht die Maßnahme, sondern die Art der Umsetzung).
Wie viele Bundesländer wir brauchen sollten wir hier aber besser nicht diskutieren.
@Mackiavelli
Neues Kommando: dieses generiert sich aus bereits vorhandenen Stellen und genutzter Infrastruktur, ein nennenswerter Stellenaufwuchs ist nicht zu erwarten. Bei ABC hat die Bw über die Jahre merklich abgebaut, ein Aufwuchs ist durchaus wünschenswert – wie er es auch in anderen Bereichen wäre. Bei Log kenne ich mich nicht gut aus, aber wie heißt es doch: Logistik ist nicht alles, aber ohne Logistik ist alles nichts 😎 (den Sinneswandel gab es sogar beim COMUSAREUR, GL Hodges).
„Der Grund dafür liegt […] im Haushaltsrecht. Das Grundgesetz legt recht eindeutig im Artikel 87a fest:
Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.“
Mal ehrlich, stand das da jemals drin? Es werden militärische Organisationsbereiche aufgeführt, was zahlenmäßig dahintersteht interessiert doch keinen. Es gibt nur eine Gesamtzahl an Soldaten, basta.
[Verstehe ich jetzt nicht, was heißt „stand das da jemals drin“? Ja, steht im Grundgesetz, und ja, steht im Haushaltsgesetz. Oder was meinen Sie? T.W.]
(Hinweis: Mit dem Versuch, daraus jetzt einen Thread zu Verordnungen in der aktuellen Pandemie zu machen, fangen wir hier gar nicht erst an.)
„Nach dem Grundgesetz dürfte es dieses Landeskommando vorerst gar nicht geben.
Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.
Der Grund dafür ist natürlich, dass die Streitkräfte nicht am Parlament vorbei ihre Struktur einfach verändern können sollen. Und in der Tat, der Haushaltsplan mit den Grundzügen der Organisation ist eine recht umfangreiche Übersicht“
Können wir die Kirche bitte im Dorf lassen? Die GRUNDZÜGE ihrer Organisation müssen laut GG im HHP stehen. Das heisst aber nicht umgekehrt, dass alles was vom HH-Ausschuss unter diesem Posten im HHP genannt wird, auch unter den verfassungsjuristischen Terminus fällt.
Die Leute die das GG geschrieben haben*, hatten im 2.WK gedient und Armeegruppen, Korps und Divisionen vor Augen. Nicht ein paar Hundert Stabssoldaten.
Ob da in Berlin nun ein Kommando Territoriale Aufgaben alles macht oder das gedoppelt und der neue Stab in Landeskommando umfirmiert wird, sollte dem GG ziemlich schnuppe sein …
*https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_D%C3%BCrig
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung; aber die Behauptung, die Aufstellung stamme vom Haushaltsausschuss, ist schlicht falsch. Die Auflistung gem. GG87a hat das Ministerium vorgenommen… T.W.]
Ich muss ehrlich sagen, dass ich keinerlei nutzen in dem neuen Kommando sehe.
Ja, jede Landesregierung benötigt einen eigenen Oberst/General (+Stab) als Ansprechpartner und für Repräsentation und Koordinierung.
Aber das war ja schon bisher gegeben. Seltsame Dienststellen Vermehrung.
@Positroll sagt: 13.10.2020 um 16:48 Uhr
„Können wir die Kirche bitte im Dorf lassen? Die GRUNDZÜGE ihrer Organisation müssen laut GG im HHP stehen. Das heisst aber nicht umgekehrt, dass alles was vom HH-Ausschuss unter diesem Posten im HHP genannt wird, auch unter den verfassungsjuristischen Terminus fällt.
Die Leute die das GG geschrieben haben*, hatten im 2.WK gedient und Armeegruppen, Korps und Divisionen vor Augen. Nicht ein paar Hundert Stabssoldaten.“
Diese Einschätzung hat sicherlich eine gewisse Validität. Zumindest wenn man die ursprünglich Absicht betrachtet. Es ist kaum anzunehmen, dass man vor dem Hintergrund der Strukturfragen der Streitkräfte im kalten Krieg und vor allem vor dem Hintergrund der Größenordnungen der eigenen Erfahrungen und „Grundzüge“ eine Detailaufstellung verstand.
Andererseits muss man natürlich auch die Verfassungspraxis der letzten Jahrzehnte berücksichtigen, und wenn diese sogar Verbände bis auf Bataillonsebene auswies, dann muss man ein Ein-Sterne-Kommando sicherlich auch dazu zählen. Es ist eine Frage der Konsistenz und Konsequenz.
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung; aber die Behauptung, die Aufstellung stamme vom Haushaltsausschuss, ist schlicht falsch. Die Auflistung gem. GG87a hat das Ministerium vorgenommen… T.W.]
Sie verdrehen meine Aussage. Ich habe nicht behauptet dass sie vom HHA stammt.
ABER:
„Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich AUS DEM HAUSHALTSPLAN ergeben.“
Die Auflistung des Ministeriums ist ein verfassungsrechtlich gesehen ein ENTWURF bzw eine Erläuterung und für Art 87a II völlig irrelevant.
Entscheidend ist aus verfassungsrechtlicher Sicht:
a) was steht im Haushaltsplan
b) entspricht der tatsächliche BW-Aufbau im Grundsatz diesem Aufbau.
Minimale Unterschiede hins eines Stabes und seiner Bezeichnung berühren mE offensichtlich nicht die Grundzüge der Organisation der Bundeswehr.
PS Ja, nur meine Meinung. Bin zu faul um in einem Kommentar nachzuschlagen. Das wäre Arbeit …
Ein wenig off topic, aber in der verlinkten Fassung des Haushaltsentwurfs ist noch ein Fehler bei der Auflistung der Organisationselemente. Für das AMK erfolgte zum 1.10.2020 ein Unterstellungswechsel vom OrgBer SKB zum OrgBer CIR!
@Positroll sagt: 13.10.2020 um 20:53 Uhr
„Die Auflistung des Ministeriums ist ein verfassungsrechtlich gesehen ein ENTWURF bzw eine Erläuterung und für Art 87a II völlig irrelevant.“
Da muss ich widersprechen, da es beim 87a ja gerade darum geht, dass die Regierung nichts (wesentliches) am Parlament vorbei machen darf, muss der HHA sich auf die Aufstellung der BReg verlassen können, da eine eigene Nachprüfung in der Fläche ja gar nicht möglich ist (dafür ist im Rahmen der Gewaltenteilung die Legislative nicht zuständige, lediglich Stichproben könnte sie über einen Untersuchungsausschuss oder via des Hilfsorgans Wehrbeauftragter durchführen, aber schon das würde ja eines Verdachtes der täuschenden Information bedürfen).
„Minimale Unterschiede hins eines Stabes und seiner Bezeichnung berühren mE offensichtlich nicht die Grundzüge der Organisation der Bundeswehr.“
Hier wiederum könnte ich Ihnen folgen (siehe auch meinen früheren Kommentar). Vor allem, weil im vorliegenden Fall durch das neue Kommando bisherige Zuständigkeiten lediglich neu verteilt wurden und sozusagen aus einem Stab à 100% nun lediglich einer à 80% und einer à 20% wurden (Zahlen jetzt nur symbolisch).
Dennoch, die bisherige umfassende Aufführung aller Einheiten bis auf die Bataillonsebene bedingt amS eine entsprechende Anpassung, entweder in Richtung einer Vergröberung oder einer Verfeinerung. So oder so müssen die dem Haushaltsgesetz beigefügten Informationen konsistent sein.
@T.W.
Der Haushaltsplan war gemeint. Da stand doch noch nie eine genaue Aufschlüsselung drin?! Eine Gesamttruppenstärke ist relativ nutzlos als Bezugsgröße. Das langt gerade noch bei einer Bauernarmee, die mit Mistgabeln kämpft. Die Stärke einer richtigen Armee kann man so einfach nicht angeben.
Für das Heer z.B. sind die Detailangaben ja nur eine Stichwortliste:
Kommando Heer
Kommando Division Schnelle Kräfte
Luftlandebrigade
Kommando Spezialkräfte
3 Hubschrauberregimenter
2 Divisionskommandos (mechanisiert)
5 Brigaden (mechanisiert)
Gebirgsjägerbrigade
Deutscher Anteil Deutsch-Französische Brigade
Amt Heeresentwicklung
Ausbildungskommando
17 Schulen und Ausbildungszentren
Das „Grundzüge der Organisation“ zu nennen finde ich schon leicht übertrieben, schlimmer noch, es fehlen Angaben wie viele Soldaten dahinterstehen, in welcher Funktion und mit welchem Waffensystem.
Wäre das dort ebenfalls gelistet, hätte der Radikalabbau von militärischen Fähigkeiten vielleicht nicht so einfach stattfinden können. Die Heeresflugabwehr gäbe es vielleicht noch.
Das Verteidigungsministerium konnte ganze Truppenteile verschwinden lassen, ohne das es darüber Diskussionen und Abstimmungen im Bundestag gab. Vieles was da ausgemustert wurde war nicht teuer im Unterhalt. Den Sinn und Nutzen dieses Theaters hat ja sogar der Bundesrechnungshof in Frage gestellt.
Verstöße gegen das Grundgesetz sind doch mittlerweile gang und gebe. Ganz zu schweigen von der Trennung Art 87a und 87b. Sogar vor der Missachtung von Grundrechten wird nicht zurückgeschreckt, Hauptsache es kommt das richtige Ergebnis heraus. Man braucht sich nur die Verpflichtungen nach § 18 Soldatengesetz und die sich daraus ergebenen Verwaltungsvorschriften ansehen.
[Hm. Wenn jetzt der Umgang mit dem Wohnen in der Gemeinschaftsunterkunft und der Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung als angebliche Missachtung von Grundrechten hier eingeführt werden, sind wir sehr weit weg vom eigentlichen Thema. Bitte nicht. T.W.]
In der Aufstellung des LKdo vor der Verabschiedung des nötigen Gesetztes kommt eine Missachtung des Parlaments zum Ausdruck, die für eine Verwaltung (Exekutive) einerseits systemimmanent ist, andererseits auch durch die bequeme Mehrheit der regierenden Parteien „augenzwinkernd“ erleichtert wird. Das BMVG ist sich sicher, dass man bekommt was man will. Parlamentarische Kontrolle wird nach Möglichkeit umgangen, erschwert, als lästig empfunden und ausgehebelt. Dass der Vorsitzende des HH Ausschusses einer Oppositionspartei angehört, mit der die anderen Fraktionen nicht zusammenarbeiten, hilft aktuell ebenfalls. Alles aufrechte Verteidiger des GG, die da Deutschland dienen!
Immerhin erfolgt die Aufstellung öffentlich und nicht, wie in der ersten deutschen Republik getarnt, als „schwarze“ Reichswehr. (den das ist der eigentliche historische Hintergrund für die Festlegung in 87a).
„Andererseits muss man natürlich auch die Verfassungspraxis der letzten Jahrzehnte berücksichtigen, und wenn diese sogar Verbände bis auf Bataillonsebene auswies, dann muss man ein Ein-Sterne-Kommando sicherlich auch dazu zählen. Es ist eine Frage der Konsistenz und Konsequenz.“
Das sehe ich grundsätzlich anders. „Parlamentsarmee“ hin oder her, das GG setzt auf eine klare Aufgabenverteilung. Eckpunkte sind:
1) Die Bundeswehr ist Teil der (Bundes)Exekutive und damit gilt grundsätzlich die Organisationshoheit der Bundesregierung (vgl das Prinzip des Art 86 S2).
2) Zwecks Kontrolle durch das Parlament (keine „Schwarze Reichswehr“) müssen sich aber laut Art 87a II die Grundzüge der Struktur aus dem HHP ergeben.
3) Die Bundesregierung ist frei, innerhalb dieses vorgegeben Rahmens zu handeln. Ob und inwieweit sie Planungsdetails vorab dem Bundestag präsentiert, ist eine politische Entscheidung (um Mehrheiten sicherzustellen). Dies bindet die Regierung (oder gar zukünftige Regierungen) keinesfalls in Hinblick auf Umgliederungen im Detail – weder im gegebenen Haushaltsjahr, noch weiter in der Zukunft.
4) Natürlich sollte die Vorlage für den HHP den Tatsachen entsprechen. Soweit dort (verfassungsrechtlich unnötige) Details genannt werden, müssen sie auch stimmen. Das macht aber die Aufstellung des neuen Stabes nicht verfassungswidrig sondern begründet mE lediglich eine Pflicht der Regierung, entsprechend falsche Informationen unverzüglich richtig zu stellen …
Wir reden hier von einer Kernfunktion der Exekutive. Auf die kann eine Bundesregierung nicht mal einfach so verzichten. Hier einen Verfassungswandel durch Staatspraxis anzunehmen würde die Einsatzfähigkeit der BW in einer plötzlichen Krise erheblich unterhöhlen. Dürig würde sich im Grab umdrehen …
@Positroll sagt: 14.10.2020 um 12:40 Uhr
Ich bin glaube ich nicht so weit von Ihrer Position entfernt. Insbesondere wenn ich das Sonntagsreden-Schlagwort von der Parlamentsarmee höre verziehen sich alle meine verfassungspolitischen und verfassungsdogmatischen Gesichtsmuskel.
Von daher bin ich grundsätzliche bei Ihnen, dass ich in der Aufstellung (oder noch präzisiere in der organisatorischen Ausgliederung ohne wesentliche inhaltliche Änderung) eines an sich bedeutungslosen Org-Elements keinen Verfassungsverstoß sehen würde.
Insbesondere das Recht der Bundesregierung (bzw. der IBuK) auch unterjährig Organisationsveränderungen vorn nehmen zu dürfen darf durch den Haushaltsplan nicht angetastet werden.
ABER, da die BReg bisher selbst die Anzahl der LKdo offensichtlich als „Grundzüge der Organisation“ betrachtet hat (denn sonst hätte es ja im Haushaltsplan nichts verlohren) und da die BReg (bzw. die IBuK) die Organisationsänderung mit Wirkung zum 01.10.2020, also noch vor geplanter Beschlussfassung des Haushalt 2021 im Dezember angeordnet hat, DANN sehe ich hier sehr wohl ein wenn auch nicht allzu schwerwiegendes Problem.
@SvD sagt: 14.10.2020 um 0:50 Uhr
„Das „Grundzüge der Organisation“ zu nennen finde ich schon leicht übertrieben, schlimmer noch, es fehlen Angaben wie viele Soldaten dahinterstehen, in welcher Funktion und mit welchem Waffensystem.
Wäre das dort ebenfalls gelistet, hätte der Radikalabbau von militärischen Fähigkeiten vielleicht nicht so einfach stattfinden können. Die Heeresflugabwehr gäbe es vielleicht noch.
Das Verteidigungsministerium konnte ganze Truppenteile verschwinden lassen, ohne das es darüber Diskussionen und Abstimmungen im Bundestag gab. “
Dem kann ich nur energisch widersprechen! Sowohl faktisch als auch prinzipiell.
1. Natürlich hat JEDER Fachpolitiker im Bundestag von den Änderungen in der Kampfkraft der letzten 20 Jahre vorher gewusst. Das BMVg, die Inspekteure und viele, viele Soldaten haben auch öffentlichkeitswirksam immer wieder davor gewarnt.
2. D.h. im Rahmen der Zuständigkeiten des Bundestages hätte man jederzeit eingreifen können.
3. ABER unabhängig fallen ein Großteil der Entscheidungen hinsichtlich der Streitkräfte nicht in die Zuständigkeit des BT. Wenn der BT eine schlagkräftigere Armee will, dann muss er das tun, was sein verfassungsmäßiges Recht (und mEn sogar seine Pflicht ist), uns mehr Geld geben, aber über die Struktur der Streitkräfte entscheidet immer noch der IBuK.
@Koffer
Hm. „Aber über die Struktur der Streitkräfte entscheidet immer noch der IBuK.“
vs.
„Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.“
Da sehe ich doch eine gewisse Ablage?
@T.Wiegold sagt: 14.10.2020 um 13:36 Uhr
„Da sehe ich doch eine gewisse Ablage?“
Ich hoffe nicht, wenigstens ist das nicht beabsichtigt.
Der Haushaltsplan der einmal im Jahr beschlossen wird, muss die Grundzüge der Organisation wiedergeben.
Aber die Entscheidung über die Struktur trifft allein der IBuK. Der Bundestag kann der IBuK nicht untersagen, die Streitkräfte umzugliedern und selbst wenn er das könnte (durch Verweigerung der Aufnahme der neuen Gliederung in den Haushaltsplan, was aber so gar nicht vorgesehen ist), wäre er auch in diesem Fall für unterjährige Umgliederungen nicht zuständig.
Die Bestimmung ist dafür da eine Schattenarmee zu verhindern, aber nicht in die exekutiven Kernbefugnisse einzugreifen. Man stelle sich mal vor wir wären in einem größeren Krieg und der IBuK müsste jedesmal, wenn er eine neue Brigade durch Umgliederung schafft zuvor oder nachher die Zustimmung des Bundestages einholen.
Ergänzung: es kommt noch hinzu, dass der Haushaltsplan ja das Produkt der Exekutive ist, d.h. die BReg ist so oder so dazu berechtigt ihn zu ändern.
Lediglich das Haushaltsgesetz wird durch den Bundestag erlassen und auch wenn der Haushaltsplan (der BReg) am Ende zu einer Anlage des Haushaltsgesetzes (des BT) wird, so ist damit der Haushaltsplan noch immer kein Produkt der Legislative bzw. unterliegt der Genehmigung des BT.
D.h. der IBuK ist frei in seinen Entscheidung, er muss es nur die grundsätzlichen (!) Eckpunkte dem Bundestag via des Haushaltsplan mitteilen.
Ich hoffe jetzt wurde es noch deutlicher.
Wobei und das jetzt nur abschließend um nicht bei juristischen Fachleuten den Eindruck zu vermitteln, ich würde dieses Faktum unterschlagen wollen, natürlich muss der Haushaltsplan durch den Bundestag im Rahmen des Haushaltsgesetzes „festgestellt“ (Art. 110 GG), von daher kann sogar (dazu bin ich jetzt nicht juristisch fachgebildet genug um das beurteilen zu können), ein grundsätzliches parlamentarisches Änderungsrecht gegeben sein (dazu müsste man jetzt mal einen Kommentar befragen), aber das ändert nichts daran, dass der Bundestag auch in diesem Zusammenhang nicht in die Kernkompetenzen der Exekutive eingreifen darf. Und dazu gehört nun einmal die Organisationshoheit des IBuK.
Puuuh, jetzt aber durch :)
Zum Thema HHP kann ich auf Grund mangelnden Wissens, keine Beitrag leisten. Ein LKdoBE jedoch in Frage zu stellen kann man auch nur Unwissenden vorwerfen.
Gerade in der aktuellen Phase (16.03.2020 beginnend) hat man festgestellt wie wichtig ein bestehendes LKdo für die Hauptstadt Berlin ist. Jeder der sich mit dem territorialen Business schon einmal auseinandergesetzt hat, weiß halt schon das es da nicht nur einen General gibt der zum Kaffee trinken bei der Politprominenz vorbeifährt.
Ich frage mich wie es möglich war die zur Zeit über 50 Hilfeleistungsanträge seitens der Senatsverwaltung schnell und professionell zu bearbeiten? Und in diesen Phasen merkt man das man als eine derzeitige Abteilung Standortaufgaben Berlin (quasi die S3 Abt eines LKdo) im KdoTerrAufgBw sämtliche S Abteilungen fehlen was vielfach die Arbeit verlangsamt/behindert.
Gleichzeitig müsste man die Daseinsberechtigung der LKdo in Bremen, Hamburg, Saarland auch in Frage stellen.
Ich begrüße die Entscheidung des GI ausdrücklich und bin froh demnächst im LKdoBE meinen Dienst zu versehen, allen die das nicht gutheißen sind gerne Willkommen um hier Wehrübungen abzuleisten oder bei entsprechender Stellung sich mit dem neuem Kommandeur bekannt zu machen. Das nenne ich mal eine schnelle Umsetzung von Ende letzten Jahres bis heute diese Dienststelle aufzustellen.
[Die Unsitte, dass der selbstgewählte Namen „Justmy2cent“ hier inflationär von allen möglichen Kommentatoren verwendet wird, stellen wir bitte mal ab. Ich hab’s in diesen Fall auf den früher von Ihnen verwendenten Namen „Nick“ zurückgeändert. T.W.]
@Nick sagt: 14.10.2020 um 17:41 Uhr
Entschuldigen Sie, aber Sie vergleichen hier Äpfel mit Birnen.
Bremen und Hamburg sind Bundesländer in denen es kein KdoTA gibt.
Von daher ist die Existenz dieser LKdo überhaupt kein Widerspruch zum nicht-Vorhandensein eines LKdo BE.
Und wenn die Aufgaben im KdoTA nicht richtig organisiert sind um effizient zu laufen, dann ist das bitte kein Grund eine weitere Behörde aufzustellen, sondern eher das KdoTA effizienter zu machen.
Der Wasserkopfs in einer öffentlichen Verwaltung (und das gilt in Friedenszeiten leider auch für Streitkräfte) dehnt sich immer so weit aus, wie man ihn lässt.
Gute Gründe für mehr DP gibt es immer. Dass meine ich ganz ehrlich, aber die bessere Methode ist in den allermeisten Fällen nicht mehr DP, sondern weniger Bürokratie, weniger Mikromanagement, weniger Goldrandlösungen im Briefing, etc.
Nachtrag
Und nebenbei, dass widerspricht überhaupt nicht der Situation, dass viele Angehörige dieses Wasserkopfes unter der Arbeitslast ächzen. Verwaltung (zivile wie behördliche wie militärisch) kann sich sehr um sich selbst drehen und so vollkommen auslasten und belasten.
Ex-Grennie sagt: 13.10.2020 um 12:52 Uhr
„Muss die Bundeswehr dem folgen, oder wären auch weniger Landeskommandos möglich?“
Die Haushaltsgesetze sind wie der Name schon sagt Gesetze und die sind zu befolgen/umzusetzen.
@MikeFox sagt: 15.10.2020 um 8:25 Uhr
„Die Haushaltsgesetze sind wie der Name schon sagt Gesetze und die sind zu befolgen/umzusetzen.“
Nein.
1. Die Struktur der SK ergibt sich aus dem Haushaltsplan (der erst durch „Feststellung“ zu einer Anlage zum Haushaltsgesetzt wird).
2. Der IBuK hat jederzeit das Recht Organisationsänderungen innerhalb der SK vorzunehmen, auch wenn das im Haushaltsplan anders vorgesehen ist/war. Er hat dann lediglich die Pflicht den nächsten Haushaltsplan entsprechend anzupassen und wesentliche (!) Änderungen dürften zeitgerecht anzeigepflichtig ggü. dem Bundestag sein.
Wir sollten nicht vergessen, dass auch wenn wenn das Schlagwort von der Parlamentsarmee immer und immer wieder in Sonntagsreden genutzt wird, die Streitkräfte immer noch zum Kern der Exekutive gehören und das auch die (teil)-unabhängige Stellung Teil der verfassungsrechtlich geschützten Gewaltenteilung ist.
@Koffer
Wurde je erwogen, KdoTA und LKdo zu fusionieren?
Nicht allzu lange her da waren Div/WBK zusammen gelegt, und es lief.
Dass in der Julius-Leber von Arbeitsüberlastung höchstens philosophiert wird, ist mir aus langjähriger Beobachtung klar, was weder pro noch contra Fusionierung sprechen soll.
Jedoch sollte diese Möglichkeit beurteilt werden, ist zumindest bewährte Tradition: Möglichkeiten des Handelns.
Ein (gemeinsames) Landeskommando Berlin-Brandenburg (BB) hätte m.E. vollkommen ausgereicht!
>SARC-onSARC-off<
@Klaus-Peter Kaikowsky
in Bezug auf die " philosophierte Überbelastung" einen klaren Daumen HOCH
Nur konsequent, die territoriale Struktur konsequent auszurollen und damit zu stärken. Corona macht’s vor…im Friedensbetrieb kann, hier: Berlin, „dual-hatted“ durch das Kdo TA mitbetreut werden. Aber nun zeigte sich, dass die territoriale Struktur alleine „zu schwach auf der Brust“ war. Deshalb wurden für die Unterstützungsleistungen i.R. COVID die 4 Regionalen Führungsstäbe aus Heer, Luftwaffe und Marine etabliert. A.m.S. ist das eine Replik der 4 WBK aus alter Zeit, aber in falscher Hand (weil die TSK-Kommandos/Heeresdivisionen als „Schirmherr“ RegFüSt im Rahmen LV/BV sich nicht auch noch um territoriale Aufgaben kümmern können, die grds. bei der SKB liegen). Also muss das wieder her im Rahmen der territoriale Struktur. Nicht umsonst gibt es -was für ein Zufall- nun wieder formal die handvoll „großen“ LKdos mit einem B6 an der Spitze.
@Koffer
Die von Ihnen gepredigte Narrenfreiheit, für Minister, hat einen kolossalen Schaden bei der Bundeswehr hinterlassen.
Regelmäßig tätigen einige Minister sehr hohe Ausgaben, die vorher nicht haushaltsrechtlich abgesegnet waren. Dafür wird dann hausintern gekürzt. Besonders Beraterverträge, die binnen einer Legislaturperiode regelmäßig die Marke von einer Milliarde Euro überschreiten, sind da zu nennen.
Experte dafür sind vor allem die Verteidigungs- und Verkehrsminister.
Der Germandeal war auch so eine Meisterleistung. Man bestellt dutzende Hubschrauber ab, bekommt aber nur 20% des Geldes wieder. Die Bestellungen wurden ja nicht einmal in Ersatzteilpakete umgewandelt…
Oder die Privatisierung der HIL Werke. Eine Mehrheit im Bundestag war dafür schon nicht mehr zu bekommen, dennoch wurden da über 40 Millionen für Berater versenkt. Dieses Geld hätte man in die HIL Werke Investieren können.
@Kap’tän
Das trifft sicher zu: .
Dann aber doch bitte den sich anbietenden Folgeschritt, nämlich „zurück zu WBK und TerrKdo“, denn, Katastrophenlagen, derzeit Pandemie, machen nicht vor Grenzen LKdo halt.
Allerdings muss Truppe – permanent – verfügbar sein, nämlich im (!) TerrKdo mit Schwerpunkt ResLazOrg!
Nachtrag zu
0815 15.10.2020 um 13:15 Uhr
Irgendwie ist etwas verloren gegangen.
Ich warte noch auf die Aufstellung eines KdoFüKdo (Kommandoführungskommando)
Aber es ist verständlich. Die überproduzierten StOffz/Offz/UmP sowie die versetzungsunwilligen müssen ja irgendwo Sozialverträgluch verwendet werden. Falls der Wasserkopf ohne Truppe umkippt, wird die Schlammzone (in derRegel, personell proportional zu Geisterkommandos unterbesetzt) dies schon richten.
Fazit: zu viele Köche, zu wenig Brei!
@Kap’tän
Das KdoTA ist den RegFüSt vorgesetzt (also befehls- / weisungsbefugt), auch wenn dies von diesen nicht goutiert wird 😎
Die Herausforderung ist, die LKdo einzufangen, die eben nicht die Kr der RegFüSt führen, was sie aber manches Mal vergessen 😇 Aber das hat sich mittlerweile eingespielt.
@ Thomas Melber
Affirmative, KdoTA ist den RegFüSt vorgesetzt. Allerdings können/dürfen die RegFüSt die Hilfeleistungsanträge (Amtshilfe) der Kommunen etc. nicht annehmen oder bewerten, dies läuft weiter auf dem Strang über die LKdos. Es wurde also eine zusätzliche Ebene eingezogen, die die Koordination nicht einfacher macht, sondern die ein vermeintliches Defizit zur Führung von Truppe durch die LKdos alleine kompensieren sollte.
Wobei das den LKdos durchaus zuzutrauen gewesen wäre, bspw. hat LKdo Schwerin zwei Großschadenslagen 2019 souverän gemeistert (Waldbrand Lübtheen, Eurofighter Doppelabsturz).
@ KPK und @ 0815
Ja, sicher sind die LKdos im Regelfall nicht überlastet mit Arbeit. Aber das heißt eben nicht, dass man à la Friedensdividende alles wegrationalisieren kann bzw. auf Effizienz im Grundbetrieb trimmen darf. Denn die müssen eben dann in der Krise sofort auf Vollast umschalten können und nicht im Frieden schon ausgelastet sein. Das gilt für die Streitkräfte im Ganzen genauso, das liegt im Wesen von Streitkräften. Die sind Vorsorge für Krise, für LV/BV, und es wäre gut so, dass die nicht schon im Frieden am Anschlag sind.
@SvD sagt: 15.10.2020 um 23:16 Uhr
„Die von Ihnen gepredigte Narrenfreiheit, für Minister, hat einen kolossalen Schaden bei der Bundeswehr hinterlassen.“
Das kann man so oder so sehen.
Aber anyhow: es ist die grundgesetzliche geschützte Gewaltenteilung, da gibt es (glücklicherweise) keinen Spielraum.
@0815 sagt: 15.10.2020 um 23:29 Uhr
„Aber es ist verständlich. Die überproduzierten StOffz/Offz/UmP sowie die versetzungsunwilligen müssen ja irgendwo Sozialverträgluch verwendet werden.“
Traurig, aber war.
:(
@Kap’tän sagt: 16.10.2020 um 9:34 Uhr
„Ja, sicher sind die LKdos im Regelfall nicht überlastet mit Arbeit. Aber das heißt eben nicht, dass man à la Friedensdividende alles wegrationalisieren kann bzw. auf Effizienz im Grundbetrieb trimmen darf. Denn die müssen eben dann in der Krise sofort auf Vollast umschalten können und nicht im Frieden schon ausgelastet sein. Das gilt für die Streitkräfte im Ganzen genauso, das liegt im Wesen von Streitkräften. Die sind Vorsorge für Krise, für LV/BV, und es wäre gut so, dass die nicht schon im Frieden am Anschlag sind.“
Sorry, aber die Vergrößerung eines eh schon kritisch zu betrachtenden Wasserkopfs wie unserer aktuelle dysfunktionalen Territorialorganisation (so nenne ich mal das Konglomerat aus LKdo und KdoTA, auch wenn sich frühere Angehörige leistungsfähiger Varianten da vielleicht schmerzverzerrt das Gesicht verziehen), als Vorsorge für LV/BV zu bezeichnen ist nicht ganz unschneidig. LOL.
@Koffer sagt: 16.10.2020 um 11:33 Uhr
„Sorry, aber die Vergrößerung eines eh schon kritisch zu betrachtenden Wasserkopfs wie unserer aktuelle dysfunktionalen Territorialorganisation (so nenne ich mal das Konglomerat aus LKdo und KdoTA, …“
Leider muss ich Ihnen mit schmerzverzerrtem Gesicht zustimmen. Die jetzige Organisation ist der verzweifelte Versuch des BMVg, ein zu großes Aufgabenspektrum möglichst schmal und kostengünstig mit zu wenig Ressourcen abzudecken. Im Bereich BVK/KVK funktioniert das auch (noch) sehr gut, aber alles, was in Richtung Heimatschutz geht und eigentlich mit Material hinterlegt sein muss, da spielt Not gegen Elend. Daraus resultiert dann auch eine nicht zufriedenstellende personelle Lage.
@ Koffer
Von Vergrößerung hab ich kein Wort gesagt, nur dass man es aushalten muss, dass die territoriale Organisation sowie die Streitkräfte im Frieden nicht auf Krampf auf Effizienz getrimmt sein sollten, sondern auch mal nicht in Volllast laufen müssen. Dass das teilweise unausgewogene Verhältnis Truppe vs. Stäbe/Zentren/Ämter usw. davon unbenommen binnenoptimiert gehört, versteht sich von selbst.
@Kap’tän sagt: 16.10.2020 um 14:48 Uhr
„Von Vergrößerung hab ich kein Wort gesagt,“
Ja, aber wir reden doch gerade von einer Vergrößerung! Aus einer Dienststelle mit zwei (oder drei?) Generalen werden jetzt zwei Dienststellen mit 1 (2?) und 1 Generalen.
Die neue Dienststelle bekommt bestimmt eine eigenständige Stabsleiste und wird personell unterfütter.
Ich wäre bereit zu wetten, dass das ganze nicht personalneutral abläuft!
„nur dass man es aushalten muss, dass die territoriale Organisation sowie die Streitkräfte im Frieden nicht auf Krampf auf Effizienz getrimmt sein sollten, sondern auch mal nicht in Volllast laufen müssen.“
Einerseits stimme ich Ihnen zu. Streitkräfte dürfen nicht auf Effizienz optimiert werden, sondern müssen auf Effektivität optimiert werden. Zumindest wenn wir über nicht-verwaltungsähnliche Strukturen sprechen (also immer da wo es um den Kampf geht).
Andererseits sehe ich diese Auflage bei den LKdo aber nicht einschlägig. Diese sind für mich eine sehr nahe an der Verwaltung liegende Struktur, deswegen sehe ich hier durchaus gewisse (!) Effizienzaspekte mit im Raum. Natürlich muss man auch immer LV/BV und Einsatz im Hinterkopf haben, aber ein total überflüssiges LKdo in Berlin möchte ich bitte nicht mit LV/BV und erst recht nicht mit Einsatz begründen ;)
@Koffer
LV/BV fängt ja nicht erst im Spannungs- oder V-Fall an, weil dann kann nichts mehr noch schnell aufgebaut werden. Sondern das ist eine vorbereitende Aufgabe…mit der kommenden Grundbeorderung verzehnfachen sich die möglichen Dienstposten für Reservedienstleistende. Wer soll die in der Masse denn führen, ausbilden, administrieren, unterbringen und ausrüsten? Sicher auch die ‚TSK“-Truppe bzw. nicht-aktive Truppenteile. Aber in der Masse sind die für den territorialen Einsatz bzw. für den Katastrophenfall (und da zähle ich jetzt bspw. auch Corona Amtshilfe dazu) da. Und deshalb müssen die auch im Schwerpunkt durch die territoriale Organisation bzw. LKdos geführt werden.
Und ob Berlin ein eigenes LKdo braucht…Nun ja, entweder folge ich dem Föderalismus und spiegele die terr. Struktur daran, oder ich könnte genauso argumentieren, dass nicht jedes Bundesland ein eigenes Landeskriminalamt usw. braucht. Und de facto ist das LKdo Berlin ja kein völlig neuer Körper aus dem nichts, sondern nur ein neuer Name für den General Standortaufgaben und eine Umwidmung von Personal aus dessen Bereich bzw. dem Kdo TA. Das KdoTA muss sich frei von der taktisch-lokalen Ebene (Berlin) und die operative Ebene bundesweit kümmern können.
@Kap’tän sagt: 16.10.2020 um 20:03 Uhr
„LV/BV fängt ja nicht erst im Spannungs- oder V-Fall an, weil dann kann nichts mehr noch schnell aufgebaut werden. Sondern das ist eine vorbereitende Aufgabe…mit der kommenden Grundbeorderung verzehnfachen sich die möglichen Dienstposten für Reservedienstleistende. Wer soll die in der Masse denn führen, ausbilden, administrieren, unterbringen und ausrüsten?“
Berechtigte Frage. Aber ganz, ganz bestimmt nicht die LKdo!
Das ist nicht deren Aufgabe, dazu sind sie weder befugt noch befähigt und ich habe auch niemanden gehört, der das ändern willl.
„Und ob Berlin ein eigenes LKdo braucht…Nun ja, entweder folge ich dem Föderalismus und spiegele die terr. Struktur daran“
Wurde ja getan. Im KdoTA gibt es einen General, der für nichts anderes da ist, als die notwendige, persönliche Wahrnehmung Berlin zu gewährleisten. Und alles andere macht das Kdo.
@Koffer sagt: 17.10.2020 um 15:47 Uhr
„Berechtigte Frage. Aber ganz, ganz bestimmt nicht die LKdo!
Das ist nicht deren Aufgabe, dazu sind sie weder befugt noch befähigt und ich habe auch niemanden gehört, der das ändern willl.“
Hier liegen Sie falsch. Wer soll es sonst tun. Sowohl die Ausbildung Ungedienter in Zusammenarbeit mit VdRBw als auch die am 01.04.2021 beginnende Ausbildung der „FWDL Heimatschutz“ (Motto: „Dein Jahr für Deutschland“) ist in der Federführung der Landeskommandos. Denn beide Ausbildungen gibt es nur und ausschließlich im Bereich der Streitkräftebasis.
Nach Befähigung und Personaldecke fragt da (wie üblich) keiner.
Wieder einmal symptomatisch für die Stümperei allüberall in der Bundesregierung. Hier am Beispiel des Verteidigungsministeriums. Man sollte meinen im Ministerium finden sich genug Leute mit Juraabschluß, aber Kompetenz in rechtlichen Dingen umfasst das wohl nicht mehr, gemessen am Ergebnis? Siehe auch die vermurksten Verträge in der Wehrbeschaffung die letzten Jahrzehnte. Wozu haben wir diese Leute überhaupt, wenn sie offenbar in ihrem Kernauftrag versagen? Die haben mal einen Eid als Beamte geschworen die Verfassung einzuhalten. Der Eid der Minister ist ja bekanntlich nicht bindend. Ein neues Landeskommando aufzustellen ist ja auch nur eine Kleinigkeit und kann mal vergessen werden. (Das war Sarkasmus)
Wofür bezahlen wir diese Leute eigentlich?
[Bei aller Kritik: Auf diese Art der Stammtisch-Debatte verfallen wir hier bitte nicht. T.W.]
@Pio-Fritz sagt: 17.10.2020 um 20:57 Uhr
„Hier liegen Sie falsch. Wer soll es sonst tun. Sowohl die Ausbildung Ungedienter in Zusammenarbeit mit VdRBw als auch die am 01.04.2021 beginnende Ausbildung der „FWDL Heimatschutz“ (Motto: „Dein Jahr für Deutschland“) ist in der Federführung der Landeskommandos. Denn beide Ausbildungen gibt es nur und ausschließlich im Bereich der Streitkräftebasis.“
Ich denke hier verwechseln Sie zwei Dinge.
Ja, die LKdo übernehmen derzeit die wenigen noch ausgeübten Territorialaufgaben.
Aber nein, sie hätten weder die Aufgabe noch die Befähigung die von @Kap’tän angesprochenen Aufwuchs in einem LV/BV Fall zu organisieren. Von der operativen Führung der Territorialverteidigung ganz zu schweigen.
Die ehrliche Antwort ist: ist gibt derzeit keine Organisation die dazu vorgesehen und/oder befähigt ist. Diese Organisationsmangel liegt in der Tatsache begründet, dass in den letzten 10 bis 15 Jahren man davon ausgegangen ist, dass man einige Jahre Vorlaufzeit vor einem LV/BV Szenario hat und diese Zeit dann nutzen würde um die Strukturen zu schaffen.
Ich halte dieses Denken für gefährlich, aber es ist angesichts des Geld- und Ressourcenmangels leider nicht ganz von der Hand zu weisen :(