Dokumentation: Kriterien der SPD für Entscheidung über Drohnen-Bewaffnung (m. Nachtrag)

Nach dem grundsätzlichen Signal, einer Beschaffung von Waffen für Drohnen der Bundeswehr zuzustimmen, hat die Spitze der SPD-Bundestagsfraktion ihren Kriterienkatalog für eine Zustimmung vorgelegt. Nach einem entsprechenden Konzept für die Bewaffnung, das das Verteidigungsministerium vorlegen will, soll eine weitere politische und öffentliche Debatte folgen.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gabriela Heinrich hatte bereits am vergangenen Sonntag in einem Zeitungsinterview unter Bedingungen eine Zustimmung ihrer Fraktion zur Beschaffung von Waffen für die unbemannten Systeme vom Typ Heron TP angekündigt, die die Bundeswehr ab dem kommenden Jahr einsetzen will. In einem Brief an die sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten am (heutigen) Donnerstag nannten Heinrich, der verteidigungspolitische Sprecher Fritz Felgentreu und der abrüstungspolitische Sprecher Karl-Heinz Brunner die Kriterien im Detail.

Aus dem Schreiben (Liebe-Freunde-Brief) die wesentliche Passage:

Wir fordern harte und verbindliche Kriterien

Die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker unserer Fraktion aus den Bereichen Außen, Sicherheit und Verteidigung, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie Menschenrechte und humanitäre Hilfe haben den Prozess von Beginn an kritisch und konstruktiv begleitet. Wir haben uns intern sehr intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt und uns auch in den Veranstaltungen des Bundesverteidigungsministeriums eingebracht. Im Ergebnis haben wir einen strikten Forderungskatalog erstellt, den wir im Rahmen einer Entscheidung über die Bewaffnung von Drohnen umgesetzt wissen wollen. Unsere klaren Forderungen gegenüber dem Bundesverteidigungsministerium sind:
• Ausdrückliches Verbot von extralegalen Tötungen, um die strikte Einhaltung des Völkerrechts zu gewährleisten und uns ausdrücklich von der Praxis einzelner anderer Staaten abzugrenzen.
• Kategorische Ablehnung von vollautomatisierten Drohnen und anderen Waffensystemen, um die finale Entscheidung über den Einsatz von Waffengewalt stets auf einem menschlichen Urteil begründen zu können.
• Erstellung und Offenlegung eines verbindlichen Einsatzkonzeptes für Drohnen, um ein Höchstmaß an Transparenz beim Einsatz von Drohnen gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit zu erzeugen. Ebenfalls muss sichergestellt werden, dass das Parlament bei Veränderungen der allgemeinen Einsatzregeln informiert wird.
• Einsatz von Drohnen nur dann, wenn dieser explizit im jeweiligen Bundeswehrmandat vorgesehen ist, um auch hier ein hohes Maß an Transparenz und Kontrolle zu erzielen.
• Verortung des operativen Hauptquartiers mit den Kontroll- und Steuereinheiten für Drohnen im Einsatzland, um mögliche völkerrechtliche Verwerfungen beim Einsatz von Drohnen auszuschließen.
• Größtmögliche Fürsorge und psychologische Begleitung für das Bediener- und Kontrollpersonal, um mögliche psychische Belastungen auszugleichen.

Mit diesem Forderungskatalog setzen wir einen strengen Maßstab für eine Bewaffnung von Drohnen. An diesem wird sich die Bundesregierung im Rahmen der Entscheidungsfindung messen lassen müssen. Eine Entscheidung für die Bewaffnung von Drohnen kann nur mitgetragen werden, wenn unsere Forderungen erfüllt werden.

Die weitere Einbindung der Fraktion

Das Bundesverteidigungsministerium wird einen Entwurf eines sogenannten Fachkonzeptes erstellen, in dem sich unsere Forderungen wiederfinden müssen. Sobald das Konzept vorliegt, wird die politische und öffentliche Debatte über die Bewaffnung von Drohnen in die entscheidende Phase gehen.
Das Papier werden wir intensiv prüfen und uns kritisch damit auseinandersetzen. Dazu beabsichtigen wir, eine öffentliche Anhörung mit Expertinnen und Experten im Deutschen Bundestag durchzuführen und das Fachkonzept auf Herz und Nieren zu prüfen. Wir sind davon überzeugt, dass diese Anhörung wesentlich dazu beitragen wird, die öffentliche Diskussion zu fördern und unseren Entscheidungsfindungsprozess zu unterstützen.
Die Entscheidung für oder gegen die Bewaffnung von Drohnen kann nur auf einer soliden fachlichen und politischen Grundlage getroffen werden. Wir sind davon überzeugt, dass wir einen transparenten und ausgewogenen Prozess eingeleitet haben, der eine sorgfältige und gewissenhafte Entscheidung für uns ermöglicht.

Neben den Bedingungen, die Heinrich im Wesentlichen bereits in ihrem Interview genannt hatte (und die zum Teil bereits im Koalitionsvertrag stehen), fällt auf: Aus Sicht der Sozialdemokraten ist die öffentliche Diskussion über bewaffnete Drohnen nicht abgeschlossen, sondern wird nach dem vom Verteidigungsministerium vorzulegenden Konzept erst recht fortgesetzt. Und dazu soll auch eine öffentliche Anhörung im Bundestag gehören.

Was das für den Zeitplan bedeutet, ist noch offen. Und unklar ist damit, ob die zwar nicht öffentlich kommunizierte, aber wohl vorhandene Absicht des Ministeriums bestehen bleiben kann, eine formale Beschaffungsentscheidung noch in diesem Jahr herbeizuführen.

Nachtrag: Die israelische Luftwaffe hat einen Bericht zur Ausbildung der deutschen Drohnen-Bediener veröffentlicht:

The IAF Squadron that trains German Crews

(Archivbild: Heron TP bei der israelischen Luftwaffe – Israeli Air Force)