Airbus meldet „rechtswidrigen Umgang“ mit Bundeswehr-Dokumenten
Beim Luftfahrt- (und Rüstungs-)Konzern Airbus gab es offensichtlich einen Verstoß gegen den Umgang mit Planungsdokumenten der Bundeswehr. Um welche Projekte es dabei ging, ist bislang nicht bekannt.
Aus der Mitteilung von Airbus am (heutigen) Mittwochabend:
Airbus SE hat die deutschen Behörden proaktiv über den möglicherweise rechtswidrigen Umgang einzelner Mitarbeiter mit Kundendokumenten informiert, die im Zusammenhang mit zwei künftigen deutschen Beschaffungsprojekten der Programme Line Communications, Intelligence and Security stehen.
Die proaktive Offenlegung geht auf eine laufende interne Prüfung mit Unterstützung einer externen Anwaltskanzlei zurück.
Das Unternehmen unterstützt die zuständigen Behörden in vollem Umfang bei der Aufklärung der Angelegenheit.
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums geht es um Planungsdokumente für zwei Vorhaben der Bundeswehr. Welche Projekte betroffen sind, wollte ein Sprecher nicht mitteilen. Das Unternehmen habe bereits am Dienstag die Staatsanwaltschaft München informiert; auch die Rechtsabteilung des Ministeriums habe eine Untersuchung eingeleitet.
Fürs Archiv die Pressemitteilung als pdf:
DE-Airbus-AIR-Press-Release-Airbus-informs-German-authorities
Nachtrag von Reuters, allerdings auch nichts wirklich neues:
https://mobile.reuters.com/article/amp/de/idDEKBN1W32BR
Es soll wohl um „Satellitenprojekte“ gehen.
Was ich nicht verstehe: waren die Unterlagen rechtmäßig im Besitz von Airbus, bzw. wie sind die Mitarbeiter an diese gelangt? Liegt ggf. „Geheimnisverrat“ von Angehörigen der Bw vor?
Es geht m.E. vorrangig um interne Fehler beim Umgang mit eingestuften Unterlagen, die an Airbus ordnungsgemäß übergeben worden sind, aber dann dort nicht angemessen verwahrt wurden oder in Umlauf gerieten, bzw. Mitarbeitern ohne entsprechende Sicherheitsstufe zugänglich gemacht wurden oder zu welchen diese sich Zugang verschafft haben.
Hierfür spricht die Formulierung „möglicherweise rechtswidrigen Umgang einzelner Mitarbeiter“. Wäre es um Dokumente gegangen, die Airbus überhaupt nicht im Besitz haben dürfte, so wäre sicherlich nicht von „einzelnen Mitarbeitern“ die Rede. Dass das ganze im Rahmen einer „laufenden internen Prüfung“ aufgefallen ist, lässt auch den Rückschluss zu, dass man da gezielt nachgeschaut hat.
Nach Abschluss der Untersuchungen wird man aber sicher etwas mehr erfahren.
Es soll sich um VS-NfD handeln, eine Sicherheitsstufe, die die meisten bei Airbus haben! Da es bei VS-NfD keinen Need-to-know Ausschluss gibt, kann die Witergabe durchaus dienstlichen Hintergrund haben. Klein nach Viel Luft Um Nichts.
Hm, Details sind nach wie vor ein bisschen vage, aber mir scheint, hier gucken etliche mit der typischen Bundeswehr-Geheimhaltungs-Brille drauf… Das Problem ist, so weit zu hören ist, nicht ein Verstoß gegen Geheimhaltungsvorschriften oder ähnliche strafrechtliche Probleme. Der Punkt scheint eher beim Vergaberecht und ähnlichem zu liegen, völlig egal, ob und wie die Dokumente eingestuft sind – schlicht: ein Unternehmen hat Infos über ein geplantes Projekt, die andere Mitbewerber nicht haben. Das dürfte also in diese Richtung gehen.
@TW
Dann wäre das aber vorrangig ein Thema für den Auftraggeber (BAAINBw, u.a. Bw-intern), nicht jedoch für den potentiellen Auftragnehmer.
Letzterer läuft natürlich das Risiko von der Vergabe ausgeschlossen zu werden, je nachdem, wie er an die Informationen gekommen ist.
[Eben. T.W.]
Magmakammer, VS NfD ist keine Sicherheitsstufe.
Sie meinen bestimmt die Sicherheitsüberprüfung Ü1 bis Ü3.
Wobei diese Sicherheits-Überprüfungen bei Industriepersonal keine Erlaubnis ist, Zugang zu eingestuften Informationen der Amtsseite (!!!) zu erhalten, sondern lediglich dazu dient, um im Rahmen der Tätigkeit zur Auftragserfüllung (begrenzte und nur im Rahmen eines Vertrages!) Kenntnisse zu den notwendigen Sachverhalten zu erhalten.
Und da kommt dann auch der Einwand des Hausherren zu tragen. Denn je nachdem welches Planungspapier dort kursiert sind Rückschlüsse auf potentielle Ausschreibungen und Konkurrenten, geplanten Zeitlinien und eingeplanten Geldern möglich die einen Vorteil in einem Vergabeverfahren ermöglichen können
@Magmakammer sagt: 20.09.2019 um 8:20 Uhr
„Da es bei VS-NfD keinen Need-to-know Ausschluss gibt, kann die Witergabe durchaus dienstlichen Hintergrund haben. Klein nach Viel Luft Um Nichts.“
1. Natürlich gilt auch bei VS-NfD „Kenntnis- nur-wenn-nötig“. Die Weitergabe dienstlicher Daten an Unbefugte ist selbst bei „offen“ unzulässig! Lediglich „öffentlich“ darf ohne Einschränkungen weitergegeben werden.
2. Den Kernpunkt hat aber @T.W. mEn gemacht. Die relevante Frage ist hier nicht der Geheimschutz, sondern die Nutzung von Dienstgeheimnissen zur Verschaffung eines Wettbewerbsvorteils.
@Magmakammer
Vielleicht verstehe ich Ihren Kommentar falsch. So wie ich Ihn verstehe, möchte ich ihn nicht unkommentiert stehen lassen:
Auch bei VS-Nfd gilt der Grundsatz „Kenntnis nur, wenn nötig“. (Siehe §4 SÜG, §3 VSA)
VS-Nfd ist keine Sicherheitsstufe die jemand haben kann.
Ooh, da hat jemand ein Feuer entfacht! O.o
VS, Ü1 … sind im SÜG gesetzlich geregelt. Demnach gilt auch für VS-NfD der Grundsatz “ … Von einer Verschlusssache dürfen nur Personen Kenntnis erhalten, die auf Grund ihrer Aufgabenerfüllung Kenntnis haben müssen. Keine Person darf über eine Verschlusssache umfassender oder eher unterrichtet werden, als dies aus Gründen der Aufgabenerfüllung notwendig ist. … “ (siehe §4 Absatz 1a SÜG).
Was Airbus (oder schlicht die „Industrie“) beim Geheimschutz so alles beachten/falsch machen können ist im (recht interessanten/kurzweiligen) Geheimschutzhandbuch der Wirtschaft geregelt.
https://bmwi-sicherheitsforum.de/handbuch/367,0,0,1,0.html?fk_menu=0
Zum Thema VS-NfD siehe dort z.B. die Anlage 4.
… die Selbstanzeige und Compliance-konforme Behandlung seitens Airbus (externe Kanzlei ist eingeschaltet usw.) ist auch vergaberechtlich wichtig. §125 GWB kennt die Idee der „Selbstreinigung“. Dazu auch die Ausschlussgründe gemäß der §§123,124 GWB bei Interesse mal überfliegen.
Könnte es sein, das die Mitarbeiter bei Airbus als Teil des Intergrierten Projektteams (IPT) in der Analysephase für das Projekt (im CPM so vorgesehen) Kenntnis der Dokumente bekommen haben? Airbus jetzt vorsorglich eine Selbstanzeige stellt, um kein Anlass für den Ausschluss vom Projekt zu riskieren?
Koffer sagt: 20.09.2019 um 14:05 Uhr
….“Weitergabe dienstlicher Daten an Unbefugte ist selbst bei „offen“ unzulässig! “
Sie glauben wirklich relevante eingestufte Dokumente sind der V-Industrie nicht bekannt?
Schönes sonniges Wochenende!
Die sehr kleine Kästchenkunde „wer in der Industrie darf lt. Geheimschutzordnung oder SÜG-Bestimmungen oder sonstigem was wann wissen“ bitte beim Stammtisch der Sicherheitsbeauftragten diskutieren und nicht hier als OT – das dürfte erkennbar nicht der Kern dieses Problems sein.
Left Blank sagt: – 20.09.2019 um 18:46 Uhr
*grins – da weiß man wohl manchmal mehr ehr als im beauftragten und zuständigen bereich.
jungs – träumt mal alle weiter. diese dinge werden je nach bedarf so „locker“ gehandhabt wie sonst nichts, je nach dem wie man es braucht. auch schon mal daran gedacht, das eine „selbstanzeige“ auch dazu dienen kann „interne“ leute los zu werden, wenn man dem bedarf – „ein schelm, wer schlechtes dabei denkt“. so ist das in „dieser“ welt.
Matthias Hake sagt:
20.09.2019 um 23:10
Schön das sie so viele Anführungszeichen benutzen.
Mir ist bewusst, dass die Bw und die V-Industrie in ihrem eigenen Universum leben.
So viel Bohei (Presse, Untersuchung, Mitreissen Mitarbeiter BAANBw), um unbequeme Mitarbeiter los zu werden?
Airbus sollte da andere Möglichkeiten haben.
@Left Blank sagt: 21.09.2019 um 10:07 Uhr
„So viel Bohei (Presse, Untersuchung, Mitreissen Mitarbeiter BAANBw), um unbequeme Mitarbeiter los zu werden?
Airbus sollte da andere Möglichkeiten haben.“
+1
@Left Blank – „Airbus sollte da andere Möglichkeiten haben.“ – klar, die kosten aber, und sparen ist erst nicht seit gestern angesagt. diese „spielchen“ gibt es nicht erst seit gestern – darum „spare“ wer wo auch immer sparen kann.
Entschuldigung, wenn ich das Ausschlachten einer, in meinem Augen, Nichtigkeit (GEHEIM!) durch die Medien zum OT machte.
[Verstehe jetzt nicht, worauf Sie hinaus wollen. Angestoßen hat Airbus das mit seiner Meldung an die Staatsanwaltschaft und der Pressemitteilung, sind Sie jetzt der Meinung, dass Airbus da was ausschlachtet oder wieso meinen Sie, die Medien seien jetzt Schuld? Von geheim steht hier nix, wissen Sie da mehr? T.W.]
@Matthias Hake sagt: 22.09.2019 um 21:03 Uhr
„klar, die kosten aber, und sparen ist erst nicht seit gestern angesagt“
Schäden am Ruf sind auch Schäden, die eine Firma nicht leichtfertig eingehen wird.
Zudem mögliche Konsequenzen in den anhängigen Vergabeverfahren.
Von daher ist Ihre These ehrlich gesagt nicht besonders glaubwürdig.
„VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH (VS-NfD), wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann.“
„Nachteilig sein kann“ und die Medien schreien GEHEIM. Wie oft melden die Medien durchgesteckte Informationen aus Regierungs- oder Parteisitzungen, die mindestens VERTRAULICH sind?
Auftraggeber und Auftragnehmer tauschen Informationen aus, die beide als vital für die Auftragserfüllung erachten! Informationen, die nicht nach außen gelangen. Hier wird spekuliert, dass Airbus einen Vorteil gegenüber Mitbewerbern erlangen könnte. WER weiß hier mehr? Oder handelt es sich um die Informationen, die allein für die Angebotserstellung benötigt werden, allen Bewerbern zu verfügung stehen, aber halt VS -NfD sind.
Und dann gibt es den Sicherheitsbeauftragten des Auftragnehmers, der streng nach Vorschrift arbeitet.
Wie wird VS-NfD noch mal vereinnahmt?
Viel zu viele unbekannte, aber „bei AIRBUS wurden GEHEIMNISSE verraten“
Melde mich ab
[Wo stand hier, bei Airbus seien Geheimnisse verraten worden? Beschweren Sie sich auch bei BMW, wenn ihr Audi ein Problem hat? Ich weiß wirklich nicht, worauf Sie hinaus wollen, außer ihrem Unmut über die Berichterstattung anderer Medien Luft machen zu wollen. Aber das bitte nicht hier. T.W.]