Wenn die Chinesen nach Feldkirchen kommen

Vor knapp drei Jahren, reisten Sanitätssoldaten der Bundeswehr nach China. In Chongqing übten sie im Manöver Combined Aid gemeinsam mit Sanitätern und Ärzten der chinesischen Volksbefreiungsarmee die Versorgung von Erdbebenopfern. Jetzt findet diese Übung in Deutschland statt – und stößt auf eine andere Wahrnehmung.

Die Übung 2016 fand wenig öffentliche Aufmerksamkeit. Auf Augen geradeaus! und anderswo war zwar etwas dazu zu lesen, auf besonderes Interesse stieß das außerhalb der Fachöffentlichkeit nicht.

Das scheint jetzt anders.

Denn die Chinesen sind mit rund 100 Sanitätssoldaten und mit schwerem Gerät wie gepanzerten Ambulanzfahrzeugen nach Deutschland gekommen, genauer: nach Feldkirchen bei Straubing in Bayern. Und damit ist es offensichtlich das erste Mal, dass ein Verband der chinesischen Volksbefreiungsarmee (People’s Liberation Army, PLA) zu einer Übung nach Europa und in ein NATO-Land kommt – und auch das erste Mal, dass chinesisches Militärgerät nach Europa verschifft wird.

Chinese troops in first joint medical drill with major Nato power in Europe, titelt die South China Morning Post. Was das über das Übungsszenario, die Bekämpfung einer Choleraepidemie, hinaus bedeutet – dafür lässt die größte englischsprachige Zeitung in Hongkong einen pensionierten chinesischen Oberst zu Wort kommen:

Retired PLA colonel Yue Gang said that while the exercise may not have much significance in terms of combat ability, it was important for the international efforts of China’s military.
“Given that Nato has been suspicious and wary of China’s military development, and this is a member of Nato, this breakthrough underscores the considerable trust-building taking place between Germany and China, and it may even set an example for others to follow,” Yue said.
“The PLA in the future will need to go abroad to protect China’s overseas interests in countries along the Belt and Road Initiative, and if there could be some basic mutual trust and understanding with Nato forces, the risk of potential conflict could be greatly mitigated,” he said, referring to Beijing’s vast scheme to build ports, roads and railways across Asian, African and European countries.

Deutsch-chinesische Militärkontakte als Türöffner für Peking in NATO-Land? So ähnlich, wenn auch als Befürchtung und nicht als Hoffnung, scheint das auf US-Seite anzukommen. Die Soldatenzeitung Stars&Stripes berichtet ebenfalls über die Übung:

However, recent moves by China on NATO’s turf have attracted U.S. scrutiny. At U.S. European Command headquarters in Stuttgart, officials have expressed concern about China purchasing stakes in numerous European ports, as well as China’s “polar silk road” Arctic ambitions.
Jorge Benitez, a NATO expert with the Atlantic Council in Washington, said Germany’s hosting of the Chinese military and the way it is playing in China “gives the impression that NATO allies are disagreeing with the U.S. and seeking better relations with China.”
“The presence of the Chinese military in Germany for this exercise creates very bad optics for Germany, NATO and the U.S. and is a cheap propaganda victory for China,” Benitez said.

Das sind schon recht deutliche Worte. Mal sehen, ob und wie andere US-Medien über Combined Aid berichten.

Allerdings: Es ist ja nicht das erste Mal, dass europäische Truppen gemeinsam mit chinesischen Soldaten üben. Im Antipiraterieeinsatz Atalanta vor der Küste Somalias gab’s schon im Okober vergangenen Jahres ein gemeinsames Manöver mit der chinesischen Marine. Und bereits 2014 übte ein europäischer Verband, dabei unter anderem die deutsche Fregatte Hessen, zusammen mit den Chinesen.

Meldungen der Bundeswehr zu Combined Aid 2019 gibt es hier.

(Foto oben: Archivbild Combined Aid 2016 in Chongqing/China – Dirk Bannert/Bundeswehr; Foto unten: EUNAVFOR Atalanta)