Dokumentation: Kramp-Karrenbauers erstes Interview als Ministerin
Die neue Verteidigungsministerin Annegret Kamp-Karrenbauer hat nach ihrem Amtsantritt am Mittwoch dem ZDF heute journal ihr erstes Interview als Ministerin gegeben. Das Gespräch mit Moderator Klaus Kleber gibt es zum Anschauen in der ZDF-Mediathek (ab Minute 07:44):
https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/heute-journal-vom-17-juli-2019-100.html
Allerdings ist das Video dort nur für ein Jahr abrufbar. Die Amtszeit von Ministerinnen soll bisweilen länger sein, deshalb fürs Archiv das Transkript dieses Interviews:
Kleber: Guten Abend, Frau Ministerin.
Kramp-Karrenbauer: Hallo, guten Abend Herr Kleber.
Kleber: Nun sind Sie also Chefin des Verteidigungsministeriums. Warum?
AKK: Ich hab‘ diese Situation in den letzten zwei Wochen, als klar war, dass Ursula von der Leyen nach Brüssel wechseln kann und damit auch das Amt aufgeben wird, sehr genau überlegt, auch sehr intensiv mit der Bundeskanzlerin gesprochen, und habe die Situation auch noch einmal sehr deutlich neu bewertet.
Wir sehen jetzt, dass es wichtig war, deutlich zu machen, dass insbesondere die CDU für eine reibungslose Funktion dieser Regierung sorgt und dass das Thema Sicherheit und Verteidigung zunehmend an Bedeutung gewonnen hat und dass es darauf ankommt, das politische Gewicht auch der Vorsitzenden der größten Regierungspartei in diese Arbeit mit einzubringen, und deswegen habe ich mich für den Eintritt ins Kabinett entschieden.
Kleber: Gewicht der Vorsitzenden ist eine Sache, Sachkompetenz in einem so komplexen Ministerium sicher eine andere. Es gab erfahrene Verteidigungspolitiker. Das Ministerium hat sehr gute Staatssekretäre. Es gibt in Ihrem Verteidigungsausschuss einen sehr erfahrenen Verteidigungsmann – die sofort mit Sachkompetenz hätten einsteigen können. Warum musste es dann die Vorsitzende sein?
AKK: Zum einen, weil es eine besondere Bedeutung hat, wenn die Vorsitzende der größten Regierungspartei ganz deutlich mit der Übernahme des Verteidigungsministeriums auch sagt, Verteidigung, innere Sicherheit, äußere Sicherheit hat höchste Priorität für diese Partei. Zum zweiten, die Staatssekretäre, die beamteten und auch die Parlamentarischen Staatssekretäre, sind nach wie vor im Amt. Es gibt ein sehr gutes Team im Bundesverteidigungsministerium. Und ich habe auch in der Vergangenheit bei allen meinen politischen Ämtern immer wieder bewiesen, dass ich mich sehr schnell einarbeiten kann. Ich habe im Übrigen viele Jahre als Innenministerin und auch als Ministerpräsidentin sehr viel mit dem Thema der zivil-militärischen Zusammenarbeit zu tun gehabt, und insofern können sich die Soldatinnen und Soldaten, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundeswehr darauf verlassen, dass ich mich mit voller Kraft für ihre Interessen einsetzen werde.
Kleber: Angesichts der Alternativen, die es gab, muss doch mancher den Eindruck haben, dass es eher um Ihre Zukunft geht als um die der Bundeswehr?
AKK: Nein, wir haben 260.000 Menschen, die bei der Bundeswehr arbeiten, ihren Dienst verrichten, die auch unter Einsatz von eigenem Leib und Leben für unsere Sicherheit, für unsere Freiheit sich einsetzen im Land und vor allem auch außerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Und deshalb geht es nicht um die Frage, was wird aus mir, es geht um die Frage, wie bringen wir nach vorn und machen deutlich, dass Sicherheit die höchste Priorität hat, dass Verteidigung die höchste Priorität hat, und das kann man am besten dadurch, wenn man als Vorsitzende der größten Regierungspartei auch wohlüberlegt sagt, ich gehe in die Verantwortung, in ein Amt, das alles andere als leicht ist. Ich nehme diese Verantwortung und ich stelle mich damit auch in den Dienst gerade der Kolleginnen und Kollegen, der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr.
Kleber: Sie sagen das mit so viel Kraft und Überzeugung – kann man davon ausgehen, dass Sie jetzt für Jahre, denn das ist ein Riesenprojekt, Ihre Zukunft an der Spitze des Verteidigungsministeriums sehen?
AKK: Sie können davon ausgehen, dass ich diesem Amt, genauso wie ich es in meinen vorherigen politischen Staatsämtern auch getan habe, von Anfang an, vom ersten Tag alle Kraft widmen werde. Dass ich mich für die Menschen einsetzen werde, auf die wir uns in Deutschland verlassen können, und die es verdient haben, dass sie sich auf uns und dass sie sich auf mich verlassen werden. Und das ist für mich ein ganz hoher Anspruch.
Kleber: Sie sprechen über den ersten Tag und die volle Kraft dann. Meine Frage richtete sich eher so auf den letzten Tag, perspektivisch.
AKK: So lange ich dieses Amt innehabe, werde ich mit aller Kraft für die mir Anvertrauten mich einsetzen. Es ist nicht die Frage, wie lange das ist, es ist die Frage, wie intensiv, wie gut man das macht. Das habe ich heute auch in den Ansprachen und auch in meinem ersten Tagesbefehl an die Soldatinnen und Soldaten und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch deutlich gemacht.
Kleber: Verzeihen Sie, dass ich so beharrlich bin, aber das ist tatsächlich die Frage, die wahrscheinlich von den drei, vier Millionen Menschen, die normalerweise das heute journal sehen, eine ganze Menge interessiert. Viele sagen jetzt, das soll die Feuerprobe sein für Sie auf dem Weg ins Kanzleramt. Ist das denn völlig verkehrt und wenn da etwas dran ist: wie lang muss so eine Feuerprobe andauern, dass sie als bestanden gelten kann?
AKK: Also es ist die Übernahme von Verantwortung für Menschen, die uns, die mir anvertraut sind, das ist mir sehr wichtig. Die Legislaturperiode dauert bis Ende 2021. Ich habe immer sehr deutlich gemacht, auch als Vorsitzend der CDU: Wir werden, ich werde alles daran setzen, dass diese Legislaturperiode auch ihren ganz normalen Verlauf nimmt. Und so lange ich dieses Amt innehabe, solange ich dafür auch bestellt und vereidigt bin, so lange werde ich mich dieser Aufgabe auch widmen.
Kleber: Nun haben Sie ja Mitbewerber, und wenn es Ihnen gelingen sollte, dieses Amt erfolgreich zu meistern, dann könnten Sie Herrn Merz oder Herrn Laschet oder Herrn Spahn hinter sich lassen. Das findet in Ihrem Kopf gar nicht statt, diese Überlegung?
AKK: Ich bin im Dezember zur Vorsitzenden der CDU Deutschlands gewählt worden, und die Vorsitzende der CDU Deutschlands hat in der Frage, wer bei der nächsten Bundestagswahl als Kandidat oder als Kandidaten für diese Partei um das Kanzleramt antritt, immer die Führungsaufgabe, die Führungsverantwortung in der Hand. Ich habe immer deutlich gemacht, ich werde diesen Prozess von vorne führen. Genau das tue ich.
Kleber: Frau Ministerin, danke für das Gespräch und einen guten Abend.
(Foto: Kramp-Karrenbauer bei einem Statement nach Amtsantritt – Thomas Köhler/photothek.net)
Ich muss sagen, ich bin leicht positiv überrascht. „Verteidigung hat höchste Priorität“, das hört sich ja für die Zukunft der Bundeswehr nicht schlecht an.
Man muss dann natürlich sehen, was davon auch in der Realität ankommt.
Dennoch könnte es sein, dass die Wahl von AKK doch besser war, als ich zunächst befürchtet hatte.
Ich bin gespannt, ob Frau Ministerin Kramp-Karrenbauer das Thema Allgemeine Dienstpflicht / Gesellschaftsdienst wieder aufnimmt. Jetzt sitzt sie an einer Stelle, wo sie das Thema richtig anschieben könnte. Im Sinne unserer Streitkräfte wünsche ich ihr gutes Gelingen und eine glückliche Hand.
@TZ:
Oberste Priorität hat weiterhin die schwarze Null. AKK hat zwar als Parteivorsitzende angekündigt, dass die Finanzlinie des BMVg weiterhin steigen soll, aber das muss sie erstmal umsetzen.
Vor 2 Wochen war noch die CDU die oberste Priorität, nun ist es die äussere Sicherheit (war sie dass den entgegen aller Beteuerungen eigentlich bisher unter der Union nicht?).
Wie so oft viele große Worte, die Taten waren seit Jahrzehnten dann immer deutlich kleiner.
Wenn in den Haushaltsberatungen keine Vorsorge für eine Vielzahl von Vorhaben erfolgen kann, dann muss AKK die Bw erneut reformieren oder die Trendwenden weiter schön reden.
Angekündigt und versprochen wurde von der Union und auch ihr persönlich mehr als genug – nun kann sie zeigen welches Gewicht sie wirklich hat.
Ihre Rede zum 20. Juli wird erste Fingerzeige geben.
Die Frau wird unterschätzt, ansonsten wäre dieser Weg vom Saarbrücker Innenresort zur IBuK so nicht machbar gewesen.
Meine Vermutung: Im Kanzleramt würde befürchtet, der Beraterskandal wird UvdL um die Ohren fliegen. Lösung: Flucht nach vorn.
An selber Stelle hatte man registriert AKK meidet ungern Fettnäpfchen und muss sich mit Unterstützung der Kanzlerin profilieren. Lösung: Flucht nach vorn.
Vorteil: Beide müssen Höchstleistung erbringen um ihre Ziele zu erreichen: Merkels Nachfolge mit Merkels Unterstützung.
Nicht authentisch, wirkte nach meiner Meinung als ob sie die Antworten vom Teleprompter abliest und die Fragen kannte. Geschenkt. Inhaltlich geht es überwiegend um Eigenlob und Attraktivität der CDU für konservative Wählerschichten, mit denen es bei der CDU kriselt. Nicht ein Satz zu sicherheitspolitischen Akzenten, ihren Prioritäten, oder der irgendwie sonst einen Sachzusammenhang mit dem Amt hätte. Hm.
Geradezu satirisch ihre Aussage zu den Soldaten und Kollegen „die es verdient haben, dass sie sich auf uns und dass sie sich auf mich verlassen werden“. Que? Ich verdiene es, dass ich mich auf sie verlassen werde? Bitte was? Kein Fehler im Transkript. Und IBuK stellt sich in den Dienst der Untergebenen? Que? Kreislaufhierarchie? … ??? Wie kann denn mein Vorgesetzter in meinem Dienst stehen? Klingt nett, funktioniert aber nicht. Völlig anmaßend zu behaupten man stünde „im Dienst“ derer, die man ggf. in Situationen schickt aus denen sie nur liegend zurückkehren. Allenfalls steht der Hauptfeldwebel und die BM gemeinsam im Dienste der BRD, aber was sie da erzählt ist doch Augenwischerei und völlig abseits der Realität der ihr anvertrauten Verantwortung!
Und dann der Knaller: „Und so lange ich dieses Amt innehabe, solange ich dafür auch bestellt und vereidigt bin, so lange werde ich mich dieser Aufgabe auch widmen.“ Das kann man nur dreist nennen, hochtrabend von „solange ich dafür vereidigt bin“ zu sprechen OHNE überhaupt vereidigt zu sein! Welcher Kabarettist schreibt denn deren Sprechzettel?
Das werden heitere zwei Jahre. Verzeihen Sie mir die ungeschönte Sprache Herr Wiegold.
@Enoent
+1
Auch befremdlich finde ich den Satz: „wenn die Vorsitzende der größten Regierungspartei ganz deutlich mit der Übernahme des Verteidigungsministeriums auch sagt, Verteidigung, innere Sicherheit, äußere Sicherheit hat höchste Priorität für diese Partei“
Verteidigungsministerium und innere Sicherheit – man sollte vorsichtig mit solchen Äußerungen sein!
P.S.
Ja, Hubschrauberflüge zum Löschen von Waldbränden und Schneeschaufeln bei Wetterkatastrophen gehören auch indirekt zur Aufgabe (Amtshilfe), aber trotzdem gehört meiner Meinung nach in diesem Satz mit dieser Aufzählung das Wort „innere Sicherheit“ überhaupt nicht rein.
Klingt für mich wirklich eher so, als hätte sie von gesamten Verteidigungsthema null Ahnung – leider!
@Dietmar Wischmey
Die neue IBuK argumentiert im Kontext von https://de.m.wikipedia.org/wiki/Erweiterter_Sicherheitsbegriff
Stichworte: „gesellschaftliche, ökonomische, ökologische und kulturelle Bedingungen, Migration und vernetzte Sicherheit“ sind Untermenge bei Sicherheit.
Wenn Sie einerseits herausstellen „Wort innere Sicherheit“ (gehört) überhaupt nicht rein“ andererseits darstellen „vom gesamten Verteidigungsthema null Ahnung“ stellt das im o.g. Sinn von erweiterter Sicherheit einen inhaltlichen Widerspruch in Ihrer Aussage dar.
Die apodiktische Trennung bei Sicherheit von „innen vs außen“ bedeutet ein gedeihliches deutsches Alleinstellungsmerkmal bei 193 UN Mitgliedsstaaten.
Fragt sich gedeihlich für wen, doch wohl für solche Klientel, die Militär und Sicherheitsbehörden per se grundtief Misstrauen!
Wieviel Generationen brauchen wir noch bis erkannt wird, dass der „tausendjährige Missbrauch“ von Militär und Sicherheitskräften im Innern des Staates nie Bedingung der Konstruktion von Sicherheit in unserer stabilen Demokratie bleiben darf.
Staaten, die uns nach 1945 Demokratie erfolgreich verordnet haben, mit vorbildlichem Erfolg, setzen ihr Militär bei Bedarf im Innern ein, z.B. Terroranschlägen, ohne dass es in Washington-London-Paris zu Staatsstreichen kam.
Wir machen das jetzt bitte nicht an dieser Stelle zu einer Debatte über „Bundeswehreinsatz im Inneren“. Danke.
Heute hat sie sich zum Thema CO2 vor der Presse geäußert. Und das ist eben das Problem: spricht sie als Bundesvorsitzende der CDU oder als Ministerin oder an welche „Person“ richten sich die Fragen der Presse?
Zudem wird auch deutlich, daß es zu zeitlichen Konflikten – insbesondere zu Wahlkampfzeiten – kommen wird. Eigentlich sind ja beides Vollzeittätigkeiten.
@Dietmar Wischmey
„Verteidigung, innere Sicherheit, äußere Sicherheit hat höchste Priorität für diese Partei“
Das ist die die Kernaufgabe der Bundesregierung und des Staates und somit bestimmt auch die einer staatstragenden Partei. Nur in einem relativ sicheren Staat können wir in Freiheit mit Verantwortung leben.
Dass wir eine organisatorusche Trennung haben ist gut und bewährt, hat aber nichts mit ihrer Aussage zu tun.