‚Gorch Fock‘ soll bis Herbst 2020 fertig saniert werden
Die Gorch Fock soll fertig saniert werden und der Deutschen Marine in eineinhalb Jahren wieder als Segelschulschiff zur Verfügung stehen. Eine entsprechende Entscheidung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen machte das Ministerium wenige Tage nach dem Ausdocken des Rumpfes der Dreimastbark öffentlich.
teilte das Wehrressort am (heutigen) Dienstag via Twitter mit.
Die vereinbarten Kostenvorgaben beziehen sich auf die gebilligten Gesamtkosten von 135 Millionen Euro, davon 128 Millionen Sanierungskosten und Beistellungen der Bundeswehr im Wert von sieben Millionen Euro.
Die Ministerin traf die Entscheidung, nachdem am vergangenen Freitag der Rumpf des Schiffes aus dem Dock der Bredo-Werft in Bremerhaven ausgeschwommen worden war und verschiedene Tests vorgenommen wurden. Dabei sollten unter anderem externe Gutachter die Qualität der bisherigen schiffbaulichen Arbeiten bewerten.
Die Dreimastbark war 2015 zu anstehenden Überholungsarbeiten in die Werft gegangen – und in der Folgezeit waren die usprünglich angenommenen Kosten von zehn Millionen auf die jetzt 135 Millionen Euro explodiert. Nach einer internen Untersuchung des Ministeriums waren dabei Warnungen vor den massiven Kostensteigerungen übergangen worden; eine Empfehlung auf Arbeitsebene, die Sanierung abzubrechen, war für die Vorlage bei der Ministerin in ihr Gegenteil verkehrt worden.
Gleichzeitig waren die Arbeiten durch die Insolvenz der Elsflether Werft als Hauptauftragnehmer für die Sanierung erschwert worden und gerieten zeitweise ins Stocken. Darüber hinaus gibt es Korruptionsvorwürfe auch gegen zivile Mitarbeiter der Bundeswehr, in diesen Fällen ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Ungeachtet dessen haben sich im Ministerium offensichtlich die Stimmen durchgesetzt, die den Traditionssegler wieder als Wahrzeichen der Marine und auch der Bundesrepublik Deutschland auf den Weltmeeren fahren sehen wollen. Die geplante Fertigstellung bis Herbst 2020, also in maximal eineinhalb Jahren, hatte von der Leyen bereits vergangene Woche angedeutet.
(Archivbild: Gorch Fock bei der Kieler Woche 2004 – RThiele via Wikimedia Commons unter CC-BY-SA Lizenz)
Als Laie gefragt:
Was sind denn „Beistellungen der Bundeswehr“?
Wer wird denn die GF fertigstellen? Und wie viel Geld ist denn dafür noch im Topf? Nachdem die Elsflether Werft wohl deutlich zu hohe Kosten angegeben hat müßte es eigentlich preiswerter gehen.
Das Hohe Haus sollte hier transparent kommunizieren sonst assoziert der Bürger mit der GF nicht wie bisher einen Weißen Schwan sondern ein großes Bündel Euro-Scheine.
„Begriff des Umsatzsteuerrechts für das Zurverfügungstellen von Material durch den Auftraggeber an den Hersteller eines Werkes. Das beigestellte Material ist nicht Bestandteil der Leistung des Werkunternehmers, auch wenn er bei der Materialbeschaffung als Agent oder Berater mitwirkt.“
Quelle: Gabler Wirtschaftslexikon
Im konkreten Fall werden dies vor allem technische Anlagen und Ausruestungsgegenstaende sein, die bereits vorher auf der Gorch Fock installiert waren oder auf separatem Wege von der Bundeswehr beschafft wurde: Radaranlagen, Funkanlagen, Navigationssysteme, Beiboote, Rettungsinseln, …
Bei bewaffneten Schiffen ist dies ein wenig einfacher zu definieren, da zum Grossteil alle einzuruestenden Waffensysteme Beistellungen sind und oftmals fast die gleiche Summer erreichen wie die „Huelle“ selbst (vgl. F124).
#Mitleseser:
Beistellungen der Bundeswehr sind arbeiten, welche durch die Besatzung ausgeführt werden. Dazu gehören u.U. Farbarbeiten oder auch das abschleifen von bestimmten Bereichen des Bootes/ Schiffes. Es gehören aber auch Betriebsstoffen zu den Beistellungen.
Hoffe ein wenig geholfen zu haben…
@ Mariner sagt: 25.06.2019 um 15:57 Uhr
@ der taucher sagt: 25.06.2019 um 16:24 Uhr
Danke! Jetzt kann ich mir das vorstellen.
Man lasse sich das feinzisielierte Wording auf der Zunge zergehen: „Ziel ist es, …“
Nach den bisherigen Erfahrungen mit Bendlerblock-Aussendungen dieser Güte heißt das: die Verträge enthalten doch noch Schlupflöcher, und die Insolvenz der Elsflether Werft hat auch nicht gerade dazu beigetragen, dass die bisher öffentlich kommunizierten Zeit- und Kostenziele realisierbar bleiben.
Fazit: Mit Popcorn auf Wiedervorlage.
@ Mariner sagt: 25.06.2019 um 15:57 Uhr
Ja, genau so sollte es sein.
@ der taucher sagt: 25.06.2019 um 16:24 Uhr
“Beistellungen der Bundeswehr sind arbeiten, welche durch die Besatzung ausgeführt werden. Dazu gehören u.U. Farbarbeiten oder auch das abschleifen…”
Wenn die Marine sowas tatsächlich noch beabsichtigen sollte, dann ist ihr wirklich nicht zu helfen, ich hoffe inständig dass sowas nicht mehr Usus ist. Abgesehen von dem totalen Motivationskillereffekt für jeden Marinesoldaten der solche Hilfsarbeiten erbringen muss – das ist ja fast noch schlimmer als die unsägliche Wachmannschaft vor Ort – ginge die BW dann eine komplette Zwitterrolle ein und würde real eine Funktion wie ein Nachunternehmer der Werft eingehen. Mit allen offenen Toren für die Werft bei Verzögerungen etc. der BW irgendeine Mitschuld später anzudichten, weil man ja gemeinschaftlich erst den Gesamt-Werkerfolg herstellen kann.
Ganz ehrlich und von Herzen: Glückwunsch, Marine. Eine stolze Tradition wurde gerettet.
@Yeoman:
Volle Zustimmung!
Die Formulierung „Ziel ist es …“ sagt schon alles. Frau vdL hat ja beim Interwiew im Rahmen des Ausdocken auch verbal angedeutet, dass noch weitere Probleme zu meistern seien.
Ich glaube nicht, dass die angebliche Obergrenze von 135 Mio. durch „Beistellungen der Marine“ zu halten ist und auch, dass die GF schon im September 2020 die (halbe!) Crew VII/20 an Bord nehmen wird, zweifle ich stark an.
Was die Kosten angeht, wird man im BMVg wissen, wie man die wahren Zahlen kreativ für die Öffentlichkeit und den Bundestag „frisiert“.
Beistellungen kann alles mögliche sein aus Beständen der Bundeswehr oder parallel laufenden Projekten um das Schiff zu komplettieren. Vom Essbesteck zum Kompass, Sicherheitsausstattung, Schwimmwesten, Seile, Haken, Ösen, Werkzeug, Putzeimer und weiß der Teufel was …. die Arbeitsleistung der Crew wäre auch eine Beistellung. Aber das glaube ich eher nicht, wie Yeoman dazu schon ausführte! Das macht die Werft mit ihrem Personal. Ganz zu schweigen von möglicherweise auftretenden Gewährleistungsfällen, wo es dann los gehen würde wer Schuld ist …
Eine gute Nachricht zum Seefahrertag! Die Schaumweinsteuer ist gut investiert.
Es ist zum Verzweifeln.
Jetzt wird aus traditionellen Gründen ein Schiff weiter künstlich am Leben erhalten.
Und ich bin mir sicher, dass man die Nachfolge nicht regelt und auch keine Ausschreibung für einen Ersatz startet, bevor es wieder zu spät ist.
@Der Realist
Wir haben dann ja einen Quasi-Neubau, der müsste dann ja wieder ca. 35-40 Jahre halten. Von daher hat eine Nachfolgeregelung noch etwas Zeit.
Glückwunsch Deutschland – das Traumschiff kommt zurück !
Jetzt hat unsere Marine nicht nur viele neue Korvetten, Fregatten, U-Boote und Drohnen, nein auch noch Spiel – Spaß und Spannung obendrauf.
@ Pio-Fritz
Warten wir mal 2-3 Jahre ab und gucken dann, in welches Museum das Schiff ganz überraschend kommt, weil sich wieder neue (teure) Mängel ergeben.
Ich mag das Schiff sehr gerne, aber irgendwann kommt die Zeit.
Sehen wir es mal positiv:
Es gibt ein Schiff, das schwimmt und ausgedockt ist und ein Ziel, ausgegeben von vdL, das für sie selbst eh irrelevant bleibt, denn bis dahin kann sie sich um die Enkelchen kümmern, denn bis dahin hat Deutschland eh eine neue/andere Regierung….
@Landmatrose3000
Schleifen und streichen sollte die Mannschaft vielleicht nicht aber Wanten setzen/montieren, die Segel an die Rahen bringen könnte ich mir da schon eher vorstellen.
JPW sagt:“26.06.2019 um 8:51 Uhr
Eine gute Nachricht zum Seefahrertag!“
Nein. Das Loch wird immer tiefer in das Geld versenkt wird. Aber es sieht so aus, also ob das BmVg nichts anderes mehr tun kann, als Probleme durch absurden finanziellen Aufwand zu lösen. Sinnvoll wäre ien Ersatzbeschaffung schon vor Jahren gewesen. Aber Beschaffung kann man offenbar nicht mehr.
“ Die Schaumweinsteuer ist gut investiert.“
Wenn es nach deren Betrag ginge, hätten wir eine Kriegsflotte mit vergoldeten Schiffen.
Ich halte ein Segelschulschiff für wichtig und richtig, nur wäre wohl ein Neubau weit aus günstiger gewesen.
Egal, gibt für Ursel bunte Bilder, das ist was zählt.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/gorch-fock-reparatur-bundeswehr-heuert-berater-an-a-1276002.html
Sehr spannend.
Wenn die Berater ihr Geld wert sind (und vermutlich sind sie das, denn auf dem maritimen Markt sind die Margen nicht so groß, dass man ohne Sachkompetenz Geld verdienen kann ;) ), dann sollte es mit der GF II gut voran gehen.
Sehr spannend finde ich übrigens folgende Passage:
„Laut der Vorlage liegt das Budget für die Instandsetzung zwar rund ein Drittel über dem seriösen Angebot einer Firma, die für 100 Millionen Euro ein neues Segelschulschiff bauen würde. Die Beamten weisen allerdings darauf hin, dass die Bundeswehr beim Abbruch der Arbeiten die bereits investierten 80 Millionen Euro verlieren würde. Das Projekt sei technisch „beherrschbar“ und könne bis Ende 2020 abgeschlossen werden, schreiben sie.“
Damit wird klar, dass die Bw vor Entscheidung über die Fortsetzung der Sanierung auch konkrete Ersatzangebote eingeholt hat.
Ganz ehrlich, wenn es jetzt mit den 135 Mio +/- ein bißchen bis 2020 läuft, dann war es im Vergleich zu 100 Mio bei komplettem Neubau (inkl. 25 Mio Vorlage und Ausschreibung) dann vielleicht doch eine gute Entscheidung :)