Untersuchungsausschuss Berater: Begriffsdefinitionen, Notwendigkeiten und erste Zeugenanhörungsversuche

Der Untersuchungsausschuss des Bundestages zu den umstrittenen Beraterverträgen im Verteidigungsministerium und nachgeordneten Ämtern hat am (heutigen) Donnerstag mit seiner ersten öffentlichen Beweiserhebung begonnen. Zum Auftakt wurde der Inspekteur des Kommandos Cyber- und Informationsraum, Generalleutnant Ludwig Leinhos, zu grundsätzlichen Fragen von Beratungs- und Unterstützungsleistungen angehört – allerdings nicht als Zeuge, sondern als Sachverständiger. Die anschließend begonnene Zeugenvernehmung einer Ministerialrätin aus dem Bundesrechnungshof (BRH), dessen Berichte die Affäre angestoßen hatten, wurde nach den ersten Fragen wegen paraller Abstimmungen im Parlamentsplenum auf den Donnerstagabend vertagt.

Leinhos ließ in seiner Darstellung keinen Zweifel daran, dass die Bundeswehr vor allem beim Thema Informationstechnik derzeit ohne externe Unterstützung kaum handlungsfähig wäre. In bestimmten Bereichen wie einer Cloud-Infrastruktur oder dem umfassenden IT-Portfolio-Management fehlten den Streitkräften Experten, die für den eigenen Bedarf erst ausgebildet werden und deswegen vorübergehend auf dem zivilen Markt eingekauft werden müssten. Das grundsätzliche Problem würden aber auch eigene Fachleute nicht völlig beseitigen können: Wir werden immer einen Bedarf haben an Unterstützungsleistungen.

Die Bundeswehr habe jedoch inzwischen begonnen, dem Mangel an Spezialisten in der Informationstechnik zu begegnen, betonte Leinhos. So sei bisher das Fachstudium von Offizieren nicht zwingend an ihre spätere Tätigkeit in den Streitkräften gekoppelt: Da müssen wir umdenken. Auch schnellen Verwendungswechsel in den militärischen Werdegängen bedeuteten Expertiseverlust. Wir werden die Stehzeiten auch im höheren Dienst für bestimmte Bereiche verlängern müssen, ohne dass die Leute Laufbahnnachteile haben, kündigte der Inspekteur an. Eine Zeit von zwölf Monaten oder eineinhalb Jahren auf einem hoch spezialisierten Posten sei für unsere High Potentials nicht sinnvoll.

Der Generalleutnant machte vor dem Untersuchungsausschuss allerdings auch deutlich, dass er für die Frage nach exterer Beratungsleistung eigentlich der Falsche sei – in seinem Aufgabengebiet als Inspekteur eines Organisationsbereiches habe er es eher mit Unterstützungsleistungen zu tun.Und zu möglichen Regelverstößen bei der Vergabe von Aufträgen könne er schon gar nichts sagen: Wir sind ja keine Vergabestelle. Auf die Frage aus dem Ausschuss nach dem Unterschied zwischen Beratungs- und Unterstützungsleistungen zitierte Leinhos lakonisch aus der entsprechenden Dienstvorschrift.

Da die Definitionsfragen in der weiteren Ausschussarbeit (und damit auch in der Berichterstattung) noch eine Rolle spielen könnten, hier zur Dokumentation: die Zentrale Dienstvorschrift A-1670/2 Inanspruchnahme von externen Beratungs- und Unterstützungsleistungen (zu finden u.a. hier im Anhang), hält diese Definitionen bereit:

Gegenstand der externen Beratung ist eine entgeltliche Leistung,die dem Ziel dient, im Hinblick auf konkrete Entscheidungssituationen des Auftraggebers praxisorientierte Handlungsempfehlungen zu entwickeln und zu bewerten, den Entscheidungsträgern zu vermitteln und ggf. ihre Umsetzung zu begleiten.
Leistungsempfänger sind dabei Einrichtungen der unmittelbaren oder mittelbaren Bundesverwaltung sowie Einrichtungen außerhalb der Bundesverwaltung, soweit sie durch Bundesmittel institutionell gefördert werden. Leistungserbringer ist eine außerhalb dieses Bereichs tätige natürliche oder juristische Person.

im Unterschied zu:

Externe Unterstützungsleistungen im Sinne dieser Zentralen Dienstvorschrift liegen vor, wenn für unaufschiebbare Aufgaben des BMVg oder seines nachgeordneten Geschäftsbereiches Leistungen von Externen, insbesondere privatwirtschaftlichen Unternehmen, vorübergehend in Anspruch genommen werden. Diese entgeltlichen Leistungensind vom Einsatz sonstiger externer Personen zu unterscheiden. Externe Unterstützungsleistungen sind nur dann zulässig, wenn eigenes Personal nicht oder nicht rechtzeitig verfügbar ist und alle Möglichkeiten, die Aufgabe mit eigenem Personal zu erfüllen, erschöpft sind, wenn Arbeitsspitzen abgedeckt werden müssen,spezielles Know-how von Externen benötigt wird oder eigene Kräfte für Aufgaben des GB BMVg freigesetzt werden müssen für Aufgaben, die wegen ihres hoheitlichen Charakters nicht an Externe vergeben werden können.

[Hervorhebungen von mir, T.W.]

Nicht besonders weit kam der Ausschuss zunächst mit der Vernehmung der Ministerialrätin Thea Dilger, die beim Bundesrechungshof das Prüfgebiet 4.1 leitet: Die erläuterte zwar die Geschichte der Prüfung, die den Streit um das Beraterthema im Verteidigungsministerium ins Rollen brachte. Die beiden eigentlichen Prüferinnen, beide in Teilzeit, hätten aber nur die Aktenlage geprüft und bei der Untersuchung von Beraterverträgen im Wehrressort festgestellt, ob die Vergabe von solchen Aufträgen korrekt begründet wurde.

Dabei hätten sie zwar herausgefunden, dass bei 75 Prozent der entsprechenden Verträge die Begründung für die Wirtschaftlichkeit gefehlt habe, bei 55 Prozent der Bedarf nicht begründet worden sei und 30 Prozent freihändig vergeben worden seien. Das bedeute aber nicht, dass die BRH-Prüfer selbst Aussagen zu Bedarf oder Wirtschaftlichkeit machen würden, betonte die Ministerialrätin. Wir haben geprüft: Liegt eine Begründung vor? Und wenn es eine Begründung gibt und da steht ‚besteht Bedarf XY‘, dann ist es keine Bedarfsbegründung, sondern eine Bedarfsbehauptung. Solche Fälle haben wir häufiger gefunden.

Diese Ergebnisse seien auch vom Verteidigungsministerium nicht infrage gestellt worden, betonte die BRH-Mitarbeiterin. Das Ressort habe auch eingeräumt, dass diese Fehlerquote unzumutbar hoch sei. Vorschläge für das künftige Verfahren habe der Rechnungshof aber nicht gemacht: Das war nicht die Fragestellung unserer Prüfung.

Die Anhörung Dilgers und eines weiteren BRH-Mitarbeiters sollte am Donnerstagabend fortgesetzt werden.

Zwischenstand Donnerstag 23:45: Der Ausschuss hat die öffentliche Sitzung für eine Beraterungssitzung unterbrochen. Ich glaube, von mir kommt in dieser Nacht keine Aktualisierung mehr dazu.

(Foto: Der Bundestags-Untersuchungsausschusses zu Beraterverträgen im Verteidigungsministerium vor seiner ersten öffentlichen Anhörung – Felix Zahn/photothek.net )