Digitalisierung der VJTF2023: Neue Software, alte Hardware
Für die Digitalisierung der Landstreitkräfte in der nächsten vom Deutschen Heer gestellten NATO-Speerspitze setzt die Bundeswehr auf neue Software, die auf den bereits vorhandenen Funkgeräten und Computern genutzt werden soll. Anfang der Woche schrieb das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) den Auftrag für ein entsprechendes Battle Management System für die Landkomponente der Very High Readines Joint Task Force (VJTF) im Jahr 2023 aus. Das neue System soll ab Januar 2020 eingeführt werden; als Abschluss der Arbeiten wird August 2021 angegeben.
Aus dem veröffentlichten Ausschreibungstext:
Der Fokus in dieser Vergabe liegt auf der Beschaffung einer als Framework geeigneten Produktsuite, der Anbindung und Ablösung der ersten COI [Community of Interest] Specific Services, der Integration der Software auf die vorhandenen Funkgeräte- und Führungsausstattungen und der Lieferung von Beiträgen zur Serviceentwicklung MESBw [Mission Enabling Service Bundeswehr]. Die Stückzahl beläuft sich ca. auf 3 000 Instanzen. Das Framework stellt die Grundfunktionalitäten des Systems (Funkintegration, Lagebearbeitung und BFT [Blue Force Tracking]) über alle Führungsebenen sicher und ist so anzulegen, dass ein hohes Maß an Planbarkeit und Stabilität gegeben ist.
[Erläuterungen in eckigen Klammern von T.W.]
Die Zeit drängt – für den deutschen Beitrag zur NATO-Speerspitze 2023, wie im kommenden Jahr im wesentlichen der Kern einer Brigade, müssen zahlreiche Aufträge im Jahr 2019 angeschoben werden: Die Ausrüstung muss so rechtzeitig bereitstehen, dass die Truppe in der Stand-up-Phase im Jahr 2022 damit umgehen kann.
Deshalb soll auch nur der Software-Anteil des derzeit genutzten Führungsinformationssystems Heer durch ein Military Off the Shelf-Produkt, also eine bereits marktverfügbare neue Software, abgelöst werden. Durch die Hardware bedingte Einschränkungen wie die Bandbreite für die Datenübertragung werden damit nicht verändert.
Die Digitalisierung der VJTF hatte sich das Heer als Zwischenziel auf dem Weg zum Heer 4.0 im Jahr 2032 vorgemerkt; die VJTF-Brigade ist damit die erste, die vollständig mit digitalen Führungs- und Kommunikationssystemen bereit stehen soll.
Die interessante Frage wird, wie jetzt ausgeschriebene neue Battle Management System unter Beibehaltung der vorhandenen Funkgeräte- und Führungsausstattungen mit dem vor wenigen Tagen gestarteten Digitalisierungsprogramm des Heeres kompatibel sein wird. Dafür wurde ja eigens in Munster ein Versuchsverband aufgestellt:
In Munster werden die Soldatinnen und Soldaten ab sofort die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen. Sie werden dazu beitragen, nicht nur die Landstreitkräfte zukunftsfähig zu machen, sondern damit die Bundeswehr insgesamt zu stärken. „Der Testverband geht aktiv in die ‚Digitale Welt‘, um zu testen, was die neuen Produkte der Industrie tatsächlich können und wie sie das Kerngeschäft der Landstreitkräfte verändern“ sagte Generalleutnant [Jörg]Vollmer. Der Schwerpunkt des Vorhabens, mit dem das Heer auf dem Weg in die Zukunft vorangeht, liegt dabei zunächst auf der Führungsfähigkeit und der Digitalisierung in der Dimension Land.
Das bedeutet beispielsweise, dass Systeme des Heeres wie Aufklärungsdrohnen, Schützenpanzer, Artilleriesysteme und viele mehr, bis hin zum Einzelschützen, mit den Gefechtsständen und anderen Führungseinrichtungen vernetzt werden. So können Daten und Erkenntnisse der Aufklärungskräfte (Sensor) über gegnerische Ziele oder Handlungen unmittelbar an die Waffensysteme (Shooter) weitergegeben und damit eine schnelle Aktion oder Reaktion durch Waffenwirkung erzielt werden. Auch die Kommunikation wird digitalisiert. Im Zuge der Digitalisierung Land können sehr große Datenmengen viel schneller übertragen und damit detailliertere Lagebilder gewonnen werden, um eigene Operationen zielgerichtet und deutlich schneller zu führen. Ebenfalls werden eigene Führungseinrichtungen vom Gegner schwerer aufgeklärt und identifiziert werden können. Die eigenen Kräfte können deutlich besser geschützt werden.
berichtete das Heer am 6. Dezember* vom Startschuss der Digitalisierung. Und nennt dabei ausdrücklich die VJTF:
Ziel ist, dass die Möglichkeiten der Digitalisierung handfeste Früchte tragen. Ganz konkret gilt das für eine bessere Führungsfähigkeit der Speerspitze der NATO, der Very High Readiness Task Force (Land), kurz VJTF (L), bereits für das Jahr 2023.
Aus Sicht des Heeres ist die Erprobung des neuen Battle Management Systems eine der ersten Aufgaben des Versuchsverbandes:
Mit dem Testverband wird also die Digitalisierung erprobt. Das erfolgt notwendigerweise in Einzelschritten. Zunächst geht es im Kern um den Betrieb eines neuen Führungs- und Informationssystems, auch Battle Management System genannt. Das bedeutet: Jedes Gerät, jedes Fahrzeug soll mit jedem anderen verknüpft werden, sodass die militärische Führung jederzeit ein klares Lagebild besitzt. Sie weiß, welcher Panzer wo im Gelände ist und was die anderen Einheiten machen. Am Ende sollen nicht nur die deutschen Einheiten damit verbunden werden, sondern auch die, anderer Nationen. Eine Grundforderung an eine Rahmennation.
Allerdings: Bei dem Versuchsverband dürfte es nicht zuletzt darum gehen, neue Hardware und vor allem die Integration neuer Funk-, Kommunikations- und Computersysteme in die Vielzahl der verschiedenen Funktions-, Führungs- und Gefechtsfahrzeuge des Heeres zu erproben – und eben nicht nur die Nutzung neuer Software auf vorhandener Hardware. Da wird es interessant zu sehen, wie die im kommenden Jahr gefundene Lösung für die VJTF 2023 zu dauerhaften Strukturen über diese Brigade hinaus führen kann.
*Vorsorglich, da die Bundeswehr-Webseiten in absehbarer Zeit auf ein neues System umgestellt werden, die Heeres-Beiträge als pdf:
20181203_Die Umsetzung des Plans Heer beginnt
20181213_Deutsche_Landstreitkräfte_werden_digital
(Foto: Archivbild 3. November 2018: Relaisstation der Bundeswehr in Engerdal/Norwegen während der Übung Trident Juncture – Jesper Vigander Edwin/Forsvaret; Grafik: Deutsches Heer)
Okay, für mich bedeutet das überspitzt:
Wir ersetzen Windows 95 durch Windows 10 auf Hardware, die teilweise über 10 Jahre alt ist.
Ich frage mich, welche Firma das versuchen möchte. Alle anderen FüInfoSys, die ich bisher sehen konnte, wirkten deutlich hardwarehungriger als das akt. FüInfoSysH. Und die angesprochenen Mängel bspw. bei Bandbreite und dem GPS-Sender bleiben bestehen.
Aber wie (fast) immer gilt:
IV.2.1)
Zuschlagskriterien
Niedrigster Preis
Ich kann mir vorstellen was passiert, wenn der Feind das GPS-Signal stört. Diese Möglichkeit gibts es anscheinend nicht, die Russen sind zu primitiv für sowas (sarc off).
Die Truppe wird sich freuen für den neuen „Versuchsverband“ in Munster die Fahrzeugtypen zur Verfügung zu stellen. Haben ja schließlich Vollausstattung und brauchen selbst kaum Material.
@JanLPunkt
Vielleicht meldet man dann ja einmal „FAZ“ weil man eigene Übungsvorhaben nicht mehr durchführen kann? Eine realitätsnahe GefStÜb ohne GefStMat ist weniger als suboptimal.
„Train as you fight“ geht eben nur mit dem Material, mit dem man kämpft.
Äh … Moment …
@LLTr
Psssst … Ah, ja, ist SITAWARE auf den alten Rechnern überhaupt lauffähig?
Ministerin am 06.12.18 in MUNSTER zum Thema „Startschuss für das Heer in die Digitalisierung“.
Quelle: BMVg.de
„Ein weiterer Meilenstein für das Heer ist die Aufstellung des Testverbandes für das Battle Management System. … Gemeinsam mit der Industrie beginnt das Heer von heute an einen einzigartigen Testverband zur Digitalisierung aufzubauen.
Zugute kommt dies der NATO-Speerspitze, der VJTF 2023. … Durch das gemeinsame Informationssystem soll die durchgehende digitale Führungsfähigkeit der deutschen Brigade sichergestellt werden“.
Das Ziel ist klar formuliert, die Notwendigkeit des Einstiegs in die digitale Führungsfähigkeit unbestritten, es wird Zeit. Andere, durchaus kleinere europäische NATO-Partner, haben den Einstiegsprozess schon absolviert, befinden sich in der Implementierung. Will Deutschland seinem Anspruch von Anlehnungsmacht, und in dieser Rolle auch Führungsnation entsprechen, muss das Heer voranschreiten, nicht hinterherhinken. Der erforderliche finanzielle Rahmen ist gesichert.
Dazu UvdL „Der Verteidigungsetat wird das fünfte Mal in Folge steigen. Von 2018 auf 2019 allein um mehr als vier Milliarden Euro“. Mit der Steigerung um zwölf Prozent werden Forderungen der NATO an Deutschland erfüllt.
Was es unter solch günstigen Rahmenbedingungen, endlich mal, zu lästern gibt (@Alf Russen zu primitiv … @JanLPunkt Truppe wird sich freuen) leuchtet nicht ein.
Alf | 19. Dezember 2018 – 14:29
„Ich kann mir vorstellen was passiert, wenn der Feind das GPS-Signal stört. Diese Möglichkeit gibts es anscheinend nicht, die Russen sind zu primitiv für sowas (sarc off).“
Naja, dann erfreut man sich an Galileo ;)
@Thomas Melber
„Dann nutzen Sie halt Substitute“
Antwort nach ein mal FAZ, FAZ mit Begründung und FAZ mit detaillierter Begründung. Irgendwann hat man einfach keine Dragen mehr und kann es vor seinen Soldaten auch nicht mehr vertreten.
[Äh, Sie schreiben wirr. Autokorrektur ausmachen. Oder wenigstens Kommentar vor dem Abschicken noch mal lesen. T.W.]
@JanLPunkt
Falls keine Substitute zur Hand sind können Sie das ja immer noch ablauforganisatorisch lösen ^^
@KPK
Die Herausforderung ist, daß auch bei der taktischen Hardware einmal ein „refresh“ / Austausch gemacht werden sollte.
Wenn ich dass richtig verstehe wird nur von ausrüßtung einer brigade für 2013 geredet. Was ist mit dem rest vom heer? Vollaustattung für 25% der landstr.kräfte?
Man hat bei all den Digitalisierungsdiskussionen ja manchmal den Eindruck dies sei alles ganz neu. Vor 15 Jahren wurde schon sehr viel von NetOpFü geschrieben und geredet. Alles joint and combined (musste immer erwähnt werden). Dann wurde u.a. FüInfoSysH beschafft dazu noch weitere Systeme anderen milOrgBer, um dann nach der Verausgabung von mehr als einer Mrd. € festzustellen, dass man damit nicht joint and combined ist.
Aber offenbar fragt gar niemand was eigentlich in den letzten 15 Jahren gemacht wurde.
Ist ja positiv, dass es jetzt mal voran geht – aber wurde auch aus den Fehlern der letzten Anläufe gelernt?
Ein echter Lichtblick ist der Versuchsverband, da dieser endlich wieder learning by doing ermöglicht.
@Klaus-Peter Kaikowsky | 19. Dezember 2018 – 15:12
„Andere, durchaus kleinere europäische NATO-Partner, haben den Einstiegsprozess schon absolviert, befinden sich in der Implementierung.“
und
„Was es unter solch günstigen Rahmenbedingungen…zu lästern gibt… leuchtet nicht ein.“
Mir fällt da z.B. auf, dass andere scheinbar schon Systeme haben, die wir nun selbst entwickeln und hinterher mit Aufwand zu den Partnern kompatibel machen.
So wird es nix mit der vertieften europäischen Zusammenarbeit oder gar gemeinsamen Armee.
Billiger wird’s dadurch auch nicht.
@Memoria
Zustimmung. Die jetzt eingeläutete Digitalisierung hieß damals NetOpFü und war das ganz große Buzzword. Nur getan hat sich nich richtig viel. Die Funkgeräte im Heer sind mit wenigen Ausnahmen bei den Spezial- und spezialisierten Kräften immer noch die gleichen. Mit FüInfoSysh hat man dann auch nur Teile des Heeres ausgestattet und ist auf diesem Stand stehen geblieben, von Joint und Combined keine Rede. Der Testverband hieß damals Stab Feldversuch und ist damit auch nichts neues. Alles in allem bescheidene Ziele und große Ankündigungen. Kennt man ja inzwischen. Bis 2023 eine (teil-)digitalisierte Brigade. Bei Beibehaltung der bestehenden Hardware und lediglich Änderung auf der Softwareebene ist es sehr vermessen von einer digitalisierten Brigade zu sprechen.
Bis 2027 sogar eine ganze Division und dann bis 2032(!) das ganze Heer digitalisiert (Heer 4.0) Ich kann’s kaum mehr erwarten. Sind ja nur 13 Jahre. Wir haben ja mit Heer 2.0 in den vergangenen 15 Jahren schon Riesenschritte nach vorne gemacht.
Na, im Nebenstoß des Heeres ist ja für MoTaKo und MoTIV (ZZ 2) wohl aus gutem Grund keine Jahreszahl angegeben. Wenn der Angriff nicht gut synchronisiert ist?
@KPK Und Sie fragen sich allen Ernstes, warum bei all den Ankündigungen, die Sie zitieren nur gemeckert wird. Ankündigungen haben wir schon vor 15 Jahren genug gehört, die Ergebnisse sind trotz Transformation, Neuausrichtung etc. eher bescheiden.
Hier noch ein Blick in die Zukunft – aus dem Jahr 2004:
https://tinyurl.com/y9sg6ulj
Besonders intessant ist der Redeauszug von General Schneiderhan zu NetOpFü als zentrales Element der Transformation der Bundeswehr.
@KPK: Sie wollen wissen, was es zu kritisieren gibt? “Der Führer weiß, wo welcher Panzer im Gelände steht…” Genau diese Führungsphilosophie gilt es zu kritisieren. Der Tod der Auftragstaktik, Sieg der Ameisentätowierer.
Und vielleicht hat sich auch in DEU rumgesprochen, dass die völlige Vernetzung eine hässliche Schwester hat, genannt Verwundbarkeit.
Wir werden sehen, das alles schön in Munster ausprobiert wird- aber natürlich nicht unter Gesichtspunkten von Cyber- und Eloka Bedrohung. In sofern geht das mit GPS Stören schon in die richtige Richtung.
Allein das Hinzufügen von digitalen Komponenten ist halt kein Rezept für Beherrschen des elektromagnetischen Spektrums.
@KPK
Erneut kann ich ihren Optimismus nicht teilen. Auch wenn die warmen Sonntagsreden der oberen Führung verlockend und vielversprechend klingen, bis auf riesige Papiertiger kommt selten was bei rum. Ich kann hier nur Memoria und Bin_Dabei zustimmen, die Realität aus der „Schlammzone“ sieht ganz anders aus als das warmgezeichnete Bild einer besser werdenden Zukunft.
Ich sage ihnen wie es ablaufen wird: aus dem ganzen Heer werden verschiedene Waffensysteme nach Munster und zum BaainBW geschickt. Dort wird erstmal alles eingebaut und fröhlich getestet. Danach stehen die meisten Fahrzeuge nur noch unter dem Schleppdach ohne bewegt zu werden. Wie Sie wissen führt nicht Bewegung sondern längerer Stillstand zu erheblichem Verschleiß, weshalb die Fahrzeuge dann wieder instand gesetzt werden müssen. Da die HIL gefühlt von 7:40-8:15 arbeitet ist der Bock locker mal ein bis zwei Monate zusätzlich nicht verfügbar.
Dann steht überraschenderweise die VJTF wieder vor der Tür und der ewigwährende Teufelskreis des „dynamischen Verfügbarkeitsmanagements“ beginnt erneut.
In der Truppe hat man dann noch weniger Fahrzeuge als zur Zeit schon und der jetzige Klarstand ist schon erschreckend; seit geraumer Zeit erkunde ich die Stellung nämlich mit dem Tonner, weil kein Wolf verfügbar ist. Aber irgendwann, so in 10-100 Jahren wird alles besser, dann sind die jetzigen entscheidet zwar schon im Ruhestand aber was soll’s.
Jede TSK hat noch ihr eigenes FüInfoSys, darüber gibt (gab) es FüInfoSys Sk und im Heer werden parallel die Systeme der Artillerie betrieben (u.a. FüWES ADLER ).
Und wenn es dann noch bi- oder multinational wird …
NetOpFü ist nie in den notwendigen Stückzahlen beschafft worden. Gute Ansätze waren dabei. Letztendlich ist alles kaputt gespart. Das gilt für alles. Scherben aufkehren ist aktuell angesagt. Allerdings nicht mit einem Besen sondern mit der Zahnbürste. Die Kehrbleche fehlen auch noch. Die sind zwar angefordert aber die BANF hängt in SASPF wegen mangelhafter Stammdaten.
So. Jetzt nochmal ernsthaft: Es ist erstmal alles zu begrüßen was in die Richtung Erneuerung geht. Daher allen Beteiligten an dieser Herkulesaufgabe gutes gelingen und die notwendigen Haushaltsmittel ab 2020
Einige Beiträge erwähnen ein Stören des GPS-Empfangs durch Russland. Bei Manöver russischer Truppen auf Kola wurde der GPS-Empfang in Nordnorwegen(Finnmark) und Norfinnland gestört.
The Barents Observer berichtet
GPS jamming came from Kola, Defense Ministry in Norway confirms
Civilian passenger planes lost GPS signals on flights over Finnmark.
https://thebarentsobserver.com/en/security/2018/11/gps-jamming-came-kola-defense-ministry-norway-confirms
@Grashüpfer
„… dieser Herkulesaufgabe …“ Der war gut!
@Grashüpfer:
„und die notwendigen Haushaltsmittel ab 2020“
Eben da wird es wohl spannend, da der Invest im Haushalt ab 2020 nicht steigt (siehe 8. Rüstungsbericht des BMVg).
Konkret bedeutet das für die Digitalisierung der Landstreitkräfte (D-LBO) nicht genug Geld für eine Brigade vorhanden ist.
Die Ministerin kämpft ja bereits um mehr Geld, aber leider hat sie dazu in den Koalitionsverhandlungen mehr geschwiegen als klare Ansagen gemacht.
Im März 2019 beim Kabinettsbeschluss zu den Eckwerte des Haushaltes wissen wir dann mehr.
Ein paar Links:
1. Der Spiegel 2008 über die Probleme mit FüInfoSysH. Dient ein wenig der Veranschaulichung der von LLTr geschilderten Probleme mit der vorhandenen Bandbreite und entsprechenden Übertragungsgeschwindigkeiten.
–> http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-55410949.html
2. Aus einem Bericht des Bundesrechnungshofes 2007. Ob diese Vorgaben beim neuen System berücksichtigt werden?
„Der Bundesrechnungshof bekräftigt daher, dass die vorhandenen Führungsinformations-systeme erst weiterentwickelt werden sollten, nachdem das Bundesministerium die not-wendigen Vorgaben für ihre vollständige Interoperabilität und Harmonisierung festgelegt hat. Hierzu zählt neben detaillierten technischen (Systemarchitektur) und inhaltlichen (Informationsversorgung) Festlegungen auch eine Zeit- und Kostenplanung. Darüber hinaus empfiehlt er, organisatorisch sicherzustellen, dass die Bundeswehr die Vorgaben vollständig beachtet, wenn sie die vorhandenen Führungsinformationssysteme weiter-entwickelt.“
–> https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte/bemerkungen-jahresberichte/jahresberichte/1-archiv/2007/teil-ii-einzelne-pruefungsergebnisse/bundesministerium-der-verteidigung/langfassungen/2007-bemerkungen-nr-31-fuehrungsinformationssysteme-der-bundeswehr-koennen-auch-nach-sechs-jahren-entwicklung-nicht-zusammenarbeiten
3. Die Klassiker zum Thema Führungssysteme:
https://youtu.be/nYC0P_NBLZw?t=151
https://www.youtube.com/watch?v=nohGiQmOxlc&feature=youtu.be&t=277
Unabhängig von den Kommentaren, die zu Recht darauf hinweisen, dass uns hier wieder einmal uralter Wein in neuen Schläuchen verkauft wird, halte ich die Ausschreibung des BAAINBw weder für besonders zukunftsträchtig noch für besonders mutig – um es höflich zu formulieren. Mir erschließt sich nicht, wie man derart verzagt, das neu ausgerufene Groß-Thema “Digitalisierung“ angehen kann.
Wenn man meint, mit einem Framework und einem API/SDK dem vendor-lock in zu entgehen, sollte man mindestens noch einmal Nachdenken. Denn für API/SDK-Nutzung fallen typischerweise auch regelmäßig Lizenzgebühren an, wie man es von Firmen wie Oracle, SAP, Microsoft oder anderen gewohnt ist. „There ain’t no such thing as a free lunch“. Das sind deren Geschäftsmodelle!
Andererseits erkennt jeder halbwegs interessierte Beobachter der Szene, dass man in Koblenz einen klaren Favoriten hat, auch wenn man nicht explizit aufgeschrieben hat, dass der Anbieter aus der Nähe vom LEGOLAND stammen soll.
Wäre es nicht fairer, ehrlicher und ressourcenschonender für Industrie und Bundeswehr das Instrument der freihändigen Vergabe zu wählen statt eines fadenscheinigen Teilnahmewettbewerbs, der vor allem für eine umfassende Absolution der Vergabe sorgen soll? Dann hätte das Heer als Haupt-Bedarfsträger mindestens eine 50% Chance zügig führungsfähiger zu werden – oder auch nicht.
Es ist doch mehr als legitim und vergaberechtskonform, zu seinen Überzeugungen zu stehen, oder? Es ist Vorrecht und Privileg des Kunden seine Wahl am Markt zu treffen, die natürlich nicht jedem Marktteilnehmer gefallen muss. Das erfordert allerdings Entscheidungs- und Verantwortungsbereitschaf, beides Eigenschaften, die zu den bedrohten Arten in unserer bundesdeutschen Bürokratie zählen.
„So sad“, würde vielleicht der eine oder andere auf der anderen Atlantikseite twittern.
Dieses neue BMS, nur für VJTF 2023, wird nicht wirklich auf „alter“ IT-Ausstattung in den Fahrzeugen laufen, da diese regelmäßig in den Projekten regeneriert wird. Klar ist aber auch, dass mil. gehärtete IT-Ausstattung nicht mit dem Lebenszyklus eines handelsüblichen Mobiltelefons mithalten kann.
Zudem kann man auf diese Weise erst einmal die vorhandenen Schnittstellen zur Sensor-Anbindung nutzen.
Will man neue IT-Ausstattung in Fahrzeuge einrüsten, bedarf es eines längeren Vorlaufs. Von der Musterintegration bis hin zu Anspreng- u. Abstrahluntersuchungen, IT-Sicherheit etc. aber auch ggf. die Entwicklung neuer Schnittstellen zur Anbindung von Sensoren und ggf. Aktoren bis hin zur Ausbildung der Soldaten dauert eben seine Zeit.
Diesen zeitlichen Vorlauf hat man nicht für VJTF 2023 aber auch das wird in einem weiteren Projekt folgen.
Die jahrzehntelangen Einsparungen im Bereich der Bundeswehr haben eben ihren Preis, der nun durch geschickte Planung minimiert werden muss. Mit temporären Einschränkungen in der Truppe werden wir noch länger leben müssen. Es wird aber bzgl. der materiellen Ausstattung besser werden, wenn alle diesen Prozess tatkräftig und nachhaltig unterstützen.
Das ganze Drama rund um NetOpFü, gemeinsame Lagebilder (Wer erinnert sich noch an GREL?) und dergleichen lässt sich ganz einfach auf eine einzige Ursache zurückführen:
Es hat nie einen interessiert.
Oder, etwas ausführlicher: Es hat nie jemand in der Hierarchie weit genug oben stehenden genug interessiert, dass der Führungsunterstützung (schon allein der Name!) ausreichend Aufmerksamkeit gewidmet worden wäre. Denn wie wir alle wissen, ist Aufmerksamkeit eine härtere Währung als Geld – denn das folgt automatisch. Da kann man jetzt Fellgiebel zitieren, wenn man will, oder viel naheliegender einen Blick auf die letzten 15 Jahre Entwicklung in der Bundeswehr schauen, angefangen von der Scharping-Doktrin, dass die Industrie ja alles schneller, besser und billiger kann:
Die Standard-IT hat man zur BWI outgesourced, die alten Programmierzentren aufgelöst und die Reste fusioniert, dabei massenhaft Fachpersonal abgeworfen. Die TSKs betreiben unverändert Kleinstaaterei mit ihren IT-Systemen und Lagebildern, weil man dann so schön die eigenen Dienstposten schützen kann, mit niemanden reden muss und vor allem unter der gefährlichen 25-Millionen-Grenze bleibt. Das findet der Projektleiter im BAAINBw auch super, der muss dann nämlich auch mit keinem reden. Eine echte Programmleitung, die genau so etwas unterbinden müsste, existiert nur auf dem Papier und kann den Projektleitern überhaupt nichts. So laufen alle munter in die Richtung, die sie für die richtige halten, lassen parallel Funkkommunikationssysteme untersuchen und entwickeln, dabei zwei oder drei Studien zum Thema Lagebilder anfertigen, in denen immer das Gleiche steht, und befragt zum Thema Interoperabilität erst mal den Ausredenkalender, denn Gründe gibt es immer genug.
Ohne eine entsprechend ermächtigte Programmführung im BAAINBw und ohne den Willen, das ganze Vorhaben auch solide mit Geld zu hinterlegen, werden wir beim Thema Interoperabilität keinen Schritt vorwärts kommen. Für den Gegenwert einer einzigen Korvette oder eines einzigen Eurofighters könnte man da schon eine Menge erreichen – es fehlt nur der Wille dazu.
Das Bild der Relaisstelle wirft insgesamt Fragen auf….und
es symbolisiert den technologischen Stand von vor 30 Jahren.
– Vmtl. SEM 93, (fast so groß wie Bierkisten)
– vermutlich auch noch im HW / AKW Betrieb anstelle der anderen verfügbaren
Übertragungsformen
– ein Diesel-Stromerzeugeraggregat mit vmtl. mindestens 12.KW
(vmtl. der 250h Wartungsintervalle geschuldet)
– fehlendes Tarnmaterial; von der Grundtarnung angefangen bis zur Volltarnung!
– Ordnung und Sauberkeit ?
Sorry! Aber wer lässt solche Bilder zu? (Ja, ich weis, wird alles viel zu überbewertet)
Dann wird irgendeine hastige Entscheidung zur Ausrüstung getroffen die nur einen kleinen Teil der Streitkräfte betrifft. Man(n) / Frau klopft sich auf die Schulter, muss man ja nicht die Folgen in der Zukunft verantworten. Fehlerfrei ist man ohnehin.
Eine Relaisstelle einrichten und betreiben ist das eine. Das ganze jedoch zukunftssicher auszulegen das andere. Wenn ich mit verfolge wie die ganze Sache „zerredet“ wurde, technologisch bis zur Unkenntlichkeit diffundiert und zudem schnelle Lösungen „State of the Art“ abgewiegelt wurden, kann ich persönlich nur den Kopf schütteln.
Fehlende Bandbreite (zur Positionsdatenübermittlung – NMEA 0183!-per Funk) als ausschlaggebend aufzuführen ist ohnehin nur peinlich!
Ich empfehle den ganzen „Spezialisten“ einmal, sich die Entwicklung von Packet Radio aus 1985 bis heute anzuschauen.
Es geht besser, kleiner, Leistungsfähiger! Nur nicht bei uns…
@Ha-Wa | 19. Dezember 2018 – 18:43
Volltreffer +1
@Adrian Kollmann | 19. Dezember 2018 – 23:47
„Anspreng-versuche“
Nicht ihr Ernst? Alles andere sehe ich ja noch ein….aber Ansprengversuche :-o
@Memoria | 19. Dezember 2018 – 21:18
„Die Ministerin kämpft ja bereits um mehr Geld, aber leider hat sie dazu in den Koalitionsverhandlungen mehr geschwiegen als klare Ansagen gemacht. “
Zeit dazu hatte sie ja genug….zwischen den medialen Auftritten in diversen Talk-Show`s
Ich halte den jetzt vom BAAINBw gewählten Ansatz für zukunftsweisend. Ist aus meiner Sicht ein Ansatz, um die vorhandenen Probleme anzugehen:
1. Man kauft eine am Markt verfügbare Software für eine kleine Einheit. Damit hat man das zeitliche Risiko, dass man erst vieles spezifizieren und entwickeln muss, deutlich begrenzt.
2. Die kleine Einheit testet die Software im Einsatz und lernt, wie ein Battle Management System funktioniert. Dies erzeugt eine Informationsgrundlage, um die zukünftige Ausrichtung besser beurteilen zu können. Zusätzlich findet man heraus, wo es überall hardwareseitig kneift.
3. Das BAAINBw schreibt für die Bw ein Battle Management System aus.
Wenn nicht noch eine strategische Diskussion in der Bw oder eine politische Diskussion im BT dazwischen kommt, hat man bis 2027 vermutlich ein BMS in der Einführung. Ein Risiko der Vorgehensweise ist, dass wir kein deutsches BMS bekommen, sondern ein ausländisches Produkt (z.B. Frankreich oder Israel) einkaufen.
@0815
Kann Ihnen nur zustimmen.
Touristisch veranlasstes Bild, oder welchen taktischen Sinn machen zwei Vehikel in bestem Mitteleuropa-Tarn-Look mitten im norwegischen Winter.
Das Schlimme, wer ggf erstmals in derartiger Übung zurechtkommen muss, empfindet solches unbewusst als Anleitung, als Blaupause richtigen Verhaltens!
Die PiZ oder wer auch immer Freigaben erteilt, urteilt offenbar allein fototechnisch. Was dümmliche Bilder in Sachen Ausbildung, Vorbild bewirken, bleibt unberücksichtigt. Weil unwichtig, das Personal mit Urteilskraft fehlt?
Ehe das jetzt in den OT „wer hat denn dieses Bild zugelassen“ entgleitet: Das Foto stammt von den norwegischen Streitkräften; entsprechende Fragen bitte an die Redaktion in Oslo. Und nicht diesen OT hier weiter auswalzen.
@Akki | 20. Dezember 2018 – 9:31
Volltreffer! Danke…+1
Ich erlaube mir zu zitieren:
„„Die Nachrichtentruppe hat es schwer. Sie stinkt nicht, sie knallt nicht, dass es sie überhaupt gibt, merken die meisten Leute erst, wenn sie nicht mehr funktioniert.“
General Fellgiebel „Strippenpapst“
Die „klassische Fernmelderei“ hat neben dem Imageproblem aufgrund von fehlender Lobby noch ein weiteres Problem. Zerrieben zu sein, in den Führungsunterstützungs- und IT-Bataillonen OHNE Zugehörigkeit und Tradition zu Großverbänden.
AR SK
Moin,
da sind aber viele Operateure unterwegs in diesem Thread.
Losgelöst von der Frage, ob wir eher ein Softwareproblem haben (Es gibt nicht nur FüInfoSysH für das Heer!) oder nicht doch eher ein Hardwareproblem (Wie lange haben wir denn noch SEM durchhaltefähig für Brigadeäquivalente?), wird es an der Hardware sicher nicht scheitern. Moderne Software wie z.B. Sitaware ist eine Webapplikation. d.h. die Last auf dem PC ist ungleich geringer als bei älterer Software.
Aber:
1. Wann ist denn dieses neue BMS für VJTF23 verfügbar?
2. Wie lange haben die Anwender denn Zeit, ausgebildet zu werden, Erfahrung mit dem System zu machen, ihre SOP anzupassen?
Und vor allem: wir gehen ernsthaft wieder mit einer Brigade in eine NATO-Verpflichtung, die ab Kp-Ebene keinen kryptierten Sprachfunk hat? Wow!
@Rekom:
Das mit dem nicht kryptierten Sprechfunk dachte ich mir auch.
Dann sind es 20 Jahre nach der Rede des GI zu NetOpFü.
Der nun eingeschlagene Weg ist eben wieder ein „quick fix“ – nachdem man Jahre vertan hat.
Auf die SEM-Familie werden noch große Teile der Truppe noch lange zurück greifen müssen. Sogar in der VJTF-Brigade sehe ich noch keine Vollaustattung, sondern eben nur für die wirklich für die VJTF vorgesehenen Anteile (inkl. SKB, ZSan, CIR).
@Rekom
„Moderne Software wie z.B. Sitaware ist eine Webapplikation. d.h. die Last auf dem PC ist ungleich geringer als bei älterer Software.“
Die Software sollte aber auch auf dem Rocky im Boxer laufen, nicht nur im GefStNetz.
Muss/sollte die gleiche Software überall laufen oder kann man abspecken auf das, was das System vor Ort braucht und verarbeiten kann?
Mein Zugführer vor 25 Jahren in der AGA zu dem Thema, das klappt sowieso nicht!
Hmmm, VW – Dieselskandal – Softwareupdate. Das hatten wir doch schon mal.
Als Programmierer kann ich da nur darüber lachen. Man kann durchaus durch bessere Programmierung/Software Resourcen einsparen und ein System stabieler und schneller machen. Jedoch nur in einem geringen Umfang und auch nur wenn die Software „schlampig“ ist. Daher muss die Hardware immer mit der Software mitwachsen.
Entweder hat man damals Drittklasige Software auf super Hardware eingekauft oder aber man ist erneut dem „softwareupdate-Märchen“ erlegen.
@Thomas Melber und ThoDan
SitaWare und vergleichbare Produkte gibt es deswegen in verschiedenen Geschmacksrichtungen: HQ/Frontline/Edge bei SitaWare, Theatre/Battlefield/Soldier bei Taranis.
Betroffener: Ist ein Erfahrungswert. Liegt wahrscheinlich an der brutalen Effizienz von XüInfoSysH.
Melber: Ist eine Frage der Anbindung, also der Funkgeräte. Wir reden da über Dinge, die bei der Bundeswehr nicht existieren, weil man sich seit mindestens 2012 vor Entscheidungen drückt.
@LLTr
Sie wurden erhört, scheint es:
Auf der nationalen Vergabeplattform steht jetzt:
„Wirtschaftlich günstigstes Angebot in Bezug auf die Kriterien, die in den Vergabe-/Ausschreibungsunterlagen, der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder zur Verhandlung bzw. in der Beschreibung zum wettbewerblichen Dialog aufgeführt sind.“
https://www.evergabe-online.de/tenderdetails.html?id=231314
Also: nicht nur der Preis entscheidet.