Ausschuss-Sondersitzung zu BMVg-Beratern ohne Suder und Scherf
Bei der Sondersitzung des Bundestags-Verteidigungsausschusses zur umstrittenen Vergabe von Beraterverträgen im Verteidigungsministerium am (morgigen) Mittwoch werden sich weder die frühere Staatssekretärin Katrin Suder (Foto oben l.) noch ihr früherer Mitarbeiter Gundbert Scherf den Fragen der Abgeordneten stellen. Beide hätten die entsprechende Einladung abgelehnt, erfuhr Augen geradeaus! aus Auschusskreisen. Aus Sicht der Opposition wird damit die Notwendigkeit eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses drängender.
Der Ausschuss hatte auf gemeinsame Bitte der Oppositionsparteien FDP, Grüne und Linke unter anderem Suder und Scherf eingeladen, die beide inzwischen dem Wehrressort nicht mehr angehören. Mit der erneuten Sondersitzung wollen die Abgeordneten klären, inwieweit die Vergabe von millionenschweren Beraterverträgen in Ministerium und Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAInBw) gegen das Vergaberecht verstieß.
Entsprechende Kritik hatte der Bundesrechnungshof in mehreren Berichten zu diesen Beraterverträgen geäußert. Nach mehreren Medienberichten steht auch der Verdacht im Raum, dass lukrative Aufträge entgegen den Bestimmungen innerhalb von informellen Netzwerken aus Ministeriumsmitarbeitern und Beratungsfirmen vergeben wurden.
Nach Angaben der Welt, die zuerst über Suders Absage an den Ausschuss berichtet hatte, erklärte sich die frühere Rüstungsstaatssekretärin bereit, den Abgeordneten auf Fragen schriftlich zu antworten. Scherf, der frühere Beauftragte strategische Steuerung nationale und internationale Rüstungsaktivitäten im Ministerium, lehnte ebenso wie seine damalige Chefin die Einladung ab. Beide arbeiten vor ihrem Wechsel ins Ministerium für die Beratungsfirma McKinsey, die im Fokus der Kritik an der Vertragsvergabe steht.
Im Gegensatz dazu wird Ministerin Ursula von der Leyen am Mittwochvormittag vor dem Ausschuss erwartet; ebenso der frühere Abteilungsleiter Cyber- und Informationstechnik, Klaus-Hardy Mühleck, und der ehemalige Abteilungsleiter Planung, Generalleutnant Erhard Bühler sowie ein Referent aus Mühlecks früherer Abteilung.
In einer Sondersitzung kann der Ausschuss Gesprächspartner nur einladen, aber ihre Anwesenheit nicht erzwingen. Anders sähe das aus, wenn sich der Verteidigungsausschuss, wie in der Verfassung vorgesehen, als Untersuchungsausschuss selbst einsetzt.
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nahm die Absage Suders als Indiz für die Notwendigkeit eines Untersuchungsausschusses: Ihre Weigerung wird die Aufklärung der undurchsichtigen Vorgänge im Ministerium jedoch erschweren. Das Angebot, unsere Fragen schriftlich zu beantworten, kann ein ausführliches persönliches Gespräch im Verteidigungsausschuss nicht ersetzen. Die FDP-Fraktion wird nach der morgigen Sitzung beurteilen, ob ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss notwendig ist. Nach der bisherigen Blockadehaltung von Bundesverteidigungsministerin von der Leyen und nun auch von Frau Suder wird dieser unumgänglich.
(Foto: Staatsekretärin Katrin Suder, links, mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nach der Berufung im August 2014- Bundeswehr/Gubner)
Es wirft kein gutes Licht auf Frau Suder, daß sie nicht vor der Verteidigungsausschuß erscheinen will. Denn dies erweckt den Verdacht, daß sie was zu verbergen hat und leistet damit VDL einen Bärendienst.
Denn VDL steht in der Schußlinie, wurde auf dem CDU-Parteitag mit dem schlechtesten Ergebnis aller Stellvertreter nur zur stv. CDU-Bundesvorsitzenden gewählt, was ihren Stellenwert in der CDU zeigt und muß fürchten einen Untersuchungsausschuß nicht zu überleben.
Frau Merkel ist nicht mehr Parteivorsitzende, kann also VDL jetzt weniger schützen als zuvor.
Ich hoffe, es kommt ein Untersuchungsausschuß und bin dann mal gespannt, was Frau Suder dort dann für eine Figur macht. In AG wurde Frau Suder meistens positiv eingeschätzt, bin mal gespannt, ob dies dann so bleibt.
man hat sich damals viel davon versprochen, aber es war wie die Seifenblase, die schon einige andere Minister vorher waren. Damit gerät auch die Amtsinhaberin immer mehr in den Focus, denn wer die Macht inne hat, der trägt auch die Verantwortung für seine Untergebenen – leider nicht auch die „finanzielle“, eine Ruhestandsgehalt sollte vielleicht doch an die Amtsführung „gekoppelt“ sein. Das die Opposition „Interessen“ hat, ist nicht verwunderlich, denn nach der Wahl, ist vor der Wahl. Jedoch sollte man nie ausseracht lassen, „man(n)“ trägt Verantwortung.
Soweit ich mich erinnere hat die AfD bereits Ende September September einen Untersuchungsausschuß gefordert, um eine lückenlose Aufklärung der vom Bundesrechnungshof kritisierten undurchsichtigen Vergabepraxis zu gewährleisten. Angesichts der wenig hilfreichen Auftritte der Ministerin und der Verweigerungshaltung wichtiger Ex-Mitarbeiter/innen hätte man schon viel weiter sein können. Zumindest scheint jetzt diese Einsicht auch bei anderen Parteien zu reifen.
Gut, dass die beiden Abteilungsleiter nicht „krank“ sind o.Ä.. Ob dem Ausschuss die Aussagen der beiden ALs neben dem Gesamtbericht ausreichen, wird sich zeigen. Ein Untersuchungsausschuss wird m.E. die Aufklärung nicht wesentlich voranbringen. Und die Ministerin wird vermutlich auch keinen weiteren Schaden nehmen. Einzig ärgerlich ist, dass weite Teile des BMVg / BAAINBW nur noch bedingt ihrem Kernauftrag nachkommen können.
Man möchte den Akteuren fast zurufen: Bringt es endlich zu Ende. Auch kann einem die Ministerin fast schon leid tun. DIe Aufgabe, vor der sie steht/stand, ist eigentlich unlösbar.
Leider steht wie so häufig am Anfang des Scheiterns eine falsche Auswertung des Auftrags. Die Initiativen der ersten Jahre sind verpufft – weil sich die Determinanten verändert haben, was in Berlin wohl keiner so richtig wahrhaben wollte.
Wo soll denn so plötzlich eine einsatzbereite Armee auftauchen, wenn die hohen Militärs und Beamten lange Zeit alles total toll finden, von Prozessorientierung bis Outsourcing.
Es bleiben viele Fragezeichen. Ein U-Ausschuss könnte klären, wieso es überhaupt so weit kommen konnte, wie @Holzi oben so richtig schreibt, dass manche Teilorganisation nur noch Makulatur ist, ein Zerrbild ihrer selbst.
Etwas unklug har die IBUK gerade 343 Mio. EUR gefordert …
„Von der Leyen will neues Millionenbudget für Berater“
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ursula-von-der-leyen-will-neues-millionen-budget-fuer-berater-a-1243172.html
[Ich neige ja dazu, erst mal zu gucken, was sich hinter der Formulierung „Abschluss von zwei Änderungsverträgen zur 2. Leistungserweiterung im Rahmen des unbefristeten Rahmenvertrags mit der BWI GmbH über den Betrieb der Informations- und Kommunikationstechnik der Bundeswehr (HERKULES-Folgeprojekt)“ verbirgt und ob die Aussage, es handele sich dabei ausschließlich um Beraterleistungen, zutreffend ist. T.W.]
Die Abteilungsleiter und Referenten werden diese Einladung auch nur indirekt ‚angenommen‘ haben: Die Verteidigungsministerin wird da sicher nicht alleine erscheinen.
Spontan „Rücken oder Knie nehmen“ geht da sicher nicht. :-)
Nun, als positive Meldung aus der Froschperspektive: Bei Bekleidung (Stiefel, Shirts…) und Ausrüstung (Helm, Gehörschutz) geht es spürbar voran. Ob das trotz oder wegen dieser Berater kommt, schön ist es allemal.
Wenn das Ministerium durch Minister(in) und die Armee durch den Generalinspekteur und die Inspekteure der TSK sachkundig und zielgerichtet geführt werden, braucht es keine „Berater“ von außen und schon garnicht solche, die noch nie mit der Materie, über die sie entscheiden sollen, etwas zu tun hatten.
Frau Suder und Herr Scherf waren Teil einer Show, die sich am Ende – vorhersehbar- als heiße Luft erwiesen hat. Wenn man die Verwendung der Beiden im BMVg am Ergebnis mißt, dann ist die Show krachend in die Hose gegangen. Frau von der Leyen hat das Pech, dass sie nicht rechtzeitig einen neuen Posten bekommen konnte und nun den Staub, den sie publikumswirksam aufgewirbelt hat, aufs eigene Haupt zurück bekommt. Da waren Frau Suder und Herr Scherf geschickter. Die haben sich rechtzeitig nach ihrem kurzen Praktikum bei der Bundeswehr wieder in die private Wohlfühlzone gebracht.
Leidtragende sind wie bei all den politisch inszenierten Showveranstaltungen der letzten Jahre (evtl.sogar Jahrzehnte) die Steuerzahler und die Soldaten in der Truppe. Es wäre schön wenn es eine ehrliche Aufarbeitung dieser Geldverschwendung geben würde. Ob es wirklich geschieht? Warten wir ab?
Eine schriftliche Äußerung hat ein „Gschmäckle“. Muß man so arg aufpassen, was man sagt und sich ggf. dabei beraten lassen?
@all:
Wer nicht unmittelbar beteiligt ist sollte aufgrund mangelnden Wissenstandes hier nicht irgendwelche Spekulationen und/oder wilde Mutmaßungen von sich geben. IT-Oursourcing kann man nicht mit „Brötchenkauf beim Bäcker“ vergleichen.
@Stöber:
Woher wollen Sie das eigentlich wissen? ich bin mir absolut sicher das Sie bei diesen Entscheidungen nicht dabei waren. Also bitte: Zurückhaltung!
Ansonsten gilt eine alte Soldatenregel:
Erst mal 24 h darüber abwarten und schlafen bevor man Papier schwarz macht – sprich: irgendetwas zu irgendeinem Thema zu äußern weil man sich berufen fühlt obwohl man es nicht ist.
@Closius
+1000
@Matthias Hake
Sehr interessanter Ansatz! Ein solch herausragender Ministerposten, wie der des Verteidigungsministers, sollte erfolgsorientiert dotiert werden!
Warum? Weil dann die einzelnen Fachbereiche (TSK’s) nicht als Spielball des eigenen Fortkommens dienen.
@Pete
Genau. Bubblemaker.
Würde mich interessieren, wer von den externen Beraterkollegen auch nur die Grundzüge einer militärischen Ausbildung erfahren hat.
Dieses Possenspiel zu Lasten unserer Soldatinnen und Soldaten und den damit einhergehenden Missständen in Material und Organisation seit langem, findet hoffentlich bald ein Ende……
Die Bw leistet sich für Millionen Beteiligungsgremien und nützt diese Beratung von Amts wegen kaum.
Ein Fundus für Historiker in der Zukunft.
Dieses ganze „Rumeiern“ muss doch bald mal zu einem Ende gebracht werden, denn schon der Volksmund weiss: „Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende“!
Also, Untersuchungsausschuss einberufen, vollständig aufklären und dann steht am Ende doch wohl hoffentlich fest, ob man der Ministerin (oder dann doch wieder jemand anderem?) etwas vorwerfen kann und sie die Verantwortung tragen muss (oder sich doch wieder jemand anders findet?) oder ob das alles in Ordnung war und man endlich „weitermachen mit Dienst“ kann!
Da ich früher auch mal (allerdings nicht auf Bundesebene) im politischen Bereich tätig gewesen bin, kann ich menschlich durchaus nachvollziehen, dass Suder und Scherf die freundliche Einladung zum Schwätzchen im Ausschuss ausgeschlagen haben. Im Zweifel fallen nämlich viele der Informationen, die für den Ausschuss interessant wären, unter die nach Dienst fortwirkende Schweigepflicht und bloß um nix zu sagen, braucht man dann auch nicht zu kommen. Das ist für alle Beteiligten dann nur ärgerlich.
Von einer schriftlichen Beantwortung verspreche ich mir auch nicht allzu viel. Da kann man dann ausweichend, nebulös oder eben mit eingehender Beratung antworten, und das dürfte der Wahrheitsfindung im Zweifel ebenfalls nicht wirklich dienen.
Anders sähe es gegenüber einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aus. Der hat zur Aufklärung der Tatsachen im Rahmen seines Auftrags erweiterte Befugnisse und da kann man sich auch nur eingeschränkt auf die Vernehmung als Zeuge vorbereiten und muss vor Ort persönlich Rede und Antwort stehen.
Gerade weil man sehr aufpassen muss, was man sagt, ist das so ein heikles Unterfangen. Es wird ja alles, was man gesagt hat, manches was man nicht gesagt hat, und wie man etwas gesagt hat, umgehend von Parlamentariern in Kameras wiedergekäut und irgendwo auf einer Online-Nachrichtenseite und in den Zeitungen abgedruckt. Soziale Medien verbreiten das dann in Windeseile weiter.
Beispielhaft geistern ja immer wieder die absurdesten Zitate durch das Internet, was jener oder dieser Politiker zum Thema XY gesagt haben soll. Und so etwas wird auch oft unreflektiert weiter geteilt und verbreitet. Solide Recherche und Zurückhaltung sind da Fehlanzeige.
Wir leben nicht mehr in den 70ern oder 80ern. Eine Äußerung kann heute selbst bei einer falschen oder unvollständigen Wiedergabe in den Medien eine unglaubliche Wirkung entfalten. Da überlegt man sich dreimal, ob man was sagt, und wenn ja, was. Zumal, wenn man (noch) nicht muss.
Es läuft vermutlich auf einen PUA hinaus. Der wird dann aber in seiner Arbeit auch ein Stück weit politisch mit Mehrheitsentscheidungen steuerbar – vorausgesetzt die große Koalition hält auch dort und es gibt keine offenen Rechnungen.
@Pete | 11. Dezember 2018 – 21:43
„Wenn das Ministerium durch Minister(in) und die Armee durch den Generalinspekteur und die Inspekteure der TSK sachkundig und zielgerichtet geführt werden, braucht es keine „Berater“ von außen“
Sorry, aber wir sind im Jahre 2018. Die Welt ist nicht (mehr?!) so einfach, wie sich einige einreden wollen! Es gibt zahllose Fachbereiche in denen temporär oder auch mittelfristig externe Beratungs- oder Unterstützungsleistungen benötigt werden.
Die Frage ist nicht das „ob“, sondern lediglich das „wo“ und „unter welchen Vorgaben“. Und natürlich der rechtmäßigen Vergabe…
Ich hatte schon einmal geschrieben, daß es auch eine Inhouse-Beratungsgesellschaft gibt:
https://www.bwconsulting.de/
Diese sollte eigentlich erste Wahl sein und kann ggf. externe Expertise „zukaufen“.
@Koffer
„Sorry, aber wir sind im Jahre 2018…“
Das war mir bekannt. Super Argument!
„…Die Welt ist nicht (mehr?!) so einfach, wie sich einige einreden wollen!…“
1. Was genau ist denn „nicht (mehr?!)“ so einfach?
2. Nehmem Sie es mir bitte nicht persönlich übel, aber Ihre obige Zeichensetzung („nicht mehr?!)“ wo ein Ausrufezeichen und ein Fragezeichen kombiniert werden ist ein solches Beispiel von sprachlicher Unklarheit im Ausdruck, die sich auch durch viele Bundeswehrdokumnete zieht und dadurch eine künstliche Kompelxität erst generiert wo sie sachlich überhaupt nicht erforderlich wäre.
3. Meine Behauptung ist, dass es zu Zeiten des Kalten Krieges in vielen Bereichen des Verteidigungswesens erheblich komplexer war als heute. Die Strukturen und Prozesse waren jedoch klar und sinnvoll aufeinander abgestimmt. Dewegen konnten sie auch beherrscht werden.
Fazit:
1. Wenn Strukturen und Proesse nicht ohne Not so komplex gemacht worden wären, dann könnte man vielleicht punktuell Beraterbedarf benötigen, jedoch nicht in diesem Ausmaß wie es heute der Fall ist
2. Und wenn Berater, dann auch bitte nur solche, die über Sachexpertise verfügen, die in der
Bundeswehr nicht abgebildet ist.
@ Pete | 12. Dezember 2018 – 10:27
Es gibt zig Beispiele was nicht mehr so einfach ist. Sie müssen sich alleine die Anzahl der Rechtsvorschriften und sonstiger Normen und Richtlinien anschauen die in den letzten 10 Jahren Einfluss in den Bundeswehralltag gehalten haben.
Mit jeder neunen bürokratischen und rechtlichen Hürde kommen neue Prüfschritte in den militärischen Prozessablauf. Das alles macht den Alltag komplex und langwierig.
Viele dieser oder ähnlicher Hürden sind mit einem gewissen Vorlauf bereits im zivilen und wirtschaftlichen Alltag eingezogen und es wurden dort Lösungen erarbeitet um diese in die Prozesse zu integrieren ohne die eigentlichen Prozesse zu stören.
Es gibt also zwei Möglichkeiten: 1. Man holt sich Rat und erfindet das Rad nicht jedesmal neu, sondern setzt auf einer Best Practise Lösung auf und modifiziert diese maximal.
2. Man macht es selbst und beschreitet unter Umständen ein paar Sackgassen. (Und das ganze mit einem deutlich geringeren Know-How Pool als es in der restlichen Welt zur Verfügung steht um ein Problem zu lösen).
Und um diese ganze Geschichte aus dem Abstrakten in die Realität zu holen, kann man sich die „elektronische Stempelkarte“ der Bundeswehr (EU-Arbeitszeitrichtlinie) anschauen. Die Wirtschaft hat dafür seit Jahren funktionale Lösungen, was mach die BW? Sie will das Rat neu erfinden! Und welche Konsequenz hat das ganze? Drei Jahre nach Einführung sitzen die Spieße, Gezi Soldaten und Zugführer immer noch da und führen zig Listen. Diese Opportunitätskosten will aber niemand in die Rechnung aufnehmen.
In der Wirtschaft und in Verwaltungen und Organisationen spart Ihnen ein guter Berater einen Haufen Zeit und im Endeffekt ein Haufen Geld. Sie müssen nur in der Lage sein ganz genau zu bestimmen wann sie einen Rat einholen sollten und wann nicht. Und hier ist auch das Problem der Bundeswehr. Genau so wie jede andere Organisation, leidet auch die Bundeswehr an einem katastrophalen Wissensmanagement.
Im Grunde ist alles vorhanden, bloß weiß niemand wo sich das benötigte Wissen gerade befindet. Auch hier gibt es schöne Beispiele aus der Praxis. Die ganze Aufregung rund um die „Sturmhauben“ für Trident Juncture zeigen das sehr plakativ auf.
@Wa-Ge | 12. Dezember 2018 – 11:19
Natürlich haben Sie mit Ihrer Beschreibung recht. Gleichzeitig unterstützen Sie die Aussage von @Pete.
Anscheinend hat die ganze Beraterei nicht den gewünschten Effekt gebracht. Einzelne Projekte vielleicht ausgenommen.
Aber wie Sie schon schrieben, die Normen, Vorschriften etc. werden immer mehr statt weniger. Die Bürokratie nimmt überhand. Niemand scheint dagegen zu steuern.
Ihr Beispiel mit der Zeiterfassung finde ich sehr gut und plakativ. Die Lösungen gibt es schon, sie sind nur nicht flecktarnfarben.
Ein uraltes Problem der Bundeswehr, es ist nur bisher nicht so aufgefallen.
@Pio-Fritz: Mit jedem Gesetz, das für mehr Gerechtigkeit sorgen sollte, wurde bislang durch die bürokratische Mühle mehr Ungerechtigkeit geschaffen. Das gilt nicht nur für die Bundeswehr, sondern überall, wo die Bürokratie im Namen der Gerechtigkeit Einzug gehalten hat.
Ein tatsächlich funktionierendes Beschwerdewesen würde viele Regularien und Vorschriften schlicht überflüssig machen. Nicht nur bei der Bw.
@ Pio-Fritz | 12. Dezember 2018 – 12:33
„Anscheinend hat die ganze Beraterei nicht den gewünschten Effekt gebracht. Einzelne Projekte vielleicht ausgenommen.“
Sie lesen bitte den Teil in meinem vorherigen Beitrag: „Sie müssen nur in der Lage sein ganz genau zu bestimmen wann sie einen Rat einholen sollten und wann nicht. Und hier ist auch das Problem der Bundeswehr.“
Die These ist, dass nicht die Summen das Problem sind, die für die Beratung ausgegeben werden, sondern das „wofür“ das Problem ist.
Andererseits muss man sich auch tatsächlich die Frage stellen, ob die „interne“ Beratung durch die eigenen Angehörigen in der Bundeswehr überhaupt noch funktioniert. Sprich wer welchem Soldaten oder Beamten kann man heute noch tatsächlich zutrauen, dass er einem die „Wahrheit“ sagt und bei wem muss man befürchten, dass er eine eigene Agenda verfolgt und unter Umständen einem nur das sagt was man hören will und nicht das was man hören muss.
In Betrieben ist das übrigens sehr oft der Grund für externe Berater, selbst wenn die Kompetenz im eigenen Hause vorhanden ist.
@Pete „Wenn das Ministerium durch Minister(in) und die Armee durch den Generalinspekteur und die Inspekteure der TSK sachkundig und zielgerichtet geführt werden, braucht es keine „Berater“ von außen“
Genau. Die Probleme sind alle erst durch die Berater entstanden. Solange Ministerium und Armee durch GI+Minister geführt wurde, war alles in bester Ordnung.
@WaGe
1. „…Es gibt zig Beispiele was nicht mehr so einfach ist. Sie müssen sich alleine die Anzahl der Rechtsvorschriften und sonstiger Normen und Richtlinien anschauen die in den letzten 10 Jahren Einfluss in den Bundeswehralltag gehalten haben…“
Und ganz viele von diesen Vorschriften, Normen und Richtlinien sind völlig überflüssigerweise in die Bundeswehr von der politischen und militärischen Führung ohne Erfordernis in die Bundeswehr eingeführt worden.
2. „…Viele dieser oder ähnlicher Hürden sind mit einem gewissen Vorlauf bereits im zivilen und wirtschaftlichen Alltag eingezogen und es wurden dort Lösungen erarbeitet…“
Stimmt! Die haben, mit häufig erheblich weniger Personal in Stäben und Behörden, ihre Hausaufgaben gemacht. Die Bundeswehr nicht!
3. „…kann man sich die „elektronische Stempelkarte“ der Bundeswehr (EU-Arbeitszeitrichtlinie) anschauen. Die Wirtschaft hat dafür seit Jahren funktionale Lösungen, was mach die BW? Sie will das Rat neu erfinden!…“
Es ist nicht gottgegeben, dass die politische und militärische Bundeswehrführung alles so kompliziert macht, dass sie am Ende selbst nicht mehr weiß, was sie angerichtet hat. Das ist einfach schlechte „Performance“. Es werden offensichtlich die falschen Entscheider für Spitzenfunktionen ausgewählt.
Dieses Beispiel, was Sie oben genannt haben, ist auch in ganz vielen europäischen Armeen KEIN Problem. Komisch, oder? Die brauchen dort auch keine Berater um dieses angebliche „Problem“ zu lösen, denn sie haben es erst garnicht geschaffen!
Vielleicht wird die Bundeswehr seit Jahrzehnten auch einfach nur zu bürokratisch und nicht mehr am Auftrag orientiert geführt und schafft sich so ihre Probleme selbst. Dann bekommt man dieses Ergebnis. Da helfen auch keine Berater.
Berater können eine wichtige Rolle im Internen Prozess spielen. Flapsig gesagt, dienen Berater aber manchmal auch dazu, festzustellen, was die Führungsebene längst weiß und konkrete Maßnahmen zu definieren, die dann umgesetzt werden können. Und wenn der Zwergenaufstand losbricht, kann man die bösen Berater vorschieben, man selbst tut zwar das, was man auch so hätte tun wollen und können, wäre dann aber in einer schlechteren Position, die Legitimität der vorgenommenen Änderungen zu erläutern.
Das funktioniert vor allem in der zivilen Wirtschaft häufig so, wo die Unternehmenspolitik gegenüber dem Betriebsrat und den Gewerkschaften legitimiert werden muss. Da reicht es mitunter nicht mehr aus, wenn der Vorstand die Schrift an der Wand lesen kann. Da muss dann erst PWC oder Deloitte kommen, um es den Beschäftigten nochmal deutlich drunterzuschreiben. Das kostet zwar Geld, kann aber Probleme lösen helfen.
In der Exekutivverwaltung ist so etwas tödlich. Da muss ich eigentlich erwarten, dass die politische Führung eine klare Vorstellung hat, was benötigt wird, um welche Aufgaben zu erfüllen. Schon gar bei der Bw. Dafür unterhält sich das BMVg eine Vielzahl von Beamten und Soldaten, die die Führung diesbezüglich beraten sollen, um Entscheidungen zu treffen und sauber umzusetzen. Wenn eine Verwaltung Beratung benötigt, hat sie entweder ihr eigenes Unvermögen attestiert oder die politische Führung hat Angst vor eigenen Entscheidungen und versteckt sich deshalb hinter Beratern, Kommissionen und Gremien.
Abgesehen davon, dass das eh‘ so nicht funktioniert – die politische Verantwortung bleibt trotzdem beim Minister – ist das ein zunehmend schlechter Regierungsstil.
Die Bundewehr wird inzwischen von Akademikern mit ausschließlich wirtschaftl. ziv. Bildung geführt. Militärische Bewirtschaftung, auf Schlagkraft ausgerichtet wird kaum akademisch gelehrt.
Die Hauptursache für für den katastrophalen Zustand ist in der Neuausrichtung zu finden.
Gestaltet von wenigen Generalen und Politikern ohne Aufgabenkritik und Beratung durch die Dienststellenleiter und Beteiligungsgremien.
Verantwortlich sind die Verantwortlichen welche die entsprechenden Entscheidungen getroffen hatten, ganz vorne TdM und Frau Suder mit eimschl Gegenüber oder für was haben dies ihr Held bekommen?
@Wa-Ge | 12. Dezember 2018 – 11:19
Die beschriebenen 2 Möglichkeiten wurden im Bereich der Bw offenbar zu einer zusammengefasst:
Man holt sich Rat, aber von Leuten, die das Rad selbst neu erfinden müssen und dabei natürlich in Sackgassen geraten.
Ich nehme an, Sie haben gemeint, dass die best practice „höchstens“ modifiziert werden sollte. Die Frage ist, wer hat die best practice Lösung und passt sie auf die Bw oder ist es erforderlich sie maximal zu ändern, was bleibt dann davon über?
Führungskräfte müssen über Führungswissen verfügen. Das gewinnt man nicht bei Verkäufern, die wollen verkaufen, nicht informieren.
Traurige Beispiele für Führungsversagen sind für mich Life Cycle Kosten, Logistic Support Analysis, Prädiktive Materialerhaltung.
Zimdarsen | 13. Dezember 2018 – 8:58
…….ohne Aufgabenkritik und Beratung durch die Dienststellenleiter und Beteiligungsgremien.
Da kenne ich aber auch andere Fakten. Dienststellenleitung, StOÄ und Beteiligungsgremien haben einige Papiere beschrieben oder persönlich und unmittelbar beraten. Grundsätzlich wahrscheinlich aber zu wenige.
@Don Quijote
„Da kenne ich aber auch andere Fakten. Dienststellenleitung, StOÄ und Beteiligungsgremien haben einige Papiere beschrieben oder persönlich und unmittelbar beraten. Grundsätzlich wahrscheinlich aber zu wenige.“
Den Beteiligungsvorgang vor Verkündung der Neuausrichtung zu Selbigen möchte ich sehen!
Beteiligen heißt nicht von der Entscheidung informiert zu werden, sondern in in der Vorbereitung der Entscheidung eingebunden zu sein und zwar unabhängig ob man mitbestimmen kann oder nicht.
Vieles ist evtl im Nachgang geschehen, aber da war es für die meisten Vorgänge zu spät.
@Zimdarsen
In dieser Konsequenz, haben Sie natürlich Recht. Habe es zu oberflächlich interpretiert. Auch wenn es während der Neuausrichtung noch Korrekturen gab. Und die gab es nach Intervention genannter Beteiligter.
@Pete, Moth:
Der Vorwurf keine militärische Grundausbildung absolviert zu haben ist emotional vielleicht irgendwie zu rechtfertigen („die sind keine von uns“), führt aber am Thema vorbei. Aufgabe von Suder und co war es nicht ein Infanteriezug im Gefecht zu führen sondern im Bereich Beschaffung aufzuräumen, und dafur ist es sowohl vollkommen irrelevant ein MG3 bedienen zu können oder einen militärischen Habitus zu haben, weil dort Juristen, Wirtschaftsvertreter, Manager, Politiker miteinander verhandeln und da keine Panzergrenadiere herumsitzen die man irgendwie beeindrucken müsste.
@einige andere:
Es geht hier nicht um die inhaltliche Arbeit von Suder und co („Seifenblase“, „aufgewirbelter Staub“ erc), sondern um rechtliche Fragen im.Bereich von Vergabeverfahren der Beraterverträge. Wer das verwechselt und nicht differenziert und in ein eindimensionales Gut/Böse-Schema einordnet („die Stimmung kippt“), greift hier deutlich zu kurz. Inhaltlich ist sehr viel positives passiert unter den genannten Namen, mehr dazu in älteren Beiträgen hier im Blog.
Herr Scherf war vor seiner Anstellung bei McKinsey und ist auch wieder bei McKinsey als Partner im Public Sector https://www.mckinsey.com/our-people/gundbert-scherf/de-de