Berater, Berater, Berater

Die Frage, ob das Verteidigungsministerium in den vergangenen Jahren bei der Vergabe von Aufträgen an Beratungsfirmen sauber gearbeitet hat, bleibt offensichtlich weiterhin unbeantwortet – im Gegenteil, fast im Tagesrhythmus wecken neue Medienberichte Zweifel an der Vergabepraxis für Beratungs- und Untrstützungsleistungen. Daran hat auch wenig geändert, dass das Ministerium in der zurückliegenden Woche erneut versuchte, die Bundestagsabgeordneten von der Notwendigkeit der erteilten Aufträge zu überzeugen – und zusicherte, alle diese Fälle würden geprüft.

Am Wochenende rückte eine immer wieder genannte Beratungsfirma erneut in den Mittelpunkt: Das Unternehmen McKinsey, für das unter anderem die frühere Rüstungs-Staatssekretärin Katrin Suder vor ihrem Wechsel ins Wehrressort tätig war.Zwar zeigten Ministerin Ursula von der Leyen und ihre Mitarbeiter den Abgeordneten in der vergangenen Woche zahlreiche Grafiken, die belegen sollen, dass Beratungs- und Unterstützungsverträge nur einen kleinen Teil der Gesamtaus- und Aufgaben der Beschaffung im Bereich der Bundeswehr ausmachen. Und verwiesen auf die komplizierte juristische Lage gerade bei den großen Rüstungsprojekten.

Doch die Zweifel an einer sauberen Vergabepraxis haben wenig mit dem Anteil solcher Leistungen am Gesamthaushalt zu tun – sondern mit Details der Auftragsvergaben.

So hatte tagessschau.de zum Beispiel am (gestrigen) Freitag von einer vom Ministerium mitgeteilten, nun, Unschärfe berichtet, die zwar nicht unbedingt ein Fehler im Vergabeverfahren ist – aber das Kontrollrecht des Parlaments ausgehebelt haben könnte. Es geht dabei um die für Informationstechnik zuständige Bundeswehr-Tochterfirma BWI:

Das Unternehmen fungiert als IT-Dienstleister für die Streitkräfte und hat eine Rahmenvereinbarung über 390 Millionen Euro für Beraterverträge eingerichtet. Damit sollte die Vergabe solcher Verträge über eine Laufzeit von vier Jahren erleichtert werden. (…) Doch der Aufsichtsrat des Unternehmens wusste davon nichts. Ein gravierender Fehler, denn eigentlich ist dessen Beteiligung vorgeschrieben. Der Aufsichtsrat wurde laut Verteidigungsministerium erst Mitte Dezember 2017 über den Rahmenvertrag informiert. Vergaberechtsverstöße seien allerdings keine festgestellt worden. Aber womöglich hätte auch der Haushaltsausschuss des Bundestages bei so einem hohen Vertragsvolumen eingebunden werden müssen.

Mit dem, was der Spiegel am (heutigen) Samstag berichtet (bislang ohne Online-Fassung), rückt wiederum eine Vergabepraxis in den Mittelpunkt, die das McKinsey begünstigt haben soll: Das Beratungsunternehmen war nach Angaben des Blattes in etlichen Fällen nicht direkter Auftragnehmer – sondern wurde ohne weitere Ausschreibung von anderen Firmen als Subunternehmer ins Boot geholt. Insgesamt habe McKinsey seit 2014 rund zehn Millionen Euro an Beratungshonoraren aus dem Verteidigungsministerium kassiert.

Der Spiegel nennt an erster Stelle das Projekt des Mehrzweckkampfschiffes 180 (MKS180), das sich unter anderem durch eine europaweite Ausschreibung seit Jahren hinzieht. McKinsey sei daran ohne jede Ausschreibung beteiligt worden:

Nachdem von der Leyen im Juni 2015 den Kauf der Schiffe verkündet hatte, wurde im zuständigen Wehrbeschaffungsamt der Bundeswehr in Koblenz ein neues Team zusammengestellt. (…) Den Auftrag für die juristische Beratung vergab das Wehrbeschaffungsamt am 7. September freihändig an die Rechtsanwaltskanzlei Beiten Burkhardt. Als der Zuschlag bereits erteilt war, engagierten die Juristen noch McKinsey als Subunternehmer.

Das Ministerium habe zugesichert, dass die Vergabe rechtskonform gewesen sei, heißt es im Spiegel. Dennoch werde der Vorgang erneut überprüft. Allerdings, so berichtet das Blatt, habe es weitere Fälle dieser Art gegeben:

• Im Jahr 2015 suchte das Ministerium einen Berater für die maroden Beteiligungsgesellschaften der Bundeswehr. (…) Das Ministerium beauftragte zunächst eine andere Beratungsfirma, die heute unter dem Namen „Partnerschaft Deutschand“ (PD) firmiert. Diese holte McKinsey ins Projekt.

• Ähnlich lief es bei der Reform des Wehrbeschaffungsamtes ab (…) Da für eine Ausschreibung wohl keine Zeit war, wurde wieder „Partnerschaft Deutschland“ beauftragt. (…) Bei PD wiederum, so jedenfalls die offizielle Lesart, hielt man innerhalben von wenigen Wochen „einen vergaberechtskonformen Mini-Wettbewerb“ ab und ernmittelte „den qualitativ besten Bewerber“. Wieder einmal kam McKinsey zum Zuge.

• Auf Nachfrage gab das Ministerium am Donnerstag einen weiteren Fall zu. Der Rüstungsdienstleister IABG habe McKinsey zwischen 2016 und 2018 bei einem Hubschrauberprojekt („Task Force Drehflügler“) einen Unterauftrag verschafft. Das Volumen sei Betriebsgeheimnis.

Das mag alles erklärbar sein. Für die Abgeordneten und vor allem für die Haushälter der Opposition, die nach eigenen Angaben viele dieser Details nicht erfuhren, dürfte das neue Zweifel daran wecken, dass alle diese Verträge nach den geltenden Regeln geschlossen wurden. Dass es einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss dazu geben könnte, scheint weiterhin möglich.

(Foto: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Gespräch mit einem norwegischen Soldaten bei der Übung Trident Juncture 2018 im Camp Rødsmoen bei Rena in Norwegen; rechts VJTF-Kommandeur Brigadegeneral Ullrich Spannuth und der norwegische Verteidigungsminister Frank Bakke-Jensen)