Erlass zu Parlamentskontakten für BMVg-Mitarbeiter: Schadensbegrenzung vom Ministerium

Nachdem ein Bericht der Welt (online am Samstag, heute in der Welt am Sonntag) über eine erneute Anweisung an die Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums zum Kontakt mit Parlamentariern zu Protest – vor allem, aber nicht nur – bei Oppositionsabgeordneten führte, ist das Ministerium um Schadensbegrenzung bemüht. Der Leitungsstab des Wehrressorts schickte noch am Sonntag ein Schreiben an die Obleute der Fraktionen im Bundestags-Verteidigungsausschuss und an die zuständigen Haushälter. Kernaussage: Das Ministerium wolle nicht die gängige Praxis des Austausches zwischen Abgeordneten und Angehörigen der Bundeswehr ändern, sondern sie lediglich besser koordinieren.

Das Schreiben, wie es Augen geradeaus! vorliegt, im Wortlaut:

In der WamS wird heute eine interne Email der Referatsleiterin ParlKab [Parlaments- und Kabinettsreferat, T.W.] zitiert und in Zusammenhang mit der notwendigen Aufklärung strittiger Beratungs- und Unterstützungsleistungen gesetzt. Dieser Zusammenhang ist in jeder Hinsicht falsch. Das BMVg steht vollumfänglich zu seiner Zusage gegenüber den zuständigen Ausschüssen, bei der Aufklärung der vom Bundesrechnungshof monierten Vertragsabrufe eng mit den Abgeordneten zusammenarbeiten und alle bei der Recherche zutage geförderten Informationen im Zuge der Bewertung für den Rechnungshof auch umfassend und zeitnah mit dem Parlament zu teilen. Entgegen der Darstellung in der Presse ist es nicht die Absicht der Hausleitung des Bundesministeriums der Verteidigung die gängige Praxis des Austausches zwischen Abgeordneten und Angehörigen der Bundeswehr zu ändern. Um dieser Kommunikations- und Koordinierungsrolle vollumfänglich gerecht werden zu können, wurde der nachgeordnete Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung einbezogen. Diesbezüglich wurde jedoch lediglich gebeten, ParlKab in Kenntnis zu setzen.
Zum Hintergrund der internen Mail:
Nach Geschäftsordnung des BMVg hat das ParlKab Referat die Aufgabe, die Kommunikation in den parlamentarischen Raum zu koordinieren. In den vergangenen Wochen ist es mehrfach vorgekommen, dass interne Stellen des BMVg das ParlKab Referat unter neuer Führung nicht über gewünschte oder beabsichtigte Präsenzen von Personen aus dem Geschäftsbereich des BMVg in parlamentarischen Formaten in Kenntnis gesetzt haben. Zugleich soll eine (in der Vergangenheit mehrfach von Ausschüssen gerügte) Überpräsenz von Mitarbeitern des Hauses vermieden werden. Es gehört zu ihren Pflichten, die Präsenz von Fachleuten und Mitarbeitern des BMVg in den unterschiedlichsten parlamentarischen Formaten so zu koordinieren, dass angemeldete Themen in Ausschüssen und AGs seitens des BMVg sachgerecht vorbereitet und in der gewünschten Tiefe beantwortet werden können (zB ggfs durch Anwesenheit von Mitarbeitern der Ämter).
Das hat die neue Referatsleiterin, eine herausragend qualifizierte Beamtin, veranlasst, eine Rundmail mit Verweis auf die bestehende Geschäftsordnung des BMVg zu schreiben, um nochmals auf die Notwendigkeit ihrer Beteiligung und Koordinationsrolle hinzuweisen. Der Text der Mail lautet:
„Gem. GO BMVg ist für die Teilnahme eines Angehörigen des Ministeriums an einem Gespräch/Vortrag dienstlichen Inhalts mit/bei Abgeordneten bzw. mit/bei einem parlamentarischen Gremium grundsätzlich die Zustimmung des zuständigen Staatssekretärs durch ParlKab herbeizuführen. Diese Verpflichtung besteht nicht, wenn der Angehörige im Rahmen seines Aufgabenbereichs beauftragt ist, das BMVg in dem parlamentarischen Gremium zu vertreten.
Ich bitte daher, Gesprächsbitten bzw. Vortragsanfragen aus dem parlamentarischen Raum, die nicht kraft Aufgabenübertragung wahrzunehmen sind, an ParlKab zu übermitteln.
Zudem bitte ich die zuständige Abteilungsleiterin/ die zuständigen Abteilungsleiter bzw. Büroleiter GenInspBw vergleichbare Anfragen hinsichtlich der nachgeordneten Dienststellen/Ämter ebenfalls an ParlKab zur Kenntnis zu bringen.“
Dies tat Sie in eigener Zuständigkeit ohne vorherige Abstimmung mit der Hausleitung. Diese Mail steht in keinerlei Zusammenhang mit der notwendigen Aufklärung von strittigen Beratungsleistungen. Auch gibt es aus Sicht Hausleitung des Bundesministeriums der Verteidigung weder Grund noch Absicht an der bewährten geltenden Praxis im Austausch mit dem Parlament sowie den Abgeordneten und Angehörigen der Bundeswehr irgendetwas zu ändern. Dies war auch nicht die Intension der Mail.
Wir bedauern, wenn das BMVg durch diese interne Mail, die an die Presse gelangte, dennoch zu Missverständnissen beigetragen hat.

Dieses Schreiben dürfte durch die auch öffentlichen Reaktionen der Abgeordneten befeuert worden sein. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, der SPD-Abgeordnete Wolfgang Hellmich, hatte von Brandschutzmauern, die da hochgezogen werden sollen gesprochen. Und die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann brachte angesichts der bekannt gewordenen Weisung erneut einen Untersuchungsausschuss zu den Beraterverträgen ins Gespräch:

Sollte die Berichterstattung zutreffen, dass Bundesverteidigungsministerin von der Leyen genau in dem Moment, in dem die Abgeordneten des Deutschen Bundestags Offenheit und Transparenz zu den Beraterverträgen der Bundeswehr forderten, ihren Beamten und den Soldaten ein Sprechverbot erteilen wollte, zeigt dies klar: von der Leyens Versprechen nach Transparenz scheinen lediglich Lippenbekenntnisse zu sein. (…) Wenn die Bundesverteidigungsministerin allerdings weiterhin verstecken spielt, statt für Transparenz zu sorgen, wird über einen Untersuchungsausschuss zu sprechen sein.