Nach dem Brexit: Britischer Anlauf für eigenes Future Combat Air System

Beim Vergleich der militärischen Stärke zwischen den USA und den europäischen NATO-Mitgliedern heben Politiker gerne einen Grund für das schlechte Abschneiden Europas hervor: Die große Zahl unterschiedlicher Waffensysteme für den gleichen Einsatzzweck in den USA und den europäischen Streitkräften senke die Effizienz und damit auch die Schlagkraft.

Nun, das wird wohl so weiter gehen. Großbritannien veröffentlichte am (heutigen) Montag auf der Farnborough International Air Show nicht nur seine neue nationale militärische Luftfahrtstrategie. Sondern kündigte auch an, das Land werde ein eigenes Programm zur Entwicklung des Kampfflugzeugs der nächsten Generation starten, ein Programm mit dem Namen Tempest (Sturm), und stellte in Farnborough ein Mock-up vor:

The Strategy … reinforces the commitment in the 2015 Strategic Defence and Security Review to deliver the Future Combat Air System Technology Initiative (FCAS TI). The Government, in partnership with industry, is taking steps to grow existing world-leading design engineering capacity and skills, ensuring that the UK continues to be at the cutting edge of combat air technology.
The concept aircraft has been put together by British firms including BAE Systems, Leonardo, MBDA and Rolls-Royce, which have joined together with the RAF Rapid Capabilities Office to form ‘Team Tempest’ to pursue the opportunity.
Team Tempest brings together the UK’s world leading industry and sovereign capabilities across future combat air’s four key technology areas: advanced combat air systems and integration (BAE Systems); advanced power and propulsion systems (Rolls-Royce); advanced sensors, electronics and avionics (Leonardo) and advanced weapon systems (MBDA).
The MOD will now set up a dedicated team to deliver the combat air acquisition programme. They will deliver a business case by the end of the year, and have initial conclusions on international partners by next summer – with engagement with potential partners beginning immediately.
Early decisions around how to acquire the capability will be confirmed by the end of 2020, before final investment decisions are made by 2025. The aim is then for a next generation platform to have operational capability by 2035.

Das Programm für die Entwicklung des Kampfflugzeugs der nächsten Generation ist zunächst mal eine britische Angelegenheit; allerdings gab es bereits Hinweise darauf, dass die britischen Unternehmen dabei mit der schwedischen Firma Saab zusammen gehen will, die die Gripen-Kampfjets herstellt. Ein entsprechender Bericht der Financial Times Anfang dieses Monats wurde bislang nicht bestätigt, aber auch nicht dementiert.

Die britische Vorstellung des eigenen Projekts folgt auf die Ankündigung eines französisch-deutschen Zusammengehens bei der Entwicklung des künftigen Kampfflugsystems, das in mehr als einem Jahrzehnt den Eurofighter ablösen soll. Das französische Unternehmen Dassault und Airbus hatten im April am Rande der ILA in Berlin die Zusammenarbeit beim Projekt eines Future Combat Air Systems (FCAS) angekündigt. (Dass die Briten ihr Projekt auch so nennen, mit dem Zusatz Technology Initiative, ist sicherlich Zufall.)

Damit geht Großbritannien nach dem Brexit auch ungeachtet der Bestrebungen, in der Sicherheitspolitik weiter eng mit Europa zusammenzuarbeiten, einen eigenen Weg. Allerdings ist ja auch nicht auszuschließen, dass es langfristig dennoch mit einer Kooperation zwischen dem britischen und dem kontinentaleuropäischen Projekt geben wird – beide haben ja angekündigt, für die Zusammenarbeit mit anderen Nationen offen zu sein.

Die neue britische militärische Luftfahrtstrategie gibt es hier zum Nachlesen und hier in Kurzform.

(Foto: UK Defence Secretary Gavin Williamson announcing the new, national Combat Air Strategy at Farnborough International Air Show, 16.07.2018 – Andrew Linnett/MOD/Crown Copyright under MOD News License)