Europäische Interventionsinitiative: Deutschland tritt Macrons Idee bei (Neufassung, mit LoI)

Am Rande des Treffens der Außen- und Verteidigungsminister der EU haben die Chefs der Wehrressorts aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Portugal und Spanien am (heutigen) Montag in Brüssel Luxemburg die Absichtserklärung für eine Europäische Interventionsinitiative unterzeichnet. Das hatte sich ja eine Weile verzögert, formal aus dem Grund, dass in Spanien eine neue Regierung abgewartet werden musste. Die Unterzeichnung teilte das deutsche Ministerium (zunächst) nur recht kurz in einem Satz auf seiner Webseite mit.

Diese Absicht, eine gemeinsame strategische Kultur zu erreichen und bis zum Beginn des kommenden Jahrzehnts (das ist in zwei Jahren!) eine gemeinsame Interventionsstreitmacht (so die Formulierung in der ursprünglichen Idee des französischen Präsidenten Emmanuel Macron; die genaue Bedeutung dürfte auch noch Definitionssache sein) zu schaffen, ist aus mindestens zwei Gründen bedeutsam: Zum einen läuft sie außerhalb der EU-Strukturen und erlaubt damit die Mitarbeit Großbritanniens, das ja bald nicht mehr EU-Mitglied sein wird (und übrigens auch Dänemarks, das als EU-Mitglied die gemeinsamen Verteidigungsbemühungen der Union nicht mitmacht).

Und zum anderen lässt sich damit Deutschland nicht nur auf den hierzulande verpönten Begriff Intervention ein, sondern akzeptiert auch vorsichtig, dass es europäische Verteidigungsanstrengungen eben außerhalb der EU-Mechanismen im Verteidigungsbereich, der so genannten ständigen strukturierten Zusammenarbeit (nach dem englischen Begriff PESCO genannt) geben wird.

Die Absichtserklärung, der Letter of Intent, ist allerdings so gefasst, dass zunächst jeder beteiligte Staat seine Interpretation einbringen kann:

EI2 is a flexible, non-binding forum of European participating states which are able and willing to engage their military capabilities and forces when and where necessary to protect European security interests, without prejudice to the chosen institutional framework (the EU, NATO, the UN or ad hoc coalitions).
The ultimate objective of EI2 is to develop a shared strategic culture, which will enhance our ability, as European states, to carry out military missions and operations under the framework of the EU, NATO, the UN and/or ad hoc coalition. Intensifying and deepening contacts between EI2 participating states will facilitate future military engagements, which remain fully subject to sovereign national decisions in accordance with each state’s respective constitutional processes.
In particular, EI2 will enable better links and closer cooperation between the armed forces of European states that are willing and able to carry out international military missions and operations, throughout the spectrum of crises.

Die komplette Absichtserklärung hier:
LETTER OF INTENT CONCERNING THE DEVELOPMENT OF THE EUROPEAN INTERVENTION INITIATIVE (EI2)

Aus deutscher Sicht ist dieses non-binding forum eng verbunden mit der europäischen Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte noch Anfang Juni den engen Zusammenhang dieser Interventionsinititiave mit PESCO betont:

Die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit im EU-Rahmen und eine gemeinsame militärstrategische Kultur in Europa gehören für mich daher eng zusammen. Wir können ja eine solche Initiative für ein Land wie Großbritannien zusätzlich öffnen.

Und in der gemeinsamen Erklärung nach dem deutsch-französischen Ministerrat in Meseberg am 19. Juni dieses Jahres heißt es dazu:

Im Lichte dessen haben Frankreich und Deutschland heute in Meseberg beschlossen: (…)
– zu unterstreichen, wie wichtig es ist, die Herausbildung einer gemeinsamen strategischen Kultur durch die Europäische Interventionsinitiative weiterzuentwickeln, die so eng wie möglich mit der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit verknüpft wird.

Die Initiative hatte Macron in seiner Sorbonne-Rede im September vergangenen Jahres angestoßen:

What Europe, Defence Europe, lacks most today is a common strategic culture. Our inability to work together convincingly undermines our credibility as Europeans. We do not have the same cultures, be they parliamentary, historical or political, or the same sensitivities. And that cannot be changed in one day. But I propose trying, straight away, to build that common culture, by proposing a European intervention initiative aimed at developing a shared strategic culture.
To create this convergence, we need deep-rooted change. I thus propose to our partners that we host in our national armed forces – and I am opening this initiative in the French forces – service members from all European countries desiring to participate, as far upstream as possible, in our operational anticipation, intelligence, planning and support. At the beginning of the next decade, Europe needs to establish a common intervention force, a common defence budget and a common doctrine for action.

Ein bisschen mehr Einordnung dieser Europäischen Interventionsinitiative von Claudia Major und Christian Mölling bei der DGAP:

Warum mitmachen für Deutschland die richtige Entscheidung ist

Wer die Unterzeichnungszeremonie gerne anschauen möchte:

(Archivbild Oktober 2012: The Principle Warfare Officer of HMS Illustrious (left) is pictured working with a French naval officer on loan to the Royal Navy in the ship’s operations room – Dean Nixon/Royal Navy/Crown Copyright under MoD News License)