Denken Militärplaner ebenso falsch wie einst die Ritter?
Ein interessanter Ansatz und Stoff zum Nachdenken: Vor allem die Industrienationen denken bei Verbesserung ihrer militärischen Fähigkeiten an neue Hochtechnologiesysteme – die dann durch weitreichende, billige und massenhaft eingesetzte, wenn auch technisch unterlegene Waffensysteme vernichtet werden. Dazu gibt es bei War on the Rocks ein lesenswertes Stück, indem die Denkfalle moderner Militärpläner anhand früherer militärischer Spitzentechnologie erläutert wird:
Battleships and knights represented the end result of centuries of technical, social, and political development. They were also the most expensive and complex systems of their days – and were defeated by cheaper, simpler systems that relied on range to defeat them. Both the battleship admirals and the armored knights had decades to observe and understand the new threats. Yet, they and other leaders throughout history failed to do so.
(Der ganze Essay zum Nachlesen hier: America is Well Within Range of a Big Surprise, So Why Can’t It See?)
Mit anderen Worten: Welche Herausforderungen gibt es im Zeitalter massenhaft per 3-D-Druck hergestellter Drohnen und anderer billiger, aber weitreichender Systeme – und ist die Ausrüstungsplanung der verschiedenen Streitkräfte darauf eingestellt? Oder wird weiterhin die Rüstung der Ritter optimiert, die dann auf Distanz durch den Langbogen bekämpft werden?
Der Bendlerblogger brachte das auf die Aussage: Vielleicht ist nicht fehlendes Geld das Problem der Bundeswehr, sondern fehlende strategische Voraussicht. Könnte das der Ansatz sein?
(Foto: Die 5. Batterie des Artillerielehrbataillons 325 aus Munster trainiert im Februar 2018 das direkte Richten mit einer Panzerhaubitze 2000 auf dem Truppenübungsplatz Putlos – Bundeswehr/Torsten Kraatz)
In dem Zusammenhang lohnt es sich nochmals auf das Thesenpapier „Wie kämpfen Landstreitkräfte künftig?“ vom Kommando Heer hinzuweisen (https://www.gemhflatr.de/contrexx/media/archive1/dokumente/Thesenpapier_LSK_.pdf ).
…warum so weit zurück gehen?
Hier reicht doch ein Blick in unsere jüngere Geschichte.
Als Beispiel möchte ich die Panzerkampfwagen VI, Tiger I /Tiger II im Vergleich
zum T34 in den verschiedenen Ausführungen nennen.
Ich möchte es auf den vereinfachten Nenner „Klasse statt Masse“ bringen, wobei ich mir
der Unzulänglichkeiten der Panzerkampfwagen VI bewusst bin.
Warum gibt man z.B. für einen Schützenpanzer PUMA eine Betrag von 12 – 14 Mio. € aus, wenn potentielle Gegner für diese Summe 3 – 4 Fahrzeuge beschaffen?
Ich habe meine Zweifel, dass ein PUMA gegen diese 3-4 Gegnerfahrzeuge in einem realen Gefecht bestehen könnte.
Ich bin mir auch hier über die Einsatzgrundsätze von Schützenpanzern bewusst.
Als eine interessante Alternative zum Puma erscheint mit der LYNX,(„https://www.rheinmetall-defence.com/de/rheinmetall_defence/systems_and_products/vehicle_systems/armoured_tracked_vehicles/lynx/index.php“) wobei hier noch keine Preise bekannt sind.
Auch wenn es nicht direkt zum Thema passt:
Geht unsere Führung mit Ihrer Überregulierung und Ihrem Wahn, alles bis ins kleinste Regulieren zu müssen, nicht auch in die falsche Richtung?
Ich bin generell ein Mensch, der einfache Lösungen bevorzugt und der seine „Untergebenen“ zur Selbstständigkeit anleitet.
Meiner Meinung nach sollten Waffensysteme, einfach gehalten, nicht zu kompliziert in der Nutzung, funktional und leicht zu reparieren/warten sein.
Ich persönlich halte die Überschrift für falsch. :-)
Ritter waren in Personalunion Bereitsteller der wirtschaftlichen Ressourcen für Beschaffung und Training und gleichzeitig Bediener des Waffensystems, aus dieser Kombination leiteten sie ihre gesellschaftliche Stellung ab.
Der Langbogen war eine Defensivwaffe, die Offensive wurde immer noch mit Ritter/Men-at-Arms durchgeführt. Der eigentliche Bruch in Europa erfolgte durch die Schweizer mit einer wieder offensiv einsetzbaren billgen Infantrie, Eine Änderung der Taktiken führt zu Machtverlust des Adels und gesellschaftliche Änderungen.
Heute habe wir eine weitgehende Entkoppelung der Funktionen des Ritters. Deshalb muss in meinen Augen die Argumentation anders erfolgen:
Hochtechnologie ermöglicht – so das Verkaufsargument – eine Reduktion der Anzahl der Waffensysteme und deshalb eine geringere Zahl an Bedienern, also geringere Personalkosten im Frieden und geringere Verluste im Kriegsfall.
In einer modernen Gesellschaft ist es schwer dem Wähler zu vermitteln, dass mit einer größeren Zahl einfacherer Systeme, also mit mehr Bedienern höhere Personalkosten (oder Wehrpflicht) im Frieden und unter Umständen höhere Verluste im Kriegsfall einhergehen.
Für die Hersteller der Hightechprodukte kommt hinzu, dass ihre Route natürlich Konkurrenz reduziert, bei einfachen Systemen gibt es mehr alternative Hersteller
Der Vorteil des „Lowtech“-Ansatzes“, dass die Verteidigung auf einer breiteren Basis steht und evtl. flexibler ist, wenn sich ein Waffensystem als weniger/mehr wirkungsvoll herausstellt, ist schwerer zu vermitteln, in meiner Augen allerdings sehr diskussionswürdig.
Die Planer des Heeres haben ja zumindest für ihren Bereich einen breiten Blick in die Zukunft geworfen:
http://www.pivotarea.eu/2017/09/22/thesenpapier-des-deutschen-heeres-so-will-die-bundeswehr-kuenftige-landkriege-gewinnen/
Kerngedanke dahinter ist der Wechsel von Qualität zu Quantität – also eine „Übersättigung“.
Nun müssten diese Überlegungen mit anderen Aktivitäten der anderen TSK verknüpft werden und weiteren Stellen verknüpft werden. Schwierig ist natürlich die Umsetzung in eine Rüstungsplanung, die im Heer sehr stark auf die Truppengattungen fokussiert ist. Somit kommt es fortlaufend zur Optimierung der jeweiligen Rüstung in der jeweiligen Waffenfarbe.
Dahinter liegt als Kernproblem weiterhin die fehlende kriegstheoretische Auseinandersetzung – da ist dem Bendler-Blogger zuzustimmen. Man hat aber bisher nicht den Anspruch und den Mut diese Diskussion intern und extern zu führen.
Wurde hier ja schon öfter diskutiert:
http://augengeradeaus.net/2014/03/landes-und-bundnisverteidigung-blick-nach-osten/comment-page-1/#comment-93601
Es fehlt hierzu eben schon die entsprechende fundierte Ausbildung der Stabsoffiziere. Umfassende Anteile an Konflikt- und Kriegstheorie sind wesentlicher Bestandteil der Aus- und Fortbildung vieler Verbündeter.
In Deutschland ist es eher das persönliche Interesse im Rahmen der Ausbildung, in der dann entsprechende Wahlfächer eine punktuelle Ausbildung ermöglichen.
Ein echter Kanon für alle ist jedoch nicht vorgesehen.
Somit fehlt später die Grundlage für konzeptionelle Arbeit auf Höhe der Zeit. Ganz zu Schweigen von einer öffentlich zugänglichen wehrwissenschaftlichen Zeitschrift zum Austausch zwischen Wissenschaft, Bundeswehr und internationalem Diskurs. Beim Übergang von der Kavallerie zur Panzerwaffe gab es dazu bis Mitte der 30er Jahre eine lebhafte Debatte in entsprechenden Zeitschriften.
Aber für alldas bräuchten Politik und insbesondere die militarischen Eliten noch einen Anspruch an einsatzbereite Streitkräfte.
@Ulenspiegel
Es ist ein Vergleich der, wie jeder nicht zu 100% stimmt, die Sache aber plakativ macht.
Herzlichen Dank @T.W. für den Thread
Wer sich den LoA der letzten KdBw betrachtet wird erkennen, dass es keinen wirklichen vernetzen Ansatz in der LV/BV gibt und u.U. der Angriff schon begonnen hat.
https://www.nzz.ch/meinung/der-erste-hybride-weltkrieg-ld.1365857
Wir denken in Anzahl der Soldaten und Großgeräte, was für ein Fehler im Besonderen, wenn man selbst die nicht einsatzfähig hat (wenn sie denn helfen).
Wer Europa zerstören will (und mind. einen gibt es der es will und tut) braucht nicht einen Panzer.
@Ulenspiegel
„Ritter waren in Personalunion Bereitsteller der wirtschaftlichen Ressourcen für Beschaffung und Training und gleichzeitig Bediener des Waffensystems, aus dieser Kombination leiteten sie ihre gesellschaftliche Stellung ab.“
Auch bei den Rittern gab es solche und solche.
Die heutigen Offiziere, vom Lt bis Gen sind oft nur eines, manchmal alles (im Kontex der Verantwortung, und Bedienung (zB Kapitän) nicht der Finanzierung). Doch schon damals wurden Schlachten verloren, weil das Wetter, die Logistik, Heimtücke, Technik, Intriegen, der Glaube uvm zuschlugen. Wer in der Vergangenheit erfolgreich sein wollte musste ebenso nicht nur die militärischen Faktoren beachten.
In der Geostrategie spricht man vom Dreiklang „Geografie, Demokratie, Technologie“.
Man versucht hier unsere westliche Demografie-Schwäche mit technologischem Vortschritt auszugleichen. Es wäre also tatsächlich die Aufgabe des Puma 4 gegnerische KPz zu werfen.
Die Russen bedienen sich mit dem System Armata einem ähnlichen Ansatz.
Der Langbogen ist eine Waffe, die eher einer Nation (England, mit den walisischen Schützen als „Elite“) zugeordnet werden kann. Viel passender fände ich hier einen Vergleich mit der Armbrust, denn diese brauchte kein jahrelanges Training (wie der Langbogen) und war trotzdem vergleichweise billig in der Herstellung. Nicht ohne Grund wurde sie als „unritterlich“ geächtet und ihre Nutzung von der Kirche verdammt.
Ich wettere schon lange gegen den Trend, immer teurere Systeme zu entwickeln und anzuschaffen, aber stets wird mir von den Technokraten erklärt, dies müsse so sein, weil „immer weniger Personal verfügbar und so“. Aber was nützen mir 40 Goldrand-SPz, wenn mein Gegenüber 400 hat?
Bekanntlich ist „Im Krieg hat nur das Einfache Erfolg“ auf Clausewitz zurückzuführen.
Nun ist es stets so, es bereitet Schwierigkeiten, das Einfache zu identifizieren, zunehmend dann, wenn künftig mehr Bares verfügbar sein wird. Für nicht Wenige wird es eine Lust sein, in den gut gefüllten Finanztopf zu greifen.
(Gen a.D. Naumann, Welt/19.11.2009 ) „Die Bundeswehr mit dem Geld von morgen für den Krieg von gestern ausrüsten, … deshalb auf den Prüfstand, um Geld für das Heute und das Morgen im Einsatz zu gewinnen“. Im selben Atemzug unterliegen Technik affine Entscheider der Ämterebene häufig den verlockenden Versprechungen der Industrie.
Dazu passt genauso gut „das Ganze vor seinen Teilen (zu) sehen“.
Dies Einfache darf sich nun nicht ausschließlich auf Waffensysteme und deren Technik beziehen; es gilt nämlich, Führung muss das übergeordnete Ganze im Blick haben, die Aufbauorganisation der Streitkräfte nämlich.
Dies „Im Krieg hat nur das Einfache Erfolg“ trifft gleichfalls umgehend auf Strukturen zu, die sofort Wirksamkeit entfalten können, ohne Rückgriff auf Ausbildungs- und Mobilmachungsorganisation. Wobei letztere ohnehin sträflich beerdigt wurde, quasi nicht mehr existent ist. Truppe muss also auf dem Hof stehen, sozusagen marschbereit.
Es ließen sich trefflich weiter die Vor-Nachteile von Masse statt Klasse und vice versa diskutieren, ebenso das Mantra von „nur das Beste für unsere Soldaten, was Deutschland als Top-Industrienation leisten kann“. Stimme dem eigentlich zu.
Nur, was ist dies Beste im Gefecht?
Die Beispiele von @Versorger: T-34/ vs TIGER I/II bzw @Memoria „fehlende kriegstheoretische Auseinandersetzung“ treffen absolut zu.
In der – nicht erneut erforderlichen – Panzerdiskussion treffen seit eh und je das westliche „Machbarkeitsverständnis“ auf das ostwärtige „Erforderlichkeitsverständnis“ aufeinander.
Kriegstheoretisches Denken, Ideen zum künftig erwartbaren Kriegsbild, begegnen angelernter und anerzogener Angst öffentlich in Kriegsbegriffen zu denken. Erinnert sei an das indifferente Lamentieren der Anwendung des Kriegsbegriff zum DEU ISAF-Beitrag, dass erst von KTzG Ehrlichkeit erfuhr.
Solange das in der zivilen Gesellschaft, aber auch in der mil Führung bei insgeheimer Androhung von „EDEKA“ nicht stattfindet, kann sich die DEU militärische Klasse Weiteres sparen.
Zur Entscheidungsfindung fehlen sämtliche Grundlagen. Somit geht selbst waffentechnisch jegliche Entscheidung von irrigen Maximen aus und kann nur fehlgeleitet sein.
Ich denke, diese Aussage trifft es ganz gut und mehr muss man dazu glaube ich nicht sagen/schreiben:
„Anders als viele Kommentatoren sieht der Schweizer Offizier den T-14 allerdings nicht als Revolution im Panzerbau. Er betrachtet den T-14 als pragmatische Lösung und beschreibt den russischen Weg in der Rüstung so: „Lieber eine 80 Prozent Lösung zur Zeit, welche anschließend aufgrund der Erfahrungen aus Erprobung und Einsatz optimiert wird, als ein 100 Prozent Papiertiger (bzw. Computersimulationstiger), der dann trotzdem bei der praktischen Erprobung noch mit unzähligen Kinderkrankheiten zu kämpfen hat. Die Armata-Familie illustriert den russischen Ansatz ganz gut – während das deutsche Puma-Projekt stellvertretend für das westliche Dilemma steht.“
Quelle;
[Links zu deutschen Verlagswebseiten finden hier i.d.R. nicht statt, die Geschichte bei Stern Online ist aber unter der Überschrift „Schweizer Offizier warnt: Putins Superpanzer allen westlichen Modellen weit überlegen“ auffindbar. T.W.]
Ich finde die letzten beiden Sätze aus dem Zitat sind die bedeutenden:
Both the battleship admirals and the armored knights had decades to observe and understand the new threats. Yet, they and other leaders throughout history failed to do so.
Wenn ich mich nicht dem Gegner anpasse, dann habe ich verloren. Das war schon immer so. Klasse und Masse ist relativ, da ich mit wenigen hochgezüchteten Systemen nicht weit komme, genauso wenig wie mit vielen billigen Schrott aus dem 3D Drucker. Das Ziel ist die Mitte.
Nur Qualität, Flexibilität und Quantität an Systemen bieten eine hohe Aussicht auf Erfolg. Keines der Kriterien allein ist eine sinnvolle Strategie.
@KPK:
Das Einfache im im großen Vaterländischen Krieg? Die BOMBE, jetzt!
Das Einfache im Hybriden Krieg? Sun Zhu: Die Kunst des Krieges in Perfektion beherrschen und auch zur Anwendung bringen, sowie Generalmajor Gehlens Werke hierzu.
Wie viele Feinde auf dem politischen Parkett habe ich mir jetzt gemacht? Unendlich viele, auch wenn keiner bereit wäre zu versuchen, eine Alternative zu formulieren, welche das sicherheitspolitischen Fortbestehen der BRD auch ausserhalb absoluten Schutzes durch die USA garantieren würde.
Man kann nur hoffen Trumpsche Sichtweisen setzen sich nicht durch…
„Vom Ende her denken“ fehlt vielen Debatten. Auch erkenne ich nicht, dass in unserer Generalstabsausbildung darauf abgehoben wird, denn sonst würde man einen entsprechenden Diskurs irgendwo wahrnehmen können. Eher scheint es sich um eine Art deutsche ENA zu handeln, mit einem ungesunden Schwerpunkt auf Administration.Wo sind ThinkTanks oder Denkschulen? Das Planungsamt vielleicht? Sonst ist nicht wirklich etwas vorhanden, weil uns die Gegenwart frisst, auf alles sofort zu reagieren, was vielleicht oder doch nicht ein Problem darstellen könne.
Hier noch ein Hinweis vom Beginn der ersten Amtszeit der Ministerin:
http://augengeradeaus.net/2013/12/ich-bin-stolz-ihre-verteidigungsministerin-sein-zu-durfen/comment-page-1/#comment-84938
Das Zitat von Bloch über die französische Armee 1940 trifft es eben besonders treffend: Die Chefs haben nicht über Krieg nach gedacht. Es stammt aus seinem sehr lesenswerten Buch „Die seltsame Niederlage“. Darin zeigt er sehr deutlich, dass die Franzosen nicht durch Panzer besiegt wurden, sondern durch eine intellektuell deutlich größere Agilität der Deutschen.
Vergleiche zwischen NATO und Russland drängen sich hier aus meiner Sicht auf.
Das interessante daran: Eine Besserung kostet nichtmal Geld, es erfordert „nur“ Anspruch, intellektuelle Offenheit und Mut in der internen und externen Debatte.
Es wäre schon recht viel geholfen, wenn der GI eine jährliche „reading list“ herausgeben würde. Es fehlt nämlich schon an einer Kultur der intellektuellen Offenheit für theoretische Fragen.
Ich hoffe dieses Thema wird vom neuen GI ernsthaft angegangen. Er muss das Problem erkennen und entsprechende Impulse setzen.
Er ist dazu zweifellos in der Lage.
Ich würde an dieser Stelle gern ein paar gänzlich untechnische Begriffe bzw. Fragestellungen in den Raum werfen:
Wie steht es um
1) Willenskraft
2) Skrupellosigkeit
3) Opferbereitschaft?
Die Attentäter des 11. September hatten alle drei Eigenschaften, jedoch kein eigenes Kriegsgerät. Sie haben mit minimalem Aufwand ein paar Piloten ausgebildet, als Waffe Flugzeuge des Feindes geraubt, drei Gebäude des Feindes zerstört und dabei ein paar tausend Menschen getötet.
Die wirkliche Wirkung hat ihr Angriff aber erst durch die Reaktion des Feindes (also durch uns, der sogenannten aufgeklärten Welt) entfaltet, Billionen Dollar an Ressourcen gebunden usw. usw.
Und trotz all dieser Gegenreaktionen ist die Sache der Attentäter des 11. September eher auf dem Vormarsch, insbesondere wenn man in Generationen denkt, nicht in Wahlperioden.
Unsere fehlende strategische Voraussicht geht weit über militärische Belange hinaus. Wie bei den Rittern ist Dünkel und Denkfaulheit ein Kern des Problems.
Was bringt einem all das Militärgerät mit Goldrandlösung für einen symmetrischen Krieg, wenn Kriege längst nicht mehr symmetrisch gewonnen werden? Selbst staatliche Akteure wie Putin betreiben ihre Eroberungen mit grünen Männchen und „demokratischen“ Abstimmungen über den „freiwilligen Anschluss“ an Mütterchen Russland.
Für militärisches Großgerät gilt meiner Meinung daher: Masse vor Klasse, schnelle Verfügbarkeit vor Goldrandlösung sowie schneller Ausbildungsmöglichkeit und schneller Aufwuchsfähigkeit. Die Verbände mit Großgerät bilden im Konfliktfall lediglich das Fundament, auf dem SOF und HUMINT den Krieg gewinnen bzw. verlieren. Bei SOF etc. gilt dann: Klasse vor Masse!
Und jetzt mal ganz ketzerisch: Hätte die Bundeswehr dolle Human Intelligence (hier mal übersetzt mit: menschliche Aufklärung/Lagebilderstellung UND Intelligenz in den zu ziehenden Schlüssen und ihrer Umsetzung), wäre ihr öffentliches Ansehen prima, die Ministerin hätte ein gottgleiches Image und der Nachwuchs würde die Bude einrennen, weil man bei dieser geilen Truppe eine prima Zukunft hat und die Leute anfangen zu klatschen, wenn man sichtbar in Uniform mit ein paar Kameraden durch einen Flughafen geht.
@Memoria: Diese Liste würde mich auch brennend interessieren. Eine Kultur der strategischen Debatte, Vorraussetzung EU geografisch zu denken.
@Memoria | 18. März 2018 – 14:27
„Das interessante daran: Eine Besserung kostet nichtmal Geld, es erfordert „nur“ Anspruch, intellektuelle Offenheit und Mut in der internen und externen Debatte.“
Absolute Zustimmung. Ich befürchte allerdings leider, dass wir derzeit weder die intellektuelle Offenheit noch den Mut zur Debatte haben.
„Es wäre schon recht viel geholfen, wenn der GI eine jährliche „reading list“ herausgeben würde.“
Kein schlechte Idee. Wobei ich das ehrlich gesagt eher bei den Insp TSK sehen würde, aber es gibt sicherlich auch strategische Fragestellungen, die durch eine „reading list“ des GI unterstützt werden könnten.
Der Bendlerblogger hat das mit dem Geld schon angeschnitten: Solange die Bundeswehr Unsummen für (militärisch schlechte) politische Kompromisslösungen ausgibt, hat sie zu viel Geld. Beispielsweise über 40.000 € für die Flugstunde eines schnöden kleinen Transporthubschraubers. Das ist pervers. Okay, das Ding fliegt flott und agil. Für den Anschaffungspreis pro Stück könnte man sich locker je eine aktuelle CH-47F kaufen. Und damit 4 mal so viele Flugstunden leisten wie mit dem NH90. Bei vernünftigem Klarstand.
Nur ein Beispiel von vielen.
Wer Streitkräfte SO führt wie die Deutschen, braucht keinen Gegner.
Elahan schrieb: „Die heutigen Offiziere, vom Lt bis Gen sind oft nur eines, manchmal alles (im Kontex der Verantwortung, und Bedienung (zB Kapitän) nicht der Finanzierung).“
Ja. Ändert aber nichts an der Tatsache, dass die staatstragende Rolle des Adeligen eben von heutigen Offizieren nicht mehr ausgefüllt wird. Damit bekommt der Staat mehr Optionen.
AoR schrieb: „In der Geostrategie spricht man vom Dreiklang „Geografie, Demokratie, Technologie“.
Man versucht hier unsere westliche Demografie-Schwäche mit technologischem Vortschritt auszugleichen. Es wäre also tatsächlich die Aufgabe des Puma 4 gegnerische KPz zu werfen.
Die Russen bedienen sich mit dem System Armata einem ähnlichen Ansatz.“
Der logische Widerspruch in der Aussage ist doch, dass Russland demographisch eher noch schlechter aufgestellt ist als Europa, damit müssen wir als Westeuropäer eben nicht den technologischen Vorsprung haben.
@Ulenspiegel:
Armata ist darauf ausgelegt, minimales bis gar keine Besatzung zu haben. Er soll sogar ferngesteuert werden.
@Muhammad: Ich greife das, was Du sagst mal auf und ergänze noch eine Dimension. Wenn Krieg also das Mittel ist, um einem Gegner seinen Willen aufzuzwingen, sollten wir gründlich unsere Verletzlichkeit überprüfen. Die ist in Europa mit seiner eng vernetzten industriellen Infrastruktur enorm hoch. Ganz verkürzt gesagt: Je höher unser technischer Integrationsgrad wächst (4.0, IoT, Chemie, Elektrizität, Wasser, you name it), umso verletzlicher werden wir – vor allem gegenüber ALDI-Waffen (Available, Light, Destructive, Inexpensive, habe ich gerade erfunden, muss mal guglen, ob es das schon gibt).
Angesichts unserer nachgewiesenen Unfähigkeit, in irgendeinem Land auf der Welt auch nur einen halbwegs stabilen Frieden herzustellen (den Balkan sehe ich eher als Polizeimission nach Erschöpfung), nimmt unsere Flugzeugträger, Fregatten und High-Tech-Helis doch niemand mehr ernst. Oder?
Etwas anderer historischer Kontext, der aber relevant ist:
Die Schweizer verzichteten auf Ritter ja nicht deshalb, weil sie diese per se als unnütz ansahen, sie verzichteten auf das Waffensystem, weil ihnen die wirtschaftliche Kraft fehlte, es zu erhalten.
Mit der Abkehr kam auch eine innerliche Abkehr vom „richtigen“ Führen eines Krieges, es wurde nun anders gekämpft, da man kein Pardon vom adeligen Gegner erwarten konnte, wurde auch keines gegeben usw.
Wenn wir als reiche Nationen einen wirtschaftlich unterlegenden Gegner in einen technologiefokussierten Rüstungswettlauf zwingen, den er nicht bezahlen kann, dann besteht die Gefahr, dass er etwas ganz anderes entwickelt, was uns auf dem falschen Fuß erwischt, siehe 9/11 oder russische Ansätze.
Das Grundproblem ist ein politisch-gesellschaftliches: Jahrzehntelang war die (west-) deutsche politische Landschaft von strategischen Überlegungen quasi ausgeschlossen. Strategie wurde in Washington und Brüssel gemacht, Bonn blieb nur die innenpolitische bzw (im militärischen Bereich) die operativ-taktische Umsetzung der Beschlüsse. Wer als Deutscher in diesen Bereich der Strategieerarbeitung gelangen sollte, der tat das im Rahmen der NATO und nach Ausbildung durch genau diese bzw entsprechende atlantizistische Kreise. Eigenständiges strategisches Denken war weder gefragt noch erwünscht, nicht im Inneren und schon gar nicht bei den ausländischen Partnern. Und die unausweichliche Konsequenz dieser jahrzehntelangen „strategischen Flatline“ ist eben der „Hirntod“ des Systems – ungenutzte Fähigkeiten degradieren, verkümmern und sterben schließlich ab. So ist das auch hier passiert … als 1990 die „altbekannte Ordnung der Dinge“ endete, war Deutschland schlichtweg nicht mehr in der Lage zur Entwicklung von Strategie, weil diese „strategischen Muskeln“ längst verkümmert und abgestorben waren.
Ein Neustart ist meines Erachtens schwerlich möglich. Die paar „ThinkTanks“ die es gibt schweben alle entweder im Wolkenkuckucksheim „Europa“ und propagieren der Realität entrückte „Lösungen“ voll dogmatischer Inbrunst oder sie hängen am Tropf der amerikanischen ThinkTank Szene und propagieren die dort verkauften Ansätze. Damit sind beide Richtungen weder wirklich unabhängig noch in der Lage ihre relative Unwichtigkeit in den Augen von Bevölkerung und Politik zu verändern. Und die Politik betreibt nur noch aus politischer Massenträgheit und als „Industriesubvention aus einem anderen Budget“ heraus noch Ansätze von Sicherheitspolitik – ansonsten hält man sich ob der durch die nach innen gewandte, neutralistische und konfliktscheue sozio-politische Kultur des Nach-Wende-Deutschland vornehm zurück. Strategie würde voraussetzen, daß Deutschland sich außenpolitische Ziele setzt und Mittel zu deren Erlangung bereitstellt … Und das verkaufe mal jemand der deutschen Wählerschaft, die ohnehin schon seit langem mit der Faust in der Tasche herumläuft, weil der Eindruck entstanden ist Berlin kümmere sich lieber um die halbe Welt als um die Probleme der Deutschen. Weltabgewandtheit, Neutralismus und „Magna Helvetia“-Denken sind eben kein Nährboden für ambitionierte Politik.
Alles andere (u.a. die längst erfolgte Verduckmäuserung der deutschen Generalität, die panische Angst vor negativen Reaktionen bei eventuellen öffentlichen Debatten zu „heiklen Themen“ – wie z.B. der Frage nach der staatlichen Sicherheitsvorsorge) folgt von dieser Ausgangslage.
Masse statt Klasse, ist die Denkweise im Höhepunkt des Kalten Krieges. Wenn sich die Menschheit weiterentwickeln möchte, muss diese von dieser Denkweise Abstand nehmen.
Streubomben, massenhafte Raketen von F104 auf Verbände, Giftgase, ein China welches ein paar Tote wegen der Atombombe schon verkraftet. (nur ein Auszug)
Ultra leichte Drohnen aus dem 3D Drucker sind nichts anderes als Streubomben!
Wir müssen davon Weg und nicht wieder dahin!
Viele Vorstellungen diesbezüglich sind durchaus fehlerbehaftet. Weder ein Langbogen noch eine Armbrust durchschlägt eine Vollplatten-Ritterrüstung. Echte Meister ihrer Zunft haben die Brustplatten ihrer Rüstungen im Spätmittelalter mit Feuerwaffen der damaligen Zeit getestet. Gegen die Ritterheere der damaligen Zeit halfen vor allem Stangenwaffen und neuartige, sehr diszipliniert ausgeführte Taktiken.
@AoR u. Koffer:
Hier mal als Beispiel die amerikanischen Varianten von 2012:
http://www.ndu.edu/Libraries/Professional-Military-Reading-List/
Einige der Bücher passen sehr gut zur Diskussion hier.
Es war – zumindest unter General Dempsey – normal, dass es jährlich eine Liste des CJCS und der jeweiligen „Inspekteure“ der TSK gab.
Der Teil 1 der CJCS-Liste ist Pflichtlektüre für Stabsoffiziere.
Für Dempsey ein wesentliches Element zum Wiedererlangen der „Profession of Arms“.
Diese ist eben weitaus mehr Philosophie und Konflikttheorie als Kästchen und Panzerzählerei.
Man stelle sich vor der GI gibt derlei heraus, die Inspekteure eine heruntergebrochene Variante und ab sofort wird bei der Dienstaufsicht hierauf Bezug genommen.
Allein schon der Gedanke, dass ein deutscher Offizier ggf. in seiner Freizeit theoretische Bücher zum Kontext seines Dienstes lesen sollte, trifft bei uns ja schon auf Widerstand.
Ich finde es befremdlich, dass keiner der Kommentatoren bisher den eigentlichen Punkt des oben verlinkten Artikels angesprochen hat:
Das eben billige Drohnen und Cruise Missiles dabei sind den Flugzeugträgern den Rang abzulaufen, weil 1. die Reichweite höher ist, 2. die Eindringwahrscheinlichkeit höher ist und 3. deren Herstellung und Unterhalt wesentlich billiger ist als bemannte Kampfflugzeuge.
Dieses Phänomen, dass die Generäle immer für die verlorenen oder die gewonnen Kriege der Vergangenheit planen anstatt für die Kriege der Zukunft, das ist bekannt.
So haben die Generäle des I.WK aus der Erfahrung der Stellungskriege die Sturzkampfbomber entwickeln lassen unter der Vernachlässigung der Jagdflugzeuge. Die strikte Lokalisation der Ressourcen auf die Produktion von Sturzkampfbombern hat dazu geführt, dass zu wenige Jagdflugzeuge für die Verteidigung der deutschen Städte gegen die allierten Bomberflotten produziert wurden.
Und heute ?
Wir wissen dass Drohnen als ferngesteuerte Systeme und als autonome Systeme die Zukunft der Waffentechnik gehört. Trotzdem weigerte sich der Bundestag letztes Jahr bewaffnete Drohnen zu beschaffen. Wenn man dies vergleicht mit einer gewissen Geisteshaltung während des Kalten Krieges, dann ist dies die „Soziale Verteidigung des Jahres 2017“
Es ist anscheinend wieder einmal unethisch wenn man Waffen (bewaffnete Drohnen) zur Verteidigung beschafft !
@Memoria | 18. März 2018 – 16:29
„Man stelle sich vor der GI gibt derlei heraus, die Inspekteure eine heruntergebrochene Variante und ab sofort wird bei der Dienstaufsicht hierauf Bezug genommen.“
+1
„Allein schon der Gedanke, dass ein deutscher Offizier ggf. in seiner Freizeit theoretische Bücher zum Kontext seines Dienstes lesen sollte, trifft bei uns ja schon auf Widerstand.“
;) Leider haben Sie wohl Recht.
Hier noch eine aktuelle Leseempfehlung mit einem Blick zurück: http://www.deutschlandfunk.de/lawrence-freedman-the-future-of-war-a-history.1310.de.html?dram:article_id=409746
Entscheidend ist der letzte Satz: Krieg hat Zukunft.
Diese einfache Wahrheit wird insbesondere in Deutschland gerne verdrängt.
Oder wie sagte bereits Trotki:
„Vielleicht interessierst du dich nicht für den Krieg, aber der Krieg interessiert sich für dich.“
Zudem gilt weiterhin:
„The only thing harder than getting a new idea into the military mind is to get an old one out.“
Liddel Hart, Thoughts of War, 1944
Genau da liegt das Problem auch noch heute.
Nur zu überwinden mit einem echten Problembewusstein, klarer Zielvorstellung und guter Führung.
Wohl an.
Nun, es steht jedem frei, sich Bücher zu kaufen oder sie über seine Truppenbibliothek zu beschaffen.
Und die Profession of Arms Debatte wird auch immer wieder dann hervorgezogen, wenn es gerade mal kein Geld für neue Waffensysteme gibt.
@Georg
So wie Sie die Fakten darstellen, fehlt dann auch aber der Wever‘ sche Langstreckenbomber mit der Begründung der Bomber kommt durch…. ;-)
Die Argumente im Artikel sind nicht richtig neu… es geht um disruptive Innovation. Die hat aber den kleinen Makel, dass nicht alles was als disruptive angekündigt wird, sich später auch durchsetzt. Und auch Totgesagte, wie hier das Schlachtschiff , tauchen später sehr erfolgreich vor Vietnam und dem Libanon wieder auf.
Eine interessante These ist in diesem Zusammenhang auch, dass Gesellschaften vielleicht nur unter echter existentieller Bedrohung zur Disruption in der Lage sind…stabile Gesellschaften neigen dazu, Probleme aufgrund ihrer vermeintlichen Einfachheit (S. Clausewitz… ich denke, er meinte mit seinem Zitat mal wieder etwas anderes, als es hier kolportiert wird) der Weg in die Einfachheit kann auch nur die Flucht vor Komplexität oder sogar wickedness sein…. und einen am Ende auch umbringen, siehe die Kavallerie…
Im Westen und im Osten nichts neues ;-)
Diese Ritter/Langbogen/Armbrust-Analogien kommen schon seit vielen Jahre immer wieder einmal hoch.
Dazu einige Einwürfe mit Blick auf eine nationale Umstellung der Verteidigungsstartegie auf „Masse statt Klasse“.
1. Bündnisverpflichtugen und damit strategisch-strukturelle , vertragliche Verbindlichkeiten
2. Beharrungsvermögen der national/international vernetzten“MIK“
3. Abschreckungstheorie insbesondere hinsichtlich der „Glaubwürdigkeit“ (Fähigkeit zur begrenzten Projektions-/Offensiv-/Durchhaltefähigkeit)
Lange Rede kurzer Siin, wenn und falls Deutschland aus NATO und verteidigungspolitisch aus der EU ausgetreten ist, dann bin ich gerne bereit über Masse statt Klasse weiter zu diskutieren….bis dahin können wir ja alle in einen Bogenschießverein eintreten und schon mal kräftig üben / IRONIC
;-)
@Georg
Genau wie die Digitalisierung des Gefechtsfeldes und der Aufwuchs von Gefechtsständen.
Wie lange bliebe z.B. ein BrigGefSt unentdeckt? Wie lange funktionierten die Fernmeldeverbindungen?
@Memoria: Danke
@Klabautermann: Nun Masse können wir uns Dank der Demografie eh nicht leisten.
Die Frage wrlche sich mit stellt ist daher, gibt die Klasse her was sie verspricht? Und wie gehen wir zum Einen mit Zweckmäßigkeit autonomer WaSys und zum Anderen der Bedrohung durch – wie auch Abwehr von – Selbiger um?
Mal anders herum gefragt: Welcher bewaffnete offene Konflikt wurde bisher rein (oder zumindest überwiegend) durch militärtechnische Überlegenheit gewonnen?
Ausser den römischen Legionen fällt mir noch bedingt der 1870/71 Dt-Fr.-Krieg ein, und bei dem war die höhere deutsche Beweglichkeit mehr entscheidend.
Aber auch ohne den Blick in die Vergangenheit – es muss einem doch auffallen, dass gerade eine hochtechnisierte vernetzte Gesellschaft, in eben diesem Punkt am verletzlichsten ist. Es erscheint mir absurd, sich dann in der Verteidigung allein auf wenige vernetzte Hi-Tech-Waffensysteme zu verlassen. Asymmetrische Auseinandersetzungen erfordern Beweglichkeit und Flexibilität, und die entsteht nicht durch wenige zu teure Waffensysteme. Und das in einer Gesellschaft mit immer weniger Redundanzen – vor 60 Jahren wusste noch der größte Teil der Landbevölkerung wie ein Pferd vor einen Wagen gespannt wird, der heutige Mensch ist ohne Smartphone hilflos wie ein Maulwurf auf der Eislaufbahn.
Ein schönes Beispiel: unsere super-toll-und-teuren Eurocopter Tiger werden in Mali durch MD-500 aus El Salvador abgelöst. https://mobile.twitter.com/thomas_wiegold/status/974635588082110465?p=v Langt für diesen und andere Einsätze völlig aus und fliegt billiger und öfters weil robust und einfacher.
Hochtechnologie ist wichtig und bringt Vorteile, aber es muss daneben immer auch einfache und robuste Technik erhalten bleiben. Es werden z.B. ja immer noch Fahrräder gern und häufig genutzt.
@Sönke Marahrens | 18. März 2018 – 17:06
„Nun, es steht jedem frei, sich Bücher zu kaufen oder sie über seine Truppenbibliothek zu beschaffen.“
Natürlich. Und was hat das jetzt mit der Förderung des querschnittlichen strategischen und professionellen Verhaltens im Sinne der Streitkräfte und durch die Streitkräfte zu tun?
Der Langbogen ist wie jeder Bogen ziemlich ungeeignet gutgepanzerte Gegner zu töten, deshalb gab er wohl auch nur ein kurzes Gastspiel in Europas Kriegen ab.
Um einen Langbogner auszubilden beginne man mit seinem Großvater.
Die Schweizer Reisläufer brachten die Disziplin, Moral und das Können auf in Gewalthaufen den Rittern etc. standzuhalten und sie zu bezwingen.
Also Masse statt Klasse ist da wohl eher unzutreffend.
Crecy, Disziplin und Führung fehlte den Franzosen ziemlich völlig.
Agincourt, die Pferde der Franzosen sanken knietief in den Schlamm ein
Aber die Frage
Was macht die BW, NATO wenn ihr Gegner ihr ihre High Tech Ausrüstung neutralisiert, wenn ihr Funk, IT etc. gestört, neutralisiert oder manipuliert wird beschäftigt mich Nerd schon eine Weile…
@ThoDan | 18. März 2018 – 18:52
„… Aber die Frage
Was macht die BW, NATO wenn ihr Gegner ihr ihre High Tech Ausrüstung neutralisiert, wenn ihr Funk, IT etc. gestört, neutralisiert oder manipuliert wird beschäftigt mich Nerd schon eine Weile…“
Dann haben wir verloren, was sonst
@Koffer
Ich nenne das alleinverantwortliches Handeln im Sinne der Auftragstaktik u.a. auf der Grundlage eines im Rahmen der Ausbildung erhaltenen wissenschaftlichen Studiums.
Denn wenn irgendjemand in der Führung eine solche Liste mit dem Anspruch auf Verpflichtung veröffentlicht, krähen doch (u.a hier ) mind. 50% das der Dienstherr die Bücher dann auch bezahlen muss… und das ein Abfragen von Buchinhalten ehrenrührig sei….
Ich bin Pragmatiker… und lese trotzdem…
Der Vergleich ist furchtbar. Das Rittertum ist nie untergegangen, sondern es hat gesellschaftliche Veränderungen gegeben. Es gibt keine technologischen Gründe für den Wandel des Kriegertums im 15. bis 17. Jahrhundert.
Ich habe dazu vor einigen Jahren eine Facharbeit geschrieben.
Würde das zündeln der Politiker kurzfristig Erfolg haben, und wir würden von heute auf Morgen, einen längerem symmetrischem Krieg gegenüber stehen, wie lange wäre den die „Klasse“ Technik einsatzfähig? Wie sieht es aus, wie schnell ist ausgefallene Technik wieder einsatzfähig? Wäre Nachschub an Technik über längeren Zeitraum gewährleistet, ab wann muss die Industrie auf Produktionserweiterung umstellen? Das würde mich interessieren.
„Sarkasmus an“ wie viele Fahrzeuge würden durch abgelaufenen TÜV ausfallen „Sarkasmus aus“
Ich denke, das die Komplexität der heutigen Technik, es ungemein erschwert diese auf längere Sicht 100% einsatzfähig zu halten, über längere Sicht wird sich der Soldat daran gewöhnen müssen, wenn sie überhaupt noch nutzbar ist, dann nur noch mit abstrichen.
Alles hochinteressante Lektüre das
Eine Frage: Weiß jemand ob man diese viel beschworenen Drohnenschwärme schon im Ukrainekonflikt sieht? oder in Syrien pder Irak? Mein EIndruck war, dass man mit den aktuellen Kriegen im Prinzip alle aktuellen neuen Waffensysteme und Kriegstaktiken in Echtzeit beobachten kann. Und mit der Ansammlung an irregulären Kräften, die sich an Null Regeln halten aber bestens vernetzt sind, und mit staatlichen Akteuren, die mit dem Rücken zur Wand stehen, müsste man eigentlich alles zu sehen kriegen was gerade plausibel ist. Gerade wenn es billig ist. Und die Waffenfabriken des IS wurden ja schon als „industrielle Revolution des Terrorismus“ beschrieben. Aber das einzige was ich bisher gelesen habe, ist a) die Rolle von Drohnen zur Zielaufklärung in Verbindung mit moderner mobiler Artillerie in der Ukraine und b) sehr krude einzelne Drohnen die selbstgebastelte Bomben abwerfen im Irak.
Tja, dann haben wir hier wieder so einen institutionellen Lock-in, wie er schon vor kurzem Mal diskutiert wurde zum Thema Afghanistan: Besseres Wissen hilft nicht. Wenn Interessen, Karrieren, Strukturen, Abhängigkeiten, Macht und jede Menge Geld an einem bestimmten Paradigma kleben, dann ändert sich das erst, wenn es gar nicht anders geht und ergo womöglich zu spät (nämlich wenn der Krieg schon angefangen hat und man am verlieren ist).
Szenarien, Wargames, alles schön. Die Amis scheinen da ja weiter zu sein als wir. Aber man muss auch intern eine wirklich starke Machtposition für eine Art Berufsmephisto schaffen, einen Dauer-Bösewicht, der nicht aufhört die Etablierten zu quälen. Ein bisschen wie der Chaos Computer Club, der Banken hackt.
@Felix
Es kommt darauf an, welche Art von Konflikt Sie betrachten: symmetrisch / disymmetrisch oder eben asymmetrisch oder sogar hybrid.
Auch den 1. WK hat man ïm Kleinen“im RUS-JPN Krieg 1904-05 sehen können.
@Sönke Marahrens | 18. März 2018 – 19:29
„Ich nenne das alleinverantwortliches Handeln im Sinne der Auftragstaktik u.a. auf der Grundlage eines im Rahmen der Ausbildung erhaltenen wissenschaftlichen Studiums.“
Naja, wenn das aber weder eingefordert noch vorgelebt wird, dann wird das schon dünne als Grundlage…
„Denn wenn irgendjemand in der Führung eine solche Liste mit dem Anspruch auf Verpflichtung veröffentlicht, krähen doch (u.a hier ) mind. 50% das der Dienstherr die Bücher dann auch bezahlen muss… und das ein Abfragen von Buchinhalten ehrenrührig sei….“
Ich stimme Ihnen zu und diese Grundeinstellung von vielen Offizieren gehört zur Gesamtbetrachtung dieser Misere. Wenn weder Führung noch geführte erkennen, dass Sie ein Defizit haben, dann sagt das doch viel aus :(
Was jemand liest mit einem Bezug zum Beruf ist einerseits Privatsache. Bei einem Soldaten, der seinen Beruf ernst nimmt, sehe ich es andererseits als normal an, daß er sich entsprechend mit dem Thema Krieg und Kämpfen beschäftigt, denn das ist sein Metier. Dazu bedarf es keiner verordneten Leseliste. Ich lese etwas nicht, weil eine vorgeordnete Stelle dies empfiehlt. Ich warte auch nicht auf eine solche Empfehlung.Ein Offizier mit entsprechendem Wissen und Verantwortungsbereich handelt pflichtvergessen und illoyal, wenn er sich nicht ernsthaft aus eigenem Antrieb intensiv mit dem Thema seiner Profession auseinandersetzt und sich entsprechend bildet. Das ist professionell.
@Sönke Marahrens | 18. März 2018 – 19:29
Ich sehe gerade, dass mein Beitrag von 19:57 durch Rechtschreibfehler etwas mißverständlich formuliert ist ;)
STREICHE Wenn weder Führung noch geführte erkennen, dass Sie ein Defizit haben, dann sagt das doch viel aus :(
SETZE Wenn weder Führung noch Geführte erkennen, dass sie (sic!) ein Defizit haben, dann sagt das doch viel aus :(
Sehe ich auch so.
Die Heeresflugabwehr (s.Gepard) hätte wegen den läppigen 60 mio Euro im Jahr durch Herrn Schäuble niemals abgeschafft werden sollen. Nun stehen alle wie ein Ochs vorm Berg was nun endlich neu angeschafft werden soll und was effektiv ist und evtl. nicht. Gepard war für den Nahbereich die erste Wahl und hat bestens funktioniert.
Gruß
Lupus
(Ehemaliger Roländer)
@christian bühring | 18. März 2018 – 20:17
„Ein Offizier mit entsprechendem Wissen und Verantwortungsbereich handelt pflichtvergessen und illoyal, wenn er sich nicht ernsthaft aus eigenem Antrieb intensiv mit dem Thema seiner Profession auseinandersetzt und sich entsprechend bildet.“
SARC/ Na, dann können wir ja davon ausgehen, dass das auch alle so machen.
Und nebenbei: angesichts des weiten Feldes von vor allem englischsprachiger sicherheitspolitischer, militärpolitischer und militärfachlicher Literatur ist es ja auch gar kein Problem jederzeit auf neuestem Stand zu sein…
Ja, Quantität über Qualität und einfaches bewährtes über technologisch hochkomplexes.
Ich glaube immer noch, dass die beste Landesverteidigung aus folgendem besteht:
20 Millionen G36 (plus Munition),
viele Panzerabwehrraketen (und vielleicht MANPADS),
Sprengsätze für Brücken
Diese dezentral verteilt über Deutschland eingelagert.
Für Männer/Frauen bis 50 Jahre ein freiwilliges jährliches Schießtraining und kleine Widerstandskunde.
Das bringt am Ende mehr als das, was wir jetzt haben. Und ist billiger.
Für den Rest (Sicherheit in der Welt, Engagement in der Sicherheitspolitik) würde eine viel viel kleinere Armee ausreichen oder sogar nur bestimmte Teilstreitkräfte wie Sanität, Marine und Luftbetankung/Transport.
@Felix
Die Russen habenDrohnen mit Thermitgranaten auf mindestens zwei Depots gelenkt, wobei eines mit Munition im Wert von ca. 1Mrd. $ gesprengt wurde.
Ich denke allerdings nicht, dass 3D-Druck Dronenschwärme hervorbringt. Laserkreisel, Kameras und vor allem ein störungssicherer Datenlink kosten sehr viel Geld sowie die Zulassung Zeit, wodurch auch nicht so einfach auf Bedrohungen durch Ändern des Designs reagiert werden kann.
3D-Druck von z.B. einer Schienenhalterung für eine Taschenlampe oder individuelles Stützkorsett bei Verletzungen: ist das regulatorisch überhaupt erlaubt?
Es wird beim Metall-3D-Druck noch einige Jahre dauern, bis er serienreif ist. In Bezug auf die Prüfmethoden noch sehr viel länger. Automatisierte Prüfmethoden im Allgemeinen hinken definitv hinterher, obwohl sie in einem Sonderforschungsbereich (SFB) behandelt werden.
In einem Krieg sind elektr. Kriegsführung und Aufklärung entscheidend, welche kostspielig sind.
Ich denke, man sollte das Wort „Drone“ hier durch „ferngesteuerte Waffenstation“ ersetzen, die relativ unabhänigig von der Plattform ist und mit vielseitigen „Payloads“ bestückt werden kann.