Ausbildung in Pfullendorf: Verdacht auf „beabsichtigte Überforderung“
Die Spezialausbildungskompanie 209 in Pfullendorf ist eine besondere Einheit. Nicht nur, weil sie mit rund 500 Soldatinnen und Soldaten eine der größten Kompanien des Heeres ist: In dieser Einheit wird der Feldwebel-Nachwuchs für die Fallschirmjägertruppe und das Kommando Spezialkräfte (KSK) ausgebildet. Das bedeutet zum einen höhere körperliche Anforderungen – zum anderen aber auch, dass diese Kompanie gerade nach den verschiedenen Vorfällen des vergangenen Jahres am Ausbildungszentrum Spezielle Operationen in Pfullendorf unter besonderem Augenmerk steht.
In dieser Ausbildungskompanie, deren Auftrag grundsätzlich der gleiche ist wie bei den Feldwebel- und Unteroffizierbataillonen des Heeres, lief nach den bisherigen internen Ermittlungen der Bundeswehr Anfang Januar bei der ausdauerorientierten Sportausbildung etwas gründlich schief.
Bei einem 15-Kilometer-Lauf erlitten sieben Rekrutinnen und Rekruten körperliche Erschöpfungserscheinungen unterschiedlicher Art, heißt es in einem Bericht, den der Parlamentarische Staatssekretär Peter Tauber dem Verteidigungsausschuss des Bundestages vorlegte. Ein Soldat brach sogar bewusstlos zusammen und kam erst während der Verlegung in das Kreiskrankenhaus Pfullendorf wieder zu sich.
Zuvor hatten die Ausbilder die Rekruten über das normale Laufpensum hinaus gefordert. Aus dem Bericht, der Augen geradeaus! vorliegt:
Nach 1,5 km konnte die Marschformation an einer Steigung aufgrund der zu hohen körperlichen Belastung nicht mehr eingehalten werden. Es kam zu „Abrissen“.
Daraufhin hat der Ausbilder den vorn laufenden Rekruten befohlen, umzukehren und die zurückliegenden Rekruten wieder einzusammeln. Diese Maßnahme wurde insgesamt dreimal wiederholt. Dabei brach der o.a. letztgenannte Rekrut gegen 14.00 Uhr zusammen und wurde bewusstlos.
Aus den bislang bekannten Einzelheiten dieses Ausbildungslaufs wird in Taubers Bericht der Schluss gezogen:
Der Geländelauf wurde in diesem Fall überfordernd und dem Ausbildungs- und Trainingsstand der Feldwebelanwärter zu Beginn der Ausbildung nicht angemessen durchgeführt. Es besteht darüber hinaus der Veracht, dass der Geländelauf als „Selektionslauf“ angelegt und zumindest die Überforderung einer Rekruten beabsichtigt gewesen sein könnte.
Es hat sich damit der Verdacht erhärtet, dass im vorliegenden Fall nicht nur die Methodik der Sportausbildung falsch war, sondern auch gegen Grundsätze einer zeitgemäßen Menschenführung und weitere soldatische Pflichten verstoßen worden sein könnte.
Bei dieser – vorläufigen – Beurteilung spielte offensicht eine Rolle, dass die Rekruten erst am 2. Januar ihren Dienst bei der Bundeswehr angetreten hatten – exakt eine Woche vor diesem Training.
Als erste Konsequenz wurde gegen den Oberleutnant, der als Zugführer den abwesenden Kompaniechef vertrat, eine Disziplinarbuße von 2.000 Euro verhängt: Wegen des Verstoßes gegen die Fürsorgepflicht, die Pflicht zur Dienstaufsicht sowie gegen Dienstvorschriften, heißt es in dem Bericht. Gegen den Gruppenführer bei dieser Ausbildung wurden disziplinarische Vorermittlungen eingeleitet, außerdem seien die Ermittlungsunterlagen auf Anfrage der Staatsanwaltschaft Hechingen zur Verfügung gestellt worden.
Im Heer wie im Ministerium dürfte zudem für Ärger gesorgt haben, dass sowohl das Ressort als auch das Kommando Heer erst durch anonyme Schreiben am 14. Januar von dem Vorfall am 9. Januar erfuhren. Im Meldewesen Innere und Soziale Lage der Bundeswehr wurde das Ereignis, meldepflichtig wegen des Ausfalls eines Soldatens, erst am 17. Januar eingestellt.
Die Probleme in der Spezialausbildungskompanie trugen offensichtlich zu der Weisung des Ausbildungskommandos von Mitte März bei, in der die Bedeutung individueller körperlicher Unversehrtheit hervorgehoben wird. Kommandeur Generalmajor Norbert Wagner hatte in seinem Schreiben auch darauf hingewiesen, dass ein Vorfall in Pfullendorf derzeit strafrechtlich untersucht werde.
(Erste Berichte über den Vorfall im Januar hatte es Anfang März in der Lokalpresse gegeben, z.B. im Südkurier; Link aus bekannten Gründen nicht. Den Bericht Taubers hatte am heutigen Mittwochmorgen auch Spiegel Online aufgegriffen.)
(Archiv/Symbolbild: Durchschlageübung der 5. Kompanie des Gebirgspionierbataillons 8 aus Ingolstadt am 14.06.2010 – Bundeswehr/Andrea Bienert; leider habe ich keine verwendbaren Fotos von Ausbildung im Sportanzug finden können. Hat jemand was passendes?)
Moin,
so langsam wird die Diskussion wirklich interessant, weil aus meiner Wahrnehmung sachlicher.
Bitte um Verständnis, aber ich hole jetzt einmal ein wenig „weiter“ aus und werde den einen oder anderen wahrscheinlich wieder mit „old school“ nerven. Im Kern geht es mir um die Themen Ausbildung, Zeit und Einsatzfähigkeit in der gegenwärtig praktizierten „Herstellung“. (vom Einsatz her denken – will sagen: von der „Mutter aller Einsätze“: Afghanistan, bzw. auch Mali) Das strukturelle Thema „Army light“ spare ich aus – obwohl imho da ein Zusammenhang besteht.
Ala der Klabautermann 1971 als W18 (mit bail-out Option 15 Monate im Falle Studienplatz) in einen „Aburentenzug“ („Eliterekruten“) gezogen wurde, da dauerte seine Ausbildung zum „Jäger“ mit Gruppenführerqualifikation (inkl. PGren Zweit-ATN) 9 Monate, aufgeteilt in Grund-, Spezialgrund- und Voll-Ausbildung. Interessenten für SaZ und Einzelkämpfer-/Jagdtrupp-Ausbildung wurden erst nach diesen 9 Monaten umgesteuert. Man nahm sich die Zeit beim deutschen Herr „Qualität“ zu produzieren und legte bei der Hippie-Haarnetz-Generation eine erstaunlich moderne Ausbildungsleistung hin. (Der Eilmarsch war damals übrigens 20 km und die Tagesleistung Gepäckmarsch war 40 km – diese Leistungen wurden aber erst in der Vollausbildung, also nach 6 Monaten Ausbildung abgefordert.)
Wenn das zu Zeiten der W18/15 Wehrpflicht möglich war, warum ist eine solche „Methodik der Ausbildung“ denn heute nicht mehr „möglich“ in einer Zeit, in der die Wehrpflicht nur noch auf dem Gesetzespapier besteht, die BW aber realiter eine so genannte Berufsarmee ist. Woher kommt diese Hast, teilweise mit der „Selektionsbrechstange“ (sorry) innerhalb kürzester Zeit spezialisierte Infanteristen zu „produzieren“ ? Masse statt Klasse, weil die Einsätze „gefüttert“ werden müssen ?
Das klingt vielleicht polemisch – ist aber so nicht gemein – sondern eine ernsthafte Frage
Überspitzt formuliert: das Heer hat kein Ausrüstungs- und auch kein Personalproblem. das Heer hat ein Ausbildungsproblem: inhaltlich, methodisch und strukturell (siehe @Muhammad as-Sahhaf ).
Eine Trendwende Ausbildung kann aber nicht vom BMVg quasi befohlen werden, auf diesen „Trichter“ muß der InspH von selbst kommen – kann ja wohl nicht sein, dass wir mehr Soldaten in der Regelausbildung „verlieren“ als in den Einsätzen (das war jetzt natürlich ganz pöse, aber ich bin nun einmal der Klabautermann). Wer alles können wil (Breite vor Tiefe), der kann am Ende goar nix mehr, und wenn man nur noch von den real existierenden Einsätzen wie Afghanistan oder Mali her denkt, dann soll sich bitte niemand mehr wundern, dass die Fähigkeit zur glaubwürdigen Bündnis- und Landesverteidigung auch in 10 Jahren – trotz Trendwende Mat, Pers, HH – eine Chimäre bleiben wird.
Wie sagte einst ein kluger Mann: Manchmal sollte man seine Reflexe reflektieren Herr General.
;-)
@ Wa-Ge | 21. März 2018 – 19:44
„[…] Das war bei uns im Btl und später min Rgt das größte Problem, die Erwartungshaltung und der Anspruch bzw. die Einstellung der jungen Feldwebel.“
Das Problem gab oder gibt es aber auch bei lebensälteren und erfahrenen Soldaten. Aus meiner Sicht muss man jeden Einzelnen betrachten.
Das gilt meines Erachtens nach auch für AGA. Die militär-politische Leitung/Führung muss sich darüber klar werden, was sie will (z.B. KdoFw) und wie sie das (Auswahl, Ausbildungs- und Verwendungsaufbau) in welcher Zeit (2, 5 oder 7 Jahre) erreichen will bzw. kann.
@Pio-Fritz | 21. März 2018 – 13:29
„Ein Übungsleiter Bw reicht doch, er kann sich so viele Hilfsausbilder mitnehmen, wie er braucht. Er muss sie nur anleiten und beaufsichtigen, d.h. nicht, er muss diese ununterbrochen im Auge haben,…“
Das entspricht nicht der Vorschriftenlage. Der Durchführende einer Sportausbildung muss dazu befähigt sein, die Inhalte der Sportausbildung durchführen zu dürfen. Und er hat persönlich anwesend zu sein, hat also“ alle im Blick“ zu haben.
Daran ändert sich nichts, wenn der Befähigte, z. B. „Übungsleiter Bw“ gleichzeitig Leitender ist. Die Sportausbildung in der Bundeswehr kennt nur befähigtes Personal, dass die Ausbildung durchführt.
Und das ist mindestens seit 20 Jahren so.
Bevor die Anmerkung kommt, dass ja z. B. beim Zirkeltraining an jeder Station „jemand aufpasst und hilft“ und die nicht alle mit absolvierten Lehrgang ausgestattet sein können:
1. Konzeptionell schon.
2. Man schaue dazu in die Handreichungen. Man baut eben ein Zirkeltraining so auf, dass man Alle und Alles im Blick hat.
—
Die Kritik, dass die jungen Frauen und Männer in diese Kompanie eingezogen werden, ist unangemessen. Außerdem ist das nicht neu.
Die Ausbildungsinhalte sind ferner geregelt. Die Frage, ob ein 15km Selektionslauf in der zweiten Ausbildungswoche dazu gehört, hat die Dienstaufsicht in Person Generalmajor Wagner verneint. Darauf kommt es an.
Da ich die Ermittlungsergebnisse mir nicht vorliegen, äußere ich mich zum Sachverhalt selbst nicht.
Grundsätzlich:
Am Begriff „Selektion“ würde ich mich schon reiben wollen. Wir selektieren in der Bw keine Menschen. Wir wählen und bilden sie für Laufbahnen aus auf Grundlage feststehender und klar begründbarer Regeln.
Diese Auswahl ist legitim und notwendig. Mit Hinblick auf Krise und Krieg ist sie sogar lebensnotwendig. Btw gibt es in der Bw auch für den Friedensbetrieb AVR’s, die dem Rechnung zu tragen haben: EOD und Atemgeräteträger zum Beispiel.
Dass die vordefinierte Zeit, bis wann man jemanden innerhalb einer AVR zur „Einsatzreife“ entwickelt haben muss, den Abholpunkt unmittelbar beeinflusst, ist dabei logisch. Es ist natürlich anzustreben, eine Lerngruppenanalyse zur Feststellung ob dieser Abholpunkt erreicht wurde, so durchzuführen, dass diese für die „Trainingsteilnehmer“ nicht im Krankenstand endet und für die Ausbilder beherrschbar bleibt.
Am Beispiel der Atemgeräteträger illustriert: diverse Feuerwehren verlassen sich nicht nur auf die ergometrische Untersuchung, sondern Angehörige müssen sich regelhaft in einem standardisierten Parcours („Atemschutzstrecke“) einer Überprüfung stellen, die körperlich extrem belastend ist. Dazu werden sie vorher eingehend untersucht. Und während des Absolvierens (auch) mittels Medizingeräts überwacht.
Die Überwachung klingt logisch, weil man den Teilnehmern ja „nicht in die Augen sehen kann“.
Und jetzt bitte ich aber, sich einfach zu lösen von der Vorstellung, als Ausbilder, meist medizinische Laien, könne man „mit einem Blick“ eine Gesamtanamnese des Trainingsteilnehmers durchführen. Natürlich deckt die in der Bundeswehr, in der Regel, qualitativ hochwertige Ersthelferausbildung ein Spektrum ab. Aber Notfallhelfer oder Arzt wird man damit nicht.
Möchte die Bundeswehrführung eine gezielte Überwachung der Trainingsteilnehmer erreichen, dann durch fachgerechtes Monitoring.
Mag vllt. hart klingen, aber genauso lief meine Spezialgrundausbildung und Offizierausbildung im Heer am Anfang auch. Berg hoch zur Schießbahn mit vollem Gerödel und Gepäck. Hat einer abgerissen wurde umgedreht und eingesammelt. Reichte auch das nicht auf, wurde Gepäck der „schwächeren“ Kameraden aufgeteilt.
Das stammt übrigens nicht aus den 70igern sondern von Anfang dieses Jahrtausends. Und nicht Kampftruppe sondern Führungstruppe. Hat den Zusammenhalt und die Kameradschaft enorm gestärkt.
Wie sich doch die Zeiten ändern.
@ Sachlicher | 22. März 2018 – 11:12
Zutreffender Kommentar.
1. Reden wir hier wirklich über „Überforderung“ eines jungen Menschen bei einem 15 KM Marsch ? Also nicht15 KM Lauf oder 50 KM Marsch? Und Musterung mit einem BMI über 31?
2. Stichwort „Mentale Ausbildungsvorbereitung…“
https://www.sealswcc.com/navy-seal-podcast.html
….desweiteren bin ich immer noch in Schockstarre was mittlerweile „normal“ ist…
[Nur damit sich das nicht falsch festsetzt: Es war ein 15-Km-Lauf. T.W.]
@Sachlicher
Können Sie mir bitte den inhaltlichen Unterschied zwischen auswählen und selektieren und damit einhergehend die Begründung erläutern, warum in der Bundeswehr keine Menschen anhand von Kriterien selektiert werden sollten?
Generell sehe ich in der Methode der Ausbildung keinen Fehler, halte es aber auch für bedenklich dies über eine Strecke von 15km mit untrainierten Rekruten im deutlich welligen Gelände von Pfullendorf durchzuführen, ohne dass die Ausbilder die einzelnen Rekruten kennen und einschätzen können. Hier fehlt mir allerdings die Information, welche Eingangstests und Untersuchungen die Rekruten bereits vor dem Dienstantritt durchlaufen haben. Konnte die Kp davon ausgehen, dass alle Rekruten gesundheitlich dazu in der Lage sind und bereits über eine entsprechende Fitness verfügten?
Ein 15km Lauf kommt nicht durch Zufall auf den DP und wird genehmigt. Die Frage ist, von welchen Voraussetzungen hier ausgegangen wurde und ob vielleicht bereits Erfahrungen aus vorigen Ausbildungen mit dieser Terminierung bestanden. Grundsätzlich halte ich die Strecke für Rekruten in der ersten Woche für zu lang. Zunächst hätten die Ausbilder bei geringeren Strecken Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit der einzelnen Rekruten sammeln können, um auch einschätzen zu können, wann ein einzelner Rekrut herausgenommen werden muss oder die gesamte Ausbildung für alle verkürzt werden muss. Aus den im Sachverhalt enthaltenen und nicht enthaltenen Informationen einem der beteiligten Vorgesetzten Fehlverhalten oder überzogene Härte zu unterstellen, halte ich auf dieser Grundlage für nicht sinnvoll.
@SEAKING | 22. März 2018 – 13:33:
Klar, ein durchschnittlicher Soldat sollte problemlos 15km marschieren können.
ABER hier haben wir absolute Anfänger. Da sind schon die Stiefel ein massives, da ungewohntes, Problem. Hinzu kommen Gepäck, Streckenprofil, Gruppengeschwindigkeit, ggf. Marschformation, ungewohntes Bekleidungssystem, … Und all das bei blutigen Anfängern.
Wer ohne rosarote Brille auf seine eigene AGA und die ersten Marsch- und Gefechtsdiensttage zurückblickt, sieht sich selbst auch an seiner Leistungsgrenze. Obwohl es objektiv betrachtet aus heutiger Sicht, nur Minimalanforderungen waren. [Und der Held, der in der AGA nie geschwitzt hat, der denkt eben an seine fluchenden Stubenkameraden zurück.]
Die Rekruten haben den Wunsch zur spezialisierten Verwendung. Und sie bewerben sich damit bzw. werden vom Berater darauf gestoßen. Und der Einstellungstest sagt ihnen, dass sie das versuchen sollen.
Niemand kann einem solchen Rekruten einen Vorwurf machen, wenn er physisch oder psychisch doch nicht geeignet ist – oder auch nur mal einen schlechten Tag hat.
Auch dienstrechtlich darf der Arbeitgeber Bundeswehr in der Ausbildung nur am im Einstellungstest abgeprüften Leistungsstand anknüpfen.
Weitere Steigerungen sind natürlich möglich. Aber auch da muss beachtet werden, was ein durchschnittlich Trainierbarer in der zur Verfügung gestellten Zeit mit den zur Verfügung gestellten Mitteln erreichen kann.
Ja, es geht um einen „Lauf“. Aber da gilt im Grunde das selbe.
@Cynic2 | 22. März 2018 – 14:20
„Können Sie mir bitte den inhaltlichen Unterschied zwischen auswählen und selektieren und damit einhergehend die Begründung erläutern, warum in der Bundeswehr keine Menschen anhand von Kriterien selektiert werden sollten?“
Wenn Sie auf das lateinische Ursprungswort abstellen, dann gibt es keinen.
Ich verstehe auch, wenn es „umgangssprachlich“ genutzt wird. Institutionell sollte man mMn auf die Verwendung verzichten aufgrund der deutschen Geschichte. Darüber hinaus ist z. B. die Verwendung des Wortes „Qualifikationslauf“ didaktisch einfach stimmiger als Selektionslauf.
Ich sage es aber nochmal: Ich würde mich daran reiben. Ich möchte nicht Sie damit gezwungen sehen, dies auch zu tun.
Markante Aussage:
“ Die Bundeswehr kündigte an,
die Ausbildung besser an die Fitness der Soldaten anzupassen.“
– Na denn…los geht es.-
Sollte der Geländelauf mit „tatsächlichen“ 15km im Dienstplan gestanden haben so ist dies sicher fraglich. Sollte der Lauf nicht im/auf dem Dienstplan gestanden haben…wirds eng.
Zudem ist die Wiedergabe der Presse mehr als Fehlerhaft. Von Gewaltmarsch, über Selektionslauf bis Geländelauf ist ja alles zu finden.
Frage:
Auf was/welche Referenz bezieht sich eigentlich die Aussage mit den 1,5km?
Mich stört hier wieder einmal, das jemand „keine Cojones“ hatte da einzugreifen und einfach mal STOP zu sagen. Statt dessen „wieder einmal“ die Nummer mit der anonymen ich weis was! Meldung an BmVg / AusbKdo.
Auch das ist bedenklich, sehr sogar.
Wundert aber nicht, weil ja diverse Mütter irgendwen in der Hotline informiert wenn der Sohn/Tocher „Blasen“ vom Marsch nach Hause bringt.
In Bezug auf die Vorschrift A-2640/34 stellt sich mir ebenfalls die Frage ob nun jeder „Schwächeanfall“ gemeldet werden muss oder nur die „wirklich“ dicken Dinger die tatsächlich mit „(Meldewesen) Innere und Soziale Lage der Bundeswehr“ zu tun haben….von den fahrlässigen Körperverletzungen und versuchtem Totschlag abgesehen.
Vielleicht kan mir das ja mal jemand plausibel verklickern nachdem die alte 10/13 ja pulverisiert wurde.
Es reicht ja wohl schon, wenn jemand die Grundausbildung abbricht um den Bürokratiebomber nebst Mitzeichnungs-und Meldeverfahren zu starten!
All das bis jetzt zu diesem Thema hier angesprochen wurde und auch diskutiert oder kommentiert wurde ist sehr interessant. Ich blicke auf bereits 20 Dienstjahre zurück und habe sehr viele Ansätze für die Sportausbildung mitgemacht. Jedoch hat sich keines so richtig durchgesetzt. Es werden m.M. viel zu wenig Trainingsstunden angeboten um die Soldaten zum Beispiel auf die Erfüllung der IGF Leistungen vorzubereiten. Nehmen wir zum Bsp. Den 30min Lauf, der wirklich nur dafür da ist unabhängig von der Geschwindigkeit eben diese Zeit kontinuierlich in Bewegung zu bleiben. Da fangen bei jungen Rekruten schon die Probleme an. Hier muss man bei „0“ anfangen. Ich stelle die Frage, ob wir das in der Kürze der Grundausbildung überhaupt richtig machen können? Dafür haben wir m.M nach die Zeit nicht.
Den Einstellungstest sehe ich hier klar als Indikator. Dieser muss gezielt auf die Anforderungen abgestimmt werden!
Die Anforderungen sind doch noch die gleichen wie vor 20 Jahren oder irre ich mich?
Müssen sich hier noch mehr tragische Ereignisse wiederholen bis man reagiert?
@Reiter
So ist es.
Man muss halt wissen was man will, schauen was man hat und los gehts!
Doch es hapert ja schon am Ersten.
Auch wollen wohl viele sich bei der Bestandsaufnahme nicht an der Realität orientieren, sondern am Wunsch und dann gibt es eben kaum ein Delta.
Wir wissen ALLE, dass wir in der Ausbildung zuwenig Zeit haben und unsere Ausbilder oft eher fachlich als pädagogisch orientiert sind. Die Ausbildung der Ausbilder/LehrOffze ist sehr gut in der Bw, doch man gibt uns nachher nicht die nötigen Ressourcen und Unterstützung um das gelernte umzusetzen. Wer an der Grenze handelt übertritt sie irgendwann (bewusst oder nicht).
In vielen Bereichen wurde die Ausbildung ständig gekürzt ohne ernsthafte Aufgabenkritik (kompetenz- und fähigkeitsorientiert). Dazu kommt der Mangel an erfahrenen Ausbildern.
Ich kenne die 209 seit ihrer Aufstellung ueber mehre Jahre hinweg, von aussen.
Struktur, Binnenverhaeltnisse, „Erfolgsdruck“ von oben und aussen und eine nahezu anonyme, weil sehr komplexe, individualisierte verschachtelte Ausbildungsorganisation laesst wenig bis keinen Spielraum fuer die Fuehrung, auf einzelne Soldaten, Qualitaet und Weiterentwicklung der Ausbilder und Erziehung im weitesten Sinne aufwenden. Man sollte sich mal den buerokratischen Wahnsinn ansehen, der Chef und Spiess jeden Tag um die Ohren fliegt!
Einen Hauptmann A11/12 mit der Fuehrung von bis zu 500 Soldaten in parallelen Ausbildungsklassen, einschl. AGA, zu beauftragen, ist falsch.
Die Ausbildung und Erziehung zu einem Soldaten fuer die SpezKr verlangt Fingerspitzengefuehl, etwas Geduld, festen Willen und erfordert vom Bewerber zunaechst und vor allem, geistige Disziplin oder anders ausgedrueckt- Reife.
Ich halte daher wenig von jungen Bewerbern, die sich von der Aura „Spezial“ zwar angezogen fuehlen, aber nicht wissen (koennen), was es bedeutet da hinein zu wachsen. In meiner truppenaktiven Zeit bei FeSpaeh, habe ich es vorgezogen, Bewerber von ausserhalb zu bekommen, die zwar dort eine andere mil Praegung erfahren haben, sich aber bewusst fuer einen anderen, haerteren Weg entschieden haben. 23- 25 -jaehrige sind besser geeignet als 18- oder 19 jaehrige. Ich bezweifle daher auch, dass es richtig ist, Bewerber fuer die SpezKr bereits aus einer eigens durchgefuehrten AGA gewinnen zu wollen. SpezKr waren immer gut beraten, sich die vorher erworbene Expertise ihrer Bewerber aus anderen Verwendungsreihungen zunutze zu machen. Das ist komplementaer und beugt verkapselten Scheuklappendenken und -gebaren vor. „Spezial“ zu sein, heisst auch immer vielfaeltig zu sein.
Ausbilder in diesem Umfeld sind angehalten, eine Auslese vorzunehmen. Das geht nicht ohne Haerte ab um festzustellen, wie es v.a. um die geistige Bereitschaft bestellt ist, Haerten und Widerstaende zu ertragen und zu ueberwinden. Das mag in der post-heroischen Gesellschaft nicht gewuenscht sein, ist aber unbestreitbar notwendig um nicht nur Einsatzauftraege erfuellen zu koennen, sondern daraus auch lebendig wieder zurueckzukehren. Wer das nicht kann und will, gehoert da auch nicht hin, den er gefaehrdet beides.
Auf einem andern Blatt steht da die „erzieherische Begleitung“, wie man junge Leute dafuer fit macht, sie -allmaehlich- an hoechste Leistungsstufen heranfuehrt, etwas Geduld hervorbringt, weil nicht Jeder in allem gleich gut ist.
Kann man das in einer Organisation wie die der 209 leisten?
Hinzu kommt, dass der erzieherische Einfluss des KSK auf dies Kp gering ist, der der FschJg jedoch bestaendig zugenommen hat, waehrend FeSpaeh-Expertise verloren ging. Rekruten mit dem Anforderungssymbol FeSpaeh gibt es nicht mehr, mit denen der Inf und FschJg sehr wohl. Das sind im detail durchaus veritable Unterschiede.
Zu guter letzt, es stand stand bereits weiter oben geschrieben: warum werden diese Art von Truppenvorkommnissen so medial ausgeschlachtet? Es schadet nicht nur der Kp, dem StO Pfullendorf, sondern auch den betroffenen Soldaten. Sich in der Ausbildung bis zur Erschoepfung zu verausgaben verweist eigentlich auf eine positive Einstellung und der Umstand „versagt“ oder gescheitert zu sein, wiegt schon schwer genug auf dem jungen Mann. Solche Vorfaelle durch das medial aufgeheizte Dorf DEU zu tragen – so beschaedigt man Strukturen, Ausbilder, Rekruten- Menschen. Oder glaubt hier jemand allen Ernstes, dass dieser Mann jemals seinem – unterstellten- Wunsch „Spezial“ zu warden, dadurch naeher gekommen ist, indem sich die gesamte Hauptstadttpresse auf ihn geworfen hat?
Es waere an der Zeit, den Ausbildungs- und Erziehungskomplex „Spez- und SpezlKr“, deren Strukturen, PersAuswahl – zumindest in Teilen-in Ruhe, aber ganzheitlich zu ueberdenken. Und: Vieles von dem was sich ueber lange Jahre bewaehrt hatte, wurde dem „Modernisierungs-„wahn geopfert, einschliesslich der Einsicht, dass es gewachsene, homogene verbaende und Einheiten sind, die am besten auf sich und ihre Soldaten aufpassen und willkuerlich aus Zerschlagungen und Neuaufstellungen zusammengesetzte Einheiten es einfach viel schwerer haben, den Erwartungen und Anforderungen gerecht zu werden. Es zeigt sich, dass die TdM’schen- Aufloesungen vor allem am Faktor Mensch grosse Schaeden verursacht haben. Wirtschaftsingenieure, Controller und Kaufmannsseelen moegen das anders sehen.
Zeit, ueber eigene Fehler nachzudenken, und nicht nur den Stab ueber Jene zu brechen, die man in diese Situation hinein geworfen hat.
@ 0815
Wie würden Sie denn einen Geländelauf mit Sprinteinlagen (Umkehrkurve 3 x ) in der zweiten Ausbildungswoche für den Dienstplan bennennen ?
Die durchschnittliche Bewerberqualität der Rekruten ist heute schlechter als vor 20 Jahren (nicht nur körperlich, sondern auch von den Bildungsvoraussetzungen her). Das hat damit zu tun, das es Deutschland wirtschaftlich gut geht und die Bw (außer bei Spezialverwendungen) nicht zu den bevorzugten Arbeitgebern der jungen Generation gehört.
Die Ausbildungslandschaft der Bw hat in den letzten 20 Jahren darauf reagiert, indem sie die Ausbildungsgänge massiv verkürzt hat, um die geforderten 3 Jahre Dienstzeit bis zur Befördung zum Fw einzuhalten.
Durchschnittliche schlechtere Eingangsvoraussetzung kombiniert mit kürzerer Ausbildungszeit kann nicht funktionieren, oder ?
Der „Luzifer-“ oder „Halo-Effekt“ der Ausbilder ist eine Frage der Selbstdisziplin der Ausbilder. Wenn köperlich und geistig fitte Ausbilder bei jedem Ausbildungsdurchgang auf gleich unterentwickelte Rekruten treffen, dann ist es eine Frage der eigenen Einstellung und der Einstellung zu den neuen Kameraden gegenüber, ob man überheblich in seinem Verhalten wird oder nicht.
Zitat:
„Auf „Eine Frage der Ehre“ gehe ich nicht ein. Das unterstellt dem gesamten Führungspersonal von ihrer Seite aus „Duldung“. Der Zug ist weg, abgefahren.
Bewerben Sie sich einfach auf einen adäquaten DP in der SpezAusbKp. Viel Spass!
Die gesamte Pers/Org STAN ist ohnehin eine Frechheit. Das der Laden noch nicht vorher detoniert ist wundert mich ohnenhin.“
Ja, die Pers STAN ist eine Frechheit, eine 500 Mann Kompanie, fast in Bataillonsstärke mit dem Führungspersonal für nur eine Kompanie. Der Chef und der Zugführer, OLt kann einem wirklich leid tun. Meiner Meinung ein Verstoß gegen § 18 BBesG, Grundsatz der „funktionsgerechten Besoldung“, der vor einem Verwaltungsgericht auch einklagbar wäre. Muss man halt diesen Weg als Betroffener auch gehen, notfalls mit Hilfe des Bundeswehrverbandes. Auch soweit zu den „Eiern in der Hose“.
Zu der Frage der „Duldung“ des durchgeführten „Auswahllaufes“ durch den Zugführes.
Meiner Meinung nach ist die Disziplinarbuße wegen „Verstoßes gegen die Fürsorgepflicht, der Dienstaufsicht und des Verstoßes gegen Dienstvorschriften“ deshalb so relativ hoch ausgefallen (2000 Euro), weil man ihm genau das „bewusste Wegschauen bei dem Vorgang der Gruppenführer“ im Sinne eines „Code Red“ unterstellt hat.
PS: Bei den FSchJg hätte ich mich nie als Zeitsoldat beworben, geschweigen denn meine 35 Dienstjahre dort absolviert. Ich wäre dafür auch nicht geeignet gewesen, weder körperlich noch mental.
@Eric Hagen | 23. März 2018 – 9:46
Danke für Ihre Darstellung.
@ Eric Hagen:
1++
@all
Es gibt einen thematisch dazu passenden neuen Eintrag
http://augengeradeaus.net/2018/03/heer-stellt-grundausbildung-um-erste-sechs-wochen-fuer-die-fitness/
@Eric Hagen
Die Anmerkung zur Hauptstadtpresse, zu der ich ja irgendwie auch gehöre, nehme ich zum Anlass, noch mal darauf hinzuweisen: Die ersten Berichte dazu gab es, wie oben im Text geschrieben, in der Lokalpresse. So was kommt oft vor Ort hoch, das ist auch gut so und ein Zeichen dafür, dass es nicht die so oft vermutete Meute in Berlin ist, die das Thema zum Thema macht…
@Georg | 23. März 2018 – 9:54
Danke für die Sachliche Rückantwort
-Wie würden Sie denn einen Geländelauf mit Sprinteinlagen (Umkehrkurve 3 x ) in der zweiten Ausbildungswoche für den Dienstplan bennennen ?-
So vielleicht? (Lässt sich das so pauschal beschreiben?)
Allgemeine Sportausbildung
– Dehnungsübungen und leichtes Aufwärmtraining
– Konditionslauf mit Steigerungsintervallen
(dabei: Lauftraining“Rundkurs“ im Individualtempo; Sprinteinlagen max.50m)
– Dehnungsübungen
alles im zeitlich begrenzten Rahmen. Sportplatz -> Geländelaufstrecke
Kopf läuft mit. In freiern Wildbahn besser als auf der Tartanbahn.
-Die durchschnittliche Bewerberqualität der Rekruten ist heute…-
Ohne Frage, nicht immer aber größtenteils deutlich anders!
Nunja…hatten wir doch schon früher nicht das gleiche Problem? Ich erinnere mich an Jahre, das war es sehr schwierig Personal aus dem Pool der W12/15/18 zu gewinnen weil die Wirtschaftslage gut war. Anderes gab es auch. Grundsätzlich war dies schon immer (m.E.) ein Problem in Bayern und Baden Württemberg. Weil beide Bundesländer traditionell eine sehr hohe Beschäftigungsqoute auf der angesiedeltes Wirtschaft hatten. Von einigen Strukturschwachen Regionen abgesehen.
Ich meine in den anderen Bundesländern sah es etwas besser aus.
Und den Humbug mit der „Verschulung der Ausbildung“ für Uff / Offz brauchen wir gar nicht schön reden. Die Auswirkungen der Attraktivitätsoffensive, Fw nach 3 Jahren ist vollkommener Müll! Denke da sollten wir beide uns einig sein ;-)
-Muss man halt diesen Weg als Betroffener auch gehen, notfalls mit Hilfe des Bundeswehrverbandes. –
War es denn einer der betroffenen oder hat das jemand unbeteiligtes seinen Senf dazu gegeben. Anonym….da schäume ich fast über. Methoden wie in der ehemaligen DDR.
Ja! u.U. macht man sich unbeliebt . Und? Ich bin doch geschützt. Ist die Beschwerde begründet, ist alles ok! Dann stehe ich aber dazu….und nicht anonym. (Ja, ich weis. Der Rekrut tut sich da vmtl schwerer)
-Zu der Frage der „Duldung“ des durchgeführten „Auswahllaufes“ durch den Zugführes.-
War es denn tatsächlich geduldet? Wusste der OL was vor sich ging? Ich meine irgendwo gelesen zu haben das er zeitgleich mit der Führung der Kp beauftragt war oder gar anderweitig „abgerufen“ wurde. Auch das ist eigentlich eine Frechheit. Sollte dies so durch andere oder gar nächsthöhere angeordnet gewesen sein.Prost Mahlzeit!
Das einer der Ausbilder wohl über die Stränge geschlagen hat ist möglich/oder gar fakt. Ob aus Naivität , Dummheit oder mit Vorsatz. Dazu fehlen uns die genauen Fakten.
Deshalb bin ich mit der „Wegschauen“ – Variante NICHT ganz einverstanden.
-….hätte ich mich nie als Zeitsoldat beworben…-
Verlangt ja auch keiner. Jeder sollte das machen was er am besten kann…egal ob Fm`ler, Inst´ler etc. oder der Mann/Frau im Stab (aber bitte mit Truppenerfahrung), alle werden gebraucht im Getriebe. Große und kleine Zahräder.
Ist/war es denn nicht absehbar das das Führungspersonal der betroffenen Kp irgendwann mal „offen“ war und deswegen leider etwas gehörig schief gelaufen ist ?
Unter den gesichtspunkten der von ihnen angesprochenen BBG im übrigen keine Seltenheit ;-) , die wenigsten müssen sich wegen ihre Besoldung beklagen…dennoch gibt es da Schieflage.
Hauptstadtpresse oder nicht.
Wie kam der Sachverhalt an die Presse? Whistleblower? Warum auch die Staatsanwaltschaft „die Unterlagen“ anforderte ist auch etwas seltsam. Alles deutlich vor dem Brief des Kdr AusbKdo….
Das Dinge schief gelaufen sind, falsch waren…keine Frage…aber die Art und Weise wie wieder damit umgegangen wird ist schädlich. Schädlicher als die Überforderung der Rekruten.
Jetzt wird alles gut! 6 Wochen Konditions- und Kraftaufbau für die Rekruten…welche diplom-Sportlehrer sollen das stemmen. Es wird schon an den neuen Geländelaufschuhen scheitern. Gem. Aussage der Männer und Frauen und Sichtung….MÜLL ala 19,95€ vom Diskounter mit 4 Buchstaben. Zumindest mit der Charge die gerade Regional ausgeliefert wurde. Gruselig