GroKo-Sondierungen: Vereinbarungen bis ins Detail, mehr Soldaten nach Afghanistan

Diese Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU und SPD vor einer möglichen neuen Großen Koalition sind aus verschiedenen Gründen eine sehr merkwürdige Sache – nicht zuletzt zeigt das auch das Ergebnispapier, das am (heutigen) Freitagmorgen nach einer langen Nachtsitzung bekannt wurde: In diesem Ergebnis von Sondierungsgesprächen (nicht etwa Koalitionsverhandlungen, die kommen erst noch) stehen Vereinbarungen mit weitreichendem Detaillierungsgrad drin, andere Dinge bleiben dagegen unkonkret.

Das gilt auch für die Passage zur Außen- und Sicherheitspolitik :

• Alle drei Parteien betonen die Bedeutung der Bundeswehr als unverzichtbarer Bestandteil deutscher Sicherheitspolitik – und sagen eine ausreichende Finanzierung zu:

Damit sie die ihr erteilten Aufträge in allen Dimensionen sachgerecht erfüllen kann, werden wir den Soldatinnen und Soldaten die bestmögliche Ausrüstung, Ausbildung und Betreuung zur Verfügung stellen.

zugleich bleiben sie allerdings in Bezug auf die Finanzierung und die Höhe des Verteidigungshaushalts recht vage, während sie bei der Entwicklungszusammenarbeit vergleichsweise konkret die – schon einmal geplante – Erhöhung der so genannten ODA-Quote (Official Development Aid) nennen:

Wir werden auch unsere Ausgaben in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe und zivile Krisenprävention deutlich erhöhen. Die Erreichung der ODA-Quote von 0,7 Prozent ist unser Ziel.

Dann findet sich aber auch eine sehr grobe Finanzplanung:

und auch wenn ich nicht einschätzen kann, in welcher Höhe die Erreichung der ODA-Quote zu Buche schlägt: Eine Summe von zwei Milliarden Euro für Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe, zivile Krisenprävention und Verteidigung auf drei Jahre? Das kommt mir merkwürdig wenig vor.

Eindeutiger positionierten sich die GroKo-Verhandler bei bestimmten Auslandseinsätzen:

• Die Erhöhung der Zahl deutscher Soldaten im Afghanistan-Einsatz wird kommen. Darüber war in den vergangenen Monaten zwischen den Partnern in der geschäftsführenden Regierung ein wenig hin- und her geredet worden; bei ihrem Weihnachtsbesuch am Hindukusch hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Erhöhung wieder ins Gespräch gebracht. Das Sonderungsergebnis dazu:

Im Rahmen des multilateral vereinbarten Schutzkonzepts für Nordafghanistan werden wir die Zahl der eingesetzten Soldatinnen und Soldaten zum Schutz der Ausbilder erhöhen.

• Der Ausbildungseinsatz im Nordirak soll auslaufen, weil dort ISIS militärisch weitgehend zurückgedränkt ist. Auch die personelle Obergrenze des Anti-ISIS-Mandats für Syrien und den Irak, also insbesondere der Einsatz von Aufklärungstornados, soll gesenkt werden – faktisch hat das wenig Bedeutung, weil dafür bis zu 1.200 Soldaten eingesetzt werden können; tatsächlich waren es bisher nie mehr als knapp 500.

• Die Beteiligung an der UN-Mission MINUSMA in Mali soll fortgesetzt werden; die Obergrenze für die Zahl der Soldaten in diesem Einsatz – bislang 1.000 – soll leicht erhöht werden, weil von den Niederlanden der Feldlagerschutz übernommen wird.

• Zum Reizthema Drohnen, mit dem sich vor allem die SPD schwer tut,  findet sich nur recht allgemein der Satz, der auch schon im Koalitionsvertrag der vergangenen Wahlperiode stand:

Völkerrechtswidrige Tötungen durch autonome Waffensysteme lehnen wir ab und wollen sie weltweit ächten. Wir werden im Rahmen der europäischen Verteidigungsunion die Entwicklung der Euro-Drohne weiterführen.

aber zu dem Projekt bewaffnungsfähige Drohne, das die SPD vor der Sommerpause im vergangenen Jahr überraschend stoppte, kein Wort.

Unterm Strich: Eine bislang noch krude Mischung aus Grundsatzerklärung und Einzelfallregelung. Vielleicht ja auch nur, um damit in den Parteigremien ein Ja zu echten Koalitionsverhandlungen zu bekommen. Und der Koalitionsvertrag, der dabei herauskommt, wird das Entscheidende.

Nachtrag: Das Gesamtpapier zum Nachlesen hier.

(Archivbild: von der Leyen beim Truppenbesuch in Nordafghanistan am 19. Dezember 2017 – Bundeswehr/Jane Schmidt)