Neuer Traditionserlass: „Handwerkliches Können im Gefecht“ alleine reicht nicht
Das Verteidigungsministerium hat den Entwurf des neuen Traditionserlasses für die Bundeswehr fertiggestellt. Zu Beginn dieser Woche wurde er an die so genannten Beteiligungsgremien verschickt, die bei der Endfassung ein Wort mitzureden haben, aber bislang noch nicht veröffentlicht. Allerdings sind wesentliche Grundzüge des neuen Erlasses bekannt geworden – mehr dazu weiter unten.
Mit dem neuen Erlass, fertiggestellt nach einer Reihe von Workshops, folgt das Ministerium der von Ressortchefin Ursula von der Leyen im Sommer vorgegebenen Roadmap – auch wenn der Erlass (absehbar) nicht wie geplant in der vergangenen Legislaturperiode neu gefasst werden konnte. Auslöser für die Überarbeitung des seit 1982 unverändert geltenden bisherigen Traditionserlasses war vordergründig der Fall des Oberleutnants Franco A. und die folgende, nennen wir es Sichtung von Traditions-Gedenkstücken in den Bundeswehrkasernen. Tatsächlich hat sich natürlich seit 1982 in der Bundeswehr einiges verändert – und nicht zuletzt durch die Auslandseinsätze ist eine neue Realität hinzugekommen, die für eine eigene Tradition nach dem Zweiten Weltkrieg eine Rolle spielt.
Der neue Erlass, so heißt es nach Informationen aus dem Ministerium in dem Entwurf, soll zwar die gesamte deutsche Militärgeschichte in den Blick nehmen – aber zu nicht traditionswürdigen Kapiteln, Ereignissen und Personen eine klare Trennung vorsehen. Besonders hervorgehoben werden die Wehrmacht und die Nationale Volksarmee der DDR, die beide als Institution nicht traditionswürdig für die die Bundeswehr sein könnten.
Interessant wird da natürlich die konkrete Formulierung. Der bisherige Erlass enthält den Begriff Wehrmacht gar nicht, aber dort heißt es: In den Nationalsozialismus waren Streitkräfte teils schuldhaft verstrickt, teils wurden sie schuldlos missbraucht. Ein Unrechtsregime, wie das Dritte Reich, kann Tradition nicht begründen. Die mögliche Ablage zu der damaligen Aussage wird ein wesentlicher Definitionspunkt für das neue Regelwerk werden.
Zusammen mit der Ablehnung der Streitkräfte aus Nationalsozialismus wie DDR als traditionsbildende Institutionen enthält der Erlass die Bindung des soldatischen Selbstverständnisses an die Werte des Grundgesetzes und der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Allein auf rein handwerkliches Können im Gefecht dürften sich deshalb Traditionen nicht stützen. Das wird vor allem zahlreiche Beispiele aus den Feldzügen der Wehrmacht betreffen, die bislang aufgrund der gezeigten militärischen Tapferkeit als Vorbilder herangezogen werden.
Allerdings sollen, so heißt es aus dem Ministerium, auch künftig einzelne Angehörige der Wehrmacht und der NVA in das Traditionsgut der Bundeswehr aufgenommen werden können. Dabei müsse aber immer der Einzelfall betrachtet werden – und zudem seine eine Abwägung nötig, die die Frage persönlicher Schuld einschließt sowie eine Leistung, die vorbildlich oder sinnstiftend in die Gegenwart wirkt, etwa die Beteiligung am militärischen Widerstand gegen das NS-Regiome, besondere Verdienste um den Aufbau der Bundeswehr, die Auflehnung gegen die SED-Herrschaft oder besondere Verdienste um die Armee der Einheit. Das wird voraussichtlich eine Anforderung, die die Messlatte deutlich höher legt als bisher.
Diese Messlatte soll auch für die Namensgebung gelten – Kasernen- und Verbandsnamen werden den Anforderungen des neuen Erlasses entsprechen müssen. Damit ist absehbar, dass einige derzeit diskutierte Kasernennamen auch dann verschwinden müssen, wenn sich Kommunalpolitiker und die Soldaten am Standort dafür aussprechen.
Schwerpunkt für das Traditionsgut der Streitkräfte soll der reiche Fundus der Geschichte der Bundeswehr werden – sechs Jahrzehnte als künftiger zentraler Bezugspunkt.
Jetzt wird’s natürlich spannend, den Wortlaut des Entwurfes zu lesen – ich bemühe mich darum, den in die Finger zu bekommen. Bis dahin zum Nachlesen und später zum Vergleich der Traditionserlass von 1982 im Wortlaut (von der Bundeswehr im Mai 2017 veröffentlichte Fassung): 20170517_Traditionserlass_1982_Wortlaut
(Foto: Blick in einen Traditionsraum beim Jägerbataillon 292 in Illkirch im Mai 2017 – der Besuch der Ministerin dort im Zusammenhang mit dem Fall Franco A. hatte die Debatte über den Traditionserlass ins Rollen gebracht)
@ Bürger
Nein, die Heere dieser drei Staaten waren auch im Frieden Bestandteile des Bundes- bzw. Reichsheeres. Sie waren nur nicht wie die der übrigen deutschen Teilstaaten quasi in das preußische Heer integriert. Relevant z.B. für Bayern der entsprechende Passus aus dem Beitrittsvertrag Bayerns zum Norddeutschen Bund von 1870:
„III. Das Bayerische Heer bildet einen in sich geschlossenen Bestandtheil des Deutschen Bundesheeres mit selbstständiger Verwaltung, unter der Militairhoheit Seiner Majestät des Königs von Bayern; im Kriege – und zwar mit Beginn der Mobilisierung – unter dem Befehle des Bundesfeldherrn.
In Bezug auf Organisation, Formation, Ausbildung und Gebühren, dann hinsichtlich der Mobilmachung wird Bayern volle Uebereinstimmung mit den für das Bundesheer bestehenden Normen herstellen.
Bezüglich der Bewaffnung und Ausrüstung, sowie der Gradabzeichen behält sich die Königlich Bayerische Regierung die Herstellung der vollen Uebereinstimmung mit dem Bundesheere vor.
Der Bundesfeldherr hat die Pflicht und das Recht, sich durch Inspektionen von der Uebereinstimmung in Organisation, Formation und Ausbildung, sowie von der Vollzähligkeit und Kriegstüchtigkeit des Bayerischen Kontingents Ueberzeugung zu verschaffen und wird sich über die Modalitäten der jeweiligen Vornahme und über das Ergebniß dieser Inspektionen mit Seiner Majestät dem Könige von Bayern ins Vernehmen setzen.“
Klartext: Bestandteil des Bundesheeres (und ergo wenig später des Reichsheeres) mit begrenzter organisatorischer Eigenständigkeit im Frieden. In anderen Passi wird im Übrigen genau festgelegt, dass Regelungen zur Truppenstärke, zur Finanzierung, zum Wehrdienst u.a. durch den Bund (bzw. wiederum das Reich) für Bayern festgelegt sind. Als Bereiche bayrischer Souveränität verblieben Ausbildungsformen, Uniformierung, Benennung der Regimenter, Stationierungsorte und wie ersichtlich in Grenzen Ausrüstung, Organisation und Bewaffnung.
ich möchte ja auch nicht unbedingt ein SS-Regiment als Traditionsverband. Aber Teile der Geschichte einfach wegblenden für die Bildung einer Tradition?
Das ist mir irgendwie zu simpel, da erwarte ich mehr kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit.
Das Beispiel Volkstrauertag ist ganz markant, der Grund für die Toten aus zwei Weltkriegen wird einfach totgeschwiegen, das kann es doch nicht sein.
Wie gehen denn andere Armeen mit ihren schwarzen Flecken auf der weißen Weste um?
Die Briten mit den Burenkriegen, die Franzosen mit Algerien, die Amis mit den Indianerkriegen? Man muß doch nicht das Rad neu erfinden.
Die Amis können bis heute mit Vietnam nicht richtig umgehen, deshalb gehören trotzdem auch diese Veteranen zum Veterans Day. Das ist für mich gelebte Tradition, nicht die selektive Wahrnehmung des neuen Traditionserlasses.
Übrigens:
Das Bild über diesem Artikel zeigt den I. WK. Der Text stammt wahrscheinlich von Herybert Menzel,, einem SA-Mann
Wenn einer von uns müde wird,
der andre für ihn wacht.
Wenn einer von uns zweifeln will,
der andre gläubig lacht.
Wenn einer von uns fallen sollt,
der andre steht für zwei.
Denn jedem Kämpfer gibt ein Gott
Den Kameraden bei.
Aber der Text paßt zu dem, was Soldaten im Krieg füreinander tun. Und ich weiß nicht, ob Menzel schon SA-Mann war, als er es schrieb, und ob er vielleicht damit die SA im Straßenkampf meinte. Aber gehen wir vom NIchtwissen und guten Willen des Kameraden aus, der das Bild gestiftet hat. Sind halt nicht alle Historiker, Literaturwissenschaftler, Museologen und Menschen in der Jägertruppe, die überall „Nazis“ vermuten. Menzel hat übrigens nicht gedient.
@Bürger: Ihre Ausführungen zu den Armeen im Kaiserreich ist unzutreffend. Auch die Armeen von Sachsen und Württemberg unterstanden schon im Frieden dem Oberbefehl des Kaisers! Nur die bayerische Armee trat erst im Kriegsfall unter den Oberbefehl des Kaisers(Bayerisches Reservatrecht).
Teil 3 der fortgesetzten Reihe über Unsinn und Unverständliches…
„Waffen, Sockelfahrzeuge und Munition sind nur demilitarisiert auszustellen. Kulturgut muss hingegen in seinem historischen Zustand verbleiben und darf nicht demilitarisiert werden.“
Was soll das denn nun heißen? Was soll denn ‚Kulturgut‘ sein, das man überhaupt demilitarisieren kann? Und wenn es sich um Gegenstände handelt, die an sich unter die Definition von Kriegswaffen fallen – und nur für diese greift die rechtliche Forderung nach Unbrauchbarmachung bzw. wie hier formuliert Demilitarisierung – dann kann der Erlass für diese Gegenstände wohl kaum das KrWaffKontrG außer Kraft setzen und die Unbrauchbarmachung verbieten.
@TobyR
„….unternehmen Sie doch mal folgendes Experiment: Treten Sie an, sagen wir einmal, 10 militärhistorisch einigermaßen Interessierte in verschiedenen europäischen Ländern heran, und bitte Sie diese, Ihnen fünf große deutsche militärische Leistungen der Vergangenheit……“
Da ist es wieder, das Haltungsproblem!
Die Größte Leistung der Streitkräfte in Europa war, dass es zu keinem größeren Gefecht nach 1945 in Europa kam und daran war die Bw nicht ganz unbeteiligt. Wer Kriege benötigt um traditionswürdiges zu stiften widerspricht unserem Auftrag.
Ich wünsche mir Streitkräfte in Europa welche stoltz auf Freiheit, möglichst in Frieden sind und nicht ihre Tradition und Helden im Schlachten suchen. Es gibt so viele traditionsbegründende Vorgänge, Ereignisse und Umstände in den letzten 60Jahren welche es wert wären, dass unsere Staatsbürger in Uniform diese leben.
Wann werden wir uns unseres Auftrages und unserer Freiheit bewusst?
Sehr geehrter Herr Wiegold, werte Mitlesende!
Da stolpere ich doch gerade auf der offiziellen Seite der Bundeswehr über ein heute veröffentlichtes Interview mit Herrn Generalleutnant Klaus von Heimandahl, demnach Ltr der Abt „FÜHRUNG SK“ im BMVg und nach der Überschrift unter Anderem verantwortlich für die EINSATZBEREITSCHAFT der Bw. Auf die Frage hin, welche Entwicklungen es in seiner Abteilung in jüngster Vergangenheit gegeben habe, folgt nach kurzer Abgrenzung seiner Zuständigkeit für lediglich die gesamte Bw betreffende Themenfelder die mehr oder minder ausführliche Erörterung der beiden Schwerpunktthemen; „Innere Führung heute“ und „Tradition“.
Gut, ich räume ein Offizier auf dem 2. Bildungsweg zu sein, demnach Migrationshintergrund aus der Riege der Feldwebel zu haben und somit ein klägliches Dasein ohne akademischen Grad fristen zu müssen. Und selbstverständlich habe ich aufmerksam die Entwicklung der beiden o.g. Themen, mit kritisch hochgezogener Braue und vorgegaukelter Loyalität meinen Untergebenen gegenüber verfolgt, aber dass dies die Hauptthemen einer Abteilung für Einsatzbereitschaft der Bw im Ministerium sind, lässt mich doch so langsam die Fassung verlieren. Auch wenn Herr General später noch auf die Herausforderungen der Zukunft eingeht, aus meiner unmaßgeblichen Sicht die wirklich wichtigen Themen, scheinen diese alle noch „zu synchronisierenden Handlungsfelder“ eine Aufgabe für morgen zu sein.
Nach nunmehr 15 Jahren in dieser Bundeswehr und nach zahlreichen Gesprächen mit einer Vielzahl meiner Feldwebel sowie altgedienten Mannschaften (dazwischen gibt es ja kaum noch jemanden) habe ich, wie ein beängstigend großer Anteil meiner Männer und Frauen das Gefühl in einer Armee im freien Fall zu dienen.
Möge das Aufschlagen hart werden, um ein sichergestelltes Aufwachen in Aussicht zu stellen.
Mit kameradschaftlichem Gruße
Technischer Hinweis:
Der „Mitleser | 21. November 2017 – 9:57“ bin nicht ich. Bitte den Verfasser auf die bereits bestehende Belegung des Pseudonyms hinweisen.
Vorsatz für 2018: Ich denke mal über einen neuen Nick nach…
[Danke für den Hinweis, habe den anderen Nick in „Mitleser2“ geändert und drauf hingewiesen. sorry. T.W.]
NVA-Pilot Major Peter Makowicka (33) verweigerte den Befehl seinen Schleudersitz auszulösen, nachdem das Triebwerk seiner MIG 21 durch einen technischen Defekt über Rostock ausfiel. Stattdessen tat er alles die MIG auf unbewohntem Gebiet abstürzen zu lassen und rettete Hunderten von Menschen das Leben.
Weder konnte er sich gegen die SED-Herrschaft auflehnen, noch besondere Verdienste für die Armee der Einheit beitragen. Warum? Weil er wie Mölders und Lent in Ausübung seiner Pflicht ums Leben kam.
@Eric Hagen
Ich vermisse bei der NVA die Erwähnung der Erziehung zum Haß auf den Klassenfeind und die klare Orientierung auf die Bundeswehr als revanchistischen Feind und Bedrohung des Weltfriedens. Und die Rolle der NVA bei den revolutionären Kriegen in Afrika etc. ist auch erwähnenswert. Von wegen Erziehung zum Frieden.
Auf der anderen Seite haben wir uns da ja immer d´rum herum gedrückt und es waren die sowj. MotSchützen etc.
Die Armee im Kaiserreich war ausdrücklich eine königlich – preußische.
Daran muß man denken, wenn man Traditionen pflegen will und nicht Geschichte klittern.
Dass dieses Preußentum und die Unterscheidung nach Landesherren durchaus bis zum Ende der Monarchie präsent war, mag ein Beispiel belegen: Hindenburg wollte seinem „geliebten Herrn“ (gemeint Wilhelm II) im November ´18 nicht zur Abdankung raten, weil er sich durch Eid und Tradition (sic) gebunden fühlte und er überließ deshalb diese notwendige aber unangenehme Aufgabe seinem Generalquartiermeister, dem württembergischen General Groener.
Preußen ist aufgelöst. Und das aus gutem Grund.
Der preußische König hat 1848 das Angebot auf Übernahme der Würde als Staatsoberhaupt eines einigen und demokratischen Deutschlands (Paulskirchenverfassung) abgelehnt und stattdessen seine Soldaten zur persönlichen Machterhaltung eingesetzt. (Stichwort: Kartätschenprinz; Gefecht bei Waghäusel.)
Das Kaiserreich ist gerade an der Unfähigkeit seiner Monarchen gescheitert, rechtzeitig ausreichend konstitutionelle und demokratische Elemente zu implemetieren. Stattdessen beharrten Fürsten und Militär auf ihren überkommenen Reservatsrechten.
Deshalb taugt Preußen als Lehrbeispiel, aber nicht als Tradition.
@T.W.
Befehl an die Truppe bis auf GrpEbene in einer Matrix (pp-Folie) zusammenzustellen, was man fuer ein Traditionsverständnis hat und wie man es ausdrücken will. Was geht? Was geht nicht? Prozeß mit Einbindung Führungskreis Heer bis September 2018. Aufgrund derzeitigem TradErlaß. Aber Lageänderung diesbezuglich wird wohl Anpassung bringen.
SP: eigene 60 Jahre, aber auch davor. Erste Ideen vorgegeben in Format wie Selbstverständnis Heer, aber nicht bindend und somit austausch-und ergänzbar.
Guter Ansatz!
@ Elahan
Es bleibt Ihnen völlig unbenommen, sich das zu wünschen. Was ich mit diesem Vorschlag zu einem kleinen Experiment, das Sie real oder gedanklich durchführen können, sagen will, ist folgendes: Bei unseren Verbündeten oder auch nur bei der Bevölkerung anderer Länder erreichen Sie damit in Punkto Anerkennung oder auch nur Zustimmung gar nichts. Ich würde übrigend vermuten: Bei dem Anteil der hiesigen Bevölkerung, die dem Militär nicht ohnehin feindselig gegenübersteht, auch nicht.
Die Bundeswehr wird nie irgendwo ehrliche Bewunderung dafür ernten, dass sie einfach existiert hat. Das darf man sich wünschen, aber es wird nicht geschehen. Die widerstrebend gewährte Anerkennung, die sie hierzulande noch wegen ihrer nichtmilitärischen Leistungen erhält, zählt jenseits der Grenzen meiner Erfahrung nach höchstens bei direktem Erleben etwas. Dass irgend jemand außerhalb einer kleinen bundesrepublikanischen Blase die Entscheidung von 2004, ein uraltes Kloster lieber der Vernichtung preiszugeben als sich dem brandstiftenden Mob mit Gewalt entgegenzustellen, als Heldentat ansieht (wie es unser Wehrbeautragter in der WELT in aller Ernsthaftigkeit meinte), ist ein Hirngespinst.
Und ja, auf andere Länder zu schauen, lohnt sich. Den Spruch „Was machen Sie richtig, was alle anderen falsch machen?“ dürften hier ja viele kennen. Das bringt mehr als die pure Nabelschau.
Was ich da lese ist kein Traditionserlaß, es ist nicht einmal eine für Otto-Normalbürger ohnehin kaum zu verstehende akademisch-historische Schrift als Beitrag zur Debatte. Stattdessen lese ich da ein Selbstabsicherungstraktat eines Ministeriums, dessen Leitung und Auftraggeber aus lauter Angst vor potentiell schlechter Presse eine fast schon panisch anmutende, juristisch und moralisch „saubere“ Selbstdarstellung zu konstruieren gedenken ohne einen Gedanken an die von der „Schlammzone“ in besagten Workshops eingebrachten Kommentare zu verschwenden. Das ganze wirkt ein wenig wie eine Hippie-Öko-Birkenstock-Helikopter-Mutti, die dem Kindergarten ihres Juniors eine zwölfseitige Instruktionsliste mitgibt, was der alles nicht kann bzw darf.
[Etwas pointiert] „Wenn Sie Salat machen, dann bitte kein Feldsalat, davon bekommt er Blähungen. Und keine Oliven. Die ißt er nicht. Und bitte achten Sie auf ökologischen Anbau und tiergerechte Haltung bei der Herkunft der Produkte, wobei uns eine rein vegane Ernährung ohnehin am liebsten wäre.“[/etwas pointiert]
Nur einmal um die Widersprüchlichkeit des „Anspruches“ alles vor 1956 praktisch per ordre de mufti auszuradieren … Erinnert sich jemand noch an die vom Hausherren aufgezeichneten Wortmeldungen bei diesem einen Workshop und wo „Auftragstaktik“ als ein zentrales tradierbares Element für die Bundeswehr hervorgehoben wurde? Würde das Ministerium das auch noch so sehen, wenn maßgebliche Personen die Wurzeln der „Auftragstaktik“ kennen würden? Der Gesellschaftsvertrag zwischen Friedrich Wilhelm von Brandenburg und den brandenburgischen Ständen (oder besser – dem Adel) von 1653 und die daraus folgende weitgehende Eigenständigkeit der Landbesitzer bei der Behandlung ihres Besitzes und der darauf lebenden Menschen reichte eben vom zivilen Leben auch in Kriegszeiten hinein und bildete die Basis nicht nur für das was heute als „Auftragstaktik“ bezeichnet wird (relativ weitreichende Flexibilität und auch Unterführern zugestandene Initiative), sondern auch für aus heutiger Sicht moralisch höchst verwerfliche Zustände (Leibeigenschaft, Frondienste etc) auf dem Lande. Werfen wir jetzt die Auftragstaktik auch aufgrund ihrer Abstammung über Bord, so zum Reinhalten der moralischen weißen Weste?
Wenn ich ein Kernelement preußischen Denkens als tradierbar für die Bundeswehr mit aufnehmen könnte, dann wäre es genau die Art selbständiges Denken gepaart mit Menschlichkeit und „Nicht-Duckmäuserei“, für die Zitate der Generäle von der Marwitz und Seydlitz in die Geschichte eigegangen sind:
Seydlitz bei Zorndorf
Grabinschrift von General von der Marwitz
Pio-Fritz | 21. November 2017 – 14:37
„Wie gehen denn andere Armeen mit ihren schwarzen Flecken auf der weißen Weste um?
Die Briten mit den Burenkriegen, die Franzosen mit Algerien, die Amis mit den Indianerkriegen? Man muß doch nicht das Rad neu erfinden.
Die Amis können bis heute mit Vietnam nicht richtig umgehen, deshalb gehören trotzdem auch diese Veteranen zum Veterans Day. Das ist für mich gelebte Tradition, nicht die selektive Wahrnehmung des neuen Traditionserlasses.“
Nur weil es die anderen schlecht (!) machen, müssen wir es doch nicht auch schlecht machen! Beispielsweise der weitgehend unkritische Umgang der Amerikaner mit Vietnam kann doch unmöglich als ein gutes Beispiel für die Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2017 dienen.
Ich halte den neuen Traditionserlass für sinnvoll. Gerade der kritische Umgang mit unserer Geschichte ist vorbildlich! Das ist etwas, auf das wir Deutschen definitiv stolz sein können, und wo wir den anderen weit voraus sind.
Die hiesigen Kritiker mit militärischem Hintergrund müssen sich wirklich mal fragen, ob sie es mit der Formel „der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen“ WIRKLICH ernst meinen, wenn sie jegliche von der Politik – und damit letztlich auch vom Souverän – gewünschte Veränderung in der BW trotzig und geringschätzig missachten oder gar bekämpfen. Treu dienen heißt auch, dass man das ausführt, was der Auftraggeber („das Volk“ via „die Politik“) von einem wünscht, sofern nichts Rechtswidriges gefordert wird.
Für alle anderen, die meinen, „ihr Opa werde hier verunglimpft“, noch die Frage: Was meinen Sie, wie die Welt heute aussehen würde, wenn Ihr (und auch mein!) Opa und die Kameraden von der Wehrmacht letztendlich doch Erfolg mit ihrem Wirken gehabt hätten? Wäre das eine Welt, in der Sie gerne leben würden? Ich hoffe, die Antwort lautet auch für Sie „Nein“! Dann muss eigentlich klar sein, warum es sinnvoll ist, die Wehrmacht, einzelne Truppenteile oder besonders erfolgreiche Soldaten der Wehrmacht nicht als traditionsstiftend für die Bundeswehr zu betrachten.
@ Karl Mohr
Nein, die preußische Armee stellte zwar den Löwenanteil des Bundes- bzw. Reichsheeres und aus Preußen wurde der Ton im Kaiserreich angegeben (all dies sind Selbstverständlichkeiten), aber es war trotzdem das Bundes- bzw. Reichsheer mit den anderen hier schon diskutierten Kontingenten. Und die kaiserliche Marine war natürlich ohnehin noch mal ein anderes Kapitel.
Sowohl Preußen als auch das Kaiserreich werden im Übrigen gerne schlechter gemacht, als sie waren. Case in point: Die angeblich so unterentwickelte parlamentarische oder konstitutionelle Komponente. Vergleichen Sie die einfach mal objektiv und zeitgenössisch mit einem westlichen Musterstaat. Was denken Sie: In welchem Land waren um 1900 zwei Drittel der erwachsenen männlichen Bevölkerung vom Wahlrecht komplett ausgeschlossen? Deutschland oder UK?
Ich sehe gerade vor Augen einen Landser (man verzeihe mir den Ausdruck), der mit der Waffe in der Hand in Afghanistan gegen den Feind stürmt und gellend ruft:
„Für das internationale Krisenmanagement!!“
Dieser Erlass wurde, wie zu erwarten war, geschrieben für Herren (und Damen), die sich den ganzen Tag damit beschäftigen ob den der aktuelle Befehl auch korrekt gegendert wurde, oder die Mehrarbeit richtig angemeldet worden ist. Der Teil der mit den Kampfstiefeln im Dreck steckt findet sich darin nicht wider. Ich wundere mich, dass ich in diesem Versuch Tradition in ein politisch opportunes Korsett zu schnüren das Wort „Gefecht“ überhaupt gefunden habe – nämlich ein Mal.
Tradition ist eine Idee, sie ist gelebter Geist der sich über Jahrhunderte fortentwickelt hat. Dieser Erlass kommt dem Versuch eines Kindes gleich sich von seinen missliebigen Eltern loszusagen und die eigene Vergangenheit zu revidieren. Ich wage zu behaupten, dass dieser Versuch die Tradition der Bundeswehr in Worte zu fassen, scheitern wird.
Gewiss man wird sich daran halten und brav den Vorschriften folgen. Aber den Soldaten in der Stellung, das kleinste nicht teilbare Element, interessiert es nicht, wer vor 200 Jahren das preußische Heer reformiert hat. Er braucht etwas Greifbares, etwas mit dem er sich identifizieren kann. Mir persönlich fällt es ehrlich gesagt schwer die Gedanken eines preußischer Generalfeldmarschall nachzufühlen. Aber ein Kampfflieger kann sich mit Manfred von Richthofen, Hans-Joachim Marseille oder Erich Hartmann identifizieren, ebenso wie ein U-Boot-Kommandant mit Otto Kretschmer oder Günther Prien etc. etc.
Die Bundeswehr wurde auf den Erfahrungen von Männern aufgebaut und begründet, die Deutschland in vielen Armeen als Soldaten gedient haben. Und daher möchte ich nochmal die Worte des ersten Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland in Erinnerung rufen:
„Ich möchte heute vor diesem Hohen Hause im Namen der Bundesregierung erklären, dass wir alle Waffenträger unseres Volkes, die im Namen der hohen soldatischen Überlieferung ehrenhaft zu Lande, auf dem Wasser und in der Luft gekämpft haben, anerkennen.
Es muss unsere gemeinsame Aufgabe sein, und ich bin sicher, wir werden sie lösen, die sittlichen Werte des deutschen Soldatentums mit der Demokratie zu verschmelzen. Der kommende deutsche Soldat wird nur dann seiner deutschen und europäischen Aufgabe gerecht werden, wenn er von den Grundprinzipien erfüllt ist, auf denen die Ordnung unseres Staates ruht.“ – Konrad Adenauer
Wenn die Bundeswehr es nicht schafft mit ihrer Vergangenheit Frieden zu schließen und sie anzuerkennen, auch wenn es manchmal schmerzt, wird diese Armee gegenüber allen deutschen Streitkräften vor ihr niemals wirklich frei und niemals wirklich souverän sein. Den ihr einziges Bestreben wird es dann immer nur sein gegen den Schatten der Vergangenheit bestehen zu können. Nur jemand der seine eigene Identität anerkennt und nicht unentwegt des Versuch unternimmt sich selbst in ein besseres Licht zu rücken, indem er mit dem Finger auf die Vergangenheit zeigt, nur der denke ich kann wirklich Achtung erfahren. Wir dürfen nicht vergessen. Aber wir müssen uns endlich selbst verzeihen.
@Teute
Ich kann mich nicht mit Blücher identifizieren, aber wenn ich an Führung denke sehe ich Blücher auf dem Rückzug vor Napoleons Marschällen den letzten Kompanien der Kolonne den Sinn erklären.
Ich kann mich mit der Heiligen Straße von Verdun identifizieren, aber nicht mit einem Offizierskorps zu dessen Kodex mkn Ehrenmord gehört haben soll, oder mit dem Red Nose Express aber nicht mit Soldaten der Wehrmacht die Gefangene anderer Hautfarbe ermordeten oder andere Verbrechen ermöglichten.
Ich sehe mich in der Schuld der Ratten von Tobruk nicht des DAK, der Männer die den Strand in der Normandie stürmten – nicht ihrer Verteidiger.
Niemand hat jemals den Mut der Waffen SS in Frage gestellt, aber ich wünsche in einer ähnlichen Situation nur etwas von der ethischen Tapferkeit Hans Scholls zu haben.
Soll Oberst Lent wirklich geschichtliches Vorbild sein für junge Soldaten, die von Rotenburg aus zu „Friedensmissionen“ in die Welt aufbrechen?
Warum werden von den Vertrauensleuten vor Ort (u.a. Oberstleutnant a.D. Jürgen Dehn am 28. April 2017: „Der Name Lent ist unbefleckt“) nicht Lents kriegerische Durchhaltebotschaften zur Kenntnis genommen?
Lent 1944: „Ein guter Kommandeur ist wie ein hervorragender Schäferhund, der überall herumspürt, der da, wo schlechtes Gesindel sich herumtreibt, zubeißt, der seine Schafherde zusammenhält, der den Wolf oder das Raubtier, das in die Herde einfallen will – angreift und vernichtet. Die Männer seiner Gruppe müssen dauernd das Gefühl haben, von ihrem Kommandeur kontrolliert zu werden. Sie müssen sich dauernd beobachtet fühlen. Es genügt nicht, dass der Kommandeur einmal im Monat seine Leute zusammennimmt, sondern er muß täglich und dauernd bei ihnen und unter ihnen sein. Er muß mit seiner Härte sparen. Zunächst muß er versuchen, väterlich fürsorglich zu ermahnen und anzuspornen und die Peitsche muß das letzte Mittel sein. Und wenn sie angewandt wird, dann muß der Peitschenhieb treffen. Ein deutscher soldatischer Führer knallt nicht mit der Peitsche, sondern er schlägt zu, wenn er sie braucht. Der Kommandeur muß seine Besatzungen treten, wenn sie bei erfolgversprechendem Ansatz ohne Abschuß nach Hause kommen.“
„Ein besonderes Augenmerk muß der Kommandeur auf die neu hinzugetretenen Besatzungen legen. Er hat dafür zu sorgen, dass sie im Milieu des Nachteinsatzes sofort zu Hause sind. Wenn sie aber dann keine Erfolge bringen, dann sind sie zuerst zu ermahnen, dann aber unter Umständen zu bestrafen. Feiglinge müssen erbarmungslos ausgerottet werden.“
Soldatische Pflichterfüllung und kriegerische Tüchtigkeit, so meine Überzeugung, sind nicht zu trennen von den politischen Zielen, denen sie dienen! Demgegenüber äußerte ein Soldat der Lent-Kaserne öffentlich: „Es geht ja nicht darum, was der für eine politische Einstellung hatte, sondern eher, dass er halt ein richtiger Soldat war. Er war patriotisch, er hat seinem Land richtig gedient, klar war‘s vielleicht die falsche politische Richtung. Er hat seine Befehle ausgeführt. (…) Er war halt ein Kriegsheld, auch halt auf der falschen Seite.“ Ich wiederhole meine besorgte Frage: Soll Oberst Lent wirklich geschichtliches Vorbild sein für junge Soldaten, die von Rotenburg aus zu „Friedensmissionen“ in die Welt aufbrechen?
Vordergründig und sowohl offiziell als auch offiziös wird die „Neue Bibel Traditionserlass 2017“ artig heruntergebetet werden, an TrS, der OSH und natürlich der Alma Mater der Lehre in Osdorf, in der Manteuffelstr. 20.
(Manteuffel, etwa der hier: Hasso von Manteuffel, 1944 General der Panzertruppe? Das muss sich ändern!)
Die mit InFü etc beauftragten subalternen Offiziere werden mit äußerster Tapferkeit ihr Pensum vor der eingerückten Kompanie herunterbeten, um sich anschließend zu bemühen, vorbereitend nächstes Mal eine schlaue Alternative hervorzuholen. Am besten ab in den Einsatz!
Die Landser aber, die echten Kommissköppe suchen und finden ihre Nische (In der Nische lebt es sich zwischen den Welten, im „nicht-anerkannt-aber doch-gebraucht-sein“. Lass mir meine Ruhe, ich mache mit, ich mach aber auch mein Ding).
Diese Annahme wird sich so oder ähnlich entwickeln, da alles was mit Kampf nichts zu tun hat, eben Niemanden hinterm warmen Ofen hervorlocken wird.
Denn, „Handwerkliches Können im Gefecht“ wurde und wird gesucht werden. Und sie werden es finden. In der Folge bilden sich „Traditionszirkel“, nicht zugelassene Traditionsstuben werden in irgendeinem Winkel dennoch entstehen, unkontrollierter Wildwuchs macht sich breit. Informelle Treffen n.D. außerhalb der Unterkunft, in Kneipen, unter sich eben.
Es wird also genau das entstehen was es nicht geben soll.
Denn, Oderflut, Waldbrand“katastrophen“ und Schneeräumen bringen’s nun mal nicht.
Und alle fünf Jahre zieht tabula rasa durch die Stuben und Spinde der Ungläubigen: Klar Schiff eben.
@TobyR
Genau das ist was uns immer wieder in Kriege führt. Was andere Länder machen ist deren Sache und zwingend nie Grundlager der Tradition der Bw und ja, sie machten Fehler, nur unsere waren gründlicher. Ich ziehe meine Schlüsse aus der Geschichte.
Es kommt eben auf den Zweck der Tradition an, möge es bei ihnen das Zündeln und Löschen sein, bei mir ist es der vorbeugende Brandschutz.
@Teute
„Der kommende deutsche Soldat wird nur dann seiner deutschen und europäischen Aufgabe gerecht werden, wenn er von den Grundprinzipien erfüllt ist, auf denen die Ordnung unseres Staates ruht.“
So ist es und das geht eben nicht mit Menschen welche meine Vorfahren noch mit 16Jahren zum Jahreswechsel 44/45 in den Krieg geführt hatten und Europa an den Abgrund brachten.
Mündige freie Bürger zu schützen, zu fördern muss Tradition sein/werden und kein Untertanenvolkstümeln und glorifizieren von Pseudohelden.
@Nils Z. | 21. November 2017 – 17:31
Ich fange an mich zu wiederholen, daher fasse ich mich kurz. Ich wollte Ihren Einwurf nur nicht so stehen lassen.
Machen es „die anderen“ schlecht? Ich denke nicht, wir sind mit unserer Geschichte im Umgang sehr unentspannt. Wie heißt es schon in der Bibel „Wer ohne Sünde sei, der werfe den ersten Stein“…. Man kann geschichtliche Ereignisse, die sich tief in das gesellschaftliche Gedächtnis eingeprägt haben, nicht so einfach löschen. Das funktioniert nicht, selbst nach mehr als siebzig Jahren. Da braucht man mit Vernunft und wissenschaftlicher Logik nicht anzusetzen. Einbinden ist das einzige richtige Rezept, um unkontrollierten Wildwuchs zu verhindern.
Meine Einlassung zu Vietnam haben Sie einfach missverstanden, Sie wiederholen meine Kritik.
@Teute | 21. November 2017 – 17:58
1+ Volle Zustimmung.
@ Teute | 21. November 2017 – 17:58
„Wenn die Bundeswehr es nicht schafft mit ihrer Vergangenheit Frieden zu schließen und sie anzuerkennen, auch wenn es manchmal schmerzt, wird diese Armee gegenüber allen deutschen Streitkräften vor ihr niemals wirklich frei und niemals wirklich souverän sein. Den ihr einziges Bestreben wird es dann immer nur sein gegen den Schatten der Vergangenheit bestehen zu können. Nur jemand der seine eigene Identität anerkennt und nicht unentwegt des Versuch unternimmt sich selbst in ein besseres Licht zu rücken, indem er mit dem Finger auf die Vergangenheit zeigt, nur der denke ich kann wirklich Achtung erfahren. Wir dürfen nicht vergessen. Aber wir müssen uns endlich selbst verzeihen.“
Absolut richtig, aber: Es ist doch nicht ‚die Bundeswehr‘ ….. die nicht ……..Frieden schliesst.‘
Es sind Politiker (und Generale/Admirale) welche eine politsche Agenda verfolgen und da sie ohnehin nichts Gescheites in Sache Einsatzbereitschaft bewirken koennen oder wollen, sich mit ‚billigen‘ political correctnes Problemen begnuegen.
Kommt mir vor, wie der Bankrotteur, der ,statt seinen Rechtsanwalt anzurufen, lieber Kaffee trinken geht.
Die Truppe, der einzelne Soldat, möchte ein historisches Vorbild, das man erklären kann, mit dem er sich identifizieren kann und bei dem man sagen kann: „Nehmen Sie Sich ein Beispiel daran!“. Bieten die Streitkräfte dies nicht, wird der einzelne Soldat sich seine Vorbilder aus der Geschichte selbst suchen. Eine Aufzählung der Kriterien, was nicht traditionswürdig sei, mag geboten sein, positive Beispiele, was den Kriterien entspricht und woran sich die Truppe orientieren soll, sind noch wichtiger.
@ Elahan
In Kriege führen uns politische Entscheidungen. Glauben Sie wirklich, dass die Kriegsgefahr steigt, wenn irgendwo auf den Stuben Panther- und Tigermodelle stehen oder wenn man an der MSM etwas über die kaiserliche Marine hört oder wenn ein Ausbilder zur Motivation ein paar Anekdoten über Friedrich den Großen im Felde erzählt?
Wir haben keine Situation mehr wie 1914, als die militärische Führung durch das Primat ihrer militärischen Pläne gegenüber der Politik (auch gegenüber dem viel gescholtenen Wilhelm II.) die Eskalation auf der politischen Ebene in Kauf genommen hat. Wir haben auch keine Situation wie in den 30ern, als die militärische Führungskaste sich politisch in Einklang mit revanchistischen und expansionistischen Zielen begeben hat. Und wir haben schon gar keine Situation wie 1937 in Japan, als das Heer (bzw. sogar nur ein Teilbereich desselben) im Alleingang einen der nicht nur grauenvollsten, sondern auch dämlichsten Kriege der Geschichte vom Zaun gebrochen hat.
Überhaupt: Um die obere Führungsebene, die allein bei solchen Dingen in Verdacht geraten könnte, geht es hier doch gar nicht. Es geht maximal um Kommandeure, aber doch hauptsächlich um – oder um es direkt zu sagen: gegen – einfache Offiziere und Unteroffiziere in der Truppe. Wann wurde denn jemals ein Krieg von Hauptleuten angezettelt?
Glauben Sie, die Frau Hauptmann der Reserve, die vor einigen Wochen deswegen in der Zeitung war, wurde weder wegen ihres schneidend kritischen offenen Briefes über den Führungsstil der Ministerin noch wegen des offiziell angegebenen nicht vorhandenen Bedarfs (hahaha) von weiteren Reserveübungen ausgeschlossen, sondern wegen der ehrlichen Sorge, dass solche Personen den nächsten Weltkrieg vom Zaun reißen?
Mit dem billigen Schlagwort vom „Primat der Politik“ hat man vielleicht bei einigen historisch ungebildeten den Eindruck erwecken, deutsches Militär habe vergangene Kriege gegen die hochgelobte Politik angezettelt. Es war aber in erster Linie eben diese Politik, die nicht nur vergangene Kriege, sondern auch die Beteiligung an gegenwärtigen Kriegen zu verantworten hat. Wenn die Politik friedlich sein will und alles militärische verabscheut, soll der hier beschworene Souverän das Militär halt abschaffen.
Oder zumindest: Wenn die militärische Tradition gekappt und durch irgendwelchen Oderbruchschnickschnack ersetzt werden soll, dann doch lieber ehrlich:
1. Die Bundeswehr ist ein rein sicherheitspolitisches Instrument und bedarf keiner Tradition. Ihre einzige Leitlinie ist die Umsetzung ihrer politisch beschlossenen Aufträge auf Grundlage der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ™.
2. Brauchtum, das an vergangene militärische Formen erinnern kann, bedarf der Genehmigung durch das Ministerium.
Das ist auch noch viel kürzer als der jetzige Entwurf. Da kann man von den 60 Minuten Unterricht noch 45 Minuten außerplanmäßige Pause veranschlagen. ;-)
Anhand der Beiträge hier, doch ein Thema was bewegt.
Eigentlich können die jetzigen Bundeswehr Angehörigen froh sein, dass der Traditionserlass sich nicht auf die Zeit Verteidigungsministerin von der Layern beschränkt.
Nachdem es ja in ( Osten ) Deutschlands viele ehemalige „Gediente in fremden Armeen“ gibt, wird es wohl jetzt auch für viele ehemalige Bundeswehrangehörige ein „Gedient in nicht Traditionswürdigen Zeiträumen“ geben.
Der Staat dankt
@ Nils Z: Sie erheben hier einen schweren Vorwurf, auf den ich eingehen muss:
„Die hiesigen Kritiker mit militärischem Hintergrund müssen sich wirklich mal fragen, ob sie es mit der Formel „der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen“ WIRKLICH ernst meinen, wenn sie jegliche von der Politik – und damit letztlich auch vom Souverän – gewünschte Veränderung in der BW trotzig und geringschätzig missachten oder gar bekämpfen. Treu dienen heißt auch, dass man das ausführt, was der Auftraggeber („das Volk“ via „die Politik“) von einem wünscht, sofern nichts Rechtswidriges gefordert wird.“
Diese Denkweise, die Sie hier fordern, ist doch genau das, was man der Generation unserer Großväter vorwirft! Ich dachte wir sind als Staatsbürger in Uniform einen Schritt weiter und sind befähigt unseren eigenen Kopf zu benutzen – oder gilt das nur, wenn es politisch genehm ist?
Gerade als Soldat, der sich des scharfen Endes seines Berufes bewusst ist, benötigt man ein stabiles Wertefundament und kann leicht in Konflikt mit der Beliebigkeit der heutigen Politik kommen. Wenn dann eine Weisung wie dieser Traditionserlass kommt, der solche offensichtlichen Ungerechtigkeiten beinhaltet, sehe ich es gerade als meine Pflicht an, dagegen zu argumentieren mit meinen bescheidenen Mitteln zu versuchen ihn zu verhindern und wenn er kommt, all seine Unschärfen zu nutzen, um TROTZDEM meinen Dienst für das Land nach bestem Wissen und Gewissen verrichten zu können.
Allerdings ist der vorliegende Entwurf so ein scharfer, ungerechter und unsachlicher Angriff auf eine ganze Generation von Soldaten und damit auch auf meine Familie, dass ich mein Engagement für diese Bundeswehr grundsätzlich überdenken muss.
und weiter:
„Für alle anderen, die meinen, „ihr Opa werde hier verunglimpft“, noch die Frage: Was meinen Sie, wie die Welt heute aussehen würde, wenn Ihr (und auch mein!) Opa und die Kameraden von der Wehrmacht letztendlich doch Erfolg mit ihrem Wirken gehabt hätten? Wäre das eine Welt, in der Sie gerne leben würden? Ich hoffe, die Antwort lautet auch für Sie „Nein“! Dann muss eigentlich klar sein, warum es sinnvoll ist, die Wehrmacht, einzelne Truppenteile oder besonders erfolgreiche Soldaten der Wehrmacht nicht als traditionsstiftend für die Bundeswehr zu betrachten.“
Diese Verkürzung wird der Komplexität der Frage nicht gerecht.
1. Geht dieser Erlass weit darüber hinaus, dass die Wehrmacht oder einzelne Soldaten nicht traditionsstiftend sind, es werden ganz konkret jegliche Wehrmachtsbilder etc. verboten.
2. Es geht nicht darum, ob die Welt eine bessere wäre, wenn das 3. Reich den Krieg gewonnen hätte, sondern um die Perspektive der damaligen Soldaten. Diese haben sich mit Masse an das geltende Recht ihrer Zeit gehalten, sie haben fachlich hervorragendes geleistet, ihr Leben für ihr Land eingesetzt und millionenfach auch verloren. Die allergrößte Zahl hat individuell betrachtet keine Schuld auf sich geladen. Nun wird hier willkürlich zwischen den „Guten“ (diejenigen die aktiv am Widerstand beteiligt waren, oder zufällig den Krieg überlebt und später in der Bundeswehr gedient haben) und den „Bösen“ (alle anderen) getrennt und letztere vollständig geächtet.
Das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, die ein Hohn für für einen modernen Rechtsstaat darstellt. Diese Trennung ist weder rechtlich noch moralisch begründbar, sie ist rein willkürlich und angreifbar.
Mit dieser Regelung wird die Bundeswehr weiter keine Ruhe finden. Denn diejenigen, die auf der Suche nach Vorbildern sind, die sich in einem richtigen Krieg bewährt haben, werden weiter keine Angebote von Seiten der Bundeswehr finden und sich darum selber auf die Suche machen.
Sie werden zwangsläufig auf die Wehrmacht stoßen – der neue Erlass wird ihnen dabei nur ein schlechtes Gewissen machen – mehr nicht.
Ein großer Teil der geschichtsbewussten Soldaten wird verbittert zurückbleiben und nur hinter vorgehaltener Hand seine Meinung äußern.
Das Ziel war angeblich nur den bestehenden Tradtionserlaß zu überarbeiten, die Armee der Einheit zu berücksichtigen und die Auslandseinsätze. Aber es werden keine konkreten Vorbilder oder Helden aus den Auslandseinsätzen oder der Armee der Einheit benannt. Kein Kommandeur weiß, welche Vorbilder aus der NVA oder Wehrmacht oder der Kaiserlichen Flotte/Preußischen Armee oder Befreiungskriegen jetzt erlaubt ist oder nicht?
Die Frage der Kasernennamen ist in keinster Weise gelöst. Weder für den Fall Lent, noch für den Fall Marseille.
Dabei wäre es einfach gewesen, dem Tradtionserlaß einen Liste von Traditionswürdigen Namen aus der Vergangenheit anzuschließen. Ggf. hätte man sogar eine ausschließliche Liste dranhängen können, die die Namen der Offiziere benannt, welche aus der Vergangenheit noch traditionswürdig sind und aus der Bundeswehrzeit. Dann hätte die Kommandeure wenigstens eine Handlungsanweisung durch die Anlage bekommen. Aber dafür hätte man bei Namen wie Lent, Marseille und Rommel Farbe bekennen müssen. Wobei mich am meisten interessieren würde, ob es Überhaupt NVA Soldaten gibt, die die Anforderungen des neuen Tradionserlasses erfüllen würden?
So wird aber gar nichts gelöst, sondern nur selbst Scharnhorst und seine Reformen in Zweifel gezogen.
Und die Soldaten müssen sich ihre Helden dann im Untergrund suchen oder aus Landserromanen…….
Interessanterweise hat auch noch kein Befürworter des neuen Entwurfes etwas positives über den Entwurf sagen können, außer daß er gegen die Wehrmacht sei.
Stattdessen wird der Staatsbürger in Uniform in Frage gestellt, wenn hier auch aktive Soldaten gegen einen falschen Entwurf sind.
Matthäus 23, Vers 29 und 30: ‚Jesus sprach: Wehe Euch, Ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, Ihr Heuchler! Ihr errichtet dem Propheten Grabstätten und schmückt die Denkmäler der Gerechten und sagt dabei: Wenn wir in den Tagen unserer Väter gelebt hätten, wären wir nicht wie sie am Tode der Propheten schuldig geworden.“
Ich hoffe die Geschichte wird gnädig über uns urteilen, wenn es so weit ist
[Und damit ist’s der biblischen Anspielungen auch genug… T.W.]
Nach Durchsicht aller bisherigen Kommentare bleibt bei mir der Eindruck, dass es trotz inzwischen monatelanger Debatte immernoch in manchen – entscheidenden – Einzelaspekten munter durcheinander geht.
1. Unterschied zwischen Geschichte und Geschichtsbewusstsein auf der einen und auf der anderen Seite
Nur weil wir die Wehrmacht und die NVA als nicht traditionswürdig einschätzen, heißt das eben nicht, dass gleichzeitig Millionen Soldaten beider Armeen gering geschätzt werden – es bedarf doch keiner Traditionslinie, um Stolz auf meinen Opa zu sein! Ich erwarte aber im Umkehrschluss von keinem anderen Angehörigen der Bundeswehr, stolz auf meinen Opa zu sein – der für einen anderen Staat mit völlig anderen Zielen als denen des heutigen Deutschland in einer anderen Armee gekämpft hat. Das eine ist meine Privaterinnerung und das andere so etwas wie Staatsräson.
M.E. ist es dabei durchaus zulässig, sich hier auch mit Einzeltaten im Sinne militärhistorischer Bildung auseinanderzusetzen – aber eben nicht im Sinne von Tradition.
Tradition bedeutet aber stattdessen, sich ein Beispiel und Vorbild zu nehmen. Und die Wehrmacht ist eben kein Vorbild für mein heutiges Handeln als Soldat.
2. Der Blick auf andere:
Jetzt bin ich kein Historiker oder Staatswissenschaftler – aber ich habe den Eindruck, dass zumindest USA und GB recht ungebrochene Staatsstrukuren haben, die Franzosen trotz mehrfacher Umbenennungen zumindest von Außen betrachtet auch – und damit sich aber von uns deutlich unterscheiden! Die Tatsache, dass unser Parlament wieder im gleichen Gebäude tagt und wir wieder von einem Kanzler regiert werden, sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass die Bundesrepublik in der Tat auch organisatorisch aus einer Stunde Null entstanden ist. Wir hatten auch im Gegensatz zu unseren Nachbarländern zehn Jahre lang überhaupt keine Streitkräfte mehr. Es ist auch von daher überhaupt nicht vergleichbar und eben auch nicht selbstverständlich, Tradition auf die ehemalige deutsche Armee zu begründen.
Und was ich im Übrigen anmerken möchte:
Der Umstand, dass wir uns überwiegend einig sind, dass die Bw bislang keine eigene Tradition hervorgebracht hat, ist für mich der tatsächlich bedenkliche Punkt. Ich denke, dass es für unsere heutigen, jungen Soldaten unerlässlich ist, sich an Vorbildern zu orientieren, die ihnen allerdings tatsächlich auch Ankerpunkte bieten müssen – damit schließt sich für mich der Landser Anno 1944 wieder aus – sondern wir müssen Beispiele aus AFG finden und benennen, der dem Landser in Mali Mut und Motivation stiftet. Und sollten wir uns absehbar wieder in LV/BV-Situationen wieder finden – dann brauche ich auch keinen Soldaten, der für die Herrenrasse Lebensraum im Osten erobern möchte, sondern weiß, dass es sich lohnt, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung seinen Kopf hinzuhalten – und auch das muss man ihm mit lebendigen Beispielen vermitteln.
Sollte uns also in der Vergangenheit der Bezug auf vergangene Armeen davon abgehalten haben, uns selbst aus der Bundeswehr traditionswürdige Beispiele zu geben, dann wäre das äußerst bedauerlich! – und dringend an der Zeit, dies zu ändern.
„So wird aber gar nichts gelöst, sondern nur selbst Scharnhorst und seine Reformen in Zweifel gezogen.“
Scharnhorst und die napoleonischen Kriege im weiteren Sinne, aber auch die Jahre um und nach 1848, werden nicht in Zweifel gezogen, sondern schlicht und ergreifend nicht zur Kenntnis genommen. Was erwarten Sie? Wenn nach Monaten der Beratung mit den tollsten Fachleuten da zur Geschichte bis zur Weimarer Republik sowas heraus kommt, dass es alles irgendwie kleinstaatlich, dynastisch und feudal (begrifflich ein paar Jahrhunderte daneben, kann mal vorkommen) war, und dass es gesamtdeutsche Streitkräfte erst in der Weimarer Republik gab (Reichsarmee des HRR? Bundesheer? Reichsflotte von 1848, parlamentarisch beschlossen, erstmals schwarz-rot-gold als Farben deutschen Militärs?), dann ist halt Hopfen und Malz verloren.
Und bitte: Wer jetzt einwenden mag, dass ich mich zu sehr auf diesen einen Abschnitt beziehe, der möge sich doch bitte überlegen, wie gut jemand auf Geschichte basierende Tradition beurteilen kann, der zur Geschichte derartig leicht zu identifizierenden Unsinn verzapft.
„Historische Bildung ist eine soldatische Schlüsselkompetenz und Voraussetzung für eine wertorientierte Traditionspflege.“
Das steht im Erlass. Anscheinend ist historische Bildung aber keine Schlüsselkompetenz für Traditionserlassautoren…
@closius
“ Aber es werden keine konkreten Vorbilder oder Helden aus den Auslandseinsätzen oder der Armee der Einheit benannt. Kein Kommandeur weiß, welche Vorbilder aus der NVA oder Wehrmacht oder der Kaiserlichen Flotte/Preußischen Armee oder Befreiungskriegen jetzt erlaubt ist oder nicht?“
Man muss halt wissen was man will, Tradition von oben oder Tradition von unten. Das BMVg gibt nur den Rahmen vor und wie die ganze Zeit schon wird Tradition auf Helden und tote Vorbilder verengt welche die meisten zum Glück nicht benötigen. Ein Verband funktioniert auch ohne Kasernennamen von Personen Wir benötigen Tradition und lebende Vorbilder in Haltung und Pflichterfüllung und da kenn ich in meinem Umfeld genügend.
@Andreas | 22. November 2017 – 5:29
@TobyR | 22. November 2017 – 0:25
+1 Gott steh uns bei…oder ein Soldat der Besoldungsgruppe B6
@Mackiavelli | 22. November 2017 – 8:43
+1
Ähnlich (jedoch nicht gleich) kann man ihre zweite Aufzählung zur Geschichte der NVA erweitern. Jene die nun über diese Soldaten der Deutschen Demokratischen Republik urteilen, hatten vermutlich genau wie die nach 1945 geborenen nur das Glück in einem anderen System aufzuwachsen.
Glorifizierung und Traditionsbewusstsein sind zwei verschiedene paar Stiefel. Am Ende stehen Soldaten (oder wie es auch künftig heißen mag) am Volkstrauertag vor sinnfreien Statuen (weil die Erinnerung an die Soldaten des I.u.II.WK ja auch verschwinden müssen) oder modernen Skulpturen.
Vermutlich muss dann auch das Sprechen des Totengendenkens durch den Bundespräsidenten „angepasst“ werden. Wurde ja schließlich 1952 von Bundespräsident Theodor Heuss eingeführt!
Und genau dann passiert was viele hier schon geschrieben haben. Bekommt der „einfache Soldat“ die verordnete Traditionsglocke übergestülpt wird er sich bald seine eigenen Helden suchen. Und die werden nicht am Bau von Brunnen, Schulen oder dem Einsatz beim Hochwasser beteiligt gewesen sein :-/
Es ist immer wieder peinlich erschreckend wie „Tolerant“ einige mit den „Traditionalisten“ umgehen. Passt es nicht in die „blumig bunte Welt“ wird sofort Geschichtsklitterung, Rabulismus und Kneipenpolemik mit rechter Gesinnung angedeutet bzw. offen beschuldigt!
In diesem freien Land gilt man mittlerweile als Nationalist wenn im Garten eine Schwarz-Rot-Gelbe Flagge weht. Dies scheint ja nur während Sportlicher Großveranstaltungen temporär „Hipp“ zu sein. …hat mittlerweile auch Tradition!
Die Hoffnung stirbt zuletzt….immerhin nur (noch) ein -E-ntwurf und somit macht das Zitieren von General a.D Schneiderhan noch keinen Sinn.
@TobyR | 22. November 2017 – 10:51
„feudal (begrifflich ein paar Jahrhunderte daneben, kann mal vorkommen)“
Vgl. Oexle, Otto Gerhard: Feudalismus, Verfassung und Politik im deutschen Kaiserreich, 1868-1920, in: In: Die Gegenwart des Feudalismus. – Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, S. 211-246.
„Das steht im Erlass. Anscheinend ist historische Bildung aber keine Schlüsselkompetenz für Traditionserlassautoren…“ und mamche Traditionserlassautorenkritiker.
Orientierung (Tradition) für mich als Soldat heißt
– mir Werte zu verdeutlichen die die militärische Ergänzung zu denen sind, die jeder Staatsbürger vertreten muß (GG), um im militärischen Zusammenhang bestehen zu können.
– damit ist Tapferkeit, Kameradschaft etc. auch vorbildhaft durch einen Wehrmachtsmann darstellbar, der mir das praktisch verdeutlicht, wie ich das heute.
– Dafür kann auch nicht alles in der Bw traditionswürdig sein.
– Als Eidgeber auf „Recht & Freiheit des deutschen Volkes“ und „Bundesrepublik Deutschland“ muß mir ein narionaler Bezug dazu möglich sein.
In diesem Zusammenhang ein Zitat aus der EU Grundrechtcharta: „Die Union trägt zur Erhaltung und Entwicklung dieser gemeinsamen Werte unter Achtung der Vielfalt der Kulturen und Traditionen der Volker Europas sowie der nationalen Identität der Mitgliedsstaaten bei.“
– Ich muß persönlich entscheiden dürfen, ohne sofort verdächtigt zu werden, leider (auch) hier in dieser Runde weit verbreitet.
Und an die Kameraden, die sich hier mit Amerikanern etc. identifizieren: Bleibt Ihnen unbenommen! Legen Sie aber dann bitte auch dort die heutigen Maßstäbe an! Wie war das mit Rassentrennung in den USA (insb. Südstaaten) und des US-Streitkräften und deren genozidalen Vorgängern in den Indianerkriegen (Wounded Knee) ? Ganz zu schweigen von den imperialen Expansionskriegen gegen Mexiko und Spanien (Kuba) . . .
@ JPG
Sie haben den Artikel offensichtlich nicht gelesen, nicht mal überflogen, sondern nur den Titel irgendwo her gesucht und noch nicht mal das hier völlig unpassende „Vgl.“ weg gelassen.
In dem Artikel geht es (unter anderem) um den Feudalismus*begriff* der Historiographie im Kaiserreich, aber natürlich wird nirgendwo platt behauptet, dasselbe habe eine feudale Ordnung gehabt.
Ich würde Sie bitten, den studierten Historikern oder auch nur versierten Laien unter uns weitere solche Täuschungsversuche zu ersparen.
Den Ton lasse ich hier nicht mehr laufen. Ich würde das jetzt mal als Warnschuss betrachten.
Hm, komisch, dass der Aufsatz dann nicht Feudalismus*begriff *im Kaiserreich heißt.
Naja, schauen wir doch mal rein:
„Die Revolution von 1848 in Deutschland endete mit einer Niederlage des Bürgertums. Und die Verfassung des neuen Reiches von 1871 nachte die Gemeindefreiheit zu einer Angelegenheit der einzelstaatlichen Gesetzgebung, die in sehr verschiedener Weise vorgenommen wurde. Mit dieser Feststellung bin ich nun bei jener historischen Konstellation angekommen, auf die sich – in ganz unterschiedlicher Auffassung – die drei Autoren beziehen, die ich in meiner problemgeschichtlich orientierte Analyse wissenschaftlicher Forschungen über ‚Feudalismus‘ hier erörtern will.“ (S. 223)
D.h. also, von Giercke, von Below und Weber (die drei Autoren) beziehen sich auf ihre Zeit, wenn sie Feudalismus untersuchen.
Wie auch immer – der studierte Historiker argumentiert sine ira et studio. Ich denke, der Laie auch, sofern er versiert ist.
@ Jan Hoffmann | 22. November 2017 – 12:26
“ Und an die Kameraden, die sich hier mit Amerikanern etc. identifizieren: Bleibt Ihnen unbenommen! Legen Sie aber dann bitte auch dort die heutigen Maßstäbe an! …“
Letzteres halte ich fuer unzulaessig, egal ob in DE oder USofA. Es mag immer jemand in seiner Zeit gewesen sein, der Vorgaenge und Handlungen aus moralischer Sicht kritisierte. ( Die Bergpredigt war immerhin seit ca 800 aD im ganzen Abendland bekannt.) Aber der gesellschaftliche Konsens hatte eben in jeder Epoche andere Inhalte. deshalb ist es unzulaessig aus heutiger, aufgeklaeter, wohlinformierter und sicherer(!) Sicht Vorgaenge in der weiteren Vergangenheit zu bewerten.
‚Referre annum‘ ist der Rat, den bereits Tacitus seinen Zeitgenossen erteilt.
Und jeder Deutsche der heute urteilt sollte sich ehrlich befragen, wie er selber, als kind der damaligen Zeit, in der Situation des Hereroaufstandes in SW oder im Freikrps 1921 oder in Jugoslavien 1944 oder in der DDR 1984 verhalten haette.
@ JPG
Abgesehen davon, dass aus diesem Zitat („Analyse wissenschaftlicher Forschungen über ‚Feudalismus‘“) bereits eindeutig hervorgeht, dass Oexle die *Forschung* des Kaiserreichs thematisiert: Natürlich beziehen sich diese drei Autoren *nicht* auf ihre eigene Zeit, wie ich das im Falle des relevanten untersuchten Werks von Belows, nämlich „Der deutsche Staat des Mittelalters“ vielleicht auch mal mit ein bißchen Titledropping verdeutlichen kann.
Thematisiert werden bei Oexle unter anderem die unterschiedlichen Auffassungen über ‚Feudalismus‘ als historischer Begriff, über die Gierke und von Below einen recht scharfen Gegensatz entwickelten.
Ich sehe keinen Sinn darin, dies hier weiter fortzusetzen. Zum einen, weil es sich weit vom Thema entfernt, zum anderen, weil es ohne gemeinsame Erkenntnisgrundlage zu nichts führen kann. Lesen Sie doch einfach, was Weber, Gierke oder von Below zum Thema Feudalismus geschrieben haben, und überdenken Sie dann vielleicht noch einmal ihre Position.
Ich finde die Diskussion sehr interessant und möchte zwei Überlegungen einbringen:
1. Wenn ich die bisherigen Beiträge richtig verstanden habe, wünscht sich eine Mehrheit eine größere Präzision im aktuellen Entwurf des Traditionserlasses, weil sonst der einzelne bei seiner persönlichen Suche nach Identifikation allein gelassen wird. So verständlich dieser Wunsch, so schwierig erscheint mir die Umsetzung: Sicherlich gab es zu allen Zeiten eine Vielzahl vorbildlicher Soldaten, die sich als Identifikationsfiguren eignen, aber man kennt ihre Namen nicht (mehr) – vielleicht, weil sie es nicht bis zum General geschafft haben, vielleicht weil die historischen Dokumente inzwischen vernichtet worden sind. Warum also nicht einmal die historische Bildung der Soldaten überdenken und in Zusammenarbeit mit einem militärgeschichtlichen Archiv das Leben und die Leistungen derjenigen Soldaten „ausgraben“, die bisher von der Geschichte übersehen worden sind? Das wäre meiner Einschätzung nach Würdigung (der Toten) und Motivation (der Lebenden) zugleich.
2. Ich finde die Formulierung im aktuellen Entwurf, dass Soldaten „mündige Staatsbürger in Uniform“ seien, sehr interessant. Ist diese Formulierung neu oder war sie schon immer im Traditionserlass enthalten? In jedem Fall könnte man die Formulierung so verstehen, dass eine gewisse Kritik- und Urteilsfähigkeit (inzwischen? stärker als bisher?) erwünscht ist, was jedem einzelnen größere Freiheiten (z.B. zum kritischen Nachfragen) geben würde.
@ 0815
niemand verlangt dass Soldaten vor „sinnfreien Statuen“ [Zitat] (Götzen-) Dienst leisten oder will das Totengedenken verändern.
Diese Art der Argumentation passt hier nicht.
…“Und genau dann passiert was viele hier schon geschrieben haben. Bekommt der „einfache Soldat“ die verordnete Traditionsglocke übergestülpt wird er sich bald seine eigenen Helden suchen.“
Genau damit das nicht passiert, steht in jedem Lehrgang und auf jedem Dienstplan irgendwann das Thema politische Bildung. Und wenn der „treu dienende“ militärische Führer dann seinen Auftrag umsetzt und nicht stattdessen einen besseren Betriebsausflug in Seminarform veranstaltet, dann kann er seinen anvertrauten Soldaten den Unterschied zwischen Tradition und Geschichte erklären und kann begründen warum die Wehrmacht und die NVA keine Tradition begründen dürfen.
Gerade weil Tradition so wichtig ist darf Sie Soldaten nicht übergestülpt oder selbst überlassen werden, sondern muß erklärt und vorgegeben werden. Und genau aus diesem Grund gibt es den Traditionserlass.
Es ist die Verantwortung der militärischen Führer, weil es Teil der Ausbildung zum Soldat der Bundeswehr ist.
Wer mit dieser Vorgabe der militärischen Führung nicht zurecht kommt sollte sich sein eigenes „Haltungsproblem“ eingestehen und nicht Soldat werden oder bleiben.
Und wenn sie dann in der UWB nach einem Beispiel für Auftragstaktik suchen können sie auch wieder die Eroberung des Forts Eben-Emael als kriegsgeschichtliches Beispiel (Tradition) erwähnen.
@TobyR | 22. November 2017 – 15:50
Die drei Autoren beziehen sich auf die Zeit nach 1871, so steht es ja nicht nur in dem von mir angeführten Zitat, sondern auch in der Einleitung des Aufsatzes.
Richtig ist, dass dies hier vom Thema wegführt. Und die Erkenntnis, dass man mit dem Prädikat „feudal“ begrifflich ein paar Jahrhunderte neben dem nicht unwesentlich vom „ostelbischen Gutsherrn“ geprägten Kaiserreich liegt, besitzen Sie so exklusiv, dass es in der Tat wenig sinnvoll erscheint, mit Ihnen zu diskutieren.
@ JPG
1. Klar, Historiker erforschen bekanntlich immer die Gegenwart, bzw. in Gierkes Fall sogar die Zukunft. Auch diese kann wie ersichtlich mit „Mittelalter“ bezeichnet werden – kennt man ja: „Mittelalterlich“ nennt man gerne alles, was man ein bißchen angestaubt findet. Oder finden wird.
2. In der Tat. Oexles Forschungsschwerpunkt war schließlich die Neuzeit. Lassen Sie sich von Behauptungen in Nachrufen, Literaturlisten o.ä., er sei ein renommierter Mediävist gewesen, nicht verunsichern! Genau so wenig brauchen Sie sich von seinen angeblichen Arbeiten zur Wissenschaftsgeschichte dahin gehend irritieren zu lassen, das man annehmen sollte, er habe hier eine Analyse von Mittelalter*forschung* im Kaiserreich unternommen.
3. Absolut. „Gutsherrschaft“ ist schließlich mitnichten ein weiterer anachronistisch verwendeter historiographischer Begriff, sondern steht einfach allgemein für so selbstherrliches Gehabe in Ostelbien – was leicht pars pro toto für den Rest Deutschlands stehen kann.
Also kurz gesagt: Ihre Schlussfolgerungen sind messerscharf und ich weiß gar nicht mehr, wie ich jemals was anderes glauben könnte.
Ontopic und Scherz beiseite: Das hilft zumindest dabei, nachzuvollziehen, wie solche Formulierungen trotz der Präsenz von Fachleuten in den Entwurf gekommen sind. Denn ich kann mir durchaus vorstellen (und wenn man sich selber im Bereich Wissenschaftsgeschichte oder STS ein wenig getummelt hat, kann man das sicher nachvollziehen), dass derartige Debatten auch in den Ausschüssen stattgefunden haben. Und dass die Fachleute gegenüber dem Beharrungsvermögen der „alternate facts“-Fraktion dann irgendwann resigniert aufgeben und sich in wirkungslos verpuffenden Sarkasmus retten, ist auch absolut realistisch.
@TobyR | 22. November 2017 – 0:25
Oder zumindest: Wenn die militärische Tradition gekappt… , dann doch lieber ehrlich:
1. Die Bundeswehr ist ein rein sicherheitspolitisches Instrument und bedarf keiner Tradition. Ihre einzige Leitlinie ist die Umsetzung ihrer politisch beschlossenen Aufträge auf Grundlage der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ™.
2. Brauchtum, das an vergangene militärische Formen erinnern kann, bedarf der Genehmigung durch das Ministerium.
Das ist auch noch viel kürzer als der jetzige Entwurf.
Ja, warum nicht? Er scheint nicht nur kürzer, sondern auch klarer, ehrlicher- und das meine ich weder zynisch noch ironisch.
Insgesamt betrachtet ist der Erlass von 1982, vor allem in Verbindung mit den Anpassungen der Minister Rühe und Scharping, ein Erfolgsmodell. Er half mit, tausende junge Menschen zu demokratischen Staatsbürgern in Uniform zu erziehen und auszubilden, die wussten, zumindest wissen konnten, dass man sich zu Feinden der FDGO, zu Menschen die sich in den Ereignissen der deutschen Geschichte unmenschlich verhielten, usw keine Verbindung aufbaut, geschweige denn eine persönlich unterhält.
Es zeugt von hoher Unsicherheit, diese Erlasslage durch einen juristischen Fachaufsatz – als solcher betrachtet ist der Entwurf mMn aber nahezu einwandfrei- ersetzen zu wollen.
@MikeMolto | 22. November 2017 – 15:22:
Referre annum‘ ist der Rat, den bereits Tacitus seinen Zeitgenossen erteilt.
Und jeder Deutsche der heute urteilt sollte sich ehrlich befragen, wie er selber, als kind der damaligen Zeit, in der Situation des Hereroaufstandes in SW oder im Freikrps 1921 oder in Jugoslavien 1944 oder in der DDR 1984 verhalten haette.
Da bin ich ganz bei Ihnen.
Soweit muss man aber mMn gar nicht zurück gehen, um die Radbruchsche Formel – stark verkürzt: Unrecht kann nie zu Recht werden-, den uns die Siegermächte in Nürnberg ins Stammbuch schrieben, einer Betrachtung in diesem Kontext zu unterziehen:
Bis nahezu 2002 wurden homosexuelle Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr mit Karrierenachteilen belegt bis hin zum Entfernen aus dem Dienstverhältnis.
Erst mit der Unterschrift General Kujats als Generalinspekteur unter dem Erlass „Sexuelles Verhalten von und zwischen Soldaten“ vom 25. Februar 2002 – der dann nochmal nachgebessert wurde- hat das Bundesministerium der Verteidigung generelle Verhaltensregeln für den Umgang mit Sexualität aufgestellt, nach denen dies Gott sei Dank endlich ein Ende fand.
Und, ist Ihnen je der Aufschrei in der Bundeswehr, einer Wehr in einer Demokratie wohlgemerkt, spätestens nach dem Entschärfen des einstigen § 215 StGB, zu Ohren gekommen, dass man diese treu und redlich dienenden Frauen und Männer doch endlich in Ruhe lassen sollte? An mir ist er vorbei gegangen.
Es wusste jeder, dass es falsch ist bzw war. Gemacht hat niemand etwas, im demokratischen Deutschland wohlgemerkt. Es wusste jeder, dass die sexueller Identität bzw Neigung vollkommen irrelevant sind, insbesondere für die Beurteilung des Leistungsbildes.
Nein, ich bin nicht homosexuell. Aber ich war seinerzeit verdammt froh, dass die Versteckspielerei für die Kameradinnen und Kameraden endlich vorbei war.
Ich denke etwas Demut in dieser und anderen Diskussionen ist nicht verkehrt. Wobei ich nicht Sie persönlich meine, sondern es meinerseits ein allgemeiner Gedanke ist.
@Karl Mohr | 22. November 2017 – 16:56
“ [Zitat] (Götzen-) Dienst “ Nein, sondern sinnfreie Statuen…..
Dies war nur eine etwas überspitzte Darstellung.
“ politische Bildung in jedem Lehrgang und auf jedem Dienstplan“
Grundsätzlich richtig , aber auch nicht. Diese Art die sie beschreiben war in der Vergangenheit immer vertreten. Wie Sie schon richtig geschrieben haben“irgendwann“. Sie erinnern sich (oder besser gesagt wissen es) wer diesen Unterricht eigentlich machen soll? Die Realität sieht aber leider anders aus.
Der „Alte“ versinkt im Papierkram, der EO/KEO ist mal wieder im Einsatz und der junge Oberleutnant und ZgFhr (frisch in der Truppe/wenn er dann auch mal da ist) wurstelt vor sich rum- und zwar als DER Durchführende der PolBil.
Sie kennen es vermutlich anders. Ich auch, nur da hatte der „Alte“ keinen KEO und die Züge wurden mit Masse von Erfahrenen UmP geführt. Er hatte auch nicht „sonstiges“ am Ärmel sondern war an den Männern dran.
Der Alte ist heute nicht mehr so alt und i.d.R. Major.
Selbiges läßt sich ohne Ergänzung auf Stäbe der unteren Führungsebenen adaptieren.
Die letzte „vernünftige“ PolBil die ich erleben durfte endete zur Zeit der Einstellung des Formates der „Information für die Truppe“,“IFDT“.
Zu dieser Zeit war auch ihr genanntes Beispiel am Albert Kanal das Thema einer umfassenden Weiterbildung/PolBil.
„Gerade weil Tradition so wichtig ist darf Sie Soldaten nicht übergestülpt oder selbst überlassen werden, sondern muß erklärt und vorgegeben werden“
Der „einfache Soldat“ ohne akademischen Hintergrund wird sich nicht nur an dem Orientieren was ihm erklärt wird, insbesonders dann nicht , wenn die Art der „Vermittlung der Tradition“ halbherzig bis schlecht stattfindet. Das „Wie“ wird der große Punkt in der „Überzeugungsarbeit“ und dem Soldaten muss klar ersichtlich sein worum es geht.
Das hat im übrigen auch schon bei einigen „Akademikern“ bekanntermaßen auch schon nicht funktioniert. Sollte also der Herr Franco A. nebst seiner Gefolgschaft falsch erzogen, entschuldigung, ausgebildet worden sein, so ist die Problemquelle wohl eindeutig. Da hat dann wohl irgendeine Führungsebene versagt. Kein Wunder auch. Was in die Uniform passt wird reingestopft. Hauptsache die Quote stimmt.
„genau aus diesem Grund gibt es den Traditionserlass“
Ja! und nicht erst seit dem Ende der letzten Legislaturperiode.
Es kommt mir dabei immer mehr so vor, als soll der Eindruck erweckt werden die Bw hätte in den letzten Jahrzehnten nur „extremste Nationalisten, Weltkriegshuldiger und befürworter des Staates im Staat“ erzeugt und beheimatet.
Ich durfte in mehr als 3 1/3 Jahrzehnten verschiedenstes erleben. Soldaten, Pazifisten in Uniform und solche die aufgrund eines groben Verfahrensfehlers einfach anwesend waren.
Und ganz ehrlich….hinter vorgehaltener Hand (denken einige) ist der aktuelle Entwurf nur der Deckel einer Hexenjagd! Vor einigen Jahren noch hätte man damit genug potenzial gehabt um vernünftige,offene und ehrliche PolBil durchzuführen.
Mittlerweile müssen sich einige Soldaten genau überlegen was Sie wo sagen.
„Auftragstaktik“
Genau dieses Beispiel (Fort EE) würde ich nicht nehmen. Die Konstellation und die Verteilung der Dienstgrade würde vmtl. zu viele Fragen aufwerfen oder vielleicht nur Tränen in die Augen drücken.
Für die von ihnen benannte Auftragstaktik hatten nahezu alle NATO Partner höchsten Respekt. Noch größer war es in der Regel wenn erklärt wurde welche Aufgaben und teilweise Verantwortung der „einfache conscript“ bis zum „Master Sergeant“ traditionell inne hatte.
Was wollen wir überhaupt? Graue Verteidigungsmäuse mit einem „nett winkenden Opa“ als Kommandanten auf dem Karnevalswagen nebst Konfettikanone, oder Streitkräfte die Stolz auf ihre Geschichte sein können ohne permanent Vorwurfsvoll an die Zeit vor 45 erinnert werden zu müssen. Irgendwann muss auch mal Schluß sein! Ja,wir tragen auch diese deutsche Geschichte in unserer Beintasche und die Verantwortung daraus muss allen bewußt sein.
Ist denn die Tat des Feldwebel Helmut Wenzel nunmehr zukünftig anwendbar oder muss es nun eine Art Bibel geben die uns vorgibt was wir zu denken,zu sprechen haben? Mündige Staatsbürger…
Die Beschäftigung mit der eigenen Vergangenheit tut manchmal weh. Ich finde es auch sehr wichtig, sich insbesondere mit „sinnstiftenden“ Vorbildern auseinanderzusetzen. Ich glaube jedoch, dass die Art und Weise der derzeitigen Auseinandersetzung mit der Geschichte am Ziel vorbei geht. Ich stelle mir dabei immer den 17-jährigen jungen Wehrmachtssoldaten, der in der Endphase des Krieges als Kanonenfutter an die Front geworfen wurde. Der junge Soldat hatte nicht die Wahl nein zu sagen, es sei denn, er wollte sein Leben unmittelbar in seiner Heimat fristen. So ging er nun im Glauben daran, seinem Heimatland zu dienen an die Front und starb dort. Wieviel Mut und welche Entschlossenheit gehörte dazu, um die Angst auf den sicheren Tod zu überwinden? War nun dieser Soldat auch ein Kriegsverbrecher, der bis in alle Ewigkeit geächtet werden muss? Ich möchte an dieser Stelle auch betonen, dass dieses Bild nicht für jene gilt, die in ihrem Dasein als Soldat die Möglichkeit gesehen hatten, ihre perfiden kranken Gelüste nach Blut auszuleben. Nun stellt sich für mich dennoch die Frage, warum man alle über einen Kamm schert? Warum, und damit sehe ich es ähnlich, wie einige Vorredner, stellt man sich nun auf ein moralisch unantastbaren Podest, schaut von oben herab auf die Taten der Geschichte und maßt sich an darüber zu urteilen, was Recht und was Unrecht war. (Ist diese Betrachtung doch immer in den geschichtlichen Kontext zu stellen). Insofern kann ich die generelle Einordnung der NVA auf dieselbe Stufe der Wehrmacht nicht nachvollziehen. In diesem Zusammenhang stellen sich in Bezug auf den vorgelegten Entwurf viele Fragen. (Sicherlich mehr Fragen als dieser Antworten liefert, was er ja eigentlich tun sollte)
Ich war selbst Unteroffizier in der NVA. Bin ich jetzt ein schlechter Mensch oder gar eine Devotionalie? Was ist mit den Ehrerbietungen an den Volkstrauertagen auf deutschen Soldatenfriedhöfen? Warum sollten diese vor dem Hintergrund der generellen Verteufelung überhaupt noch gepflegt werden? Wer redet eigentlich über das Primat der Politik? Wer entsendet eigentlich Soldaten in Kriege um eigene Interessen durchzusetzen? Und anschließend urteilt man darüber, ob die Leistungen der Soldaten verachtenswert und nicht „sinnstiftend“ waren?! Wer sagt uns denn ob die Einsätze heute in Afghanistan oder in Mali nicht in 50 Jahren als Verbrechen dargestellt werden? Wenn die Auseinandersetzung mit der Geschichte und den Taten in dieser Art und Weise vorangetrieben wird, dann werden wir nie mehr ein Traditionsbewusstsein entwickeln.